Teil VIII: Entfaltete Bürgerlichkeit
Die sogenannte Gründerzeit ergab sich aus mancherlei großräumigen Beziehungen und Überwindungen bisheriger Grenzen, aber auch durch eine bisher kaum gekannte staatliche Regelungsaktivität, die zunächst die erwünschte Rechtssicherheit schuf. Worüber der Bürger des 21. Jahrhunderts die Augen verdreht, das begrüßte der des 19. mit Hoffnungsfreude und paßte sich gerne an. Doch so, wie die wirtschaftliche Entwicklung erst überhitzte und dann in eine Pleitenserie abrutschte, ging es bei der Gestaltung und mit den Erfolgen des kulturellen Vereinslebens: die Nachfrage hielt mit dem Angebot nicht Schritt. Auch der Pegnesische Blumenorden, der seine Mitgliederzahl durch den Anschluß des Literarischen Vereins fast verdoppelt hatte, kämpfte mit sinkenden Besucherzahlen seiner öffentlichen Veranstaltungen, hatte darüberhinaus die jahrzehntelange Vernachlässigung des Irrhaines aufzuarbeiten und steuerte mit mehr Glück als Verstand einem für seine Verhältnisse gigantischen Jubiläumsbetrieb zu. Gut, daß geistige Güter oft umsonst zu haben sind und bei Nichtgefallen wenigstens nicht kostspielig auf der Halde verrotten. Genauer gesagt, hätte etwas derartiges schon eintreten können, wenn man nach dem Vorbild des Literarischen Vereins ein regelmäßiges Jahrbuch veröffentlicht oder gar einen eigenen Verlag gegründet hätte. Man war aber klug genug, diesen Versuch über die ersten Anläufe nicht fortzusetzen. Es ist ein Mirakel, wie es gelang, die gewaltigen Ausgaben für das Gedenkjahr 1894 abzufangen, und der Blumenorden stand mit diesem Jahre so ansehnlich da wie selten in seiner Geschichte. Jedenfalls in Nürnberg.
Versammlungsort wechselnd
Außer dem wetterunterworfenen Irrhain besaß der Orden nie ein eigenes Vereinslokal. In Wirklichkeit ist es nicht sehr lustig, was die Vorstände sich am 19. Februar 1875 humoristisch zurechtbogen: „[…] 2, Der zweite Vorstand Herr Knapp erhält nun das Wort, um über die Veranlassung zu berichten, welche uns genöthigt hat, das bisherige Vereinslocal ,Wartburg’ zu verlassen und heute hier die Tafelrunde aufzuschlagen. Der Berichterstatter legt dar, daß die Wirthin der Wartburg sich, infolge erhobener gerechter Zweifel an der Trinkbarkeit ihres Bieres, gröblich gegen mehrere Mitglieder vergangen und dem Orden das Lokal gekündigt habe. Die Vorstandschaft hat es demzufolge mit der Ehre der Gesellschaft nicht verträglich gefunden, fernerhin noch in der Wartburg, die unserer so schlecht gewartet, zu verkehren u. schickte deshalb seine Sendboten aus, uns eine neue, bessere Stätte zu bereiten. Es waren gewiegte Mannen, die da auszogen, ortskundige Männer, feinkundigen Gaumens; aber sie fanden in der ganzen großen ,Wallumgürteten’ nichts besser als ein Stüblein in der Rathhausgasse, benannt ,zur Stadt Regensburg’.
Und da sind wir nun.“
Daran hing etwas mehr als die Bierqualität. Wenn man einmal nur die Akten verfolgt, die den Ort der Zusammenkünfte betreffen, kommen Umständlichkeiten und sogar Unzuträglichkeiten zutage. Wo bewahrt man zum Beispiel das Archiv auf? Bis dahin war es üblich gewesen, diese Dinge dem jeweiligen Ordensschriftführer in Verwahrung zu geben. Also zog alles immer wieder um. „Freitag, 28. Mai 1875 […] 3) Herr Pfarrer Seiler bittet, ihn der ferneren Aufbewahrung der Ordensbibliothek u. des Archivs zu entheben. Man wünscht, daß dies bis zur Genesung von Herrn Rect. Heerwagen u. Priem aufgeschoben werden möge.“
„Freitag, 22. October 1875 […] 2) Herr Knapp theilt mit, daß heute die Bibliothek in die Stadtbibliothek überführt worden sei. Dabei stellt sich die Nothwendigkeit heraus Schränke anzuschaffen u. man beschließt demgemäß
a, einen neuen Schrank fertigen u.
b, die alten Regale mit Rückwänden versehen zu lassen.“
„Freitag, 9. März [1877…I.] Auf Vorschlag des Hrn. Cassiers beschließt die Versammlung die Bibliothek auf 5 Jahre zu versichern, unter Vorausbezahlung der Prämie und dem darauf gebotenen Vortheil eines 6. Freijahres. […]
Freitag, 16. März […I.] Im Anschluß an den vor 8 Tagen gefaßten Beschluß schlägt der Vorsitzende [Knapp] vor die Bibliothek mit 2000 Mark zu versichern, womit man einverstanden ist; die 3 Pokale sollen mit 1000 Mk. versichert werden.“
„Freitag, 15. Februar [1878] I […] 2) Ferner wird beschlossen, die in der alterthümlichen Ordenscassette noch befindlichen Gegenstände als Stahlstempel mit Harsdörfers Brustbild, Devisenbänder etc laut Verzeichniß an den O.Präses zum Aufbewahren in der Ordenslade zu übergeben, unter Vermerk zum betr. Inventarienprotokoll.“
„Freitag, den 2. Sept. [1881] Sedanstag […] I Herr Vorsitzender [Knapp] regt an, daß sich einige Herren erbieten möchten das Ordnen u Verzeichnen der Archivalien unseres BlumenOrdens zu übernehmen, da dasselbe sich keiner besonderen Ordnung erfreue. — Hr. Ass. Lehmann erbietet sich in seiner freien Zeit gern dabei behilflich zu sein — was mit Freuden begrüßt wird.“
„Freitag, 18. November […] I 1) Vorsitzender verliest ein Schreiben des Director [sic] d. Naturhist. Gesellschaft betr. der Schaffung eines sog. Gesellschaftshauses zum Zwecke für hier bestehende wissensch. liter. und künstler. Vereine; man bittet um moralische Unterstützung zur Verwirklichung des Planes.“
„Freitag d. 19. September [1884] […I] 2) Ferner ein Schreiben der ,Naturhistor. Gesellschaft’, welches seine [sic] Räumlichkeiten in dem ihm gehörigen Hause (Schildgasse 12) zur miethweisen Benutzung anbietet; dieselben sollen durch Hr. Lorsch, Geißler u. Müller angesehen u. von diesen dann darüber berichtet werden.“
Die Sache schaukelte sich auf bis zu einer „Ausserordentliche[n] Generalversammlung
Freitag d. 10. October abends 9 Uhr bei Wagner Rathhausgasse
[…] Tagesordnung: (Wichtige innere Vereinsangelegenheiten):
1) Schätzung behufs Versicherung gegen Feuergefahr unserer Ordens-Kleinodien u. deren fernere Aufbewahrung
2) Anerbieten der Naturhistorischen Gesellschaft in ihrem Hause, Schildgasse No. 12, Räumlichkeiten für unsere Vereinszwecke zu miethen
Zu 1 Der 1. Ordens-Präses, Herr Oberstudienrath Dr. Heerwagen, in dessen Gewahrsam sich seither die Pokale u. die Truhe mit verschiedenen werthvollen Urkunden der Gesellschaft befinden, drückt den Wunsch aus dieser Sorge nun enthoben zu sein, da seine jetzige Privatwohnung ihm zur Aufbewahrung nicht mehr genügend sicheren Raum biete wie seine frühere Amtswohnung.
In gerechter Würdigung dieser Umstände beschließt man nach längerer Besprechung:
a, Die Werthschätzung der Pokale durch Herrn Director Essenwein (der sich dazu schon freundlich bereit erklärt hatte) wahrnehmen zu lassen und dann sämmtliche Kleinodien bei einer freien Versicherungsgesellschaft zu versichern — und
b, indem unter dieser Bedingung Herr Dr. Heerwagen sich in dankenswerter Weise bereit erklärt die Kleinodien auch ferner in seiner Obhut zu behalten, eine Veränderung im Aufbewahrungsorte nicht eintreten zu lassen.
Zu 2 Nach genauer u. eingehender Abwägung aller einschlägigen Verhältnisse wird einstimmig beschlossen:
in einer Veränderung keinen Vortheil für den Orden zu erblicken u. darum die seitherigen Lokalitäten, sowol für die wöchentlichen Freitagsversammlungen als auch für die öffentlichen Versammlungen noch [unleserlich] innezubehalten.“
„Generalversammlung Sitzung am 9. Januar 1885 […] Dr. Essenwein würde den Pokalen des Ordens gerne einen Platz im germ. Museum anweisen, was von Dr. Zehler befürwortet, von der Versammlung jedoch abgelehnt wird, nachdem eine General-Versammlung schon endgiltig über diesen Punkt beschlossen habe.“
„Ausserordentliche Generalversammlung am 27. März Abends bei Wagner, Rathhausgasse […] In der nun folgenden kleinen Versammlung […] beschließt man einstimmig dem Verlangen des Herrn Kassier ,Die General-Versammlung möge aussprechen, daß der Herr Ordenssekretär mit dem an den Ordenskassier gestellten Ansinnen, ihm die Ordensaufnahmediplome nebst Siegel u. Quittungsformular auszuantworten, seine Amtsbefugnis überschritten habe’ nicht nachzukommen. Hingegen findet man es für nothwendig u. richtiger, daß für die Folge die Ausfertigung der Diplome dem Sekretär zustehe u. er zu diesem Behufe im Besitze der Blanko-Diplome, des Petschaftes u. der Siegel sei. Man beschließt demgemäß.“
„Freitag den 23. October 1885 […] Es wird die Frage wegen eines Lokals für d. öffentl. Sitzungen aufgeworfen, nachdem das rothe Roß solches nicht mehr stellen kann. Müller schlägt das l. Parterre Zimmer des ,Adler’ vor u wird beauftragt sich zu informieren u. Bericht zu erstatten. Für die Bibliothek ist ein Schrank nöthig, dessen Anschaffung Lehmann besorgen will.“
„Freitag, den 20. Nov. 1885 […I] 1) Ballhorn wird beauftragt mit Gastwirt Schlenk den Saal für spätere Versammlungen für 15 M. festzumachen. […] 3) Es wird beschlossen einen Fragekasten im Vereinslokal aufzustellen, für etwaiche annonyme liter. Fragen u. Wünsche“ Kaum eine Sitzung vergeht, ohne daß eine im Fragekasten vorgefundene Bitte um Erklärung eines Wortes mithilfe des Grimmschen Wörterbuches beantwortet wird.
„Freytag, den 28. Januar [1887]. […I] 1) […] Die Verhältnisse unseres Archivs kommen wieder zur Besprechung u. nähere Erörterung, infolgedessen Herr Consul Fr. Knapp den Antrag stellt: Versammlung möge beschließen, daß dem 2. Vorsteher als Mitglied der Archiv-Commission die Archivalien zur Sichtung u. Katalogisirung nach u. nach ausgeliefert werden mögen.“ Wird einstimmig angenommen.“
„Freitag, den 18. Februar […] Ferner berührt der Vorsitzende den Beschluß vom 28. Januar, bez. des Archivs und bemerkt, daß er Herrn Archivar Mummenhoff infolge seiner betr. Anfrage dahin verständigt habe, daß es sich hierbei nur um die Mithilfe des 2ten Vorstehers Herrn Postspecialcassier A. Schmidt, der Mitglied der Archiv-Commission ist, handle. Wenn diesem das Recht eingeräumt wurde, Archivalien behufs Sichtung und Katalogisirung mit nach Hause zu nehmen. — In derselben Angelegenheit berichtet der 2te Vorsteher über einen Briefwechsel, welchem er mit dem Ordensrate und Archivsvorsteher F. Pfriem [offenbares Mißverständnis: Johann Paul Priem] geführt habe. — Man ist der Meinung, daß das Anerbieten des 2ten Vorstehers in Übernahme genannter Arbeit der Sache selbst doch nur förderlich sein kann, ohne irgendjemand in formeller Hinsicht zu nahezutreten; der Beschluß vom 28. Januar ist demgemäß auch nur in diesem Sinn zu deuten.“ Mummenhoff erwies sich zum ersten Mal als ziemlich empfindlicher Zeitgenosse.
„Freitag den 13. Mai […] Beschlossen wird ferner: […] den neu angeschafften Bücher u. Archivalien-Schrank mit seinem Inhalte (der im Vereinslokal steht), gegen eine vom 1. Vorsitzenden abzuschließende Summe, besonders zu versichern.“
„Freitag, 27. Juli 1888 […] Müller beantragt Anschaffung einer zweckmäßigen Umhüllung des Pokals; wird genehmigt u. Müller mit der Besorgung beauftragt.“ Kann es sein, daß das Futteral, welches bei Sonderausstellungen im Germanischen Nationalmuseum neben dem Tulpenpokal hinter Glas zu sehen war, erst von 1888 stammt? Oder ist der Pokal des Literarischen Vereins gemeint? Es wäre das Wahrscheinlichere.
„Freitag 20 Dezember 1888 […] Bezüglich eines neuen Lokals wurde als solches der kleine Saal im naturhistorischen Vereins’Hause angenommen, der Cassier erhält den Auftrag, das bisherige Lokal zu kündigen; von der Änderung soll den Mitgliedern durch Umlaufschreiben und durch Annonce Kenntniß gegeben werden.“
„Freitag den 28. Decbr. 1888. […] Die Verhandlungen mit dem naturhistorischen Verein sind abgeschlossen und wird die Miethe von M 70,- /Jahr von den Anwesenden genehmigt.“
Dabei müßte es eigentlich bis 1911 geblieben sein, als die Naturhistorische Gesellschaft in das Luitpoldhaus umzog; etwas verwirrend ist aber der Protokolleintrag „9t W.[ochen]V.[ersammlung] Freitag den 2 Maerz 1894 […] Müller berichtet über seine Unterredung mit Schlenk und wird beschlossen, in dem liebgewordenen Adler zu bleiben d.h. auch die Familien-Abende dort abzuhalten und wird der 1t auf Freitag 9 Maerz anberaumt.“ Das kann sich eigentlich nur auf die Wochenversammlungen beziehen. In deren Protokollen wird seit 1888 kein Ort des Geschehens mehr genannt; nur die der Generalversammlungen tragen jedesmal den Vermerk, sie seien im Vereinslokal in der Schildgasse 12 abgehalten worden.
Endlich ein richtiger Verein!
Selbstverständlich war nach der Vereinigung mit dem Literarischen Verein eine neue Satzung fällig, denn der Vereinigungsvertrag hatte noch nicht diesen Zweck auf das Allgemeinere hin überschritten. Aufkommende Fragen dieser Art führten zu Entwürfen, die aber sehr bald überlagert wurden durch eine neuartige behördliche Anforderung: Was heute „eingetragener Verein“ heißt, wurde damals unter dem Namen „anerkannter Verein“ aus der Sphäre des rein „bürgerlichen“ Vereins in eine höhere Weihe erhoben, die auch mit Privilegien, allerdings in erster Linie mit Auflagen verbunden war.
„Freitag, 12. März 1875 […] 1) […] c, Der Vorsitzende wirft die Frage auf:
,Ob und inwieweit Frauen Mitglieder des Blumenordens werden können.’
Nach eingehender Behandlung dieses Gegenstands bringt zur Erledigung desselben der Vorsitzende folgende Anträge zur Abstimmung:
1, Sollen überhaupt Frauen gegen Zahlung des Beitrages Mitglieder werden können?
2, Soll den Witwen [unleserlich] verstorbener Mitglieder die Rechte der Mitgliedschaft, falls sie sich dafür erklären, ohne Zahlung des Beitrages gewährt sein?
Beide Anträge werden einstimmig angenommen und zwar mit der Bestimmung, daß beide Punkte bei der Festsetzung der neuen Satzungen Berücksichtigung und Aufnahme in dieselben finden mögen.“
„Freitag, 14. Mai 1875
[…] 2, Homann theilt mit, daß sein Schwager Mendelssohn-Bartholdy, Bierbrauereibesitzer in Ettershausen bei Regensburg, ihm ein Fäßchen Bier senden werde, dieses wolle er (Homann) über 8 Tage zum besten geben. — Diese rührende Sorgfalt um unser leibliches Wohl findet gerechte Würdigung.
3, Hr. Dr. Beckh gibt bekannt, daß er mit dem Statutenentwurf fertig sei und daß er nur darauf warte, daß der Ordensvorstand den Gesammtvorstand, den Gesammtausschuß zur Berathung dieses Entwurfs einberufe.“
Nürnberg, 14. Dezember 1875
Betreff: Pegnesischer Blumenorden zu Nürnberg, wegen Anerkennung
Das zur Einsicht vorgelegte Statutenconcept folgt hierbei mit nachersichtlichen Bemerkungen zurück:
1. Dem Titel ist beizusetzen: Anerkannter Verein
2. Bei einer spaeteren Vorlage wird der Beschluß über den Eintritt des literarischen Vereins in den Pegnesischen Blumenorden, weil derselbe in dem Titelbeisatze erwaehnt ist, vorzulegen sein.
3. In § 1 ist einzuschalten: Der p. welcher seinen Sitz in Nürnberg hat
4. Die Leistungen des Vereins, soweit sie nicht im Zwecke gekennzeichnet sind, koennen sehr wohl statt in einem Anhange in den Satzungen aufgezaelht werden und der Rest dieses Anhanges scheint sich mehr für ein Reglement, als für Ordensgesetze zu eignen.
5. Die Anmeldung (§5) muß nach Art. 2 des Ges. vom 29. April 1869 und stehender Gerichtspraxis schriftlich erfolgen.
6. Consequenter- und zweckmaeßigerweise ist auch der Austritt schriftlich zu erklaeren.
7. Im § 14. ist zu sagen: und führt der Regel nach in den Versammlungen den Vorsitz (Art. 24. l. c.)
8. Zweckmaeßig waere in § 14. der ja die materielle Vollmacht zu vertreten hat, der Ordensvorstand mit dem Rechte zu betrauen, zur Schließung von laestigen Vertraegen — allenfalls auf Grund vorangaengigem Generalversammlungsbeschluß, oder Ordensleitungs- oder Ausschußbeschlusses, der schriftlich auszufertigen waere, — insbesondere zu allen Handlungen zu ermaechtigen, wozu nach art. 92. Des B. Proz. Ges. vom 29/4/1869 und nach art. 103 des Hyp. Ges. vom 1/6/1822 eine Spezialvollmacht erforderlich ist.
Erst stand „keine“. Der Verfasser hat, nicht zum erstenmal in diesem Text, den Überblick über seine Satzperioden verloren. Es geht nun unter Punkt 9 mit dergleichen Finessen weiter; interessant ist vielleicht noch:
10. Vor § 16. wird noch einzuschalten sein: Zur Legitimation des Vorstands und seiner Vertreter, die sich nach jeder Neuwahl dem kgl. Bezirksgerichte vorzustellen haben, dient:
1.) dem letzteren gegenüber das Wahlprotokoll sammt Ladungsnachweis zur Wahlversammlung
2.) die Abschrift der Satzungen,
3.) ein Zeugnis des Bezirksgerichtes darüber, daß die darin Genannten als Vereinsvorstände [auf einmal geht er von der Jakob Grimm’schen Schreibung der Umlaute ab] ordnungsmaeßig dort angemeldet wurden.
[…]
14. Zugleich ist zu bestimmen, in welchem Zeitungsblatt und wie lange mindestens vor der Versammlung die Ladung zu erfolgen habe, weil entgegengesetzten Falles die persoenliche Ladung jedes Einzelnen noetig waere.
15. Ebendaselbst ist zu bestimmen, daß die Protokolle in eine Buch einzutragen und von den anwesenden Vorstands- Ordensleitungs- und Ausschußmitgliedern zu unterzeichnen sind. Art. 25. l.c.
[…]
18. Am Schluß ist zu sagen: So beschlossen in der Gen. Versammlung etc. Der Vorstand
19. Bei Wiedervorlagen sind noethig: 2 Statutenexemplare in Ur- und Abschrift, das Protokollbuch, die Ladungen, ein alphabetisches Mitglieder-Verzeichniß und Praesenzprotokoll, und der in 2 genannte Entschluß sammt den literarischen Belegen.
Der Commissaer Danner kgl. Bezirksgerichtsrath
An den praktischen Arzt Herrn Dr. Beckh dahier.
Nun gut, man willfahrte. Im folgenden diejenigen Punkte, die von den vorigen Satzungen signifikant abwichen. Wenn aber die Pegnesen gedacht hatten, damit sei es getan, kannten sie die Behörden des neuen, krakenhaften Obrigkeitsstaates schlecht:
Gesetze des Pegnesischen Blumenordens in Nürnberg gestiftet im October 1644
Anerkannter Verein.
Neu hergestellt auf Grund der durchgesehenen Gesetze des pegnesischen Blumenordens vom Jahre 1867, der Statuten des Nürnberger literarischen Vereins vom November 1872 und der Festsetzungen über den Eintritt des literarischen Vereins in den pegnesischen Blumenorden vom 13. Mai 1874; endgültig beschloßen am 4. Februar 1876.
I Zweck des Ordens
§ 1. […] Pflege der deutschen Sprache, der Dichtkunst, der Geschichte, überhaupt der schönen Wissenschaften. [folgt angebliches Zitat von 1644:] „Unsere Mutterzunge mit nützlicher Ausübung, reinen und zierlichen Reimgedichten und klugen Erfindungen in Aufnahme zu bringen.“
§ 2. […] entweder durch eigenes Schaffen im Reiche der Gedanken oder durch Würdigung und Beurtheilung geistiger Erzeugnisse. Dies schließt nicht aus, daß Solche dem Orden beitreten können, welche sich zunächst nur der Mittheilung Anderer erfreuen wollen.
II Mitgliedschaft
§ 3. Der Verein besteht aus a, ordentlichen b, korrespondierenden c, Ehrenmitgliedern.
§ 4. Ordentliches Mitglied kann jeder gebildete, unbescholtene Einwohner Nürnbergs und seiner näheren Umgebung werden. Auch Frauen können als ordentliche Mitglieder aufgenommen werden.
§ 5. […] Stimmberechtigt sind nur die ordentlichen und die Ehrenmitglieder.
