Die Deutsche Schaubühne


Gottscheds erwähnte Dramensammlung „Deutsche Schaubühne“ bringt erst ab dem vierten von sechs Bänden lauter deutsche „Originale“, d.h. Stücke, deren Fabel nicht auf ein ausländisches Vorbild zurückgeht. Auch die Komödien dieses Bandes und der folgenden, im ganzen neun, beruhen nicht mehr auf Übersetzungen wie die der vorigen Bände. Deswegen hat eine engere Beziehung auf deutsche Verhältnisse mehr für sich. Zuerst betrifft dies die soziale Stellung der Autoren.

Aus der Akademiker-Schicht des Bürgertums stammten zwei, bzw. drei der vier Autoren, je nachdem, ob man die Verwandtschaft in Betracht zieht. Gottscheds Frau, Luise Adelgunde Victorie, geborene von Kulmus (1713-1762) war die Tochter eines königlichen Leibarztes. Nach dessen Tod wurde sie von einem seiner nahen Anverwandten erzogen, der Gymnasialprofessor war. Er begann, und Gottsched vollendete, das Erziehungswerk in der Weise, daß sie, ohne damals zur Universität zugelassen werden zu können, eine Art weiblichen Polyhistors wurde: „die Crone des gelehrten Frauenzimmers“. (s. Johann Salomon Riemers Leipzigisches Jahrbuch, in: Gustav Wustmann, Quellen zur Geschichte Leipzigs, 1.Bd., Leipzig 1889, S.440.)

Johann Elias Schlegel (1719-1749) „entstammte einer geachteten sächsischen Familie vornehmlich von Predigern, Juristen und Hofbeamten, die 1651 […] geadelt wurde, ohne jedoch Titel oder Beinamen […] zu tragen […]“. Sein Vater war Stiftssyndikus in Meißen. Er selbst erhielt seine erste Ausbildung auf der Fürstenschule von Schulpforta und begann 1739 in Leipzig, die Rechte zu studieren. (s. ADB, Bd.31, Leipzig 1890. — Andere Angabe des Geburtsdatums, um fast ein Jahr früher, bei Johann Georg Meusel, Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller, 12.Bd., Leipzig 1812.)

Theodor Johann Quistorp (1722-1776) war zwar der Sohn eines Kaufmanns, man wird aber in diesem Fall keine niedrigere soziale Schicht annehmen dürfen, da die Familie vom 16.Jahrhundert an berühmte Theologen hervorgebracht hatte. Er wurde mit seinem Leipziger Jurastudium sogar fertig und bekam eine Ratsherrnstelle.

Adam Gottfried Uhlich (1720-1756) war nun allerdings von geringerer Herkunft. Sein Vater war ein Schneider aus dem Dresdner Umland. Aus kümmerlichen finanziellen Verhältnissen ist er sein Leben lang nicht herausgekommen. Er konnte zwar die „Kreuzschule“ in Dresden besuchen und ein Jurastudium in Wittenberg beginnen, dann versagten aber die Mittel, und er wurde mit 17 Jahren in die Neubersche Truppe aufgenommen. Später spielte er bei Schönemann. Als dieser 1741 in Leipzig mit Gottsched Fühlung aufnahm, war Uhlich ein Mitglied der Truppe.

Die Universitätsbibliothek Erlangen verwahrt von der „Schaubühne“ die „Neue verbesserte Auflage“: „Die Deutsche Schaubühne, nach den Regeln und Exempeln der Alten. […] Leipzig […] 1746 [ff.]“

Im vierten Band, der zuerst 1743, dann wieder 1748 erschien, sind erstmals lauter deutsche „Originale“ enthalten, sechs an der Zahl. Davon sind Komödien:

„Die ungleiche Heirat“ der Gottschedin (im folgenden abgekürzt: „Heirat“), S.75-190.

„Der geschäfftige Müßiggänger“ (im folgenden: „Müßiggänger“) von Johann Elias Schlegel, S.275-390.

Zum Vergleich nehme ich auch das Nachspiel „Die Austern“ („Austern“) von Quistorp, S.463-520.

Im fünften Band von 1744 bzw. 1749:

„Die Hausfranzösinn“ („Hausfranzösin“) der Gottschedin, S.67-190.

„Der Bock im Processe“ („Bock“), sehr frei nach Racine, „Les Plaideurs“, von Quistorp, S.245-380.

Im sechsten Band (1745 bzw. 50):

„Das Testament“ („Testament“) der Gottschedin, S.81-204.

„Der Hypochondrist“ („Hypochondrist“) von Quistorp, S.277-396.

„Der Unempfindliche“ („Unempfindlicher“) von Uhlich, S.397-508.

Und zum Vergleich das Nachspiel „Der Witzling“ („Witzling“) der Gottschedin, S.509-551.