Besitzkomik


„Heirat“ I, 2: Automatisiertes Seelenleben (Frau von Ahnenstolz bekommt ihre Zustände, wenn in ihrer Gegenwart erwähnt wird, daß der Vater ihres Schwiegersohns ein Kaufmann war.)

I, 3: Hochkomischer Kontrast (Die Adligen haben Ahnenstolz und sonst nichts; die von ihnen verachteten Bürgerlichen haben die Schlösser der Ahnen und sonst noch allerhand.)

IV, 5: Hochkomischer Kontrast (Willibald wird fast mit jedem Wort herabgesetzt, aber er stimmt dem ausbeuterischen Heiratskontrakt zu, obwohl er schon Zweifel an der Liebe und Treue des Fräuleins hat.)

„Müßiggänger“ I, 6: Unzulänglichkeitskomik (der zu erwartende materielle Schaden hat guten Teil an der Komik, die aus Fortunats offensichtlicher Inkompetenz kommt.)

II,1: Komisches Mißverständnis (das Hin und Her geht über Warenkisten.)

II, 3 ff: Situationskomik (Fortunat soll sich sputen, um finanziell unabhängig zu werden; stattdessen trödelt er und hängt seiner Mutter allerhand Kosten für kleine Einkäufe auf.)

IV, 1: Kontrast (Fortunats Privatbesitz ist Diebstahl an seinen Berufspflichten; dienstlich verwertbare Besitztümer hat er keine) — (die Eltern interpretieren den Schaden völlig verschieden): Streitszene.

„Austern“, 5: Hochkomischer Konflikt (Liebegerns Austern werden von seinen Freunden trotz Johanns Verteidigung gemopst, er darf aber nichts dagegen sagen, um seine galanten Absichten nicht zu verraten.)

In „Hausfranzösin“ ist von Besitz im Rahmen der wenigen komischen Situationen nicht die Rede. Es scheint aber, daß der Autorin wegen eines Übermaßes an satirischer Schärfe (Unangemessenheit der Urteile an die Fehlhandlungen) die beabsichtigte hohe Komik mißglückt ist und nur niedrigkomische Effekte übrig bleiben.

„Bock“, II, 3: Komisches Mißverhältnis (der Bock, der Herrn Zierlich gehört, hat im Zimmer Herrn Scheinklugs Unordnung und Schaden angerichtet. Der Schaden kann nicht bezahlt werden, weil er den Gebrauchswert eines handglossierten Corpus Iuris betrifft, das dem Scheinklug zur Berufsausübung nötig ist. Also kommt es zu einem formaljuristisch aufgedonnerten Prozeß.)

III, 5: Hochkomischer Kontrast (unerachtet der peinlich eingehaltenen Formalien des Prozesses ergibt sich aus einem Gespräch des Richters mit einem Sekretär, daß die Familienverhältnisse, die hier als „possessio, vel quasi filiationis“ erscheinen, und ein Trinkgeld, als „gegründete Sache“, den Ausschlag geben werden.)

III, 6: Hochkomischer Konflikt (Es wird Widerklage erhoben gegen Scheinklug, daß er dem Zierlich die Braut streitig macht, auf die dieser ein Recht habe, das hier als „Besitz des iuris sponsaliorum vel quasi“ erscheint. Und das geschieht wider die Absicht des Richters, der Suschen mit Scheinklug verheiraten will, sich aber nun ex officio seine väterliche Gewalt absprechen soll.)

V, 9: Situationskomik (Der Bock wird Scheinklug zugesprochen, der ihn förmlich am Halsstrick in Besitz nehmen muß; Suschen wird Zierlich zugesprochen, der sie durch Handschlag, Kuß und Ringtausch in Besitz nimmt.)

„Testament“, I, 2: Hochkomischer Konflikt (Amalie will die Tante krank sehen, damit sie ein Testament macht. Caroline ärgert sie, indem sie die Wahrheit über die Tante sagt und sich nicht darum bekümmert, was daraus für ihr Interesse folgt. Der Doktor muß beiden recht geben und gerät ins Gedränge.)