§ 6. [bleibt]
§ 7. Ehrenmitglied kann werden, wer sich um die Zwecke des Ordens oder um den Orden selbst besondere Verdienste erworben hat. Die Ernennung erfolgt auf Antrag der Ordensleitung durch die Ordensversammlung durch Kugelung mit einfacher Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder.
§ 8. [bleibt]
§ 9. Der Ausschluß kann über ein Mitglied verhängt werden, wenn dasselbe die in § 4 erwähnten Eigenschaften verliert oder die Statuten des Ordens vorsätzlich übertritt oder mit Bezahlung der Beiträge ein Jahr lang im Rückstande bleibt. Der Ausschluß erfolgt durch die Ordens-Leitung. Der Ausgeschlossene kann dagegen Berufung an eine General-Versammlung ergreifen, welche der Ordensvorsteher auf dessen Verlangen binnen 14 Tagen einzuberufen hat.
III Ordens-Leitung
§ 10. § 12. § 13. [wie gehabt]
§ 14 [Der Ordenspräses] nimmt die zum öffentlichen Vortrag angemeldeten Arbeiten in Empfang und entscheidet über deren Zuläßigkeit oder Unzuläßigkeit nöthigenfalls unter Zuziehung des II. Ordensvorstehers und der Ordensräthe. Ferner ist er und im Falle der Verhinderung der II. Ordens-Vorsteher berechtigt den Orden in allen seinen Rechtsangelegenheiten, gerichtlichen und außergerichtlichen streitigen und nicht streitigen vor allen Behörden, Gerichten und Instanzen wirksam zu vertreten. [folgt eine Aufzählung aller denkbaren Rechtsgeschäfte]
§ 15. […] Die drei Ordensräthe übernehmen überdies die Sorge für das Archiv, für die Bibliothek und für den Irrhain nach freier Vereinbarung unter sich und mit Genehmigung des Ordenspräses.
§ 16. § 17. [bleiben]
§ 18. Der Ausschuß besteht aus fünf ordentlichen Mitgliedern des Ordens. Derselbe hat die vom Cassier zu stellende Jahresrechnung zu prüfen, die ihm zu diesem Zwecke 14 Tage vor der betreffenden General-Versammlung zu übergeben ist […] dann den Etat für das nächste Ordensjahr zu entwerfen. […] Überhaupt hat er, gegenüber den Befugnissen des Vorstandes, die Rechte der Mitglieder zu vertreten.
§ 19. Der Ausschuß constituiert sich, indem er einen Obmann und einen Schriftführer wählt. Der Obmann vermittelt den Verkehr zwischen dem Ausschuße und dem Vorstande, ruft nach Bedürfnis die Ausschuß-Mitglieder zu Sitzungen zusammen und führt in denselben den Vorsitz. […] Bei einer Sitzung des Ausschußes müssen mindestens drei seiner Mitglieder anwesend sein. […]
§ 20. [bleibt]
IV Thätigkeit des Ordens
§ 21. […] das Interesse an der Literatur a, unter seinen Mitgliedern b, auch in weiteren Kreisen in möglichst lebendiger Weise zu wecken […] eventuell durch Einrichtung von Lesezirkeln für weitere Kreise, durch öffentliche Versammlungen während des Winter-Halbjahres und durch etwaige zeitweilige Veröffentlichungen.
§ 22. In den Wochenversammlungen vereinigen sich die Mitglieder zu geselligen Abendunterhaltungen, welche zunächst durch den Vortrag und die Besprechung eigener Arbeiten von Mitgliedern, dann durch Vorlegung neuerer literarischer Erscheinungen und Vorlesen passender Abschnitte daraus, für die Zwecke des Ordens fruchtbar gestaltet werden sollen. […]
§ 23. Öffentliche Versammlungen […] November bis April […] Für die Reihenfolge der Vorträge ist im Allgemeinen die Zeit der Anmeldung maßgebend.
§ 24. In jedem Sommer soll eine Fest-Versammlung der Mitglieder und ihrer Familien im Irrhain bei Kraftshof stattfinden.
§ 25. Alljährlich zu Beginn des Jahres findet eine General-Versammlung statt. […] Außerordentliche General-Versammlungen kann der Ordenspräses berufen, so oft er es für nöthig findet. Er muß eine solche einberufen, wenn es sich um die Vornahme einer Ersatzwahl für die Ordensleitung handelt, dergleichen wenn es der Ausschuß oder ein Zehntel der ordentlichen Mitglieder beantragt. […] 8 Tage vorher im Korrespondenten v.u.f. Deutschland und im Fränkischen Kurier […]
V Caßawesen
§ 26. [bleibt]
§ 27. Die Einnahmen des Ordens bilden:
1. die Zinsen des Vermögens
2. die Jahresbeiträge der Mitglieder und die Aufnahmegebühren
3. Etwaige Einnahmen aus der Überlassung des Irrhaines, aus Publikationen u.dgl.
4. Außerordentliche Einnahmen, Schenkungen, Vermächtniße u.s.w.
§ 28. […]
§ 29. Die Ausgaben sind:
1. die Kosten für die Instandhaltung des Irrhains
2. die Miethe der Locale für die Versammlungen
3. der Ankauf von Brochüren und Zeitschriften
4. die Herstellungs-Kosten etwaiger Veröffentlichungen
5. die Ausgaben für Regie (Inserate, Druckkosten für Programme, Gehalt des Vereinsdieners u.s.w.)
6. Außergewöhnliche Ausgaben
§ 30. […]
VI Besondere und Schluß-Bestimmungen
§ 31. Das Andenken derjenigen Mitglieder, welche sich um den Orden besonders verdient gemacht haben, soll nach ihrem Tode durch eine kurze Lebensbeschreibung gefeiert und erhalten werden […] Wem eine solche Auszeichnung zutheil werden soll, bestimmt die Ordens-Leitung. […]
§ 32 Jedes Mitglied, dessen Bild vervielfältigt ist, hat einen Abdruck davon in die Ordens-Sammlung abzugeben, ebenso ein Exemplar der von ihm im Druck herausgekommenen Schriften. Jeder Ordens-Präses ist verbunden sein Bildniß zum Einheften in das Ordensbuch malen zu lassen.
§ 33. Die Auflösung des Ordens kann in folge des Austritts oder Beschlußes der Mehrheit der Mitglieder nicht geschehen; so viele auch immer austreten, die übrig bleibenden Mitglieder bilden den Orden und ihnen bleibt das Vermögen desselben.
§ 34. Sollten aber einmal sämmtliche Mitglieder sich für Auflösung des Ordens erklären, so werden von dem vorhandenen disponiblen Vermögen des Ordens zunächst die allenfalls liquidierten Schulden getilgt, der Rest derselben aber, insofern nicht besondere Bestimmungen über einzelne Inventarstücke beobachtet werden müssen, ist so lang unter die Obhut und Verwaltung einer zugleich mit dem Auflösungsbeschluß zu bezeichnenden Privatperson oder Korporation gestellt, bis sich ein neuer Verein mit wenigstens 20 Mitgliedern mit gleichem Zweck und denselben Schlußbestimmungen hier gebildet und damit das Recht erworben hat, ins Besitzthum des Ordens einzutreten.
§ 35. Ein Abänderung dieser Gesetze kann […] von einem Viertel der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder unterstützt […] Beschlußfassung erfolgt nach § 25. Die §§ 33 und 34 dieser Gesetze sind jedoch von jeder Abänderung oder Aufhebung ausgenommen.
So beschlossen in der General-Versammlung vom 4. Februar 1876. Der Vorstand:
Dr. Heerwagen, I. Vorstand; Fr. Knapp, II. Vorstand; Lützelberger, I. Ordensrath; Euler-Chelpin, II. Ordensrath; Priem, III. Ordensrath; Ballhorn, Schriftführer; Leonhard Bull, Cassier
Der Ausschuß:
[Lorsch, Dr. Beckh, Pfr. Heller, Ernst Scholl, Barbeck]
Aber: „Freitag, 17. December 1875 […] Herr Dr. Beckh gibt noch Bericht über seine Besprechung mit Bar. Ger. Rath Dammer bez. unsrer Vereinssatzungen
1, Dieser Herr spricht sich dafür aus, wie es unbedingt nothwendig sei, daß unser Verein ein ,anerkannter’ werde.
2, Wenige Abänderungen abgerechnet findet Herr Dammer unsere Gesetze genügend für den Zweck der Anmeldung.
3, Nach Rückempfang der Gesetze von Hr. Dammer wird eine Reinschrift derselben angefertigt, und diese in Verbindung mit einer Eingabe dem Bezirksgericht zugestellt.“
„Freitag, 21. Januar 1876 […] 4) Es wird bestimmt, auf heute über 14 Tage eine Generalversammlung einzuberufen, in welcher nun endgültig die Vereinsgesetze, wie sie nach den Abänderungen des Hr. Ger. Rath Dammer zu verfassen wären, berathen und beschlossen werden sollen.“
„Freitag 28. Januar 1876 I […] 4) Verlesung der von Hr. Bay. Ger. Rath Dammer eingesendeten Abänderungen unserer Gesetze. Bis auf einige wenige Punkte, welche wir in unserer eigentlichen Fassung belassen, werden diese Abänderungen, weil auf Gesetzesparagraphen beruhend, genehmigt. […]
Da wir nun in der Lage sind, die Erklärung unserer Gesellschaft als „anerkannter Verein“ zu erlangen, so schließen hiermit die Blätterprotokolle und es folgen nun die weiteren Protokolle, vom Februar 1876 an in dem gesetzlich vorgeschriebenen gebundenen Protokollbuche.“
Offensichtlich hat man aber schon die der Jahre 1875 und den Anfang von 1876 nachträglich zusammen in ein Buch mit Kartondeckel zusammengebunden, das nun als Archivnummer 90 vorliegt.
„Freitag, 25. Februar [1876] […] Herr Vorsitzender berichtet […] daß er nun sämmtliche erforderlichen Schriftstücke bez. der Bestätigung unserer Gesellschaft als anerkannter Verein beim Bezirksgericht zur Eingabe gebracht habe. […]“
„Generalversammlung Freitag, 17. März, Abends 8 Uhr bei Wagner, Rathhausgasse
[…] II. […] b, Unter Berücksichtigung der zu druckenden Ordens-Gesetze wird einstimmig beschlossen den Posten
Druckkosten von 120 M. auf 130 Mark zu erhöhen; […]“
„Freitag, 21. April I. Geschäftliches
Vorsitzender theilt mit, daß unsre Gesellschaft seitens des Gerichts nun als Verein anerkannt sei u. verliest aus betr. Anerkennungs-Note des Bezirksgerichts. — Es wird beschlossen dieses Aktenstück dem Archiv einzuverleiben und der Schriftführer beauftragt, dies zu veranlassen.“
Nach elf Jahren meinte man Veranlassung zu haben, diese Satzung in rechtlicher Hinsicht noch „wasserdichter“ zu machen. Änderungen gegenüber 1876 sind im Entwurf rot unterstrichen.
Gesetze des Pegnesischen Blumenordens in Nürnberg gestiftet im Oktober 1644. Anerkannter Verein. Nürnberg 1887.
I. Zweck des Ordens
[…] oder durch Würdigung und Beurtheilung fremder geistiger Erzeugnisse. […] welche sich zunächst nur an den Vorträgen Anderer erfreuen wollen.
II. Mitgliedschaft
[…] Ebenso können Vereine, Körperschaften und Anstalten als außerordentliche Mitglieder aufgenommen werden.
[…] muß in der Ordensversammlung durch ein ordentliches Mitglied angemeldet und zur Aufnahme vorgeschlagen werden.
[…] Außerordentliche Mitglieder […] Zur Aufnahme, über welche die Ordensversammlung durch Kugelung entscheidet, sind gleichfalls zwei Drittel der Stimmen der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder erforderlich. […]
[…] Die Ernennung [von Ehrenmitgliedern] erfolgt auf Antrag der Ordensleitung in der Ordensversammlung durch einstimmigen Beschluß der anwesenden, stimmberechtigten Mitglieder.
Jedes ordentliche und jedes außerordentliche Mitglied hat bei seinem Eintritt eine Aufnahmsgebühr von 3 M zu entrichten und den Empfang der Aufnahmskarte und der Ordensgesetze schriftlich zu bescheinigen.
Die Jahresbeiträge der ordentlichen Mitglieder sind auf 5 M festgesetzt.
Die ordentlichen Mitglieder haben Zutritt und Stimmrecht bei allen Versammlungen und allen Veranstaltungen des Ordens, sowie Anspruch auf unentgeltliche Lieferung etwaiger Veröffentlichungen und auf Benutzung der Bücherei. Den außerordentlichen Mitgliedern steht kein Stimmrecht und kein [gestrichen, mit Bleistift ersetzt: „aber der“] Anspruch auf unentgeltliche Lieferung der Veröffentlichungen zu; sie haben Zutritt zu den Versammlungen und sonstigen Veranstaltungen des Ordens. [mit Bleistift am Rande hinzugefügt:] Die korrespondierenden Mitglieder haben gleichfalls Anspruch auf unentgeltliche Lieferung der Veröffentlichungen und Zutritt zu den Versammlungen und sonstigen Veranstaltungen des Ordens, aber kein Stimmrecht.
Die Ehrenmitglieder haben die Rechte der ordentlichen Mitglieder, ohne den Pflichten derselben unterworfen zu sein.
[…Ausschlußparagraph:] oder die Gesetze des Ordens in grober und vorsätzlicher Weise verletzt oder mit Bezahlung der Beiträge […]
III. Ordensleitung [der Abschnitt, der später nicht einstimmig, sondern mit 3 Gegenstimmen beschlossen wurde]
[…] § 15. Die Ordensleitung besteht aus dem Vorstand und dem Ausschusse.
§ 16. Dieselben werden in der ordentlichen Generalversammlung je auf die Dauer von drei Jahren gewählt. Die Mitglieder der Ordensleitung sind nach Ablauf ihrer Amtsdauer wieder wählbar.
Scheidet ein Mitglied während der Amtsdauer aus, so hat für den Rest derselben eine Ersatzwahl stattzufinden, welche binnen drei Monaten in einer zu diesem Zweck zu berufenden außerordentlichen Generalversammlung vorzunehmen ist, falls nicht die ordentliche Generalversammlung in diese Zeit fällt.
§ 18. Der Ordenspräses […] Er hat ferner die Kleinodien des Ordens, also namentlich die Pokale und das Ordensbuch in Verwahrung, wenn nicht die Generalversammlung deren Verwahrung im germanischen Nationalmuseum oder bei einer anderen öffentlichen Anstalt beschließt.
§ 19. […] Zum Vollmachtsnachweis für den Ordenspräses oder dessen Stellvertreter dient die Urschrift der Satzungen und ein Zeugnis des königl. Landgerichts Nürnberg darüber, daß die darin Genannten demselben ordnungsgemäß als Vereinsvorstände angemeldet wurden.
[…] § 21. Der Ordensschriftführer [mit Bleistift am Rand: „und bei dessen Verhinderung der zweite“] hat die Mitgliederliste in Ordnung zu halten. […]
§ 25. Jede Aenderung in der Person der Ordensvorsteher und der Ordensräte muß von den Neugewählten unter Vorlage des Generalversammlungsprotokolls über die Vorstandswahl, dann der Nachweise über die satzungsgemäße Ladung der Generalversammlung persönlich oder in beglaubigter Form dem königl. Landgerichte Nürnberg angezeigt werden.
Der Ordenspräses ist ferner verpflichtet, dem Gerichte alljährlich im Monat Februar ein vollständiges alphabetisch geordnetes Verzeichnis der Mitglieder des Vereins einzureichen.
[…] [IV] § 28 […] Oeffentliche Versammlungen sollen in der Zeit vom November bis April mindestens zweimal [mit Bleistift geändert: „dreimal“] stattfinden und durch Vorträge von Mitgliedern ausgefüllt werden. […]
§ 30 […] Der Generalversammlung steht ferner die Beratung und Abstimmung über Anträge auf Abänderung der Gesetze des Ordens zu, sie hat alle drei Jahre die Ordensleitung neu zu wählen. Sie ist die höchste Instanz des Ordens.
Die Abstimmungen geschehen durch einfachen Mehrheitsbeschluß der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder; nur zur Abänderung der Gesetze des Ordens ist die Zustimmung von zwei Dritteilen der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder erforderlich. Die Abstimmungen bei den Wahlen sind geheim.
[…] Alle Generalversammlungen sind mindestens acht Tage vor ihrer Abhaltung im Korrespondenten v. u. f. D. und im Fränkischen Kurier mit der Tagesordnung bekannt zu geben. Anträge, welche auf letzterer nicht vorgesehen sind und etwas Anderes betreffen, als die Leitung der Versammlung oder die Berufung einer außerordentlichen Generalversammlung, können nicht zum Beschluß erhoben werden.
[…] V. Ordensvermögen und Kassenwesen
§ 31. Das Ordensvermögen gehört den ordentlichen Mitgliedern und kann nur mit Genehmigung der Generalversammlung in seinem Bestand verringert werden.
Die Dilherrische Stiftung ist unangreifbar, die Ordenskleinodien, insonderheit die Ordenspokale, sind unveräußerlich.
[…] VI. […] § 38. Sollten aber einmal sämmtliche Mitglieder sich für Auflösung des Ordens erklären, so werden von dem vorhandenen Ordensvermögen, soweit dasselbe nicht durch die Bestimmungen der Stifter für unangreifbar oder durch die Gesetze für unveräußerlich erklärt ist, zunächst die allenfalls angemeldeten Schulden getilgt, der Rest […] insolange unter die Obhut und Verwaltung einer zugleich mit dem Auflösungsbeschluß zu bezeichnenden Privatperson oder Körperschaft gestellt, bis sich ein neuer Verein von wenigstens 20 Mitgliedern […]
§ 39. Die Bestimmungen in den §§ 31, 37 u. 38 dieser Gesetze sind unabänderlich. […]
„Generalversammlung Freitag d. 4. Februar 1887. Abends 8 Uhr in ,Stadt Regensburg’ Rathhausgasse13
[…] zu 4 der Tagesordnung ,Abänderung der Ordensgesetze’
Der vorliegende Beschluß des Gesetz-Stiftungs-Ausschusses wird Paragraph für Paragraph in Berathung gezogen und darüber in folgender Weise Beschluß gefaßt:
Abschnitt I, IV, V, VI wird einstimmig angenommen.
Abschnitt III mit 12 gegen 3 Stimmen.
Zu Abschnitt II beantragt die Vorstandschaft die Titel ,Außerordentliche Mitglieder’ mit d, u. ,Correspondirende Mitglieder’ mit e, zu bezeichnen; wird ohne Widerspruch angenommen. — Zu e, beantragen die Herren Pfeilschmidt und Lehmann einzuschalten (Correspondirende Mitglieder sind) ,Freunde der Litteratur, insbesondere Schriftsteller etc’ , welcher Zusatz mit 8 gegen 6 Stimmen angenommen wird. — Der Entwurf kommt nun in seiner Gesamtheit zur Abstimmung und wird einstimmig angenommen. […]“
Pflege des Irrhains
In den Neugestaltungen der Satzung hatte man über die Anordnungen, die früher in bezug auf den Irrhain getroffen worden waren, nichts Hinausgehendes festzulegen gewußt. Die Probleme ganz praktischer Art, welche der Irrhain aber stellte, nahmen eher zu als ab.
„Freitag, 23. April 1875
1.) Der Vorsitzende bringt zur Kenntißnahme,
a) daß nach Mittheilung von Herrn Oberförster Mayer von Neuhof, im Irrhain die erste Hälfte des Bogenganges ausgebessert werden müsse. — Man ist einverstanden, daß Herr Oberförster Mayer die Besorgung dieser Angelegenheit vertrauensvoll in die Hand gegeben werden kann, wenn auch die Ausbesserung, [unleserlich] etwas mehr, als übliche frühere Ausbesserungen kosten würde.
b) Es wird bestimmt, daß Tische und Bänke im Irrhain erst auf Pfingsten aufgeschlossen werden sollen.
c) Ferner beschließt man: Bei der auf Pfingsten zu verfassenden Anzeige über die Benutzung des Irrhains seitens hies. Vereine wird mit bekannt gegeben, daß die Erlaubniß hierzu unter Erlegung von 12 Mark beim Ordenscassier Hr. Bull zu erholen sei. Für etwaige bei dergl. Gelegenheiten entstandene Beschädigungen soll der Vorstand des betr. Vereins unter vorheriger Ausstellung einer Verpflichtung persönlich haftbar sein. […]“
Mittwoch, 14. Juli 1875
Irrhainfest
Durch angenehmes Wetter begünstigt, fand das Irrhainfest bei angeregter Stimmung der Anwesenden statt.
Die Betheiligung der Mitglieder hätte können eine zahlreichere sein, dafür hatten sich aber die Herren Studiosen in großer Anzahl eingestellt, was hiermit mit Freude bekundet wird. Schade daß beim frohen Tanze so mancher Musensohn — sitzen blieb — , aber das schöne Geschlecht, so noch zum Springen geneigt ist, stellte in nur kleiner Zahl seine Mannschaften.
Knapps Festlied durchbrauste den Hain als Einleitung des heiteren Nachmittags, hierauf sprach Herr Rector Dr. Heerwagen die Weiherede, in meisterhafter Form, die Aufgabe und die Bestrebungen des P.B.O. darlegend. Auch das Reimchronisten-Paar hatte sein Feierkleid angelegt und erfreute die Versammlung durch ernste und heitere Worte.
Diesem officiellen Theile folgte noch mancher launige Trinkspruch, auf den Bewahrer des Irrhains (Oberförster Mayer), auf den vortrefflichen, bewährten Wettermacher (Stadtbibliothekar Lützelberger), auf die Frauen.
Die Stunden schwanden, mit ihnen ein Paar nach dem andern — die Tische wurden leer und wo noch vor wenig Stunden froher Jubel erklungen, fing es an düster, ordentlich schaurig zu werden. — Nur hartnäckig saß noch ein Kleeblatt an einsamem Tische fest, welches sich an die Erinnerung und wol auch in die letzte Maß, die noch im Fasse war, verbissen zu haben schien. — Diese letzten Drei hatten, wie sie sich aus- und einredeten, die Aufgabe übernommen, den Irrhain zuzuschließen.
So liegt wiederum ein Erinnerungstag hinter uns, der in seiner jährlichen Wiederkehr stets angenehme Empfindungen erweckt und der Pegnesen frohes Stelldichein ist.
