Kontrast: frühere Komödien


Ein wichtiger Einwand gegen die Untersuchung bürgerlicher Komödien auf Besitzdenken lautet: Besitz wurde schon immer in Komödien thematisiert. Dies wandte auch Prof. Dr. Kurt Wölfel ein, als ich ihm als gewünschtem Befürworter meines Dissertationsprojektes gegenübersaß. Es kommt tatsächlich darauf an, einen Unterschied zwischen der bloßen Thematisierung von Besitz und dem Besitzdenken zu finden. Daher muß man zuerst einmal jene früheren, ja frühesten Komödien dieser Thematik aufsuchen, um ein Gegenbild dessen zu finden, was man später herausarbeiten will.


Titus Maccus Plautus: Aulularia


Mit Besitzverhältnissen im allgemeinsten Sinne haben in der „Aulularia“ folgende Handlungen zu tun:

1. Euklio besitzt und bewohnt ein Haus. — 2. Dieses Haus hat er von Vater und Großvater geerbt. — 3. Der Großvater hat einen Topf voll Gold unter dem Herd vergraben. — 4. Euklio ernährt sich vom Ertrag eines Ackers. — 5. Euklio hält den Schatz vor seiner Haushälterin geheim. — 6. Euklio bewacht den Schatz bei Nacht. — 7. Euklio geht bei Tag ungern aus dem Haus. — 8. Euklio verbietet der Magd, von seinem Hausgerät etwas zu verleihen. — 9. Megadorus lehnt es ab, eine reiche Frau zu heiraten. — 10. Euklio will seiner Tochter keine Mitgift geben. — 11. Euklio spart, wo er kann. — 12. Der von ihm verprügelte Koch Kongrio will Euklio auf Schmerzensgeld verklagen. — 13. Megadorus verabscheut den Luxus, den verwöhnte Frauen entfalten. — 14. Euklio unterläßt, sich für das Fest zu schmücken. — 15. Euklio versteckt seinen Goldtopf zweimal anderswo. — 16. Strobylus versucht, ihn zu stehlen. Das zweite Mal gelingt‘s ihm. — 17. Lyconides befiehlt dem Strobylus, das Gold zurückzugeben. — 18. Euklio gibt Lyconides seine Tochter und den halben Schatz dazu. (vgl. Die Komödien des Plautus, üb. v. Ludwig Gurlitt, Erster Band, Berlin 1920, S.253-S.304.)

Bis auf 2, 3, 4, 6 werden diese Handlungen auf der Bühne agiert oder monologisch verdeutlicht; die genannten aber werden von Dritten über Abwesende erzählt.

Im Hinblick auf Besitzverhältnisse lassen sich die Personen folgendermaßen einteilen: Euklio und Megadorus sowie dessen Schwester Eunomia sind wirtschaftlich unabhängige Bürger von Athen und Hausvorstände, wobei aber erhebliche Vermögensunterschiede bestehen. Von einem Acker und seinem Ertrag ist die Rede; es bleibt aber unerwähnt, woher das Gold, woher der Reichtum stammt. Aus anderen Komödien geht hervor, daß beim Erwerb von Reichtum damals an den Handel gedacht wird. Die Kinder in diesen Familien stehen recht unselbständig da: sie haben kein eigenes Einkommen und gehen auch selbst keinen geschäftlichen Tätigkeiten nach. (vgl. etwa „Trinummus“, in: Die Komödien des Plautus, üb. Gurlitt, Vierter Bd., Berlin 1922, S.187-275.) Die Söhne erhalten einen Teil ihres Erbguts im voraus, bevor sie ins Geschäftsleben eintreten können, oder, wenn der Vater auf Handelsreise ist, sein häusliches Vermögen zur Verwaltung. Ein solcher Junger kann einen Sklaven für sich besitzen. Die Sklaven leben von der Gnade ihrer Herren und vom Lohn ihrer kleinen Gaunereien. Daneben gibt es noch Kleingewerbetreibende wie z.B. Köche, die man auf dem Markt für gewisse Zeit dingen kann.

Die Sprache, deren sich Plautus bediente, wird als bilderreich und wohllautend, aber einfach, ohne besonderen ornatus, beschrieben. Verschiedene Soziolekte seien daran nicht zu unterscheiden; lediglich gilt für die Reden der Sklaven, daß gehäuft sexuelle Zweideutigkeiten bevorzugt werden.

