Teil X: Die unwissentliche Abdankung
Kaum hatte der geradezu ersehnte 1. Weltkrieg begonnen, tönten die führenden Mitglieder des Blumenordens wie ausgetauscht. Doch die Folgen wurden schnell deutlich: in Gestalt von Listen erst Eingezogener, dann Gefallener, und scharfe Einschränkungen der zivilen Lebensführung machten sich natürlich im Kulturbereich besonders bemerkbar. Man wurde mit der Zeit kleinlaut. Nach Kriegsende verstand man die Aufbauarbeit im kulturellen Bereich als einen Dienst an der beschädigten Nation, und obwohl die Wahrnehmung liberaler oder sogar gesellschaftskritischer Literatur noch nicht gänzlich abgetan wurde, verlor man durch jene Wiedererweckungstendenz samt Schrumpfung auf das Heimatkundliche den Anschluß an eine Literaturentwicklung, die bis auf unsere Zeiten als die einzig zukunftsweisende begriffen wurde (allerdings von anderen Kreisen, und oft mit Verspätung bis in die 1950er Jahre). Ein weiterer Abschwung wurde durch die Inflation herbeigeführt, in welcher der Orden sein Angespartes verlor und mit seinen Veranstaltungen aus dem Tritt kam. Die Chance, die im Einbeziehen einer jugendbewegten und ästhetisch wagemutigen Gruppe bestanden hätte, wurde aus kleinlicher Empfindlichkeit und starrem Festhalten am bisherigen Konzept des Wohlverhaltens vertan. Die vor dem Krieg schon bestehende Spaltung in aufgeschlossene und konservative Mitglieder setzte sich fort als eine zwischen humanistisch, demokratisch und friedliebend Empfindenden und verbittert von wiedererrungener Größe Träumenden. Die Germanenschwärmerei nahm zu. Heute noch gerühmte Autoren als neue Ehrenmitglieder gab es nicht, und die Ordensleitung verhielt sich schematisch und autoritär. Vertraut-heimisch statt bedeutend war der neue Mitgliederstamm.
Die Ära Beckh geht zu Ende
Schlagartig änderte sich das gesamte Umfeld. Doch man glaubte an ein baldiges Ende des Krieges, und zwar ein „glorreiches“:
Bericht des I. Schriftführers über das Geschäftsjahr 1914
[…] Auf dem Felde der Ehre im Kampfe fürs Vaterland verstarb am 29. Nov. 1914 Herr Rechtsanwalt Adolf Meixner. […]
In der Fertigstellung des Kataloges trat durch den Ausbruch des Krieges u. die dadurch verursachte Einberufung Dr. Reickes zu den Waffen eine Verzögerung ein. […] Das Goethejahrbuch konnte leider wegen Einberufung des Bearbeiters zur Truppe in diesem Jahre nicht erscheinen. […]
Der erfreulichen Entwicklung des Ordens im I. Halbjahr 1914 folgte leider eine, durch den Ausbruch des Völkerkrieges bedingte, ziemliche Rückwärtsbewegung. Ein Teil der regelmäßigen Besucher der Tafelrunde hat seine Kräfte dem Vaterlande zur Verfügung gestellt und befindet sich teils im Felde, teils im Lazarett- und Verwaltungsdienst, und was zuhause blieb war teils für das rote Kreuz in Anspruch genommen, teils in Gedanken so mit den fortlaufenden Ereignißen verwebt, daß es keine Muße für Literatur und Poesie fand. Möge ein baldiger, glorreicher Friede auch da Wandel schaffen. O. Börner.
Nachruf auf Hans Ostermayr von Oskar Beringer
Hans Ostermayr, der Teilhaber des Kunstgewerbehauses L. Ostermayr in Nürnberg, Hauptmann d.R. und zuletzt Bataillonsführer, starb am 28. Oktober den Heldentod für sein heißgeliebtes Vaterland […]
Ordentliche Hauptversammlung am 12. Februar 1915
[16 Mitglieder sind anwesend …] In der Ergänzungswahl wurde an Stelle Osk. Beringers, welcher nach München verzieht, v. Scheuerl [sic] mit Stimmenmehrheit in den Ausschuß gewählt. […]
Bericht des I. Schriftführers über das Ordensjahr 1915
Die Weltkriegslage des Jahres 1915 übte auch auf die Tätigkeit und den Besuch des Pegn. Bl. Ord. ihren hemmenden Druck aus und zwang ihn verschiedene, in normalen Jahren fleißig und gerne besuchte Veranstaltungen teils ganz ausfallen zu laßen, teils zu beschränken. […] Von dem auf ihn [den Orden] bei der Sparkasse angelegten Vermögen wurde verausgabt: M. 200- für Kriegsanleihe. M. 20- für den Verein zur Beschaffung von Kriegshunden. […] Ein großer Teil der verehrlichen Mitglieder des Ordens befindet sich auch heute noch in den verschiedenen Dienstzweigen im Felde. Möge ihnen allen im stolzen Bewußtsein der mit erfochtenen Siege eine körperlich u. geistig gesunde, baldige Rückkehr beschieden sein.
Auch „geistig gesunde“! Man kannte also schon Fälle von Traumatisierung, nannte es nur nicht so. Mit zunehmenden Entbehrungen und unter dem Eindruck von militärischen Rückschlägen ließ auch die geistige Gesundheit der Zivilbevölkerung nach, und es kam zu geradezu verrücktem Mißtrauen gegen Mitbürger aus dem neutralen Ausland.