„Freitag, 16. Juli 1875
[…1,] b, Der Veteranenverein in Kraftshof bittet um die Erlaubniß sein Gaufest am 6. August im Irrhain abhalten zu dürfen; es wird ihm dieses unentgeltlich gestattet in der Voraussetzung, daß er für Schonung der Anpflanzungen u. Einrichtungen haftet.“
„Freitag, 14. Juni [1878]
I. 1.) Auf Anregung des H. Kassir Bull bespricht man die Frage wegen etwaiger Vermiethung des Irrhains. — Man beschließt:
„den Irrhain nicht der allgemeinen Benutzung anheim zu geben, und zwar aus folgenden Gründen:
a, wegen der Verantwortung, welche der Orden in Betreff des Forstschutzes zu übernehmen hätte.
b, weil wir keine Kritik an die Gesuche anlegen wollen, ob dieses oder jenes zu bewilligen sei oder nicht. […]“
„Freitag, 2. August
I. Dr. Heerwagen beantragt auf Anregung des H. Oberförster Mayer zu Kraftshof, den Bogengang auf der Nordseite des Irrhains zu verlängern, da sich dort durch das gute Gedeihen des Baumwuchses die Natur sehr hilfreich zur Seite stelle. Die Höhe der Kosten würde sich ohngefähr derjenigen, der dieses Jahr aufgewendeten, gleichstellen: ca. 48 Mk. Man ist sehr einverstanden mit dieser Verlängerung des schönen Ganges, will aber die Frage noch nicht entscheiden, sondern den Beschluß darüber vorbehalten, unter der Voraussicht daß die Sache bestimmt nächstes Jahr zur Ausführung komme.“
1878 führte man einen neuen Weg, der den Laubengang mit dem Friedhof verband, mitten durch den Bereich des in Resten noch vorhandenen Labyrinths, was die endgültige Aufgabe der ursprünglichen Gestaltungsidee bedeutete.
„Freitag d. 18. Juni [1880]
[…I] 1) Hr. Vorsitzender bringt ein Gesuch des ,Bürgerbundes’ (Verein von Arbeitern) zur Mittheilung um Ueberlassung des Irrhains für einen der nächsten Sonntage; wird unter den üblichen Bedingungen genehmigt.
2) Hr. Georg Zahn erbietet sich das im Irrhain befindliche Denkmal seines Vaters des Hrn Syndikus Zahn erneuern zu lassen und bittet den Verein seine Absicht insofern zu fördern, auch andern Denkmalinhabern zu einer gemeinsamen Instandsetzung ihrer in Verfall gerathenen Steine einzuladen. Man ist gern bereit in dieser Richtung vorzugehen.“
„Freitag d. 22. Juli [1881]
[…I] Hinsichtlich der Frage wegen Vermiethung des Irrhains an andere Vereine wird beschlossen, wegen Klarlegung des uns hierzu zustehenden Rechtes für dieses Jahr keine Vermiethung wieder eintreten zu lassen. […]“
„Freitag, den 10. Juli 1885
[…] 4) Bei dem Irrhainfest hat sich der leidige Umstand ergeben, daß soviele Anwesende bei demselben dem Vereine nicht angehörten, die dann den Platz für die Mitglieder einnahmen u. sich auch sonst ungebührlich benahmen. Man beschließt in den späteren Anzeigen für diesen Zweck die Beschränkung hinzuzufügen, daß Nichtmitglieder nur durch Mitglieder als Gäste eingeführt werden können.“
„Freitag, den 26. März [1886]
[…I] 8) Herr v. Kreß berichtet über eine ihm vom Cantor in Kraftshof gewordene Mittheilung über die vom dortigen Forstmeister vorgenommene Lichtung des Laubganges. — Eine Commission wird nach Kraftshof ausfliegen um sich zu überzeugen wie die Sache steht, ehe der 1. Präses selbst Anfragen an den Forstmeister stellt. […]
Freitag, den 30. April
[…I] 5) Hr Consul Knapp berichtet über einen Besuch den er an einem vergangenen Sonntag mit Freunden dem Irrhain abgestattet u. dort gefunden habe, daß seitens des Forstamtes der schon seit Jahren im Niedergang begriffene alte Laubgang zum Theil eingelegt worden sei, dafür aber junge Anpflanzungen entstanden seien, welche für spätere Zeiten einen Ersatz versprechen. […]“
Freitag, den 21. Mai
[…I] 3) Ballhorn teilt mit, daß nach einer heute mit Hrn. Pfarrer Kindinger [sic] von Kraftshof gepflogenen Besprechung, dieser darauf aufmerksam macht, daß seither, bis noch vor 16 Jahren, die Beaufsichtigung des Irrhains auf dem Pfarrer in Kraftshof geruht habe u. daß es darum wünschernswert u. notwendig sei [die th-Schreibungen kommen allmählich außer Gebrauch!] daß dieses Verhältnis baldigst wieder eintrete. — Es sei dies ein Recht des Pegnes. B.O. den Inspector zu ernennen, das wol auch fest zu halten sei.
Um die Frage endlich einmal zu klären, wird bestimmt, die in unserem Besitz befindliche Urkunde in einer der nächsten Versammlungen hier vorzulegen.
Freitag, den 4. Juni
[…I] 3) Hr. v. Kreß hat infolge der in letzter Versammlung gegebenen Anregung im „Amaranth“ der Geschichte des Pegnesischen P.O. nachgeforscht, hat aber darin nichts gefunden, was uns so unbedingt ein Recht auf den Irrhain zugesteht. V. Kreß verliest aus dem Buche den Erlaß des Magistrats welcher das Verhältnis desselben zu unserm Orden bez. des Irrhains darlegt.“
„Freitag d. 20. Mai [1887]
[…] Der Vorsitzende [Beckh] berichtet über seinen Besuch, den er trotz des schlechten Wetters, vergangenen Mittwoch auf eigene Faust dem Irrhain abgestattet habe. — Er fand denselben in einem erbarmenswerthen Zustande: Die Denkmäler sämmtlich verdorben, theils eingefallen theils arg beschädigt, nicht mehr ansehbar, sodaß diese Verhältnisse dem Orden kaum zur Ehre gereichen. — Es soll nun ernstlich daran gedacht werden, allmählich hier Wandlung zum Besseren zu schaffen. Das Wieland-Denkmal würde nur auf Kosten des Ordens neu herzustellen sein, während die anderen Gedenksteine den betr. Familien, soweit dieselben noch unter den Mitlebenden vertreten sind zur Erneuerung anempfohlen werden — andernfalls auch entfernt werden sollen. Ein sehr beachtenswerther Vorschlag geht vom ersten Vorsteher aus: Die Errichtung eines neuen Gedenksteines den Orden selbst u. im allgemeinen versinnbildlichend durch Medaillons in Erzguß. — Ueber all dieses bleibt Beschlußfassung noch vorbehalten — die Herrichtung überhaupt doch nur einer spätern Zeit. Auch in welcher Weise die Mittel hierzu beschafft werden sollen, ob durch freiwillige Beiträge, oder durch Herausgabe eines litterarischen Albums — oder durch beides zugleich, auch hierüber wird man sich im Laufe der Zeit noch schlüssig machen.
Sobald es die Witterung, die ja fortdauernd kalt u. regnerisch ist, erlaubt, wird nun bald eine Abordnung sich nach dem Irrhain begeben um dort an Ort u. Stelle Protokoll über den Befund aufzunehmen. — Der Forstmeister von Kraftshof soll zu dieser freien Sitzung geziemend eingeladen werden. […]
Freitag, den 24. Juni 1887
[…] Schmidt berichtet Namens der zur Irrhain Inspektion zusammengetretenen Mitglieder über den Befund in einem ausführlichen Protokoll, das zu den Akten genommen wird. Es wird für die Beseitigung der erheblichen Mängel Sorge getragen und I. Präses übernimmt es, mit Dachpappenfabrikant Dörr zu sprechen und an Herrn Forstmeister Meyer, der sich auf das Bereitwilligste der Commission zur Verfügung stellte, zu schreiben und zu danken.“
Bericht über den derzeitigen Zustand des Irrhain’s, aufgenommen am 22. Juni 1887
[…] Das Portal nebst Thüre fand sich in äußerst ruinösem Zustande vor. Der früher im First befindliche Schild und die beiden rechts und links befindlich gewesenen Schäferfiguren sind vollständig verschwunden, die Überschrift „Irrwald“, welche oberhalb der Thüre in erhabener Schrift ausgemeiselt war, läßt sich nur mit Mühe noch entziffern. Das Mauerwerk ist nicht nur lose und unkantig geworden, sondern auch zum Theile dem Zusammenfallen nahe; insbesondere ist der Werkstein der Decke der linksseitigen Thüreinfassung vollständig losgelöst […]
Man hat also 1817 das alte Portal dennoch repariert und nicht den damaligen Entwurf verwirklicht!
[…] Der lange Laubgang hinter dem Portal ist unter dem Einfluß des Wachsthums und der Ausdehnung der starken Eichstämme daneben zum größten Theile eingegangen, weßhalb der Forstmeister Meyer ihn zur großen Hälfte ausroden ließ und dafür junge Stämmchen von Kastanien, Linden u. Birken einsetzen ließ […]
Das heißt: Was außer Eichen heute im Langen Gang steht, geht auf die 1880er Jahre zurück.
[…] Die Tafel für Joh. Alb. Colmar in mehrere Theile zersprungen […] die Tafel für Bürgermeister Lorsch ist vollständig unleserlich geworden […] Die Tafel für Achates II. ist in der Schrift erhalten, vom Holz jedoch alle Farben weggewaschen […] Das Denkmal für Leinker ist sehr defekt, die Stäbe ausgeschlagen […] Vom Steindenkmal Hässlein ist die Urne herabgestürzt […] Das Zahn’sche Steindenkmal (1820) hat fast die ganze Inschrift verloren, da die später aufgetragene Oelfarbe [!] den Stein zerfraß und absprang […] Am Wielanddenkmal sind die Gesimse verstoßen und verwittert, die Inschrift schlecht leserlich […] Der Trog des Brunnen bedarf in folge Lockerung der Lagersteine des Zurechtrückens, die letzteren des Festmörtelns […] Am Abtritte ist inwendig ein Hacken zum Verschließen anzubringen, und sind die Wände von unflätigen Inschriften zu säubern […] die dringende Nothwendigkeit besteht, mit den Reparaturen nicht zu warten, bis zum Jubiläum 1894 größere Summen flüssig werden […] Zur Deckung der Kosten der bezeichneten Verbesserungen wird es kaum zu vermeiden sein, soweit sich diese nicht aus dem Jahresvoranschlage bestreiten lassen, die neuen dem Orden gemachten Schenkungen in Anspruch zu nehmen […] Ordensrath Lorsch, Ordensrath Geißler, Schriftführer Müller, II. Vorstand Schmidt.
„Freitag den 14. Juni [1889]
[…] Unser Schmerzenskind der Irrhain kam wieder zur Sprache, der seit dem Wegzuge unseres Freundes u. Ehrenmitgliedes des Herrn Forstmeisters Meyer leider jeder Beaufsichtigung u. jedes Schutzes entbehrt u. so aller Willkür preisgegeben ist. Es haben sich infolgedessen, wie namentlich Freund Knapp zu berichten weiß, draußen arge Mißstände ergeben.
Um nun das seit Jahrhunderten dem Orden anvertraute Kleinod vor gänzlichem Verfall zu wahren, und dem unbefugten Besuche desselben seitens anderer Vereine zu steuern, ist es nothwendig mit maßgeblichen Persönlichkeiten in Kraftshof wieder Fühlung zu gewinnen. Zu diesem Behufe begibt sich nächsten Sonntag eine Abordnung, bestehend aus A. Müller, Fr. Knapp, C. [?] Ballhorn, nach Kraftshof um hier mit dem Forstamte zunächst, u. dann auch mit dem Jugendbildner, dem Kantor, nöthige Rücksprache zu nehmen. Wer sich sonst auch von Mitgliedern dieser Wanderung anschließen will, wird willkommen sein.
Bei dieser Gelegenheit soll auch beim Forstamte die Anfertigung eines 2. Schlüssels (einer befindet sich in dessen Besitz) zu der einen Hütte, für den Orden selbst, (u. für dessen Rechnung) beantragt werden. Auch werden genannte drei Bevollmächtigte mit dem Wirthe Raum wegen des Irrhainfestes am 10. Juli, bereits Rücksprache nehmen.
Außer diesen Schutzmaßregeln, die in Kraftshof selbst erzielt werden sollen, wird auch unser 2. Vorsteher Herr Postmeister [er ist befördert worden] Schmidt, das Bezirksamt in Fürth angehen uns dienlich zu sein und der Gendarmerie anzuempfehlen, bei ihren Streifzügen, Aufsicht über den Irrhain mitauszuüben.
Freund Müller berichtet, daß die für das Irrhainfest zu gewinnende Musik für ihre Leistung 50 Mark verlangt, aber auch bedingt, daß sie hin u. zurück gefahren werde: Das wären für einen Wagen weitere 10 M, im ganzen also 60 M für den musikalischen Theil. — Da man sich wohl sagen muß, daß von der Musikbande nicht fernerhin verlangt werden kann, daß sie ihren weiten Weg zu Fuß zurücklege, so werden diese 60 M bewilligt. […]
Freitag den 21. Juni
[…] Konsul Knapp schildert in lebhaften Farben seinen neulich dem Irrhain abgestatteten Besuch, der ihm die schon oft gemachte Erfahrung bestätigte, daß der Irrhain vom Publikum nicht als Privateigentum betrachtet, sondern anstandslos nicht nur von einzelnen Personen, sondern sogar von ganzen Vereinen heimgesucht würde. Bei den Erörterungen, wie dem abzuhelfen sei, tritt Knapp für Abschließung des Tores ein, während Schmidt eine Verbotstafel angebracht wissen will. Das erstere würde natürlich eine vollständige Wiederherstellung der vielfach zerstörten Umgrenzung des Haines bedingen. Erfreulich ist das Entgegenkommen des Rottmeisters und des Kantors in Kraftshof mit welchen die Abordnung des Ordens wegen der Schutzmaßnahmen Rücksprache genommen haben. […]
Freitag d. 12. Juli
[…] Der Vorsitzende giebt nun einen Bericht über das in jeder Hinsicht wohlgelungene Irrhainfest am 10. Juli, und verliest zwei sehr ausführliche u. hübsche Berichte über dasselbe, welche der Korrespondent v.u.f.D. und der General-Anzeiger gebracht haben. — in beiden wird nun über die Buschklepper der Dörfer geklagt, welche hinter dem Rücken der Festtheilnehmer gierig u. frech über deren Speisen u. Getränke herfielen.
Dieser letztere Gegenstand, giebt der Versammlung erneute Veranlassung, sich über die Schutzlosigkeit des Irrhaines und unserer Eigenthumsrechte an demselben bitter auszusprechen. Infolgedesen stellt der Herr Vorsitzende folgende Anträge:
a, An der Thür zum Irrhain soll eine Tafel von Eisenblech angebracht werden mit der Inschrift: „Das Betreten des Irrhains ist nur den Mitgliedern des P. Bo. und den von diesem Ermächtigten gestattet“
b, Die Thür des Irrhains ist verschlossen zu halten; dagegen steht es den Mitgliedern des P. Bo. frei, sich den Schlüssel hierzu sowie den zu der Tische u. Bänke enthaltenden Hütte vom 1. Vorstande verabreichen zu lassen, oder sich für eigene Rechnung einen Schlüssel anfertigen zu lassen.
Es werden beide Anträge einstimmig zu Beschluß erhoben […]
Schriftführer Ballhorn bringt einen ihm von Pfarrer Kündinger in Kraftshof zugegangenen Brief vom 11. d. M. zur Kenntnißnahme, worin dieser mittheilt, daß am selben Tage ein arger Gewittersturm im Irrhain gehaust habe, welcher eine große Eiche niedergeworfen, die dann in ihrem Fall unsere Aufbewahrungs-Hütte halb zertrümmert habe, sodaß deren Inhalt zu jedermanns Verfügung offenliege.
Der Schriftführer hat infolgedessen sofort an Rottmeister Hofer in Kraftshof geschrieben, daß er so schnell als möglich, für unsere Rechnung, den Schaden wieder ausbessern lasse, damit, wie der Pfarrer warnend bemerkt ,Tisch u. Bänke nicht Füsse bekommen’ — dem Pfr. Kündinger habe er gleichzeitig gedankt für seine freundliche Aufmerksamkeit.
Die Versammlung heißt das Vorgehen Ballhorns einstimmig gut u. beschließt nachträglich die Wiederherrichtung der Hütte auf Ordenskosten. […]“
„20. W.V. Freitag den 23. Mai [1890]
[…] Das Protokoll der 19. W.V. wird gelesen, aber in einem Punkte beanstandet und deshalb nicht unterzeichnet. Es erscheint nämlich zweifelhaft, daß, wie es in demselben heißt, in der letzten Versammlung der Beschluß gefaßt worden sei, in besonderen Fällen einzelnen nahestehenden Vereinen die Benutzung des Irrhains nicht zu versagen, vielmehr herrscht bei den Anwesenden die Ansicht vor, daß aus einer solchen Inkonsequenz dem Orden nur Unannehmlichkeiten erwachsen würden. […]
Zum Schlusse regt Geißler an, dem Rottmeister von Kraftshof ein kleines Geschenk zu machen. Es wird beschlossen, ihm 100 Zigarren im Werte von 7 M zukommen zu lassen. […]“
Ein „Rottmeister“ war ein dem Förster unterstellter Vorarbeiter.
„23. W.V. Freitag den 13. Juni 1890
[…] Vergangenen Sonntag haben einige unserer Herren (Knapp mit Familie, Postmeister Schmidt mit Familie, Rud. Geißler mit Frau, Aug. Müller mit Fam) den Irrhain besucht, um dort als Abgesandte des Ordens sich nach der Verfassung des Haines umzusehen, vor allem aber auch mit dem Forstpersonal wieder die nöthige Rücksprache zu nehmen. Oberförster von Hartlieb zeigte sich wieder sehr entgegenkommend und sein factotum (auch das unsere in dieser äußeren ,Waldangelegenheit’) der Rottmeister Hofer, wird nicht ermangeln mit aller Macht und Findigkeit wiederum u. für fernere Zeiten auch dem Orden zu Diensten zu sein. — Das ihm namens des Ordens überreichte Kästchen Cigarren zu 7 d das Stück hat ihn ganz begeistert; er wird das edle Kraut zu Ehren der Pegnitzschäfer mit großem Behagen schmauchen!
Einen sehr glücklichen Griff hat unser 2ter Herr Vorsteher gethan, indem er durch die Macht seiner Rednergabe den Gewaltigen des Orts, den Herrn Bürgermeister von Kraftshof als den Schutzherrn unserer geselligen Versammlung an wohlbesetzten Tischen gewonnen hat. Dieser hat versprochen seine etwas zigeunerhaft angelegte Jugend stramm im Zaum zu halten. […]
„26. Wochenversammlung, Freitag d. 4. Juli 1890
[…] Dankschreiben für die Einladung zum Irrhainfest sind eingelaufen von der Burschenschaft Germania, Bubenruthia, Franconia, dem Corps Onoldia u. Bavaria in Erlangen; […]
28. W.V. Freitag den 17. Juli 1891
[…] Dr. Heller betont noch den schlechten d.h. ungünstigen Platz der Zuschauer [beim Irrhainspiel] u. soll dahin getrachtet werden, denselben nach Möglichkeit günstiger zu gestalten. […]
Ausschuß-Sitzung 15 Januar 1892
[…] 2) soll eine Verschönerung des Irrhains beziehungsweise ein Gedenkstein für Harsdörfer mit dessen Reliefbild in Bronce ins Auge gefaßt werden […]
zu 2. Ueber das, was am Festplatz geschehen soll (daß etwas geschehen müsse, darüber ist man einig) machen sich verschiedene Ansichten geltend.
Ein Erinnerungszeichen an Harsdörfer wird allseitig als schöner Gedanke begrüßt, dessen Ausführung aber auch von den Kosten abhängig gemacht; als Sachverständigen schlägt Herr v. Kreß Professor Wanderer vor und wird sich Präses mit diesem Herrn benehmen.
Dr. Heller glaubt, daß die Verschönerung des Irrhains zunächst ins Auge gefaßt werden solle und wünscht, daß vor allem das Thor würdig hergestellt werden solle.
Präses wäre für diesen Fall der Ansicht, daß dann der Name Martin Limburger’s, darauf angebracht werden solle, dessen Bemühungen der Orden den Irrhain verdankt. Verschiedene Ansichten werden noch gehört und dann diese Vorbesprechung verlassen. […]
23 Freitag den 24 Juni 1892
[…] Geißler berichtet über die am [Lücke] mit Herrn Professor Wanderer unternommene Fahrt in den Irrhain an welcher auch Knapp und Müller theilnahmen. Die Denkmäler sollen mit Epheu umpflanzt werden; das von Wieland mit einer Tafel v. Kelheimer Stein mit entsprechender Inschrift versehen werden und in dem andern der Name Limburger’s eingemeiselt werden, um das Andenken an den Stifter des Irrhains der Nachwelt zu überliefern. Das Portal soll in dem oberen Theil eine Änderung erhalten und das Reliefbild Harsdörfers darauf angebracht werden; Kostenaufwand ca. 5-600 m. Einige an Bäumen angebrachte Tafeln sollen entfernt werden und in der Hütte Platz finden. […]
23 W.V. Freitag den 14 Juli 1893
[…] Dr. Beckh legt den Entwurf Wanderer’s für das Portal im Irrhain vor; welcher in Bezug auf seine mit Einfachheit gepaarte Schönheit allen Beifall findet, nur wird der auf 1550 m berechnete Kosten-Voranschlag den finanziellen Verhältnissen des Ordens gegenüber als zu hoch empfunden.
Knapp glaubt, daß die Weglassung der beiden Figuren (Pegnitzschäfer und –schäferin) eine ansehnliche Abänderung der Kosten ergäbe.
Dr. Heller findet die Kosten zwar nicht zu hoch, meint aber doch, daß den künftigen Generationen auch etwas zu thun übrig gelassen werde. […] Heller vermißt ungern die am alten Portal befindliche Aufschrift ,Irrwald’ und soll darüber mit Wanderer gesprochen werden.
Dr. Beckh bespricht die noch weiter beabsichtigten Verschönerungen des Irrhains, die zum großen Theil Aufgabe des Forstamts seien, daß der Name Limpurgers [sic] auf einem der alten Denkmale angebracht werde, wird wiederholt betont.