Wenn wir die Auswahl aus dem Gesamtrepertoire gesellschaftlich möglicher Handlungen betrachten, die hier getroffen wurde, um die Handlung zu bilden, und wenn wir ferner den Titel als Zeichenelement jenes semantischen Code ansehen, der dem ästhetischen Code vorausgeht, gelangen wir zu Aufschlüssen über das Thema oder die Themata der Komödie. Dem Titel nach könnte man als Thema angeben: „Der Goldtopf und der Haussegen“, wenn man das letztere als zutreffende Wiedergabe von „lar“ anerkennen will. Dieses Thema wird tatsächlich in den Bereichen von patriarchalischer Hauswirtschaft, Ehe, Liebe und des Verhältnisses zwischen Herren und Dienern durchgespielt. Weitere Nebenthemen mit Besitzhandlungen habe ich nicht gefunden.

Die eingeführten Personen werden in folgender Hinsicht typisiert:

Euklio ist ein Geizhals. Er ist die Hauptfigur des Stückes. Entsprechend dem doppelten Thema wird er auch in seinem Verhalten als Hausvater typisiert, nämlich als cholerischer Tyrann. Es lassen sich noch verschiedene untergeordnete Nebenzüge feststellen: Er ist zuweilen auch mißtrauisch, stolz, melancholisch, religiös.

Eunomia erscheint nicht typisiert; sie ist eben einfach eine Matronenfigur, ohne besondere Kennzeichen.

Megadorus gehört dem öfter wiederkehrenden Funktionstyp des wohlwollenden älteren Mannes an, der die Handlung entrollt und sich dann zurückzieht. (vgl. Northrop Frye, Der Mythos des Frühlings: Komödie; aus: Analyse der Literaturkritik, Stuttgart 1964, in: Wesen und Formen d. Komischen im Drama, S.174.)

Phädria und Lyconides, das junge Paar, sind, abgesehen von ihrer unentbehrlichen Funktion für die Komödie, über ihr Rollenfach hinaus nicht typisiert.

Staphila, die alte Magd, die auf uns ein bißchen rührend wirkt, wurde wohl zu Plauti Zeiten, als Sklaverei etwas völlig Selbstverständliches war, eher als komische Alte aufgefaßt.

Die Sklaven und Köche sind komische Figuren, deren Komik zum Teil davon herrührt, daß sie stets zu Diebereien aufgelegt sind und selbst gar nichts Schlimmes dabei finden. Moral: Man darf sich nur nicht dabei erwischen lassen. Dies ist an der Begründung einer Komödienkonvention beteiligt, die nicht an die Thematisierungen von Besitzverhältnissen gebunden ist.

Es ist hier also nur ein zentraler Charaktertyp vorhanden. Da die Namen, die Plautus seinen Figuren gibt, meistens etwas über ihren Charakter aussagen, sollte man erwarten, daß sich „Euklio“ auf den Geiz beziehe; er wird aber mit „Mann guten Rufes“ übersetzt. Nur einer der Namen bezieht sich auf Besitz: Megadorus heißt etwa: „Der großzügig Gebende“. Er wird also vom Verhalten des Euklio her definiert.

Das Stück hat eine regelrechte Fabel. Deren Protasis wird vom Hausgott im Prolog mitgeteilt: Erstens die Angelegenheit des Goldtopfes, wobei erwähnt wird, der Geiz sei in Euklios Familie erblich. Zweitens die Vorgeschichte der unvermeidlichen Liebeshandlung. Diese reicht mit ihren Konsequenzen (Schwangerschaft, Niederkunft, Heirat) durch die gesamte Fabel hindurch, ja bildet eigentlich deren zeitliches Gerüst und treibende Ursache. Zu dem Teil der Protasis, der szenisch präsentiert wird, gehört die Werbung des Megadorus. Sie erbringt überhaupt erst die Voraussetzungen dafür, daß mit dem Goldtopf etwas geschieht. In der Epitasis zeigt sich die immer größere Furcht des Euklio um sein Gold und das Versteckspiel, das er treibt, zusammen mit den Hochzeitsvorbereitungen. Hierher gehört das Eingreifen des jungen Liebhabers Lyconides. Die Katastasis besteht in der Niederkunft Phädrias und dem Diebstahl.

Die glückliche Katastrophe wird durch die Überwindung des Mißverständnisses zwischen Euklio und Lykonides sowie durch das Geständnis des Diebes herbeigeführt. Die Besitzhandlungen folgen also in ihrer Funktion innerhalb der Fabel den Liebeshandlungen nach, die thematisch doch nur nebensächlich sind.

Auf höherer Stufe der ästhetischen Organisation erreichen die Besitzhandlungen in dieser einen Komödie einen besonders hohen Anteil. Dies ist im wesentlichen eine Folge der Charakterkomik um Euklio.