I, 2: Dasselbe, nun durch die Anwesenheit der Tante gesteigert.

II, 1: Unzulänglichkeitskomik (die Narrheit, die Unachtsamkeit in Geldsachen und das gesellschaftliche Fehlverhalten des Junkers von Kaltenborn erhalten noch eine zynische Komponente dadurch, daß er sich durchschaut, aber nicht ändern will.)

II, 6/7: Hochkomische Situation (die Intrige der Frau Oberstin bringt es mit sich, daß Caroline ihre Redlichkeit falsch verstanden glauben muß, während die Oberstin sie nur durch Krankspielen herausgefordert hat, um Herrn von Ziegendorf zu zeigen, wie die Dinge stehen.)

II, 7: Hochkomischer Kontrast (Der Ziererei der Oberstin, die es eigentlich für unschicklich hält, nochmals zu heiraten, entspricht die behäbige Bonhomie des Herrn von Ziegendorf, der ihr versichert, bei ihrem Reichtum könne sie es mit jeder jungen Frau aufnehmen. Die Komik stammt aus unwillkürlichen Verstößen gegen das Taktgefühl.

III, 1: Spaßige Reden (Der Junker weiß auf alle Vorhaltungen eine geistreich-unmoralische Antwort. Es läuft auf eine völlige Indifferenz gegenüber den Besitzertugenden hinaus. Insofern ist auch er ein Nachfolger des Hanswurst.)

IV, 2: Hochkomische Situation (Der Junker und Amalie wollen den neuen Doktor beeinflussen, die Tante nicht zu kurieren, eher noch kränker zu machen, und versprechen ihm Geld (natürlich aus der Erbschaft) — dabei ist er niemand anderes als der Bräutigam der Oberstin. Sie schimpfen über ihre Knauserigkeit, wünschen ihr den Tod, erzählen von den Schulden, die sie haben — alles in seinem Beisein.)

IV, 4: Komische Schimpferei (auf immerhin recht zivilisierte und nicht ganz ernsthafte Weise halten sich Amalie und der Junker gegenseitig Verschwendung bzw. Stolz und Filzigkeit vor. Die Erbschaft ist dabei vorausgesetzt. Herr von Kaltenborn beweist, daß er seine Schwester betrügen könnte, wenn er von ihr abhinge.)

IV, 5: Unzulänglichkeitskomik (die direkte Art, in der Herr von Wagehals um Amalie anhält ihres zu erwartenden Geldes wegen, ist für eine Liebhaberrolle jedenfalls ineffizient.)

IV 6: Unzulänglichkeitskomik, gesteigert (von Wagehals fragt die Oberstin geradeheraus, wie viel sie Amalie vermachen werde, weil er es von Amalie noch nicht erfahren konnte.)

V, 4: Kontrastkomik (Amalie will Herrn von Kreuzweg mit ihrer Aussicht auf die Erbschaft aus der Reserve locken und geht dabei weiter, als es der Anstand erlaubt; der aber bleibt kalt, so lange er nichts sicher weiß, und es ist an Amalie, über den Mangel an „uninteressierter“ Zuneigung gekränkt zu sein.)

V, 8: Situationskomik höherer Art (die Intrigen lösen sich durch die Testamentsverlesung und Verlobung mit großem Eklat auf.)

In diesem Stück hängen mehr komische Effekte von Besitzhandlungen und -verhältnissen ab als in anderen Stücken; daher erscheint der Titel „Das Testament“ besonders passend gewählt.

„Hypochondrist“, I, 1: Gezänk (die Doktoren haben einander beim Vater ihres Patienten des Eigennutzes überführt.)

II, 1: Kontrastkomik (Heinrich hat eine Besorgung zu machen, für die er ein Trinkgeld erhofft; der Hypochonder bittet ihn zu bleiben und gibt ihm einen ganzen Gulden, nur weil er wieder einen seiner Zustände hat.)