[…] Müller bringt ein Inserat zur Kenntniß, nach welchem der Maxfeld-Turnverein für nächsten Sonntag einen Ausflug nach dem Irrhain ausschreibt; da dieß ein für allemal nicht angeht, soll der Vorstand des Vereins […] hiervon verständigt werden […]
24 W.V. Freitag 21 Juli 1893.
[…] Dr. Beckh legt nochmals den Entwurf Wanderer’s zum Portal vor u. spricht sich dahin aus, daß er zu der Ansicht gekommen, die Kosten seien für den Orden doch zu hoch und daß eine einfachere Herstellung anzustreben sei, zumal eine Umzäunung des Irrhains auch nöthig sei. Man solle die Portal-Frage dem Finanzausschuß vorlegen, den er für nächsten Freitag einberufen wolle, gleichzeit. dann die Umzäunung des Irrhains mit einem Palisaden-Zaun.
Am Sonntag werde sich eine Anzahl Mitglieder zum Zwecke näherer Einsicht nach Kraftshof resp. in Irrhain begeben. […] Derselbe ist der Ansicht, daß das Portal, wie es im Amaranthes abgebildet, nicht bestanden habe.
Schmidt weist nach, daß es allerdings so gewesen, aber in Holz ausgeführt war. […] schlägt vor, Beringer mit der Aufstellung eines neuen, billigeren Vorschlags zu betrauen; letzterer meint, daß man diese Bitte zuerst Prof. Wanderer vortragen solle. Darüber will I. Praeses Beckh mit W. sprechen. […]
„6t WochenVers. Freitag 9 Febr. 1894
[…] Beringer referirt über das neue Portal, von dem Architekt Schmitz Modell in Naturgröße aufgestellt hat, und legt die Zeichnung, die Abänderungen gegen die erste enthält, vor, wobei er bemerkt, daß dadurch nach s. Ansicht das Portal gewonnen hat; gleichfalls legt er im Auftrag Dr. Beckhs den mit Baumeister Goeschel abgeschlossenen Vertrag vor, welchen II. Praeses verliest. Architekt Schmitz schenkt dem Orden die Konstruktionszeichnung zum Portal; […] Die Familien von Fürer, Schrodt und Loesch erklären ihre Bereitwilligkeit, zu den Gedenktafeln beizutragen […] Frau Lorsch erbietet sich ebenfalls, für ihren verst. Gatten eine Gedenktafel herstellen zu lassen. Ausständig sind noch die Erklärungen von Notar Omeis u. Lgerichtsr. Seiler.
7t W. V. Freitag 16 Febr. 1894
Dr. Beckh verliest ein Schreiben d Herrn Justizrat Omeis, mit welchem dieser m 40. für eine Gedenktafel seines Vorfahren Magnus Daniel Omeis; diese Summe sowohl, als die von der Familie Loesch gespendeten m 55,- wurden dem Schatzmeister übergeben. […]“ — Ein Bruchstück dieser Gedenktafel hat sich erhalten; wegen der geschickten Nachahmung barocker Gestaltungsmerkmale war lange angenommen worden, sie sei aus der Zeit des Magnus Daniel Omeis. Entwürfe für die Überarbeitung und den Ersatz neuer Tafeln und Steine bzw. die Herstellung neuer kamen, wie aus dem Protokoll vom 29. Februar 1894 hervorgeht, erst einmal von August Schmidt, dem Postmeister; in der Ausführung durch Steinmetze werden sie erst endgültige Form angenommen haben.
„15 W.V. Freitag 20 April 1894
[…] Beringer berichtet über den am Schlußstein des Portals anzubringenden Kopf einer Schäferin, der im Modell hübsch ausgeführt sei; dann wegen des Gitters, daß Schmitz eine flüchtige Skizze an Kunstschlosser Frey gegeben, der zu dieser Arbeit besonders befähigt sei und in die Absicht des Künstlers einzugehen fähig;[…]“
„20 W.V. Freitag 25 Mai 1894
[…] Hering theilt mit, daß der Brunnen in Stand gesetzt sei und reichlichen Wasserzufluß; für Untersuchung des Wassers auf Reinheit u. Unschädlichkeit will Lamprecht in zuvorkommender Weise sorgen. […] Knapp betont, daß jedes Mitglied beim Verlassen des Hains das Thor schließen müsse; ferner berichtet derselbe, daß der Flurplan des Irrhains, der zu Fürth gehört, vom dortigen Bezirkrgsamtsr. Brochier zu erbitten sei, & er an diesen deshalb geschrieben habe. […] Ferner bringt Beringer von Kupferdrucker Bery hergestellte Abdrucke der im Besitz des Ordens befindlichen Kupferplatte, Wielands Denkmal im Irrhain darstellend; die Abzüge werde à 50 d je Stück abgegeben und finden von den 30 St sofort 10 Exemplare Abnehmer. […]“
„23 W.V. Freitag den 15 Juni 1894
[…] Beringer berichtet, daß sämmtliche Steine im Irrhain aufgestellt und die Vergoldung am Portal vorgenommen sei und sich prächtig ausnehme; derselbe beantragt Überdeckung des Portals mit Kupferblech, dem Hering beistimmt. Die Kosten mit m 24 werden genehmigt. […]“
So war in letzter Minute der Irrhain noch für das Jubiläumsfest herzeigbar geworden. Im Nürnberger General-Anzeiger, Nr. 13426, findet sich neben weitläufigeren Nachrichten von diesen Festlichkeiten auch eine Beschreibung der Ausstattung des Geländes: „Seit gestern Sonntag sind im Albrecht-Dürer-Verein die Gedenktafeln und Epitaphien ausgestellt, die der Pegnesische Blumenorden seinen besonders verdienten dahingegangenen Mitgliedern im schönen schattigen Irrhain bei Kraftshof errichtet. Die Gedenktafeln sind alle in abwechslungsreichen Formen und Techniken und sämtlich von Herrn Oskar Beringer entworfen und unter dessen Leitung ausgeführt. Es ist dem Künstler trefflich gelungen, den Arbeiten den Charakter der Rokoko- und Barokzeit zu verleihen […] Eine Reihe älterer Tafeln werden neuhergestellt und gereinigt, auch neue Gedenksteine werden im Irrhain errichtet.“ Als neue Tafeln werden genannt die für Dr. Heinrich Heerwagen, Joh. Heinrich Petzet, J.K. Heller, Dr. Ernst Lösch, Lorsch, Schmidmer, Franz und Valerie Schrodt, Christian Heinrich Seiler, das Ehepaar Hoffmann, den Erlanger Universitätsprofessor [Adolf] Freiherr von Scheurl; auf einer Tafel zusammen werden Christof und Anton Ulrich Fürer von Haimendorf genannt, ferner, wie erwähnt, Magnus Daniel Omeis; als neuer Gedenkstein wird der für Martin Limburger erwähnt; außerdem: der Tanzplatz, ursprünglich außerhalb am Nordende des Laubenganges gelegen (seit wann er sich dort befand, ist ungewiß), wurde in den Park verlegt, zwei weitere Hütten und ein Schaukelgerüst für Kinder wurden gebaut und eine Wurfkegelbahn angelegt.
Nun war der Irrhain vollständig verbürgerlicht.
Die bunte Mischung
Nicht nur der weitgereiste und betriebswuselige Knapp (wenn auch zum großen Teil er) sorgte dafür, daß die Versammlungen des Ordens ein Kaleidoskop der nächsten und entlegensten, zeitnahen und historischen Themen aufwiesen. Folgende Auswahl möge für sich sprechen:
„Freitag, 9. April 1875
2) Es folgen Vorträge von
a) Knapp: „Cultur und Culturpflanzen auf Cuba“ […]“
„Freitag, 4. Juni 1875
[…] 3) Vorträge von
a, v. Dithfurth: „Ein Abentheuer in Afrika, Eine Löwenjagd. […]“
„Bunt“ agierte der Orden auch im Sinne unserer heutigen Demonstrationen gegen Rassismus. Neben antisemitischen Tendenzen einzelner Mitglieder stellten sich offizielle Vertreter (im folgenden Pressezitat der Schriftführer Seiler) öffentlich als Befürworter der Judenassimilation dar, und das Agitieren der Antisemiten außerhalb des Ordens fand in Sitzungen keinen Beifall.
Zeitungsausschnitt 1875, eingeklebt zwischen Seite 10 und 11 der Chronik:
Zur Einweihung des israelitischen Tempels in Nürnberg.
Als im December 1849 im bayerischen Landtag die Emanzipation der Israeliten beschlossen wurde und schon im nächsten Frühling ein israelitischer Kaufmann die Aufnahme als Bürger Nürnbergs erhielt, waren genau 500 Jahre seit jener Zeitperiode verflossen, in welcher die Israeliten, wie fast allenthalben, auch in der Reichsstadt Nürnberg großen Verfolgungen ausgesetzt waren und ihre Synagoge abgebrochen wurde, an deren Stelle auf Veranlassung Kaiser Karls IV. die jetzige Frauenkirche entstand. Wohl fanden sie später wieder Aufnahme in Nürnberg, durften aber nicht mehr, wie sonst, wohnen, wo sie wollten, sondern es wurde ihnen ein eigner Platz angewiesen (die jetzige Judengasse u.s.w.) welcher 1340 durch eine große Feuersbrunst verwüstet worden war und wo sie unangefochten wohnten, bis 1498 Kaiser Maximilian I. der Stadt die Freiheit gab, die Juden sammt und sonders auszuweisen, eine Freiheit, die bis zum letzten Titelchen ausgenützt wurde. Erst das Jahr 1849 […] Seitdem ist die Zahl der Israeliten in Nürnberg auf etwa 2000 Seelen gestiegen. Es war daher sehr natürlich, daß sich das Bedürfniß eines eigenen Gotteshauses für diese zahlreiche Gemeinde bald geltend machte. So sahen wir also auch seit 1869 am Spitalplatz an der Stelle des ehemaligen sogenannten Harsdorfer-Hofes [!], welchen die Gemeinde käuflich an sich brachte, ein prachtvolles Gebäude entstehen, das als eine Zierde der Stadt betrachtet werden kann; es ist die neue Synagoge von Herrn Baurat Wolff aus Stuttgart, welcher auch die dortige Synagoge erbaut hat, im maurischen Stil ausgeführt. […] Alles ist so weit gediehen, daß morgen, den 8. September, die feierliche Einweihung erfolgen kann. […]
(Nürnberg, 8. Sept.)
Heute Vormittag fand die feierliche Einweihung der neuen israelitischen Synagoge statt. Die Feier begann in dem bisherigen Betsaal, in dem ein Abschiedsgebet gesprochen und die Thorarollen herausgenommen wurden. Hierauf setzte sich der Zug — in dessen Mitte wir als Vertreter der Kreisregierung Hrn. Regierungsrath v. Morett, sowie den hiesigen protestantischen Pfarrer Hrn. Seiler bemerkten — zur Synagoge in Bewegung. […] die von Herrn Dr. Levin gehaltene Weihepredigt, in welcher derselbe in scharf durchdachter Auseinandersetzung die von dem Naturalismus und Pessimismus aufgeworfene Frage: „Hat das Gotteshaus noch eine Berechtigung?“ bejahrend beantwortete, indem er gleichzeitig den Unterschied zwischen Theologie und Religion betonte. Am Schlusse seines Vortrages wies der Prediger besonders auf die Nächstenliebe hin, hervorhebend, daß es keine christliche, keine jüdische Liebe gebe, die Liebe sei an keine Konfession gebunden, es gebe nur Eine Liebe, welche sich des Satzes bewußt sei: „Diesen Kuß der ganzen Welt, Brüder, über’m Sternenzelt muß ein guter Vater wohnen.“ […]
„Freitag, den 7. Mai [1880]
[…II] 1) v. Kreß verliest aus dem neuestem Hefte der ,Deutschen Rundschau’ ,Ein Tag in der Heimath von Berthold Auerbach’. […] Besonders interessant ist was Auerbach über seine Stellung zum historischen Roman u. zur Agitation gegen das Judenthum sagt. […]“ — Es könnte das gewesen sein, was Wikipedia als eine seiner letzten Äußerungen zu diesem Problem zitiert. „Will sich aber der Jude frei und selbständig, mit dem ganzen Gehalte einer eigentümlichen Persönlichkeit, neben sie, oder gar gegen eine ihrer Tendenzen stellen, so brechen die Spuren eines nur überdeckten Judenhasses hervor.“
„28te Sitzung am 30 September 1892.
[…] Dr Ree, welcher zum ersten Male seit seiner Rückkehr aus seiner von der Cholera heimgesuchten Vaterstadt Hamburg den Verein besucht, wird aufs herzlichste bewillkommnet. […] Dr. Ree verliest seinen Aufsatz betitelt ,Baukünstlerisches aus dem neuen Nürnberg’ veröffentlicht im berliner ,Centralblatt der Bauverwaltung’, der eine Schilderung und Beurteilung des Stils und der Stillosigkeit einer Anzal nürnberger Bauten der letzten Jahrzehnte bespricht. Obwohl Dr. Ree mäßig und gerecht im Urteil zu sein bestrebt war, konnte er es nicht verhindern, daß einzelne Architekten sich verletzt fühlten und ihm öffentlich und privatim feindlich gegenüber traten. […] Dr. Ree verliest auch, um zur Heiterkeit der Anwesenden beizutragen einige Gedichte aus einer Gedichtsammlung von Frl. Kemptner [Tante des Karl Kraus], die in der Vermischung von Prosa und Poesie, von überspannten Ausdrücken und nüchterner, philiströser Denkungsart das Unglaubliche leisten.“ Ob die Anfeindungen jener Architekten mit Antisemitismus zu tun hatten, ist trotz der jüdischen Herkunft des Paul Johannes Rée (Assistent am Germanischen Nationalmuseum, nicht der Nietzsche-Freund) ungewiß; im Blumenorden war er jedenfalls herzlich willkommen.
Eine Kuriosität stellt ein leider undatiertes postkartengroßes Einzelblättchen ohne Titel oder Anrede dar, von Wilhelm Schmidt mit dem Vermerk „Schrift Seilers“ versehen: „Jedoch ist von demselbigen, sehr ansehnlichen Mitgliede des pegnesischen Blumenordens abermals bey dieser Sitzung sehr übel vermerkt worden, daß dasselbe, dessen künstlerische Vorlagen man doch jederzeit nach Gebühr würdiget, der Mittheilung der geistigen Erzeugnisse anderer ebenso sehr verehrlichen Mitglieder nicht diejenige Aufmerksamkeit schenkt, welche sie doch verdienen und auch ansprechen können, sondern über denselben gewöhnlich in so tiefen Schlaf verfällt, daß öffters die Schultern der Nachbarn zur Rechten u. zur Linken dem im Schlafe sich neigenden u. schnarchenden Künstlerhaupte zur Stütze zu dienen bedroht werden. Es dürfte also auf geeignete Mittel Bedacht genommen werden, um der Wiederkehr dieses, nicht zu duldenden Uebelstandes gelindlichst abzuhelfen.“
An Abwechslung hat es allerdings nicht gefehlt.
„Freitag, 4. August [1876…]
II. Vorträge
Pfr. Seiler: ,Poet. Nachruf auf einen Unbekannten und doch Bekannten’ (König Ludwig I.).“
„Freitag, 5. Januar 1877
[…II.] 2) R. Geißler verliest einen Brief seines Bruders in New-Orleans über die Louisiana-Wirren. — Höchst interessant und aufklärend über republikanische Zustände. […]“
„Generalversammlung, Freitag, 26. Januar 1877, Abends 9 Uhr bei Wagner
[…I.] In den kleinen Freitagsversammlungen kamen zur Mittheilung:
68 eigene Arbeiten
41 fremde Arbeiten (aus älteren und neueren Schriftstellern)“
„Freitag, 24. August [1877]
[…in diesen Monaten fehlt Heerwagen auffällig oft, und Knapp hat den Vorsitz.]
Sonst läßt man vieles an sich vorübergehen, sogar einen wirklichen Koloradokäfer, spricht über verschollene Pegnesen, über versprochene ungehaltene Vorträge u. tritt in eine lebhafte Debatte über die Ziele des Ordens ein, an der besonders Herr A. Müller bemerkenswerthen Antheil nimmt u. gedenkt der Herausgeber eines Vereins-Jahrbuches.“
„Freitag, 14. September
[…I.] 3) Es wird angeregt, § 32 der Satzungen, die Ablieferung der Bildnisse der einzelnen Mitglieder an die Ordenssammlung betreffend, mehr zur Wirklichkeit werden zu lassen; demzufolge solle niemand säumen durch Abgabe seines Conterfeis sich die Unsterblichkeit zu sichern. […]“
„Freitag, 21. September
[…I.] b, Auf Anregung des 2. Vorstandes kommt man überein, wieder das Referiren über neue literarische Erscheinungen ins Leben zu rufen. […]“
„Freitag, 12. October
I 1) Herr Vorsitzender [Heerwagen] legt eine ziemlich umfangreiche Sammlung von Nachrufen u. Nekrologen verstorbener Mitglieder des B.O. vor, welche ihm aus dem Nachlasse des Herrn Heyden durch Herrn v. Fürer geschenkweise für den Orden übergeben wurde.
II. Vorträge u. Berichte
1) Geißler: „Zur Eröffnung der Realschule“ Ein hübsches, sinniges Gedicht.
2) Ballhorn: gibt einen zweiten Bericht über die Ausstellung des Gewerbemuseums die Erzeugnisse des Buchdrucks der Gegenwart behandelnd.
3) v. Kreß theilt einige interessante Daten mit, zur Geschichte des Probstes Anthon Kreß, welche zu schreiben er im Sinne hat. Unter dem mitgetheilten Material befindet sich auch ein besonders merkwürdiges handschriftliches Haushaltungbuch des Anton Kreß. […]“
„Freitag, 30. November
[…II.] 2) Homann: Telephonistisches. Vorerst geschäftliche Einleitung und Erklärung des Apparates u. dann Experiment mit einem Hausapparat von Mechaniker Heller. […]“
„Freitag, 7. December
[…] II Versteigerung der Doubletten der Bibliothek
Eingeleitet durch einen Ritt des Flügelrosses von Knapp […] — Wenn man die alten defekten Scharteken ins Auge faßt die an den Mann gebracht wurden so kann man das Ergebniß nur ein glänzendes nennen: es flossen M. 33.35 in die Cassa.“
„Freitag, 11. März [1881]
[…II.] 7) v. Kreß gibt nach Badens Nachrichten Auskunft über die s. Z. seitens des Stadtmagistrats in Nürnberg erfolgte Weggabe der Dürerschen Vier Temperamente nach München — woraus hervorgeht daß ein Zwang seitens des Kurfürsten ausgeübt wurde.“ — Das Dauerthema der Nürnberger Wehleidigkeit!
„Freitag 8. April.
[…] 2) Die letzte öffentlliche Versammlung soll Montag d. 25. April stattfinden.
Das Programm ist:
1) Priem: „Beaumarchais in Nürnberg“
2) Lehmann: Drei Nürnberger Dichter (Sachs, Grübel, Weickert) […]“
Johann Wolfgang Weikert ist seither, das Weikertgäßchen abgerechnet, völlig aus dem Bewußtsein der Einheimischen geschwunden, vor allem, seit das Zimmer mit literarischen Gedenkstücken aus dem Stadtmuseum Fembohaus verschwunden ist.
„Freitag, d. 29. April [1881]
[…] Der Vorsitzende [Heerwagen] spricht anläßlich der letzten öffentlichen Versammlung den Herren Priem sowohl, als auch H. Assessor Lehmann den Dank der Gesellschaft für die gelungenen Beiträge aus und beklagt den schwachen Besuch.
[…] Ein Vorschlag Knapps die öffentl. Versammlung von 6 auf 3 zu beschränken wird mehrfach ventilirt und soll darüber noch berathen werden.
[…] Ass. Lehmann aus einer Berliner Zeitung ,Briefe eines Engländers über Deutschland’ welche manch schiefes Urtheil, aber auch manche Wahrheit enthalten, die wir beherzigen dürfen.“
„Freitag, 1. September [1882]
[…] 4) Herr Cass. Schmidt verliest einiges aus Ritter Langs Memoiren; Lang ist ein Humorist und Satiriker eigener Art. In weitschweifiger Art weiß er in leichtgefälliger Sprache die verschiedenartigsten Dinge in das [sic] Bereich seiner Betrachtung zuziehen, — oft auch auf wohlfeile Witze herausgehend.“
Übrigens enden etliche Kurzprotokolle dieses und des vorigen Jahres mit der Bemerkung, es habe außer einer allgemeinen Unterhaltung nichts stattgefunden.
„Freitag, den 25. September 1885
[…] Herr Pf. Heller übergab zur Verlesung wieder einen Brief des jungen Seemann Brunner — von Sydney aus. H. Knapp verliest denselben, der viel interessante Mittheilungen über das Leben in Sydney. [sic]“
„Freitag den 6. November 1885
[…] Lehmann. Ein Hexenprozeß, aus Criminalacten des Nürnb. Gerichtes 1675.
Derselbe ist ein schönes Zeugnis für die tolerante Anschauung der Richter u. namentlich auch der zu einem Gutachten veranlaßten Theologen. […]“
„Freitag, den 20. Nov. 1885
[…I] 2) H. Pfeilschmidt übernimmt die Berichterstattung über die öffentl. Versammlungen für die Zeitungen u. wird dem Schriftführer das Material für den Kurier, sowie für den Korrespondent einliefern. […]“
„Freitag, den 16. April [1886]
[…I] 2) Bezüglich eines sehr einseitigen u. vorurteilsvollen Berichtes im fränkischen Kurier über unsere letzte öffentliche Versammlung am 12. d. Mnts gibt Hr Post-SpecialCassier Schmidt, als der Verfasser der ursprünglichen Fassung dieses Berichtes, die Aufklärung, daß die Redaktion seine Arbeit gekürzt u. am Schluß verändert habe — u. zwar absichtlich wie ihm der Chefredakteur Dr. jur. Eberhardt, persönlich von ihm deshalb angegangen, unverblümt mitgeteilt habe. Absichtlich aber deshalb, weil der Verfasser des letzten u. miterwähnten Vortrages, Hr. Redakteur Pfeilschmidt, sein politischer Widersacher sei. — eine derartige Deutung unparteiischer Behandlung nichtpolitischer Angelegenheiten seitens der Redaktion des fränkischen Kurier entzieht sich jeder Beurtheilung.“ — Also ist das gar nichts Neues.