An komischen Situationen sind Besitzhandlungen in folgender Weise beteiligt:

Prügelei in I, 1 — Euklio prügelt die Magd Staphila aus dem Haus, um vor ihrer vermeintlichen Schnüffelei sicher zu sein, wenn er sich vom Vorhandensein seines Goldes zum soundsovielten Male überzeugt; sie weiß die Ursache nicht und hält ihn für wahnsinnig. Er will ihr nicht verraten, um was es geht, und kann ihr darum nur in übertriebener Weise drohen, um ihr seinen Willen aufzuzwingen.

Offenbare Lüge in I, 2 — Obwohl Euklio Besitzer eines Goldschatzes ist, macht sein Haus den Eindruck der ärmlichen Leere. Darüber hinaus will er, daß er noch ärmer scheine, als er lebt, und Staphila erhält daher den Befehl, nichts an Nachbarn zu verleihen. Euklio selbst geht zu einer öffentlichen Almosenausteilung (oder Steuerrückvergütung?), um nicht den Eindruck zu erwecken, er könnte es nicht nötig haben.

Hochkomischer Kontrast zwischen eingestandenen und uneingestandenen Antrieben in II,1 — Megadorus, der offenbar in latent inzestuöser Bindung an seine Schwester steht, ansonsten aber Angst vor gleichgestellten Frauen hat, redet sich und seiner Schwester ein, als sie ihn verheiraten möchte, er wolle, da er selbst schon reich genug sei, die Tochter des armen Euklio heiraten.

Komik der fixen Idee, des automatisierten Seelenlebens in II, 2 — Euklio reagiert auf jeden Gruß, jedes Ansinnen, das an ihn gestellt wird, mit Angst um sein Gold. Obwohl er erst klagte, daß er seine Tochter wegen ihrer (vorgeblichen) Armut nicht an den Mann bringen könne, obwohl Megadorus ihm verspricht, sie ohne Mitgift zu nehmen, ist er keineswegs erfreut, sondern bleibt mißtrauisch. Dadurch verrät er sich beinahe selbst.

Lustige Rede in II, 4 — Der Geiz des Euklio wird besprochen.

Komik der fixen Idee in II, 8 — Kaum hört Euklio einen der Köche das Wort „Topf“ aussprechen, argwöhnt er schon, sie hätten ihn beraubt.

Prügelei und Wortwechsel in III,1,2 — Euklio ist wütend, daß die Köche während seiner Abwesenheit ins Haus kamen und er deswegen keine Vorsichtsmaßregeln ergreifen konnte. (Köche, wie aus II, 4 und II, 5 hervorgeht, galten allgemein als diebisch.) Komische Wiederholung und Steigerung: Euklio jagt Koch, Küchenjungen und Flötenspielerin, die natürlich nichts verstehen, aus dem Haus, bis er sein Gold geborgen hat, und jagt sie dann wieder zurück.

Komischer Monolog III, 4 — Die Unangemessenheit der fixen Idee Euklios an die Situation wird wieder einmal verdeutlicht. Während er seinen Goldtopf unterm Mantel versteckt hält, und während niemand zugegen ist, den er täuschen müßte, bezeichnet er sich als arm. Er hat einen Hahn erschlagen, der in der Nähe scharrte, wo der Topf vergraben lag.

Belauschungsszene in III, 5 — Megadorus räsonniert über Verschwendung bei Frauen, Euklio hört unbemerkt zu und preist die Neigung zur Sparsamkeit.

Wiederholungskomik in III, 6 nach dem Vorbild von II, 2 und II, 8,

Belauschungsszene in IV, 2 — Strobylus belauscht Euklio beim ersten Versuch, den Goldtopf zu verstecken.

Prügelszene in IV, 4 — Euklio prügelt Strobylus, den er zu Recht verdächtigt, dem Schatz nachgespürt zu haben; er kann ihm aber keinen Diebstahl nachweisen und kann, als Strobylus sich unwissend stellt, auch nicht erklären, um welches Diebesgut es geht, ohne sich zu verraten.

Belauschungsszene in IV, 5 wie in IV, 2. Hochkomischer Monolog in IV, 8 — Euklio jammert um seinen gestohlenen Goldschatz und ruft auch die Zuschauer an, ihm zu helfen.

Mißverständnis in IV, 10 — Euklio weiß noch nichts von der Niederkunft seiner Tochter, Lyconides weiß noch nichts von dem Diebstahl an Euklio. Sie meinen, über denselben Sachverhalt zu sprechen und merken lange nicht, daß sie sich täuschten.