IV, 2: Charakterkomik (der Hypochonder macht sich ein Gewissen daraus, von Jungfer Fröhlichinn eine goldne Hutschnur anzunehmen; einen Kuß würde er sich schenken lassen, aber sie macht ihm weis, daß sein Leiden ansteckend sein könnte.)

„Unempfindlicher“, II, 1: Unzulänglichkeitskomik (Friedlieb entschuldigt die Tatsache, daß er selbst kaufen geht, mit Sparsamkeit.)

II, 2: Dasselbe, gesteigert (Friedlieb kann nicht einmal aus seinem eigenen Keller Wein holen lassen.)

II, 4: Schimpfrede (Lottchen ist sich zu gut, einen reichen Landpächter zu heiraten und hofft auf einen Herrn von Stand.)

III, 4: Niedrigkomische Situation (Ernst, betrunken, will den Dienst seines Herrn verlassen, weil der Lohn zu knapp sei. Friedlieb gibt ihm einen Gulden. Der scheint Ernst nicht gut genug. Er kommt zurück und läßt sich einen andern geben.)

III, 8: Intrige (Man fingiert einen Brief an Frau Friedliebinn, daß ihr Landgut abgebrannt sei.)

IV, 2: Unzulänglichkeitskomik (Freyberg will Lottchen, um sich mit ihrer Aussteuer zum Feldzug auszustaffieren, und sagt es rundheraus.)

V, 4: Komische Unangemessenheit (Morgenschein will um einen Schuldschein von 1000 Talern Lottchen eintauschen. Er wird aus gekränktem Eigensinn zum Erpresser. Als er‘s erreicht hat, zerreißt er den Schein und verspricht, seinen Rivalen mit einem netten Gehalt als Hauslehrer anzustellen.)

V, 5: Kontrastkomik (Freyberg hat mit ein paar Soldaten das Haus belagert, um Lottchen zur Frau zu bekommen, läßt sich aber von Morgenschein im Handumdrehen mit 100 Talern Abtretungsgeld zufriedenstellen.)

V, 7: Komik des automatisierten Seelenlebens (Lottchen berichtet, die Leute auf der Straße glaubten wegen der Soldaten, es sei im Hause ein Dieb. Gleich sucht Morgenschein in seinen Taschen, ob nichts fehlt. Könnte ein Lazzo sein.)

-Unzulänglichkeitskomik (Am Ende hat Schimmerreich alle Mitbewerber ausmanövriert und steht als adliger Bräutigam da; bloß Geld, wie er offen zugibt, hat er keines.)

V, 9: Betrugskomik (Ernst bringt dem Schimmerreich die Nachricht, er habe geerbt; dieser wehrt gelassen ab: die Finte sei jetzt nicht mehr nötig.)

-Situationskomik (Morgenschein will jetzt anstelle von Lottchen sein Geld zurück, aber er hat die Schuldverschreibung zerrissen.)

-Betrugskomik, wiederholt und ins Erfreuliche gewendet (die frühere Nachricht aus III, 8, daß das Landgut abgebrannt sei, wird als Ernsts Finte entlarvt.)

Es erscheint bisher weder vom Titel, noch von der Fabel und den Personen her nötig, derart häufig die Komik aus Besitzverhältnissen oder -handlungen hervorgehen zu lassen, wie Uhlich das tut. Die Ursache dafür könnte sowohl in seiner kleinbürgerlichen Herkunft und seinen ständigen Geldsorgen liegen, als auch in seinem Bestreben, den Interessen des Publikums möglichst weit entgegenzukommen.

„Witzling“, 9: Verwechslungskomik (Vielwitz hat seinem Vater aus Versehen ein frivoles Schäferspiel gesendet, das er geschrieben hat, und muß nun fürchten, enterbt zu werden.)

Im Ganzen genommen hat die ästhetische Verwertung der Besitzverhältnisse in diesen Komödien öfter zu hochkomischen, also differenzierteren und in größeren Zusammenhängen stehenden Effekten geführt, als an früheren Komödien zu beobachten war.