„Freitag, den 3. September
[…II Vorlesung aus Goethes Briefwechsel mit seiner Mutter und deren Briefwechsel mit Anna Amalia sowie Briefe des 16jähr. Goethe an seine Schwester] 2) In Veranlassung dieser Mittheilungen, regt Ballhorn an, ob es den Bestrebungen unseres Ordens nicht angemessen sei der Goethe-Gesellschaft als Mitglied mit einem jährlichen Beitrag von 10 M. beizutreten; es würden uns dann auch die Veröffentlichungen derselben unentgeltlich zufallen. […]“
Freitag, den 24. September 1886.
[…I] Die Anwesenden beschließen, daß der Orden der Goethe-Gesellschaft als Mitglied beitrete u. der Schriftführer wird beauftragt dies anzumelden, dabei auch gleichzeitig um Nachlieferung des I. Bandes des Jahrbuchs zu ersuchen. […]
5) Consul F. Knapp übergibt für unsere Sammlung ein Autograph von Lavater aus d. J. 1794 an die „Franziska“ (von Baden) — der erste Vorstand wird dies sehr werthvolle Stück der Kleinodien-Truhe einlegen. […]“
„Freitag, den 12. November
[…] II. […] d, Dr. [Rudolf] Genee erfreut uns durch Verlesung einiger Abschnitte aus seinem neuesten Buche ,Hundert Jahre des königlichen Schauspiels in Berlin 1786-1886’ (Berlin) die im Besonderen das Verhältniß Ifflands zu Schiller u. letzteren dramatische Thätigkeit behandeln u. durch Mittheilung des Briefwechsels zwischen beiden höchst interessante Schlaglichter auf die litterarischen u. Bühnenverhältnisse der Zeit werfen. […]“
Rudolf Genée, Bruder von Richard Genée, kam aus theaterbegeisterter Familie und wurde ein gesuchter Shakespeare-Kenner und Rezitator.
„Generalversammlung Freitag d. 4. Februar 1887. Abends 8 Uhr in ,Stadt Regensburg) Rathhausgasse
[…] zu 1. Der 1. Vorsteher gibt Bericht über die Thätigkeit des Ordens im abgelaufenen Vereinsjahr, aus welchem ersichtlich, daß unsere Bestrebungen einen rechten Anklang bei der Einwohnerschaft Nürnbergs nicht finden wollen […] In letzteren [den öffentlichen Versammlungen] wurden geliefert
a, an eigenen Arbeiten der Mitglieder 74, u. zwar 52 Gedichte, 14 Erzählungen, 10 litterarische und sprachwissenschaftliche Mittheilungen. — Als Verfasser derselben seien besonders namhaft gemacht die Herren: Postspecial-Cassier Schmidt, Redacteur Pfeilschmidt, A. Stengel, Konsul Knapp, Dr. W. Beckh, C. Lorsch, G. Lehmann, Rud. Geissler, Frhr. v. Kress, F. Dittmar, Ober-Apell.Räthin Blass, v. Euler-Chelpin in München. […]“
„Freitag, den 16. Dezember 87
[…] Dr. Rée, unser neues Mitglied führt sich sehr vorteilhaft mit einem Aufsatz über die keramischen Sammlungen des germ. Museums ein, dessen Fortsetzung mit Interesse entgegengesehen wird. […]“
„Generalversammlung Freitag den 18. Januar 1889, abends 8 Uhr
Im Hause der Naturhistorischen Gesellschaft, Schildgasse 12 […]
[…] In den wöchentlichen Versammlungen kamen zum Vortrag:
Erzählungen, Schilderungen: 25 […]
Gedichte: 43 — Reimchronik 9 Stück — Dramatisches 6 […]
Ueber Aesthetik u. Kunst 6 Abhandlungen, Philosophisches 4
Litteraturgeschichtliches 3, Uebertragungen aus fremden Sprachen 2
Sprachliches 1, Berichte (über neuere litter. Erscheinungen, aus Zeitungen u. dgl) […]“
„Freitag d. 25. Januar 1889
[…] Schließlich wird auf einmal wieder vom leidigen Volapük gesprochen, als welterlösender Macht u. als der Zukunftssprache u. was sonst noch dieses künstliche Gebäu in sich tragen soll. […]“
„15. W.V. Freitag den 8. April [1890]
Der Vorsitzende verliest […] noch eine höchst interessante Arbeit in der Allgemeinen Zeitung von Max Landau „Ueber den Barockstyl in der Litteratur“ (Schlußartikel). – Darin werden auch die deutschen Dichter des 17. Jahrh., welcher der schnörkelhaften Dichtkunst des Italieners Marino huldigten, oft nur in verzerrter Nachbildung — so Gryphius, Hoffmanswaldau, Lohenstein, Neukirch, Brockes u. vor allem auch die Pegnitz-Schäfer: Harsdörfer, Klai u. Birken — eingehend erwähnt.“
„22. W.V. Freitag den 7. Juni 1890
[…] Recht fesselnde Mittheilungen über die politischen Gefangenen, die sog. Staatsgefangenen der 30er Jahre auf der ehemaligen Festung Rothenberg bringt uns Freund Knapp aus dem handschriftlichen Nachlaß seines Vaters des Herrn Oberst Gemming der s. Z. der letzte Commandant der Festung war. Die Handschrift berichtet im besonderen und allein über die Schicksale eines gewissen Lunkenbein, der als junger Student hier, wie so mancher Jüngling anderwärts, jugendliche Begeisterung für Deutschlands Einheit in 10jähriger Haft büßen mußte. — Lunkenbein, ursprünglich Theolog, wurde nach seiner Begnadigung Mediziner, trat dann in den 40er Jahren in Nürnberg zur katholischen Kirche über und soll 1878 in Karlsruhe gestorben sein.“
„3t W.V. Freitag den 19 Januar 1894
[…] An die Besprechung des Referats über die letzte Versammlung im Fränk. Kurier, welches von der Redaction der Zeitung in höchst unstatthafter Weise glossirt wurde, knüpft sich eine erregte Debatte; es sollen die Referate künftig möglichst kurz gehalten werden.
Über den Nutzen der Referate gehen die Meinungen auseinander; Dr. Fuhse spricht sich gegen jede Kritik aus. Bei Erwähnung theilweise abfälliger Kritiken des Hans Sachs Buches von Genée (namentlich von Dr. Götze in [mit Bleistift unleserlich ergänzt] tritt Dr. Fuhse mit wohlthuender Wärme für Genée ein; sein Buch sei nicht für Gelehrte geschrieben, sondern für das Volk, dem es den Dichter näher bringen wolle und diesen Zweck erfüllt das Buch auf das vortrefflichste […]
Ein Frl. Lisette Jungmann, Theresienplatz 1, bittet in den Orden aufgenommen zu werden. Bei diesem Anlaß wird wiederholt, insbesondere von Dr. Fuhse der Wunsch angeregt, von Zeit zu Zeit einen Familien-Abend zu veranstalten, um auch den Damen Gelegenheit zu geben, über die Erscheinungen in der Literatur sich zu unterrichten.“ — Das wäre eigentlich schon längst beschlossene Sache gewesen.
„8t W.V. Freitag 29. Febr. 1894
[…] Dittmar liest noch ein Gedicht von ihm „Des Kindes Gott“ und spricht über den Masochismus, ein von Dr. Kraft-Ebing [sic] erfundenes Wort, welches die Richtung Sacher Masoch’s in der Literatur bezeichnet. Vorher gab Knapp mit dem 243 St der Reimchronik wieder einen glänzenden Beweis seiner Vielseitigkeit und zeigt sich in den Suren arabischer Dichter eben so bewandert, wie in der europäischen Literatur.“
Sprachpflege ohne Einmischung
Im Unterschied zu mancher im Schwange gehenden Auffassung hat die Sprachpflege im Blumenorden nie den Umfang angenommen, daß man ihn als Sprachgesellschaft bezeichnen könnte. Das zeigt sich auch in der zur Betrachtung stehenden Periode, z. B. an einer Satire auf die Verdeutschungen des Generalpostmeisters Stephan im Jahre 1875, die von August Schmidt stammt:
Nur deutsch!
Da man von Seite der Reichspostdirektion daran geht, die Fremdwörter aus unserer Verkehrssprache auszumerzen, so wollen wir in einigen Übersetzungen deutsche Ausdrücke für fremdländische in Vorschlag bringen:
Generaldirektion Geschlechtsleitung
[sic: kein „ä“ in der Hs. erkennbar, von „genere“ abgeleitet]
Generaldirektionscentralcoffier Geschlechtsleitungsmittekastner
Postoberinspector Nachoberhineingucker
Sectionsingenieur Beschneidungsangeborner
General-Telegraphendirektor Geschlechtsdrahtoberleiter
Locomotivcylinder Fortbewegungsröhre
Generalspostdirektionsassessor Geschlechtsnachleitungsbeisitzer
Materialverwaltungscontroleur Stoffverwaltungsprüfler
Die andere Seite kam auch zum Zuge. Am 24. April 1885 hielt Franz Dittmar (Lehrer an der Städtischen Handelsschule für Mädchen; Schriftsteller, der den Text zu dem Altdorfer Wallenstein-Festspiel verfaßte; aufgenommen im 1. Halbjahr 1883) einen Vortrag „Über das Fremdwörter-Umwesen“.
„Freitag, den 21. Mai [1886]
[…I] […] 5) Ballhorn regt an u. giebt der Besprechung anheim, wie notwendig u. unserer Aufgabe entsprechend es sei in unserm Kreise, sei es im Gespräch, sei es im Vortrag die unsere schöne u. reiche Muttersprache so sehr verhunzenden Fremdwörter thunlichst zu verbannen.
Nach eingehender, im allgemeinen dieser Anregung zustimmenden Erörterung stellt der Hr. Vorsitzende [Schmidt] den Antrag
a, Der Pegnesische Blumenorden erachtet für seine Pflicht seiner Richtung gemäß den Gebrauch der Fremdwörter möglichst zu vermeiden.
Wird einstimmig angenommen.
und ferner im Verein mit Ballhorn:
b, der jeweilige Vorsitzende wird ermächtigt auf allenfalsige Zuwiderhandlungen in der Sitzung aufmerksam zu machen, ebenso ist auch jeder der Anwesenden verpflichtet, gebrauchte Fremdwörter zu ,merken’, und dann in weiterer Besprechung den richtigen deutschen Ausdruck dafür festzustellen.
Wird ebenfalls einstimmig angenommen. […]“
„Freitag, den 11. Juni
[…I] 2) Der Vorsitzende [Beckh] giebt eine wiederholt eingelaufene Aufforderung des Deutschen Sprachvereins kund und dessen Einladung auf das Vereinsblatt zu zeichnen. — Nach wiederholter langer u. eingehender Besprechung des Gegenstandes bleibt man, auf unseren früheren Beschluß beharrend, dabei, weder selbst als Zweigverein beizutreten noch auch anregend zur Bildung eines solchen hier in Nürnberg hinzuwirken. Man beschließt diese neue Einladung freundlichst abzulehnen, aber auf das Blatt zu zeichnen [es zu abonnieren].
[…II] 2) Zur Sprachreinigungs-Frage bringt Hr. Barbeck folgenden Scherz: „An der Debatte beteiligten sich: 1 Redacteur, 1 Consul, 1 Postofficial, 1 Commis, 1 Mitglied des Gemeinde-Collegium, 1 Mitglied des Merkanten-Gerichts, 1 Lehrer des Portschen Instituts, 1 Professor, 1 Magistratsrat, 1 Antiquar, 1 Post-Special-Cassier, 1 Agent —“
„Freitag, 22. Oktober 1886.
[…I] 6) Derselbe [Pfeilschmidt] beantragt die Aufstellung einer Sammelbüchse, deren Inhalt zur Herstellung von Vereinspublikationen zu verwenden wäre, und erbietet sich, eine solche Büchse zu stiften. [Blaue Bleistiftbemerkung von Wilhelm Schmidt: ,Hansel-Stiftung!’] Entschluß: Der Antrag wird angenommen und Herrn Pfeilschmidt Dank für seine Stiftung ausgesprochen. Es wird vorbehalten, auf Mittel und Wege zu sinnen, wie die Füllung der Kasse möglichste Förderung erfahren kann. Der Stifter verliest darauf die Stiftungsurkunde in dichterischer Form, erntet rauschenden Beifall für den darinliegenden Humor u. begeistert die Anwesenden durch eigenes Beispiel zur Einlage der ersten Nickel. Ja sogar eine Mondscheibe in Gestalt eines silbernen Markstückes sah man blinken. […]“ — Der „Hansel“ wurde in der Folge mit Strafgeldern für das entbehrliche Verwenden von Fremdwörtern gefüttert, und der sprachmächtige Knapp machte sich einen Spaß daraus, in dieser Hinsicht wohltätig zu wirken.
„Freitag d. 29. März [1889]
[…] Consul Duplessis wirft die Frage auf: ,Soll der Pegnes. Blumenorden Stellung nehmen zur Sprachreinigungsfrage?’ — Hierüber entspinnt sich eine längere, lebhaft geführte Besprechung an der sich fast sämtliche Anwesenden für oder wider betheiligen. — Man kommt auf Antrag des Vorsitzenden zu dem Schlusse und zu dem Ausspruche, der auch schon vor Jahren aus verschiedenen anderen gewichtigen Gründen gethan wurde, daß der P.B.O. keine Veranlassung habe, zu Gunsten irgend einer der aufgetretenen Parteien öffentlich einzutreten, da er seinen alten Ueberlieferungen getreu, und nur seinem eigenen ihn heute auch in erhöhterem Maß allerdings beherrschenden Gefühle, an und für sich schon für die möglichste Reinhaltung der deutschen Sprache, wenn auch im stillen fortarbeite.
Nach dieser Erklärung, erklärt übrigens Consul Duplessis daß er überhaupt gar nicht für Sprachreinigung sei, sondern in der Aufnahme von Fremdwörtern in eine Sprache nur eine Bereicherung derselben erblicke, die darauf hinziele so doch noch eine Weltsprache — überall verständlich — zu schaffen. Dr. Rée stimmt dem Vorredner in vielem bei, namentlich erblickt er in der Aufnahme von Fremdwörtern in die deutsche Sprache eine Verfeinerung derselben, wie sie anders in feineren, sei es weltmännisch oder künstlerisch gebildeten Kreisen, gar nicht mehr gesprochen werden könnte. Gegen diese Sätze erheben sich viele Widersprüche, so von Ballhorn u. Knapp, welche eine derartige ,Verfeinerung’ geradezu als eine Verhunzung der Sprache, als ein Verderbnis der Sitte begreifen. Schluß ¼ 12 Uhr.
Freitag den 5. April 1889
[…] Zu der in letzter Versammlung aufgeworfenen Fremdwörterfrage verliest der Vorsitzende aus der Allgemeinen Zeitung einen trefflichen Artikel von Fritz Mauthner betitelt „Zur Fremdwörterfrage“, mit dem man sich vollständig einverstanden erklärt, da er mit unsern eigenen vor 8 Tagen ausgesprochenen Ansichten übereinstimmt. — Das Blatt kommt zum Archiv. […]“
„32. W.V. Freitag den 2. October 1891
[…] Der Beitritt des Ordens zum „Verein deutscher Bücherfreunde“ wird beschlossen, da der Hansel dazu die Mittel bietet und wird Herr Braun das Nöthige besorgen. […]
Schmidt liest einen, von ihm verfaßten Aufsatz, der in dem Hefte des ,Deutschen Sprach-Vereins’ erschienen ist und der den ,Pegn. Blumen-Orden’ und insbesondere unsern Hansel bespricht, dessen Bestimmung und dessen praktischer Nutzen ausgeführt und zur Nachahmung empfohlen wird. […]“
Finanzielle Erwägungen
Nach der Vereinigung mit dem Literarischen Verein, der etliche vermögende Mitglieder hatte, sah es zuerst einmal mit den Finanzen des Blumenordens gut aus:
„Freitag 19. März 1875
Punkt neun Uhr wird die Versammlung eröffnet.
1) Herr Cassier Bull bringt zur Kenntnißnahme
a) daß, die Beiträge sämmtlich erhoben seien und dabei die angenehme Wahrnehmung bekannt machen müsse, keiner der 135 Mitglieder ist ausgetreten! […]“
Dabei blieb es nicht. Anscheinend wurde auch ein wenig sorglos gewirtschaftet, vor allem beim Irrhainfest. Für die Mitwirkenden des Irrhainspieles 1876 wurde dreimal ein „Omnibus“, ein pferdegezogener Wagen für mehrere Fahrgäste, um 48 Mark gemietet, die Kostüme kamen auf 80, die Musik kostete 50 M; am 30. Juni 1876 stellte man eine erhebliche Etatüberschreitung fest:
„[…] 1) Vorsitzender verliest das ihm eingehändigte Protokoll der Ausschußsitzung vom heutigen Tage, nach welchem der Ausschuß die Etatsüberschreitung von 100 Mk. (im ganzen also 200 M) genehmigt, mit der Bestimmung, daß dieses Mehr aus dem, nach dem für 1876 aufgestellten Voranschlag verbliebenen Saldo von M. 121.57 entnommen werden soll. […]“ — Das fing man noch ab, indem man auf die eigentlich geplanten Rückstellungen für das Jubiläumsjahr 1894 verzichtete:
„Generalversammlung
Freitag, 26. Januar 1877, Abends 9 Uhr bei Wagner
[…I.] II. Hierauf gibt der Vorsitzende dem Kassier das Wort
1) welcher berichtet, daß der Mitgliederstand am Schluß des Jahres 1876, 136 Mitglieder aufweist, worunter 4 nichtzahlende (Frauen) sich befinden. […]
3) […] Von einer Position für den Jubiläumsfond sei in diesem Jahre abzusehen und dagegen die in der Cassa befindliche bayr. 4 ½ % Obligation von f 100 dem allgemeinen Vermögen einzuverleiben u. der Kassier zu veranlasssen, dieselbe dem 2. Vorstande Fr. Knapp zu diesem Zwecke zu übergeben. […]“
„Bericht über den Stand der Mitglieder für 1878
[…] am Schlusse des Jahres verbleiben 126 [mit Bleistift hinzugefügt: ,ab Wittwen 6 : 120’]“
„Protokoll der Generalversammlung des Pegnesischen Blumenordens zu Nürnberg (Anerkannter Verein) am 31. Januar 1879, Abends 8 ½ Uhr bei Gastwirth Wagner
[…] Das Ausschußmitglied Dr. Beckh bringt den Antrag ein, die Obligation von Mk 200, welche aus dem Kassenbestand angekauft werden soll, als angesammeltes Kapital für das 250jährige Stiftungsfest zu bestimmen u. zwar für die Jahre 1876. 1877. 1878 laut § 11 des Anhangs. Diesen Antrag bringt der Verf. [Dr. Rehm] zur Abstimmung, einstimmig angenommen. [14 Anwesende]“
„Generalversammlung Freitag d. 16. Januar [1880], Abends 8 Uhr bei Wagner in der Rathhausgasse […15 Teilnehmer]
Zu 3: Feststellung des Etats für 1880. — Ausgehend von der Annahme daß die Zahl der Mitglieder nach den Erfahrungen des Vorjahres wiederum sich verringern dürfte, anderseits aber auch sich die Ausgaben durch die Abhaltung des nun nicht mehr verschieblichen Irrhainfestes erhöhen werden, wurde beschlossen den Cassabestand in Mitleidenschaft zu ziehen […]“
1882 ist der Mitgliederstand auf 93 zurückgegangen. Einnahmen bezieht man außer von Mitgliedsbeiträgen noch aus Eintrittsgeldern. Sie werden am 7. Juli 1882 neu festgesetzt: „III Zahl der Vorträge 5 (Nov. Dec. Jan. Febr. März) Preis für den Cyclus von 5 Vorträgen 5 Mk für Abonnenten 3 Mk für Gesellschaftsmitglieder; Mk 1 ½ für einen Vortrag. Wegen Familienkarten soll noch verhandelt werden“ — Dabei war in der Generalversammlung am 13. Januar schon von rückgängigen Besucherzahlen die Rede gewesen: „Lehmann beantragt um den öffentl. Vorträgen zahlreicheren Besuch zuzuführen, dieselben erst um 8 Uhr beginnen zu lassen, Präses bezweifelt Erfolg.“
Noch sind Rücklagen vorhanden, aber der Zinsertrag wird ungewiß:
„Nürnberg den 5. Januar 1883.
[…] Nach Ausschreibung der Bankdirektion vom 30. Dezember v. J. ist das Geschäft des Umtausches der Guldenpfandbriefe in solche der Markwährung eingestellt und der Rest der Guldenpfandbriefe zur Heimzahlung bis 1. Juli l. J. gekündigt. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß einzelnen Gesuchen um nachträgliche Zulassung zum Umtausch innerhalb der nächsten drei Monate stattgegeben werde. Der Umtausch wird also schleunigst zu versuchen sein.
Außerdem sind seit 17. April 1879 bei der städtischen Sparkassa auf Sparkassabüchlein Lit. B. fo. 6337 M 100.- zu 3 ½ % angelegt. Da sich die Anlage des hohen Kassabestands als nöthig ergeben wird, so wird dieses Sparkassabüchlein bei dieser Gelegenheit zu kündigen und Kapital sammt Zinsen anderweit zu höherem Zins anzulegen sein. […] Der Bestand an Wertpapieren des Ordens, welche z.Z. einen Nominalwert von M 2171, 43 d repräsentieren [sic], wird sich alsdann voraussichtlich auf M 2628, 57 d Nominalwert erhöhen und die Zinseinnahmen sich um 18 M 25 steigern. […]
A. Rechnungslegung des Pegnesischen Blumenordens fuer 1883.
[Sinngemäß: Die Wertpapiere bestehen aus einer zu 4 % angelegten Grundrentenobligation, 3 Eisenbahnanleihenobligationen zu 4 %, einer Eisenbahnanleihenobligation zu 3 ½ %, 2 Pfandbriefen der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank zu 4 %, 3 Aktien der Bodenkreditanstalt der Vereinsbank zu 4 ½ %; dazu kommen Spareinlagen in Höhe von 900 M.]
B. [Die zahlenden Mitglieder haben auf 89 abgenommen.]“
Dazu kommen noch formale Anforderungen, denen der Schatzmeister, obzwar Jurist, offenbar nicht völlig entsprochen hat:
„Herrn Landgerichtsassessor a. D. G. Lehmann
Nürnberg den 10. Januar 1885.
Sehr geehrter Herr!