Lügenspiel in V, 1 — Strobylus möchte das Gold seinem Herrn überliefern und zum Dank freigelassen werden; als er merkt, daß Lyconides weiß, woher es stammt, will er‘s nicht gewesen sein.

Wir sehen, daß fast keine Szene ohne komischen Effekt bleibt, und daß davon die meisten mit Besitzangelegenheiten zu tun haben. Meist werden niedrig-komische Mittel eingesetzt, die sich durch mehrmaliges Wiederaufnehmen zu serienhafter Komik erweitern. Es gibt aber auch hochkomische Züge an dem Stück. Einer davon betrifft den Megadorus: der ist so gut und vernünftig, daß es schon beinah nicht wahr sein kann. Die schwache Stelle, die diesem Charakter eine leichte Komik mitteilt, wird meines Erachtens schon beim ersten Auftreten genugsam angedeutet. Er ist eben das lebenslange gute Brüderchen seiner „im Rechte lebenden“ Schwester („Eunomia“) und weiter nichts. Der zweite hochkomische Zug ist die geradezu existenzielle Betroffenheit des Euklio von seiner fixen Idee, also eine Steigerung der niedrigkomischen Darstellungsmittel über das zu Erwartende hinaus. Als man ihn bestohlen hat, weiß er nicht mehr, wo und wer er ist. (Es ist eine dramaturgische Feinheit, daß er sich gerade dann über die Rampe hinweg ans Publikum wendet.) Der dritte, an entscheidender Stelle eingesetzte hochkomische Effekt besteht darin, daß beim Mißverständnis zwischen Lyconides und Euklio die Tochter und das Gold, Schwängerung und Diebstahl, füreinander eintreten können.

Die satirischen Wirkungen erschließen wir, indem wir beobachten, wie sich das durch alle komischen Effekte abgestempelte Lächerliche zu den Teilen der Struktur verhält, die nicht in erster Linie dem ästhetischen, sondern vorwiegend bloß dem semantischen Code unterliegen.

Was nicht sein sollte:

-Daß man sein Vermögen vor anderen geheim hält, denn das zwingt zu einem kargen Leben.

-Daß man den Laren, den Hütern des Haussegens, nicht die schuldige Ehrfurcht erweist, denn dadurch entsteht Unordnung im Familienleben.

-Daß man andere auf bloßen Verdacht hin mißhandelt, denn man kann zu Schmerzensgeld verurteilt werden, wenn‘s nicht gerade die eigenen Sklaven waren.

-Daß man den Nachbarn nicht mit kleinen Hilfen gefällig sein will, denn sonst geht noch vielleicht einmal Fortuna an diesem Haus vorüber.

-Daß man jede Freundlichkeit zum Anlaß eines Verdachts nimmt, denn sonst wird man — horribile dictu — menschenscheu und unhöflich, ja versäumt sogar Gelegenheiten.

-Daß man das Seine auf jeden Fall zusammenhält, denn sonst ist man dem Glück seiner Familienangehörigen im Wege.

-Daß man sich wegen eines kleinen Verlustes ungebärdig stellt, denn dadurch fordert man den Spott der Leute heraus.

-Daß man stiehlt, denn die Strafen darauf sind hart.

-Daß man das Geld zum Selbstzweck erhebt, denn sonst wird der Geiz so zur Gewohnheit, daß man auch bei festlichem Anlaß gar nicht anders kann.

Die Satire gegen den Geiz ist die umgreifende, die alle bisherigen Gesichtspunkte in sich schließt. Vom dritten Akt an wird das Verhalten des Geizigen allmählich so unangepaßt, daß es an Wahnsinn grenzt. (Euklio erschlägt den Hahn, der in der Nähe des Schatzes gescharrt hat; er beschwert sich bei Megadorus, der ihm doch das Festmahl gestellt hat, es sei zu kümmerlich; er verlangt von einem vermeintlichen Dieb selbst noch die dritte Hand zu sehen, mit der dieser gestohlen haben könnte, und so fort.) Was sonst noch an Satire in der Komödie angelegt sein mag, bezieht sich wohl auf Sexualmoral und Gattenwahl sowie auf eine Art religiöser Klugheit, aber sehr deutlich ist das nicht.

Plautus scheint sich nicht mit der Darstellung dessen zu begnügen, was nicht sein soll; wenn man auch die Sittenpredigt des Megadorus in III, 5 seiner gütigen Einfalt wegen cum grano salis nehmen muß, so erscheint manches daran durch den Kontrast zu Euklio positiv. Großmut und Sparsamkeit gehen bei ihm eine Verbindung ein, die sich gleichermaßen gegen Hungerleiderei wie gegen übermütigen Luxus richten. Man merkt ja auch in der folgenden Szene, daß er nicht abgeneigt ist, die Feste zu feiern, wie sie fallen. Was ferner positiv auffällt, weil es den glücklichen Schluß herbeiführt, ist die Bereitschaft des Lyconides, dafür einzustehen, was er an Phädria verbrochen hat, und seinen Diener dazu zu bringen, daß er sein Diebesgut herausgibt.