[…] Die Anträge sind von der Generalversammlung genehmigt worden, es ist aber noch weiter beschlossen worden, Sie zu ersuchen, die Vermögensrechnung in Zukunft nach Maßgabe der in meinem Berichte enthaltenen Auseinandersetzungen zu legen. Ich zweifle nicht, daß Sie sich überzeugen werden, daß die Vermögensrechnung, so wie sie heuer von Ihnen gelegt worden ist, ein unrichtiges Bild über den Stand des Vermögens oder — was vielleicht richtiger ist — des unangreifbaren Stammkapitals gibt und daß infolge dessen irrige Anschauungen über die zur Bestreitung der laufenden Ausgaben vorhandenen Mittel entstehen können. […] G. Goppelt“ — Dabei machte man sich im Blumenorden keine Illusionen, sondern Gedanken:
„Generalversammlung Sitzung am 9. Januar 1885
[…] Bezüglich der Vermehrung von Einnahmen durch Zugang von neuen Mitgliedern glaubt von Kreß diese durch Aussendung von Circulairen mit Einladungen am besten erzielen zu können. Zehler wünscht, daß diesen etwas über die Thätigkeit des Ordens beigefügt werde. Ferner beantragt v. Kreß, die Kosten hierfür aus der Reserve zu decken, was genehmigt wird. […]“
„Freitag den 20 Maerz 1885.
[…] Die beabsichtigte Werbung von neuen Mitgliedern rief eine ziemlich lebhafte Dabatte hervor und manche gegentheilige Meinungs-Äußerungen. Indeß fühlte doch Jeder, daß eine Mehrung des Ordens ein Gebot der Nothwendigkeit sei und daß eine hinauszugebende gedruckte Einladung (unter Hervorhebung des Zweckes und der bisherigen Thätigkeit des Vereins) zum Beitritt nur von Vortheil sein könnte.“
Ein erster Erfolg: „Freitag d. 10. Juni
[…] Abermals haben wir uns der großherzigen Gabe eines unserer Mitglieder zu erfreuen: Herr J. Carl, Inhaber der Brauer- und Hopfenzeitung, spendet zur Ordens-Casse 100 Mark. […]“
Ausgaben für satzungsgemäße kulturelle Zwecke werden nicht aus falsch verstandender Sparsamkeit unterlassen, aber man überlegt sich Gegenfinanzierung: „Freitag, den 17. Juni 1887
[…] Auf Grund einer früheren Besprechung legt Ballhorn die im Interesse des Ordens bezogenen alten Bücher von Pegnitzschäfern vor:
1. (Harsdörfer) ,Heraclitus und Democritus’; 2. Klai ,Irene’; 3. ,Die Nymphe Noris’ —
Um einen näheren Einblick von dem Inhalt dieser Werke zu erhalten übernehmen Referate darüber: Herr PostspecCassier Schmidt für No. 1, Herr Redacteur Pfeilschmidt für No. 2 u. Herr Dr. Beckh für No. 3.
Genannte pegnesische Werke werden, als zur Geschichte des Ordens von Wert, wahrscheinlich für die Bibliothek erworben werden; um dies leichter zu ermöglichen, ohne unserer Casse viel Kosten aufzuerlegen, wird beschlossen einen Teil unseres Vorrates von ,Amarantes’ an die Mitglieder für den Preis von 3 M in streifbroschiertem Zustande abzugeben. Namentlich sollen die neuen Mitglieder zur Abnahme eingeladen werden.
Außerdem wird Ballhorn in seinem neuen Antiquarischen Katalog das Buch zum Preise von 4 M geheftet mitaufnehmen. […]“
Der Ausschuß, welcher die Generalversammlung vom 27. Januar 1888 vorbereitet, stellt fest, daß doch ein kleines Defizit aufgetreten ist: Die Ausgaben überstiegen die Einnahmen um M 8.22 d. Die Aufteilung in eine Betriebskostenrechnung und eine Vermögensverwaltungsrechnung hat, wie Kress ausführt, noch nicht funktioniert. Lehmann hat Rücklagen für das bevorstehende Jubiläum und die Schroedersche Schenkung von 100 M falsch verbucht. Auch andere kleinere Unstimmigkeiten sind aufgetreten. In der Generalversammlung beanstandet Kress demgemäß, daß für das Jubiläum von 1894 keine Rücklagen ausgewiesen sind; Assessor Lehmann legt das Amt des Schatzmeisters wegen öfterer Abwesenheit nieder, August Müller wird zum Schatzmeister gewählt.
Eine ziemlich gewagte Überlegung, mithilfe eines Jahrbuches Geld zu verdienen und zugleich auch neue Mitglieder zu werben, kommt am 20. Mai 1889 von Wilhelm Beckh. „Danach soll der erste, noch dieses Jahr, im Winter erscheinende Band nur allein dem Andenken des verstorbenen Ehrenpräses, Oberstudienrath Dr. Heinrich Heerwagen gewidmet sein, indem darin dessen sämtliche im Blumenorden gehaltenen Vorträge enthalten sein würden. […]“ Buchhändler Herrmann Ballhorn, der Schriftführer, veranschlagt die Kosten auf 510 Mark. „Zur Deckung dieser Herstellungskosten reicht die für den Zweck zur Herausgabe von Druckschriften geschaffene sog. Hansel-Casse aber durchaus nicht aus und es soll erst ergründet werden auf welchem Wege noch weitere Mittel zu beschaffen wären; denn die aufgeworfene Frage, ob nicht eine Erhöhung des Mitgliederbeitrags geboten erscheine wird für jetzt noch bei Seite gestellt, entschieden bekämpft u. abgelehnt, wird aber die von einigen Seiten ausgesprochene Ansicht, für die Vereinsgabe von jedem Mitglied einen Betrag zu erheben, da hiergegen die Ordensgesetze sich aussprechen, nach deren § 11 die Mitglieder alle Veröffentlichungen des Ordens unentgeltlich zu beanspruchen haben. Schließlich wird bestimmt, das Buch auch in den Buchhandel zu geben.“
„33. Wochenversammlung. Freitag den 27. September. […] b. Der 3. Bogen unserer Heerwagenschrift liegt vor, infolgedessen man wieder auf den Titel für das Gesammt-Unternehmen zu sprechen kommt. Nach mancherlei Hin- u. Herrathen neigen sich die Anwesenden des von einigen Seiten gemachten Vorschlages [sic] zu, zu sagen: ,Altes u. Neues aus dem Pegnesischen Blumenorden. — I. Dem Andenken Heerwagens’ […]“ — „40. W. Freitag 22. Novbr. 1889 […] Von den vom Orden veröffentlichten ,Altes u. Neues’ sind 200 Exemplare gebunden u. sollen zu 3 M das Exemplar verkauft werden. […]“
„Protokoll über die Sitzung der Gesamt-Ordensleitung am 6. December 1889 [Rückseite des lose eingelegten Doppelblattes mit dem Protokoll vom 20. Mai 1889 und Fortsetzung auf einem weiteren losen Blatt]
Anwesend: Dr. Beckh. Postmeister Schmidt. Fr. Knapp. HC Ballhorn. A. Müller. Rud. Geißler. Frhr. v. Kreß.
Entschuldigt: Pfarrer Wild, Dr. Rée.
Unentschuldigt ausgeblieben: A. Stengel.
Vorsitz: Dr. Wilh. Beckh.
Das Protokoll vom 20. Mai wird verlesen und genehmigt.
Tagesordnung: Berathung über Beschaffung der Mittel zur Deckung der Herstellungskosten von ,Altes u. Neues’
I. nach Vorlage des Schatzmeisters wird die Ordenskasse keinen Ueberschuß ergeben, der zu den Herstellungskosten mitverwendet werden könnte, somit verbleiben dafür als baare Mittel nur 150 Mark, welche sich in der sog. Hansel-Kasse befinden. Die Rechnung der Buchdruckerei J. L. Stich beträgt aber 620 M, sodaß also noch 420 M zu decken wären. Ein Theil hiervon könnte durch den buchhändlerischen Vertrieb der Bücher, günstigenfalls 100 Ex zu 3 M = 2 M netto = 200 M eingehen, bliebe also noch ein offener Restbetrag von 220 Mark.
Außer diesen Druckkosten erwachsen der Gesellschaft aber im Laufe kommenden Jahres noch verschiedene andere außergewöhnliche Ausgaben, als Herstellung der neuen Ordensurkunde u. Mitgliederverzeichniß, für welche die laufenden Einnahmen nicht ausreichen.
Um diese Einnahmen zu erhöhen, um aber auch eine Sammlung unter den Mitgliedern zu freiwilligen Beiträgen zu vermeiden schlägt Postmeister Schmidt vor und beantragt, den Mitgliedsbeitrag von 5 M auf 8 m für das Jahr zu erhöhen, das gäbe bei 100 Mitgliedern eine Mehreinname von von 300 M und somit eine wesentliche Kräftigung unserer Kasse für alle Fälle. Ein großer Theil der Anwesenden ist für diese Erhöhung, viele andere aber auch sind dagegen. Unter letzteren entschieden Dr. W. Beckh und Frhr von Kreß, von denen Frhr von Kreß rathsamer und wirksamer erachtet, eine Aufforderung an bestimmte angesehene Mitbürger zu ergehen zu lassen dem Orden als Mitglieder beizutreten; hierdurch gewönne man, nach [unleserlich] Erhöhungen in anderen Vereinen, gewiß eine wesentliche Vermehrung an Mitgliedern und demzufolge auch eine solche der Einnahmen, ohne durch irgendwelche Erhöhung der Beiträge eine Minderung der Mitgliederzahl befürchten zu müssen. — Dr. Beckh mit Rud. Geißler befürworten höchstens eine Abrundung der 5 M auf 6 Mark.
Man beschließt nun:
1, Ein Aufforderung in dem von Hrn. v. Kreß (s. oben) angedeuteten Sinne zu erlassen
mit Einstimmigkeit
2, Eine Erhöhung des Mitglieder-Beitrages überhaupt eintreten zu lassen
mit 6 gegen 1 Stimme
3, Diesen Beitrag von 1890 an auf 8 M (statt bisher 5 M) festzusetzen
mit 4 gegen 3 Stimmen
Diese Beschlüsse sollen der ordentlichen im Januar 1890 stattfindenden Generalversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden, wobei sich die Minderheit vorbehält ihre Gegenansicht zu Punkt 2 u 3 zur Geltung zu bringen. […]“
In seinem Buchprüfer-Bericht liest Kress seinen Ordensmitgliedern ordentlich die Leviten. „Nürnberg, den 29. Januar 1890.
[…] Waren auch für die Instandhaltung des Irrhains infolge unabwendbarer Naturereignisse größere Ausgaben, als vorgesehen absolut nötig, so hätte doch die Position für Lokalmiete eingehalten werden können, wenn nicht mehr öffentliche Versammlungen veranstaltet worden wären […] Bei allen diesen Dingen zeigt sich, daß im abgelaufenen Jahre für die Vorstandschaft und die Ordensversammlung weit mehr der Wunsch, mehr leisten zu können, als die Rücksicht auf den Etat und auf die wirklich vorhandenen Mittel für die gefaßten Beschlüsse maßgebend war. Ich warne vor einer hohlen Finanzpolitik, die den Orden in ernstliche Verlegenheiten, ja an den Rand des Verderbens führen kann, auf das Eindringlichste. […]
Frhr. von Kreß, Obmann des Ausschusses
Pfarrer Wild.“
Worauf die Generalversammlung am 31. Januar 1890 einstimmig die Erhöhung des Jahresbeitrags auf 8 Mark festsetzt.
Es lohnt sich der Namen und Berufe halber, die Listen der in den nächsten Monaten aufgenommenen Neumitglieder anzuführen. Am 8. April 1890 werden verzeichnet:
„Hr. Dr. Sal.[omon] Weiß, Arzt — vorgeschlagen durch Dr. W. Beckh einstimmige Aufnahme; Hr. Georg Weigmann, Großhändler in Lauf […] Hr. Sigmd Rosenfeld, Kfm hier […] Hr. Jakob Volleth, Kfm hier […] Hr. Dr. L. Pauschinger, Arzt […] Hr. Max Meyer, Bankdirektor […] Hr. Joseph Schmidt, Prokurist im Bankhause E. Wertheimber […] Hr. Max Brust, Fabrikant […] Hr. Adolf Kleinknecht, Kfmann […] Hr. Siegfried Bach, Kfmann u. Fabrikbes. […] Hr. Carl Beyerlein, Maurermeister […]“
Und am 9. Mai: „Otto von Parseval, Commandir. General des K.b. 2. Armee-Corps (Würzburg) Excellenz […] Wilhelm Frhr. von Faber, Fabrikbes., Stein; Wilhelm Troeltsch, Fabrikbesitzer in Weißenburg; Johann Lauer, Kfm., Theilhaber der Fa. L. Chr. Lauer, Münzanstalt […] Georg Leidig, Optiker in Fa. Carl Leidig; Rudolf Wölffel, k. Studienlehrer […] Dr. Adolf Frhr. von Scheurl, Univ. Professor a. D. […] Hans Kieser, Architekt […]“
Bis auf wenige Ausnahmen ist nun unter den Neumitgliedern vor allem die kapitalistisch wirtschaftende Unternehmerschicht vertreten, dazu noch Bildungsbürger.
Im folgenden Jahr klingt der Bericht des Buchprüfers schon anders:
„Nürnberg, den 21. Januar 1891.
[…] Ich bin in der angenehmen Lage, meinem Berichte über die Jahresrechnung die Bemerkung vorausschicken zu können, daß die Besorgnisse […] sich glücklicher Weise als unbegründet erwiesen,
daß die […] Erhöhung der Mitgliederbeiträge und Erlassung eines Aufrufs mit der Einladung zum Beitritt, vom besten Erfolge begleitet waren und daß es infolge dessen weit rascher, als zu vermuten war, gelungen ist, die am Schlusse des vorigen Jahres vorhandenen Passiva zu decken […] Frhr. von Kreß […]“
In der Betriebskostenrechnung für 1892 ist bereits wieder ein Überschuß von 527,28 M ausgewiesen.
Nun kann man das Jubiläumsjahr in Angriff nehmen.
Vorbereitungen zum Jubiläum des 250jährigen Bestehens
Im Jahre 1891 erschien der Generalversammlung eine eingehende Planung noch zu früh. „[…] Über diesen Gegenstand ergreift zunächst der 2e Vorsteher k. Postmeister A. Schmidt das Wort, indem er in längerer Auseinandersetzung der Würdigkeit der Feier entsprechend, empfiehlt, schon jetzt die dabei so wichtige Geldfrage ins Auge zu fassen. Er beantragt demgemäß, so bald als möglich, dies Jahr noch mit einer freiwilligen Besteuerung der Mitglieder mit einem 1/4jährlichen Beitrag von 1 M zu beginnen. — Knapp schließt sich dem an und beantragt ferner noch, heute schon einen besonderen Festausschuß zu ernennen.
Beide Anträge werden von vielen Seiten: v. Kreß, Dr. Beckh, Ballhorn, Dr. Volbehr, Geißler bekämpft und dabei namentlich betont daß eine jetzige Inangriffnahme von Vorbereitungen in solchem Sinne verfrüht sei (Kreß), u. daß doch, bei den sich heute schon zeigenden verschiedenartigsten Ansichten, es richtiger u. zweckdienlicher sei, daß zunächst die Gesamt-Ordensleitung in sich die Festesfrage in allen Einzelheiten berathe (Dr. Beckh, Ballhorn). […]“
Im Ausschuß wurden ein Jahr später allerdings genauere Ziele ins Auge gefaßt, darunter eine Festschrift „zu 1) […] enthaltend die Geschichte des O. bis auf die neueste Zeit und handelt es sich nun darum wer sich dieser Arbeit der eine Sichtung des Archivs vorangehen müsse, unterziehen wolle. Mummenhoff erklärt sich bereit, letztere Arbeit trotz seiner beschränkten Zeit vornehmen zu wollen […] Dr. Beckh erwähnt, daß auch Prof. Dr. Bischoff seine Mitwirkung zugesagt […]“ Gleichwohl mahlen die Mühlen langsam. Wieder ein Jahr später:
Die Generalversammlung beschließt, „1) daß der Sommer als Zeit des Festes, von dem zuerst ein Teil in der Stadt, der andere im Irrhain stattzufinden hat, in Aussicht genommen wird
2) Daß die anwesenden 14 Vereinsmitglieder den Festausschuß bilden sollen mit dem Recht der Zuwahl
3) daß der Ausschuß
a, die literarische und künstlerische Seite
b, die finanzielle Seite ins Auge fassen müsse
4) daß das Leben Harsdörfers von Prof. Bischoff und die Geschichte der letzten 50 Jahre in Druck zu geben sei
5. soll das Portal des Irrhains erneuert und eine Gedenktafel am Geburtshause Harsdörfers angebracht werden.
6. sollen die Ehrenmitglieder u. correspondierenden Mitglieder zu literarischen Beiträgen aufgefordert werden. […]“
Das Protokollbuch meldet von der 10. Wochensitzung des Jahres 1893:
„[…] Dr. Beckh ist der Ansicht, daß die Feier wohl in zwei Teile zerlegt werden müsse, und zwar […]
b. die eigentliche Feier gegen Ende October, an die sich eine Ausstellung von Gegenständen, die mit dem Orden und seiner Geschichte in Zusammenhang stehen, Schriften, Documenten, Bildern u.s.w., anschließen solle, mit Proclamation von Ehren- und correspondierenden Mitgliedern, Festmahl und allenfalls Theater-Vorstellung, und eröffnet die Besprechung hierüber.
[Dieses und die folgenden beiden Blätter sind zum Teil oder ganz nach Heraustrennen der ursprünglichen eingeklebt.]
Frhr von Kreß findet die Teilung bedenklich, während Schmidt und Bischoff dafür sprechen, letzterer mit dem Hinweise darauf, daß der Orden am 16 October 1644 gegründet wurde; […und dann werden Unter-Ausschüsse gebildet, von denen der „Preßausschuß“ neuartig ist, also Öffentlichkeitsarbeit betreiben soll.]
Dr. Beckh frägt Prof. Bischoff, wie es mit der Benutzung des Harsdörfer’schen Archivs aussehe, worauf Bischoff erwidert, daß ihm bis jetzt die Genehmigung dazu noch nicht gegeben worden sei; Frhr. von Kreß erbietet sich, mit dem Herrn Senior der Familie darüber zu verhandeln. […]“
Die 25. Wochenversammlung veranschlagt die Gesamtkosten des Jubiläums, wenn der einfachere Portalentwurf verwirklicht werde, auf 4500 Mark. „Schmidt erklärt sich wiederholt gegen weitere Verschleppung, ebenso Knapp.“ Also schreitet man zu genaueren Vorüberlegungen der Taten: „[…] Dr. Beckh gibt nochmals den Voranschlag der Kosten […] bekannt, denen m 2200,- verfügbarer Kapitalien gegenüberstehen sowie ca. 1400,- aus Cassabestand u. Einnahmen bis Ende Juli 1894 und bemerkt, daß wir wohl noch auf freiwillige Spenden werden rechnen dürfen. Dann berichtet Dr. Beckh über seinen Besuch bei Herrn Baron von Harsdorf, der ihn sehr freundlich aufgenommen habe, aber positive Resultate vorerst nicht gewährte, über das Geburtshaus H. kann er nichts Genaueres angeben. […] Bezüglich der Ausstellung, für welche noch m 100,- in den Voranschlag eingesetzt werden, bemerkt Knapp, daß wir wohl vom Gewerbe-Museum, sowohl ein Lokal, als Vitrinen erhalten. Unter die Namen, welche durch Schilder verewigt werden soll auch Loesch, langjähriger und hochverdienter Praeses, kommen. […] Dr. Beckh theilt mit, daß im Fürer’schen Archiv (Haimendorf) sich auf Harsdörfer bezügliches vorfinden werde. […] Beckh wendet sich wegen der Ausstellung an Mummenhoff der im Verein mit Dr. Fuhse sich an auswärtige Bibliotheken um Überlassung passender Sachen wenden wird, während Beckh bei hiesigen Familien Umfragen halten wird. […]“
Die der 37. Wochenversammlung von Kress vorgelegte Aufstellung veranschlagt die Kosten bereits auf 5000 Mark, wobei noch 1600 ungedeckt seien. „Knapp regt an, daß die 250t Chronik in Druck gegeben werde, was als selbstverständlich gilt. Schmidt fragt wie viel Exempl des Amaranthes noch da seien […] über die Zahl der verkauften Exemplare von ,Altes u. Neues’ will Erfurt sich erkundigen u. berichten. Knapp schlägt vor, daß für das Jubiläum die Mitglieder ein Ordensabzeichen (Nadel wie d. nat.[urhistorische] Verein) mit der Passionsblume haben sollten; Dr. Beckh will die Frage dem Festausschuß vorgelegt wissen. […]“ Man entwirft in ziemlich sorgloser Weise immer neue Extras. Zur Gegenfinanzierung verläßt man sich auf einen Spendenaufruf an die Mitglieder. Auch sollen die Familien der durch Tafeln oder Denkmäler im Irrhain geehrten Mitglieder deren Restaurierung finanzieren.
So bricht das Jubiläumsjahr an, und zur Generalversammlung am 26. Januar ist sichtlich noch kaum etwas geschehen. „[…] Vorher wird noch besprochen, ob neben der Festschrift dann noch eine lit. Veröffentlichung (J.B. des Alten u. Neuen aus dem P.O.) erscheinen solle; an der Besprechung betheiligen sich v. Kreß, Schrag, Bischoff mit dem Ergebniß, daß man auf die Veröffentlichung des Bandes A u N verzichte u. auf das Jahr 1895 verspare.
Schrag regt an, ob man der Arbeit v. H. Professor Bischoff nicht noch eine andere anfügen könne, da Schmidt eine solche über Birken unter der Feder hat und diese, wie Bischoff bemerkt, seine Arbeit ergänzt, so sollen beide Arbeiten in der Festschrift vereinigt werden.
[…] Als Schatzmeister wird einstimmig Fabrikbesitzer Herrmann Lambrecht gewählt, der ebenfalls die Wahl annimmt. [Man wechselt mitten im Rennen die Pferde! Das hat später zu Informationsdefiziten geführt.]
[…] Ueber das Geburtshaus Harsdörfer [sic] konnte, wie Mummenhoff berichtet, nichts Sicheres ermittelt werden u. sollen weitere Nachforschungen gepflogen werden. […]“
„5 W.V. Freitag den 2 Febr. 1894
[…] Der inzwischen eingetroffene I. Praeses Dr. Beckh theilt mit, daß ihm von den Familien v. Scheurl, Dr. Heller, Petzet u. Heerwagen Zuschriften zukamen, nach welchen diese gern die Kosten für die Namen-Schilder übernehmen. Beringer theilt mit, daß auch Kaufmann Loesch sich zur Tragung der Kosten bereit erklärte. […] Geißler fragt wegen des Festspiels, worauf I. Praeses daß dazu ein früheres, von Frau Valerie Schrodt verfasstes und für den Zweck ganz entsprechend umgeändert werden soll. ,Die Liebe in 3 Jahrhunderten’ […]“
Gegen Ende der Vorbereitungsphase nehmen die Turbulenzen erfahrungsgemäß zu; so auch hier:
„24 W.V. Freitag den 22 Juni 1894
[…] Lambrecht fragt an, ob für doppelte Besetzung der von seiner Gemalin [sic] und ihm übernommenen Rollen gesorgt sei, da sie, falls das Fest nochmals verlegt würde, nicht mehr mitwirken könnten, worauf Dr. Beckh erwidert, daß für Frau Lambrecht seine Tochter, Frau Prof. Penzoldt eintrete, für Herrn L. müsse allerdings noch Ersatz beschafft werden.
Beringer theilt mit, daß Schlosser Frey die Schlüssel nicht rechtzeitig abliefern könne, weil ihn die Fabrik im Stich gelassen, daß Frey aber die Zustellung selbst besorgen wolle. Knapp führt an, daß dies nicht geschehen könne wegen mögl. Mißbräuche.
Da nun doch den Mitgliedern Kenntniß von der Verlegung des Festes [Wortverdoppelung] gegeben werden muß, so soll in dem Zeitungsinserat, das Schrodt heute noch besorgt, auch bekannt gemacht, daß Schleifen und Schlüssel auf nächsten Samst. Juni in Empfang genommen werden können. […] Hering theilt mit, daß Schuckert die Montierung [elektrischer Beleuchtung] im Lokal im Irrhain nicht verlegen können; es sei deßhalb nöthig, Wagen etc bewachen zu lassen und wird Hering bevollmächtigt, das Nöthige zu besorgen.
Dr. Beckh theilt vertraulich mit, daß Dr. Hodermann 300 Exempl. seiner Gesprächspiele [eine Neuherausgabe der Harsdörferschen] um 30 m dem Orden überlassen wolle; das Anerbieten wird angenommen und das Schriftchen bei dem Fest im Herbst an die Mitgl. als Festgabe vertheilt. […]
Auf von verschiedenen Seiten erfolgte Anfrage, ob die Nadeln nicht auch von Frauen der Mitglieder getragen werden dürften, wird dieß mit großer Mehrheit verneint. […]“
Nach dem Jubiläums-Irrhainfest gibt es weitere Beschlüsse, zum Beispiel zur Aufnahme von Ehrenmitgliedern aus dem festlichen Anlaß:
„Außerordentliche General-Versammlung Freitag 7 Septbr. 1894
[…] Bezüglich einer Fest-Medaille, deren Herstellung im Ausschuß beschlossen, theilt der Vorsitzende einen Entwurf von Beringer mit, der mit der Änderung angenommen wird, daß die eine Seite der Münze das Bild des I Praeses trage. Dr. Beckh lehnt sich mit großer Entschiedenheit gegen diesen Entschluß auf, bemerkend, daß es zu Mißdeutungen und unlieben Bemerkungen und Reden führen könne, wird aber von Mummenhoff & Dr. Fuhse mit triftigen Gründen widerlegt […]
Ehrenmitglieder […] bei jeden [sic] einzelnen wird sofort abgestimmt und werden demnach als Ehrenmitglieder gewählt
1, Wlm Hertz, Prof. an d. techn. Hochschule, München, Blütenstr. 14
2, Dr. Max Haushofer, Proffessor [sic] an derselben Anstalt, Königinstr. 10
3, Dr. Rudolf Baumbach, Hofrat, Meiningen, Burggasse 22
4, Dr. H. W. von Riehl, Direct. des Bayr. National-Museums, München, Kaulbachstr. 7
5, Professor Dr. Kuno Fischer, o. Univ. Prof. G. Rath, Excellenz, Heidelberg, Rohrbachstr. 12
6, Pet. Rosegger, Schriftsteller, Graz, Burggasse 12
7, Theodor Fontane, Berlin W Potsdamerstr. 134 c
8, v. Falke, Jac. Dr. phil. k.k. Reg. Rat & Direktor des k.k. Museums für Kunst Gewerbe Wien bisher corr.[espondierendes] Mtg
9, Con. Ferd. Meyer (Meyer-Ziegler) Dr. ph. Kilchberg bei Zürich [seltsamerweise durchgestrichen]
10, Otto Roquette, Dr. ph. Prof. d. t. Hochschule Darmstadt, Promenade 62
11, Prof. Dr. Wilkens, Kahlenberg b. Wien
12, Dr. Barrak, k. Oberbibliothekar an d. Universität Straßburg, bisher corr. Mtg.
13, Marie Ebner von Eschenbach, Wien I Rotenturmstr. 27
14, Pfarrer Neumann, Schwabach, J. G. T. emerit. Pfarrer, bisher corr. Mitgld
15, Carl Frenzel, Dr. ph., Berlin SW Dessauerstr. 19
16, Dr. Sigm. Günther, Pr. d. t. Hochschule München, Akademiestr 5
17, Wlm Rabe [sic], Braunschweig, Leiwewitzstr 7
18, Fr. Spielhagen, Berlin W Hohenzollernstr 12.
19, Georg Ebers, Drph. München, Schönfeldstr 1b
20, Dr. ph. Burkhardt, großf. sächs. Archivar, Weimar, bish. corr. Mtgld
Vorschläge von Professor Bischoff als Ehrenmitglieder zu ernennen
Dr. W. Riegel Braunschweig
Justy
Frau Anna Schwarz (Spiry)
Dr. Götze
finden nicht die nöthige Unterstützung.
Es wird bei den Vorgeschlagen angefragt werden, ob sie die Wahl annehmen […]“
„29 W.V. Freitag 21 Septbr. 1894
[…] Knapp macht die vorläufige Mittheilung, daß der Rathhaussaal überlassen werde & daß Liebel eine Einladung erwarte, sich mit einem Doppelquartett am 20 Oct. zu betheiligen. Hering berichtet über seine Besprechung mit Concertmstr Hellriegel, der für Samstag nur 12 Mann, für Sonntag 15 Mann stellt und für beide Tage zusammen m 150- fordere, womit man einverstanden. […]“
„30 W.V. Freitag 28 Sept 1894
[…] Derselbe [Beckh] verliest ferner Zuschriften der als Ehrenmitglieder gewählten von Falke, Dr. Burkhardt, Dr. Hertz, Raabe, Rosegger, Ebert, Barack, Frenzel, welche alle dankend angenommen. Weiter eingelaufene Schreiben von Spielhagen u. Frau von Ebner-Eschenbach hat Vorsitzender nicht zur Hand.“
„Ausschuß-Sitzung am 28 Sept 1894
[…] Dr. Beckh berichtet über die sehr gelungene, nicht theure Reparatur der Pokale (9 m) und die Etuis zu denselben (ca 60 m) […]“ Es steht da „die“, nicht „der Etuis“. Das legt nahe, daß die bis heute für zeitgenössisch mit den Pokalen gehaltenen Etuis erst von 1894 stammen.
„31 W.V. Freitag 5. Oct. 1894
[…] ferner folgende Schreiben mit dankender Annahme der Ehrenmitgliedschaft von Frau Ebner von Eschenbach, Prof. Dr. Haushofer, Geheimrath Dr. von Riehl, Fr. Spielhagen, Geheimrat Professor Dr. Kuno Fischer, Archivdirector Burckhardt, Dr. Wilkens. […] Schmidt I theilt mit, daß der Preis für das trockene Couvert beim Festessen auf m 3- festgesetzt sei und wird mit Schlenk die Speisefolge berathen. […]“
„40 W.V. Freitag 7 Dec. 1894
[…] Eingelaufen sind u. werden vorgelesen Dankschreiben von
[…] Theod. Fontane Berlin
Rosegger Graz […]
Personen und Persönlichkeiten
Auswärtige Ehrenmitglieder nehmen am Leben der Gesellschaft nur Anteil, insofern es ihnen gefällt, und sie arbeiten in der Regel nicht an der Verbesserung der Beziehungen zur Öffentlichkeit, noch machen sie Schwierigkeiten. Um die ganze Last anschaulich zu machen, unter der das Präsidium des Blumenordens in diesen Jahren schwitzte, müssen auch die Protokolle der laufenden Ereignisse noch einmal unter die Lupe genommen werden.
Beziehungen zur Öffentlichkeit — das konnte hochpolitisch werden: „Nürnberg, 17. August.) [1877]
Gestern Abend fand im Saale des ,goldenen Adlers’ das Festbankett zur Feier des 25jährigen Jubiläums des Germanischen Museums statt. […] Nachdem Herr Dr. Essenwein einen Toast auf den Kaiser von Oesterreich ausgebracht, ergriff Herr geh. Regierungsrath v. Osten-Sacken aus Wien das Wort. […] Herr Dr. Beckh sen. brachte seinen Trinkspruch der ,Einheit zwischen Fürst u. Volk, zwischen Deutschland und Oesterreich’. […]“
Die bereits erwähnte Überlastung und gesundheitliche Angeschlagenheit Heerwagens führte zu einem über mehrere Jahre fortgesetzten Spiel: Er wollte nicht wiedergewählt werden und ließ sich doch jedesmal umstimmen, so 1878, 1881, 1885. „[…] da befiel ihn 1875 eine schwere, lange Erkrankung, eine Rippenfellentzündung, und wenn er sich auch von ihr zu unserer aller Freude recht gut erholte […] Doch 1884 tritt eine Wieder-[19]holung der früheren Erkrankung ein, nöthigt ihn, das Rektorat, sein theures Schulamt niederzulegen und im Herbste 1885 auch die Vorsteherschaft im Pegnesischen Blumenorden. […]“ Er wird zum Ehrenvorsitzenden ernannt. 1886 wird dann Dr. Wilhelm Beckh zum Präses gewählt. Vize wird August Schmidt. „Vor der vorzunehmenden Ersatzwahl in der Ordensleitung erklärt noch Herr Consul Fr. Knapp, wegen drängender Berufsgeschäfte sein Amt als 2. Präses niederlegen zu müssen u. überhaupt kein Amt mehr im Verein annehmen zu können.“ Wie Wilhelm Schmidt, Sohn von August Schmidt, in seinem ungedruckten Festschriftentwurf für 1944 berichtet, gab es im Hintergrund ein anderes Motiv: „Knapp erzählte um 1890 in kleinem Kreis einmal, er habe auf Anfragen, ob er die erste Vorstandstelle übernehmen würde, dies abgelehnt, aber sich bereit erklärt, zweiter Vorstand zu bleiben, wenn der ,Freund Postspezial’ erster werde. […] Offenbar war Knapp und die Mehrzahl der Tafelrunde, d.h. der in den Wochensitzungen Tätigen, bei der Nachwahl 1886 durch das unerwartete Aufgebot bislang und auch weiterhin untätiger Mitglieder überrumpelt worden. […] Die Alten sahen die Überlieferung bedroht und wollten die Leitung nicht in die Hände eines Zugezogenen übergehen lassen; […] Im übrigen war ihr Eingreifen durchaus gemäßigt; denn alle anderen Mitglieder der neuen Vorstandschaft waren neue Mitglieder oder solche aus dem Literarischen Verein.“
„Freitag, den 15. Oktober [1886]
[…II] 1) Freund Priem legt der Gesellschaft zur Begutachtung eine eigene ihn selbst betreffende Angelegenheit vor:
Die weitverbreitete Frauenzeitung ,Fürs Haus’ hatte vor einiger Zeit in ihrer Beilage ein Gedicht ,Der Rangstreit veröffentlicht, als dessen Verfasser sich eine gewisse ,Sofie von Schwäbisch Hall’ aufgeworfen hatte. Die Sache lief aber, deutsch gesagt, auf einen Schwindel hinaus, denn Sofiechen hatte sich die Autorschaft angemaßt. — Priem ist der Verfasser des alten und wohlbekannten Gedichtes, der sich auch sein Recht bei der ,Schriftstelle’ obengenannten Blattes schon zu wahren u. retten gesucht hatte. Infolgedessen hatte die edle schwäbische Dichterseele durch einen dienenden Geist eine unverschämte Postkarte schreiben lassen. — Letztere war nun für Priem Ursache unsere Meinung, unseren Rath zu hören; dieser ging dahin, Priem solle genannter ,Schriftstelle’ letztern Sachverhalt mittheilen, damit man vorsichtiger gegen Blaustrümpfliche Verwegenheit werde. […]“
Es wäre nicht nötig gewesen, der Sache eine antifeministische Pointe zu geben. Die spitz- und schnauzbärtigen Herren erfüllten halt ihr Rollenklischee. So auch pflichtschuldigst zu folgenden Anlässen:
„Freitag, den 9. März 1888 (Kaisers Todestag)
[…] Vor Eintritt in die Tagesordnung gedenkt der Vorsitzende [Beckh] in warmen Worten des schmerzlichen Ereignisses des Tages des heute früh 9 Uhr erfolgten Todes unseres Kaisers Wilhelm. Rud. Geißler bringt in Anschluß hieran ein schönempfundenes Gedicht in welchem er auch dem empörten Gefühle Ausdruck gibt, daß Nürnberg nicht aus freien Stücken seinen Empfindungen durch ein Trauergeläute bekunden konnte — weil dieses höheren Orts nicht anbefohlen war. […]“
„Freitag 15. Juni 1888
[…] Eine tiefernste Stimmung waltete über dem kleinen Kreis der heute Anwesenden; hatte doch der Telegraph die erschütternde Kunde gebracht, daß heute Mittag 11.10 Minuten unser theurer. vielgeliebter Kaiser Friedrich von seinem schweren Leiden vom Tode erlöst und viel zu früh seinem unvergeßlichen Vater Wilhelm in die Ewigkeit nachgefolgt sei. Der I. Praeses Dr. Beckh sprach in tiefempfundenen, warmen Worten aus, was aller Herzen bewegte und schloß dann die Versammlung […]“
„Freitag den 5. Oktober 1888
[…] Dr. Beckh, der sich wegen der Teilnahme an der Sitzung der ostafrikanischen Kolonialgesellschaft schriftlich entschuldigt hat, erscheint um 10 ½ Uhr […]“
„Freitag 7. Dezember 1888
[…] Der Vorsitzende [Beckh] begrüßt zuerst Dr. Zehler, der sich nach langer Zeit u. trotz körperlichen Gebrechens wieder im alten Kreise einfand, was von allen Anwesenden herzl. Zustimmung fand. Dann gedenkt er in kurzen, tiefempfundenen Worten unsres unvergeßlichen Ehren-Präses Dr. Heerwagen, den wir heute zur letzten Ruhestätte geleiteten und fordert auf, sich zum Andenken von den Plätzen zu erheben, was geschieht. […]“
Ein am 12. März 1889 80 im „Korrespondenten von und für Deutschland“ erschienener Nachruf auf Heerwagen hebt hervor:
„Wie dem Menschen wohl um’s Herz wird, wenn die helle Sonne den Morgennebel besiegt, also ward es dem Schüler zu Muth, wenn er in die Oberklasse Heerwagens eintrat. […] Heerwagen war gewissermaßen das in die Erscheinung getretene humanistische Prinzip. ,Jetzt wissen wir erst’, gestand sich gar Mancher, ,warum wir Latein und Griechisch lernen.’ […] Als er einmal in jenem ironischen Ernst, der ihn so gut kleidete, an einen Schüler die Frage stellte, ob er denn den Faust schon gelesen habe, und der Angeredete sich beeilte, es zu versichern, da meinte Heerwagen lächelnd: ,Es würde auch nichts schaden, wenn Sie ihn noch nicht gelesen hätten. Verstehen werden Sie ihn doch erst später.’ Was man aber lese, solle man genau lesen; nicht ,naschen’, lautete die oft wiederholte Mahnung. […] Eine Eigenheit von ihm war dabei, daß er, um die Zunge zu lösen, auf der Dreizahl von Sätzen bestand. Dabei ereignete es sich dann freilich manchmal, daß ein Schüler die drei mühsam aufgefundenen Sätze hintereinander vorbrachte und der Lehrer am Schlusse sagte: ,So, das war der erste Satz, nun weiter!’ Ein solcher Auftritt schloß dann gern mit einer Klage über die fränkische Stammeseigenthümlichkeit der mangelnden Redegewandtheit.“
„43. W. V. Freitag d. 13. Dezember [1889]
[…] Der Vorsitzende macht auf die im Fränk. Kurier erschienene Besprechung der „Kurzen Geschichten“ von Rolf Heykens aufmerksam und schlägt vor, dem Dichter Theodor Fontane zu seinem 70. Geburtstage am 30. Dez. einen Glückwunsch zu senden. Es wird beschlossen dies zu thun und ebenso dem Ehrenmitgliede Hermann Lingg zu seinem siebzichsten [sic] Geburtstage am 22. Januar 1890 zu gratulieren. […] Dr. Volbehr beklagt sich darüber, daß der Pegnesische Blumenorden nicht dem Germanischen Museum seine Veröffentlichungen zukommen lasse, trotzdem er jene des Germanischen Museums regelmäßig erhalte. […] Zum Schlusse macht der Vorsitzende noch auf den schönen Nachruf aufmerksam, den Ebers in der Allgem. Zeitung dem Dichter Volkmann-Leander gewidmet hat, und verliest einen in demselben Blatte erschienenen schönen und charakteristischen Nekrolog Anzengrubers.“
„45. W.V. Freitag d. 27. December
[…] Ferner bringt derselbe [Volbehr] aus der Gegenwart einen Artikel gegen Professor Erich Schmidt zur Kenntniß — unter der Ueberschrift ,Robert Hamerling und Herr Professor Erich Schmidt’ von Carl v. Taler. Hierin wurden E. Schmidts unwürdige Angriffe auf den verstorbenen Dichter gebührend u. scharf zurückgewiesen und das Wissen u. Können des ,Herrn Professor’ nicht mit Glimpf auf ein Nichts gestellt.“
„Freitag am 17. Januar 1890
[…] Geißler berichtet über seine eingezogenen Erkundigungen bezgl. des k. Reallehrers Bachmann in Kitzingen, die dessen Privatleben betreffend nicht eben günstig lauten; ein eingelaufener Brief von Ruhld. Clingenstein dortselbst besagt ein Gleiches. — Aber abgesehen davon stellt man auch den allgemein gültigen Grundsatz auf, aus der Ordensbibliothek überhaupt nichts (namentlich nach auswärts nichts) ohne Bürgschafts-Leistung leihweise abzugeben. — In vorliegendem Falle beschließt daher die Versammlung die Klajschen Schriften dem Rektorate der Realschule zu Kitzingen auf dessen besonderen, unmittelbar an uns gerichteten Wunsch u. gegen Empfangsbestätigung (Haftschein) gern leihweise zur Benutzung des Lehrers Bachmann zur Verfügung zu überlassen. […Es geht über ein Programm, vielleicht zu einer Klaj-Feier, das wurde auch im vorigen Protokoll nicht erwähnt.]
Im Briefeinlauf befinden sich Dankschreiben […] und von Th. Fontane für unsern Glückwunsch zu seinem 70. Geburtstag.
Von Prof. Dr. von Lexer z.Z. Rektor d. Univ. in Würzburg empfingen wir dessen Schrift ,Zur Geschichte der neuhochdeutschen Lexikographie. Festrede zur Feier des 308. Stiftungstages der Königl. Julius-Maximilians-Universität gehalten am 2. Januar 1890. Würzburg 1890. 4°’“
„Freitag d. 28. Februar
[…] Als Curiosum theilt der Vorsitzende noch mit, daß uns ,den Blumenorden’ die Leitung der „Allgem. Landwirtschaftlichen Ausstellung“ in Köln in gedrucktem Schreiben zur Beschickung derselben einlädt. — Es sollen also unsere Blumen dort auch blühen!“ — Jetzt fehlt bloß noch der Pekinesen-Zuchtverein.
„24. W.V. Freitag den 19. Juni 1891
[…] Sodann bringt Dr. Beckh zur Mittheilung, daß der erste Ordens-Schriftführer Ballhorn in kürzester Zeit Nürnberg verläßt um nach Leipzig überzusiedeln; […] Der Lesezirkel der von Ballhorn neu geordnet u. bisher geleitet wurde, wird nun von Herrn J. Braun (Kalbsche Buchh.) weiter besorgt werden; der Güte dieser Herren haben wir es zu danken, daß es durch die freiwillige Überlassung einer großen Anzahl von Zeitschriften, es uns ermöglichte, daß der Lesezirkel auf einen guten Stand gebracht werden konnte. Und so hielten es die beiden Vorsteher für geboten, hier eine Gegenleistung des Ordens eintreten zu lassen, indem sie Herrn Braun mit der Lieferung der bisher für Ordensrechnung von der Ebnerschen Buchhandlung bezogenen Zeitschriften vom Juli an betrauten und in letztgenannter Buchhandlung die Blätter abbestellten. Die Versammlung erklärt sich mit dieser Anordnung vollständig einverstanden. Weiter wird auf Vorschlag der beiden Vorsteher beschlossen, den bisher von Ballhorn besorgten commissarischen buchhändlerischen Vertrieb (Commissions-Verlag) unserer eigenen Verlagsunternehmungen, wie ,Altes u. Neues’, ,Amarantes’, ,Album des Literarischen Vereins’, von nun an Herrn C. Schrag (auch Mitglied) zu übergeben. […]“
„Nürnberg, 23 Januar 1893
Mein sehr geehrter Praeses u. Freund!
Hierbei sende ich Ihnen vertraulich eine Abschrift des ebenfalls so vertraulichen Briefs den ich Heute, unser gestrichen Besprechung gemäss, meinem lieben Meister Geheimrath Professor Felix Dahn gerichtet habe.
Herzlichsten Gruss und besste Wünsche für Sie und die Ihrigen
Ihr treu ergebenster
Léon Duplessis.
Nürnberg, 23 Januar 1893.
Mein Hochgeehrter guter Meister!
Rolandin wurde im Pegnesischen Blumen Orden vorgelesen und ihre schönen Verse, ihre Kunst, ihr Realismus, ihr Heldenhaftiger Schwung mit lauter Begeisterung und Dankbarkeit von unserer kleinen wackern Schar aufgenommen.
Gestatten Sie mir nun Ihnen vertraulich wissen zu lassen dass der Orden in seiner gestrigen Sitzung von Freitag den 22ten Sie einstimmig als einen der grössten jetzt lebenden Dichter, Gelehrter und Deutscher zu seinem Ehren-Mitglied gewählt hat.