Es ist aussichtslos, die Komödie auf Besitzdenken hin zu untersuchen, ohne die sprachlichen Schematades Lateinischen zu kennen. Immerhin sind mir an der Übersetzung vier Textstellen aufgefallen, die mit unserem Thema zu tun haben.

In II, 2 fragt Megadorus den Euklio nach seinem Befinden. Der antwortet, es sei nicht besonders gut, jedenfalls, was seine Kasse betreffe. Darauf Megadorus: „Ach, wenn dein Herz zufrieden ist, hast du genug, Um deines Lebens froh zu sein.“ So alt schon, und nicht nur biblischen Ursprungs, ist der Topos: „wer sich begnügen kann, ist subjektiv reich.“

Etwas später in derselben Szene urteilt Megadorus über Euklios Tochter, die fehlende Mitgift betreffend: „wenn sie nur gut geartet ist, so ist sie reich genug.“ Dem entspricht in III,5 die Überlegung, daß Frauen überhaupt keine Mitgift bräuchten. „Geschähe das, sie würden beßre Sitten sich Aneignen, gleichsam als Ersatz fürs Heiratsgut.“ Hier werden also Tugenden als Güter betrachtet, die an die Stelle des Geldes treten könnten. Ich neige dazu, dies als eine Bedeutungsübertragung aufzufassen, die den etwas utopischen Zug der Ehevorstellungen des Megadorus unterstreicht, solange nicht erwiesen ist, daß dies für die Wortbedeutungen des damaligen Lateins strukturbildend gewesen sei.

Was schließlich jenes für das ganze Stück so wichtige Mißverständnis in IV, 10 betrifft, wo Phädrias Unberührtheit dem Gold irrtümlich gleichgesetzt wird, so hätte es wohl kaum besonders komisch gewirkt, wenn man darin nur eine allgemein etablierte Auffassung repräsentiert gesehen hätte. Zwar werden beide Güter in der patriarchalischen Familie annähernd gleich hoch bewertet, und das schafft erst die Möglichkeit des Irrtums; an seiner Aufklärung sieht man jedoch den wesentlichen Unterschied, der zwischen einer Familienangehörigen und einem materiellen Eigentum besteht: wer ein Mädchen verführt hat, tut recht daran, sie ganz in seinen Besitz zu nehmen. Von einem, der gestohlen hat, verlangt man, daß er alles zurückgibt. Hier wird die Bedeutungsübertragung wieder zunichte gemacht. Besitzdenken wäre allenfalls dann zu vermuten gewesen, wenn Lyconides dem Euklio für seine Voreiligkeit und die daraus entstandene Schande eine Entschädigung hätte zahlen müssen.

In Anbetracht dessen, daß wir in der Aulularia die einzige erhaltene antike Komödie vor uns haben, die den Geiz und auch noch andere Besitzhandlungsschemata derart ausdrücklich thematisiert, ist es nicht ohne Belang, daß der Traditionszusammenhang von hier nach den uns interessierenden Komödien des 18.Jahrhunderts sehr gering ist. Eigentlich wurde als Schulautor immer Terenz bevorzugt, weil er nicht so obszön war. (vgl. Karl Otto Conrady, Zu den deutschen Plautusübertragungen, Ein Überblick von Albrecht von Eyb bis zu J.M.R.Lenz, in: Euphorion 48, 1954, S.374.) Melanchthon nahm zwar von Plautus auch die Aulularia in seinen Schulplan auf, in der Praxis wurden aber, wenn schon von Plautus, dann die Maenechmi und der miles gloriosus bevorzugt. Als im Jahre 1535 Joachim Greff in Magdeburg eine Übersetzung anfertigte, scheint er das Thema in zeitbedingter Weise mißverstanden zu haben, denn es heißt im Prolog: „[…] daraus wir lernen und erkennen/ aller stende inn der gantzen welt ampt und eigenschafft/[…]“. Lenz, als er die Aulularia übersetzt, legt im Titel „Die Aussteuer“ den Akzent mehr auf den allgemeineren satirischen Ansatz. Innerhalb der Epoche, mit der wir es zu tun haben, war die Aulularia mit ihrer Charakterkomik und ihren Besitzhandlungen kein direktes Vorbild in Deutschland.

Anders in Frankreich.