[…] Trotzdem ich gerne, mein hochgeehrter besster aller Meister, stets in ihrer liebenswürdigen Nähe zu leben wünschte, muß ich Sie leider jetzt schon in Eile verlassen.
Ich bitte Sie mich der hohen Meisterin ergebenst zu empfehlen.
Ihr treuer dankbarer
gezeichnet: Léon Duplessis.“
„6te Wochensitzung am Freitag, den 24 Februar 1893
[…] D. Heller schlägt seinen Schwiegersohn Fabrikbesitzer Wilhelm Tafel als Mitglied vor. […]“
„40t W.V. Freitag 22 Decbr 1893
[…] Dr. Beckh verliest einen Brief eines Herrn Reusch, früheren Fabrikarbeiters, der in den Orden aufgenommen zu werden wünscht; der gut geschriebene u. bescheiden gehaltene Brief erweckt Sympathie u. soll H. Reusch zum Besuch der Freitags Vers. eingeladen werden, um diese kennen zu lernen. […]“
„1te W.V. Freitag den 5 Januar 1894
[…] Reusch liest einige Abschnitte aus seinen „Wortbildern“ in Versen, recht gut gemeint. […]“
„26 W.V. Freitag den 6 Juli 1894
[…] Dem Rottmeister Hofer, der sich heuer ganz besonders verdient gemacht, soll eine Gratification von m 50.- u. 1 K. Cigarren am Sonntag übergeben werden. […]
Dittmar [schlägt zur Aufnahme vor] Joh. Mendel, Schuhmachergeselle, Austraße 16. Dieser sei ein bescheidner junger Mann, der sich mit Poesie gern beschäftige; einige Proben, die Dittmar verliest, verrathen wirklich Begabung und zeigen eine ziemlich gewandte Form, die für die Zukunft vielversprechend sind [sic]. Einige Stimmen geben Bedenken Ausdruck; der Vorsitzende verliest aus den Statuten die Bedingungen der Aufnahme und weist darauf hin, daß die Kugelung den Maßstab für die Gesinnung der Mitglieder bilden werde. […]“
„27 W.V. Freitag 13 Juli 1894
[…] Die Kugelung über […] Herrn A. [?] Mendel ergibt […] Aufnahme […] mit 12 gegen 8 Stimmen. […]“
„36t W.Versammlung Freitag 9 Novbr 1894
[…] Postmeister Schmidt beantragt, daß der s. Z. Beschluß über die Aufnahme Mendels in Kraft trete & betont die nach den Regeln des Ordens vorgenommene Kugelung. Es gibt dieser Antrag Anlaß zu einer lebhaften Besprechung, an der sich Dr. Beckh, Knapp, Geißler, Dittmar betheiligen. Der Fall wird dadurch seine Erledigung finden, daß Mendel wie er Dr. Beckh selbst erklärte, seinen Austritt als Mitgld nehmen und nur als gerngesehener Gast erscheinen will. […]“
„37te W.V. Freitag 16 Novbr. 1894
[…] Mummenhoff gibt dann ein Gespräch mit Dr. Goetze wieder wegen dessen Differenzen mit Dr. Genée, die angeblich bestehen sollen und verlangt, daß eine bei dem Vorschlage Dr. Goetze’s zum corresp. Mitglied gefallene verletzende Äußerung (die Dr. Fuhse gemacht haben soll), zurückgenommen werde. Die Angelegenheit wird als außerhalb des Ordens liegend vom II Praeses beleuchtet und bemerkt, daß auch eine falsches Verlangen zurückgewiesen [mit Bleistift überschrieben: „abgelehnt“] werden müsse. […]“
„38t W.Versammlung Freitag 23 Novbr. 1894
[…] Die Kugelung über Prof. Dr. Franz Penzoldt in Erlangen [Vater des Schriftstellers Ernst Penzoldt] ergibt dessen Aufnahme mit allen Stimmen. […]
Vorsitzender verliest einen Brief Mummenhoffs, worin derselbe, nachdem ihm resp. Dr. Goetze die gewünschte Erklärung vom Orden nicht gegeben worden sei, seinen Austritt aus dem Orden erklärt. Dr. Beckh wäre für ein Schreiben an Dr. Goetze. Es sprechen in der Sache Schmidt I, Lehmann, Lambrecht, Geißler und billigt man allerseits die von Schmidt I sehr gut motivirte Ansicht, daß der Orden in dieser Sache keinerlei Schritte thun dürfe, so sehr auch der Austritt eines so thätigen Mitglieds wie Mummenhoff zu beklagen sei; auf eine Bemerkung Beckhs, daß gütliche Vermittlung anzustreben sei, betont Schmidt, daß stricte am Entschluß der letzten Versammlung festzuhalten sei. [mit Bleistift ergänzt: „mit privater v. Dr. Beckh angeregter pers. Verständ. ist Schm. einverstanden“] Man habe nicht mit Dr. Goetze, sondern mit Mummenhoff sich zu verständigen. […]“
„2t W.V. Freitag 18 [?] Januar 1895.
[…] Die Angelegenheit in Betreff Herrn Archivar Mummenhoff wird nochmals erörtert und soll Herrn M. die von ihm gewünschte Erklärung gegeben werden. […]“ — Geholfen hat es nichts; er ist ausgetreten am 7. 1. 1897.
Das Jubiläumsjahr
Zuletzt war also der Irrhain so üppig hergerichtet, wie er es seither nicht mehr gewesen ist. Knapp zählt auf:
S. 9: […] und vom in Neubildung hergestellten Innenportal, wie es vor hundert Jahren im Haine prangte, bis zu jenen heimlich stillen Asylen, wo Stellvertretung selbst durch einen Freund nicht möglich ist, wurde Alles in Stand gesetzt […] Gleichzeitig ward von dem alten Rechte der Pegnesen, im Hain für sich und die Seinen ein Hüttchen zu bauen, von Postmeister Schmidt und dem Reimchronisten zum ermunternden Beispiel für die Ordensgenossen Gebrauch gemacht und so der Hain nach fast jahrhundertlanger Pause mit neuen Hütten geschmückt.
S. 12: [Es waren nur mehr zwei Tafeln übrig, die eine für Pfarrer Justin Goetsch, die andere für Joh. Gottfried von Pahl. — d.h. daß die für Seidel erneuert worden sei! Aber:]
S. 13: […] außer den seither bestehenden älteren Holz- und Metalltafeln, welche nach Thunlichkeit ausgebessert und verschönert wurden, wie z.B. die Colmar’sche, die neuen zum Theil aus Galvanobronze, zum Theil aus carrarischem und schlesischem Marmor, wie auch aus Serpentin und Solnhoferstein hergestellt sind. Die Schrift zeigt sich in den meisten Fällen vergoldet. Ausgeführt wurden sie nach den Entwürfen und Zeichnungen von O. Beringer, die Galvanoplastik von der Firma Zanker (Inhaber Harl, Mitglied des Pegnesischen Blumenordens), die Steinarbeiten von der Firma Schneider (Inhaber Bildhauer Suter). Als Styl wurden meist Barock- und Rokoko-Formen gewählt. Die betheiligten Familien trugen zum größten Theile, manche vollständig die Kosten der Herstellung.
S. 17 ff.: [Aufzählung der Denkmale und ihrer Wiederherstellung. Zuerst „Den sehr verwitterten, auf unscheinbarem Sockel abseits melancholisch zum Licht strebenden Obelisken“]
S. 18: Das grabmalartig mit Mohnpflanzen und Thränenkreuzen geschmückte Dr. B. W. Zahn’sche Mal mit fast unleserlich gewordener Inschrift. […] 6. Ein gänzlich schriftloses unbekanntes Epitaph, von dem keine Urkunde in unserem Archiv und Ordensprotokoll meldet [von wegen! Es ist leicht zu finden, daß es das Cramer’sche war], ebenso wenig von dem Verschollenen, dem es gewidmet war.
S. 19: […] der namenlose Malstein […] fand die passendste Benützung, indem man an demselben die Namen der Stifter und Begründer des Pegnesischen Blumen-Ordens anbrachte, und zwar gegen Osten unter dem galvanisch vom Bildhauer Hermann Schönau hergestellten Brustbild Harsdörfers die Inschrift […]
S. 20: Das genau nach dem alten Gedenkstein auf Kosten der Zahn’schen Familien neu errichtete Zahn’sche Denkmal mit Mohnblumen-Ornament in Slavonier Kalkstein mit dieser Goldschrift (unter einem mit der Schlange der Ewigkeit umgebenen Stern): […]
5. An das Zahn’sche Denkmal schließt sich das Häßlein’sche, welches verhältnißmäßig gut erhalten, mit einer älteren steinernen Urne bekrönt wurde […]
Man ist immer wieder erstaunt, wie viel von dem, was man für uralt gehalten hatte, jüngeren Datums ist. Das gilt natürlich auch für den Gedenkstein an Limburger-Myrtillus.
Zum Ablauf des Irrhainfestes gibt es im Protokollbuch eine offenbar vom Schriftführer August Müller verfaßte Beschreibung:
[…] Gegen Mittag verdüsterte sich der Himmel und damit die Aussichten aber doch rollten Nachmittag Wagen auf Wagen dem Irrhain zu, da man fest an das Wetterglück glaubte, was auch nicht getrogen hat.
Der Irrhain, schon von weitem durch das neue Portal einladend, war prächtig hergerichtet, die Denkmal künstlerisch erneut, die Gedenktafeln in ihrer vielfachen Gestaltung passend an den Bäumen des Friedhofs angebracht, diesen schmückend; durch ein mit einem hübschen Verse von Prof. Schwabe versehenes, von diesem auch vereinfachtes kleines Portal, dann durch das im Rococostyl ebenfalls von Prof. Schwabe erdachte und ausgeführte größere Portal, durch Prof. Geißler mit den Portraits von Harsdörfer u. Limburger geschmückt, zeigte sich der Tanzplatz; zwei durch die Güte des Herrn Prof. Schwabe gelieferte überlebensgroße Gypsstatuen (Apoll von Belvedere u. Antinous) wirkten wundervoll in dem Grün des Waldes.
Die Festbühne war durch einen terrassenförmigen Aufbau einer großen Zahl von Zuschauern sichtbar gemacht worden.
[…] Der Umgang, geführt von dem mit einem Thyrsus geschmückten Rottmeister Hofer, welchem die Carl’sche Musik in ihren schmucken Uniformen folgte, wand sich nun, unter den frischen Klängen derselben durch die verschlungenen Pfade und langte an der Bühne an, wo nun das Festspiel […] seinen Anfang nahm und trefflich unter großem, verdientem Beifall der Zuhörer aufgeführt wurde, wozu die sachverständige Regie des Herrn Direktor Gottscheid sehr viel beitrug. […]
Auf den Friedhof zurückgekehrt, begann das Nachspiel, wobei die alten Pokale den Ehrentrunk boten.
Das Festlied […] nach der prächtigen, frischen Composition v. O. Becker, Würzburg, mit Begeisterung von den Anwesenden gesungen, war kaum verhallt, als die zierlichen Schäferinnen und ihre galanten Schäfer zum Menuett antraten, das von Frl. Braßelt einstudirt worden war. Es war ein reizendes Schauspiel, das so viel Gefallen fand, daß es wiederholt werden mußte.
[Dann der Tanz, währenddessen Verkauf von Postkarten und Irrhainphotographien, die letzteren von Leidig]
Bei einbrechender Dunkelheit erstrahlte nun der Irrhain in einer durch C. Luchl hergestellten, von Prof. Schwabe künstlerisch vorbereiteten Illumination, welche ein allgemeines „Ah!“ der Bewunderung hervorrief und wahrhaft zauberisch wirkte; dann gaben auch die Bogenlampen der von der Electritäts Gesellschaft Nürnberg, vorm. Schuckert u. Cie, in äußerst dankenswerther Weise gelieferten electr. Beleuchtung ihr silbernes Licht und übergossen mit blendender Helle die alten Bäume, die ob dieses ungewohnten Schauspiels leise ihre Häupter schütteln mochten. […]
Das Aktenbündel 105 d im Pegnesenarchiv bewahrt eine Sammlung des Presseechos dieser Veranstaltung sowie Schriftstücke, an denen sich ersehen läßt, wie viel noch für die weiteren Festakte zu tun war:
Gratulationstelegramm von der Münchener Zweiggenossenschaft des freien deutschen Hochstiftes, 3. 7. 1894
Weitere Telegramme von Einzelpersonen
Titelblatt Kleine Presse Nr. 153 Frankfurt a. M. Mittwoch, 4. Juli 1894
(Mit ganzseitigem aus Pegnesen- und Landschaftsmotiven kombiniertem Bilddruck mit dreispaltigem Artikel von H.P., fortgesetzt auf dem größten Teil der Folgeseite)
Der Sammler. Belletristische Beilage zur „Augsburger Abendzeitung.“ Sonnabend den 3. November.
(Sehr ausführliche (2 1/4 S.) und ausgewogene Berichterstattung von allen Festakten)
Verwendung der erhaltenen Medaillen (Liste der geplanten Empfänger der Medaillen, silberner und bronzener. An der Spitze steht der König.)
Handschriftliche Musiknoten zu Feiergesängen
Blättersammlung mit Umschlagtitel „Vom Wettbewerb für das Irrhainlied zum Jubelfest 1894“
Schreiben des Magistrats, daß der Große Rathaussaal am 21. Oktober zur Verfügung gestellt wird.
Zahlreicher Briefwechsel wegen Einladungen und Übersendung von Medaillen und Festschriften
Entwurf eines Briefes März 1894 (in dem der Magistrat gebeten wird, Hilfestellung zu geben, daß die in der Stadtbibliothek vorhandenen auf den Orden bezüglichen Stücke herausgesucht und ausgestellt werden können.)
Gedruckte Einladung zu den Feiern im Oktober
Entwurf eines Schreibens an Familien von Mitgliedern, alte Gegenstände mit Bezug auf den Orden zur Ausstellung zu liefern.
Verzeichnis derjenigen Gegenstände der Stadtbibliothek, welche sich für die Ausstellung eignen würden
Gedruckte Einladung zum Festakt am 21. Oktober, 1. Oktober
Gedrucktes Programm, Tischlieder, Gedichte
Entschuldigungsschreiben, daß der Senior der Harsdorfs gesundheitshalber nicht kommt, vom 18. Oktober 1894
Zahlreiche weitere Zeitungsausschnitte mit Berichterstattung 1894
Über die Festakte am 20 und 21. Oktober 1894 vermeldet der Schriftführer:
Nachdem nun die Festtage verrauscht, soll hier an dieser Stelle über dieselben kurz berichtet werden […] Programmgemäß versammelten sich zur Vorfeier die Mitglieder mit ihren Angehörigen Sonnabend den 20 Oct. Abends 8 Uhr im goldnen Adler, dessen großer Saal im Hintergrund eine Bühne zeigte; eingeleitet wurde die Feier durch Concertmusik, dann begann das, von Herrn LGerichtsdirector Brügel verfaßte Festspiel „Die Gründung des Pegn. Blumen-Ordens“. Das trefflich geschriebene Festspiel wurde von Mitgliedern des Ordens sehr gut gespielt und schloß mit einem von Herrn Prof. Schwabe gestalteten lebenden Bild; drei Musen bekränzten das Reliefbild der Gründer des Ordens Harsdörfer und Klai.
Ein gemischtes Quartett, Frau Griesbach, Frl. Lauterbach, Herr Lehrer Ulrich Müller, Herr Georg Liebel trug in vollendet künstlerischer Weise Kompositionen von Mendelssohn und einige Volkslieder unter dem lebhaftesten Beifall vor. Ein Tanz beschloß den schönen Abend, der durch die Anwesenheit Sr. Excellenz des Herrn Regierungs-Präsidenten von Zenetti aus Ansbach, sowie der beiden Herren Bgmstr. von Schuh u. Täubler verherrlicht wurde sowie des corresp. Mitglieds Dr. Fastenrath aus Cöln.
Sonntag 11 Uhr fand im großen Rathhaussaale der Festact statt; Eröffnet wurde derselbe durch einen, vom Männergesang-Verein unter Leitung d. Herrn Direktor Bayerlein ausgeführten „Stiftungsfeier“ von Mendelssohn-Bartholdy.
Der I. Praeses, Dr. Wlm. Beckh, hielt nun seinen vortrefflich ausgearbeiteten Vortrag, in welchem er eine Geschichte des Ordens seit seinem Bestehen unter besonderer Berücksichtigung der letzten 50 Jahre gab und welcher mit lebhaftem Beifall aufgenommen wurde.
„Festrede bei dem Festakt zur Feier des 250jährigen Jubiläums des Blumenordens. Gehalten am 21. October 1894 im großen Rathhaussaale in Nürnberg.
S. 14: „Es möge genügen, wenn ich hier mitteile, daß in diesen letzten 50 Jahren im Pegnesischen Blumenorden gegen 600 öffentliche Vorträge gehalten wurden, welche sich über alle Gebiete der Poesie, sowie über historische, kunsthistorische, biographische Themata, dazwischen auch über Reiseerinnerungen, verbreiteten.“
S. 15: „[…] es freut uns, zu sehen, wie kein neuer Dichter von Bedeutung in die Welt trat, ohne seine Besprechung in den Vorträgen des Blumenordens zu finden: so Emanuel Geibel, Gottfried Kinkel, Franz von Kobell, J. V. von Scheffel, Wolfgang Müller von Königswinter, Otto Roquette, Hermann Lingg, Paul Heyse, welche auch später in nähere Beziehung zum Orden, meist als dessen Ehrenmitglieder, traten.“
Und abends feierte man weiter:
„Abends 6 Uhr fand das Festmahl im großen Saale des goldnen Adler’s statt, der prächtig geschmückt war; an 4 langen Tafeln nahmen die zahlreichen Gäste statt [sic; „Platz“ war gemeint]; die Plätze waren durch die von Geißler gezeichnete allerliebste Speisekarte, auf der die Namen der Theilnehmer, gekennzeichnet; […]
Durch Musik (Kapelle Ziegler) wurde das Mahl eingeleitet. Der 1te Trinkspruch wurde vom I. Praeses auf den Prinzregent ausgebracht; dann folgte der des II. Praeses Postmstr. Schmidt auf Kaiser u. Reich! Professor Bischoff toastirte in herrlichen Worten auf die Stadt; OA Richter Schrodt auf die „Ehrengäste“, welchem Trinkspruch I. Bgmstr. Dr. Schuh in warmen Worten dankte und auf das Wohl des P.B.O. trank.
Herrmann Beckh auf die Pflege der Dichtkunst u. des Gesanges, das z.Z. anwesende corresp. Mitglied Hofrat Fastenrath aus Cöln brachte ein prächtiges, mit rauschendem Beifall aufgenommenes Gedicht; ferner brachte Lambrecht auf Dr. Beckh in sehr humorvoller Weise ein „Hoch“ aus; […] sehr hübsche Gedichte verlasen Dr. v. Forster von seiner Frau; […] An den Prinzregenten ging ein Telegramm ab. […]
Die Ausstellung im goldnen Saal des Gewerbe-Museums ist eine reiche u. sehr geschmackvoll arrangirte; auch sie darf sich lebhaften Besuchs und großen Interesse’s erfreuen […] Die zum Fest-Jubiläum geschlagene Denkmünze ist @ m 2.- erhältlich und findet raschen Absatz.“
Nachklänge
Mit den Kosten für all das Ehrenvolle und Vergnügliche hatte man sich, wie vorauszusehen war, gewaltig übernommen. Eine der ersten Abhilfemaßnahmen war das schnuckelig aufgemachte Bettelgedicht des Kassiers.
Der Erfolg war zunächst kein pekuniärer; man wurde wieder sparsamer:
„39 W.V. Freitag 30 Novbr. 1894
[…] An Geschenken liefen ein
von Herrn Wäscherei-Besitzer Winkler durch H. Lauer ,Die Nymphe Noris von Montano (Dr. Hellwig) 1650’ […]
Der Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg stattet durch seinen 1 Vorstand Frhr. von Kreß wärmsten Dank ab für Zusendung der Festgabe. […]
Die 30 Nadeln für die mitwirkenden Damen [also doch!], von Lauer sehr geschmackvoll angefertigt, sind abgeliefert & wird 1 Stück vorgezeigt. […] Den mitwirkenden Herren eine Anerkennung in Gestalt einer Medaille zukommen zu lassen, wird nicht gutgeheißen. […]“
Am 18. Januar 1895 kann Lambrecht immerhin schon berichten, „daß die freiwilligen Spenden das erste Tausend überschritten; er rechne noch auf 7-800 m.“
In der folgenden Generalversammlung am 25. Januar führte der Kassensturz jedoch zu betrüblichen, wenn nicht bedrohlichen Ergebnissen:
„Eine genaue Kontrolle ist dem Ausschusse nicht möglich, weil weder eine Nachweisung über die Veränderungen im Mitgliederstande noch das Kassajournal des früheren Hrn. Schatzmeisters Müller vorliegt. […] Die Rechnung über das Jubiläum mit dem seinerzeit vom Finanzausschusse aufgestellten und von der Versammlung genehmigten Voranschlag zu vergleichen, hat absolut keinen Zweck. […] Die Ausgaben für das Jubiläum erreichen also einschließlich der noch ungedeckten den Betrag von nahezu M 12000.— […] Sie haben nicht nur das Vermögen des Ordens bis auf das unangreifbare Dilherrische Legat verschlungen, sondern auch den Orden mit Schulden belastet, welche ihn auf Jahre hinaus in der freien Bewegung beschränken wird. […]“
„Die Ausgaben für das Jubiläum betragen, einschließlich der noch ungedeckten nahe m 11000.-, eine horrende Summe für einen Verein von der Mitgliederzahl des Ordens; es wird gerügt, daß § 34 der Statuten, nicht beobachtet worden sei.
Der Auschuß beantragt
a, die Entlastung des Schatzmeisters, ihm besten Dank für seine pünktliche Kassaführung aussprechend
b, Aufstellung des Voranschlags für 1895 betreffend, so vor Allem Bedacht auf die Jubiläumssschulden zu nehmen, auf eine Publikation d. A. u. N. im Jahr 1895 unbedingt zu verzichten auch sich nöthige Einschränkung aufzuerlegen und den Voranschlag nach dem vorgelegten Entwurf zu genehmigen. […]
Diese Anträge werden angenommen und dankt der Vorsitzende dem Obmann des Ausschußes, Herrn von Kreß, für seinen so verdienstvollen, klaren Bericht.“