Freitag den 18 Februar 1916. 6. Wochenversammlung
[…] Lambrecht brachte die seinerzeitige Anregung des I. Vorsitzenden, Dr. Janko zum korrespondierenden Mitglied zu ernennen neuerdings zur Sprache und gab bekannt, daß Janko z.Z. an einer Berliner Zeitung angestellt ist; staatgefährdende Bedenken demnach kaum gegen ihn vorliegen könnten. […] will Lambrecht erst einen erneuten Antrag stellen, wenn die Herren, die damals gegen die Ernennung Jankos waren, zugegen sind. […]
Freitag den 14. April 1916
[…] Ferner, aus einem Brief Dr. Jankos, z.Z. Mitarbeiter an der „Europäischen Staats- und Wirtschaftszeitung Berlin/München“, Herausgeber Minister a.D. Frauenhofer & Prof. Janvée, auf des Vorsitzenden Anfrage bezgl. des auf ihm (Dr. Janko) ruhenden Spionageverdachts, daß ihm (Dr. Janko) vor längerer Zeit bei seinem Aufenthalt in München ein Nbger. Kaufmann u. Amateur-Detektiv das Anerbieten gemacht habe, in seiner Eigenschaft als neutraler Schweizer das Deutsche Reich mit für dasselbe wertvollen oder wissenswerten Nachrichten aus Frankreich zu versorgen, was er aber sofort energisch abgelehnt habe. Aus diesem Angebot möge sich vielleicht das Gerücht seiner Spionageverdächtigkeit entwickelt haben. Er bitte den Vorsitzenden eindringlich ihm alle, ihm oder den Ordensmitgliedern über diese ihm zugesprochene Tätigkeit zu Ohren kommenden Gerüchte mitteilen zu wollen, damit er diese Verleumder gerichtlich fassen könne. […]
Am 20. 7. 1917 wurde dann Dr. Janko als korrespondierendes Mitglied aufgenommen.
Bericht des I. Schriftführers über das Ordensjahr 1916.
Das Ordensjahr 1916 hatte womöglich noch mehr unter der Weltkriegslage zu leiden wie das vorhergehende. Die zu Beginn des Jahres noch verhältnismäßig zahlreich besuchten Freitagssitzungen verloren immer mehr an Teilnehmern und beschränkten sich schließlich auf einen kleinen, aber zuverläßigen Kreis von Stammhaltern.
[…] Versammlungen mit Damen mußten leider ausfallen.
[…] Wiederholte Nachrichten von unseren im Felde befindlichen Mitgliedern zeigen, daß sie auch in ihrem schweren, vaterländischen Dienst treu des Ordens gedenken und sich auf die Zeiten freuen in denen sie ihren literarischen Bestrebungen wieder ungestört nachgehen können. Möge sich ihnen diese Zeit bald erfüllen.
Notiz Börners:
Ab 15. Feb. trat durch Verfügung des stellv. Generalkommandos des III. Armeekorps, wegen Kohlenmangels, Lokalsperre ein. Um die Verbindung der Mitglieder nicht ganz zu lösen wurden die Zusammenkünfte im Gastlokal des Krokodils weitergeführt. Die Hauptversammlung mußte aus demselben Grunde auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Dortselbst erfolgte auch am 9. März 1917 die einstimmige Aufnahme des Herrn Geheimen Hofrats Alfred Nathan, Fürth i/B zum ordentlichen Mitglied. […] Der verstorbene Consul Herr Ignaz Oettinger vermachte dem Orden Fünfhundert Mark. Einhundert Mark davon wurden auf Vorschlag Lambrechts durch einstimmigen Beschluß der U Boot Spende überwiesen. […]
Ordentliche Hauptversammlung am 8. Juni 1917
[7 Mitglieder anwesend …] Beschloßen wurde, die Neuwahl der Gesamtvorstandschaft bis zur Beendigung des Krieges auszusetzen. […]
Correspondenzen vom Felde liefen ein von:
Herrn Hauptmann Dr. Emil Reicke. […] Herrn Reallehrer Wilhelm Schmidt […insgesamt 6 Namen]
Im Felde stehende Mitglieder.
[…] Herr Hauptmann Dr. Emil Reicke, Kustos a.D. Stadtbibliothek […] Herr Major Albert Beckh. Herr Oberstabsarzt Dr. August Beckh. […] Herr Reallehrer, Landsturmmann Wilh. Schmidt. […] Herr Unteroffizier, Ingenieur Heinr. Richter. […insgesamt 15 Namen]
Zum Heeresdienst eingezogene Mitglieder.
Herr Oberst z. D. Alex. Freiherr v. Harsdorf. Herr Dr. Max Schneider, Kasernenunterinspektor. […] Herr Hofrat Dr. Friedr. Voit. […] Herr Hofrat Dr. Sigmund v. Forster. […] Herr Regierungsaßeßor Eberh. Freiherr v. Scheurl, Hauptmann d.R. […] Herr Conservator Heinr. Heerwagen, Landwehr. […insgesamt 15 Namen von Kriegsteilnehmern, die nicht zur kämpfenden Truppe gehörten]
Jahresbericht über das Ordensjahr 1917.
Infolge der behördlichen Verfügung über die Einsparung von Licht und Heizmaterial war der Orden genötigt seine Zusammenkünfte in den allgemeinen Restaurationsraum zu verlegen; eine Notwendigkeit, welche eine literarische Auswertung derselben so gut wie unmöglich machte. […] Dieselben Ursachen machten es dem Orden auch so gut wie unmöglich mit Vorträgen in die Öffentlichkeit zu treten. […] Alles zusammengefaßt handelte es sich lediglich um ein Durchhalten. […]
Ordentliche Hauptversammlung am 8. März 1918.
im Bibliothekssaal des Herrn Eberh. Freiherrn v. Scheurl, Burgstraße 10.
Anwesende Mitglieder.
1.) Ackermann.
2.) Dr. Behringer.
3.) Börner.
4.) Dr. Heerwagen.
5.) Lambrecht.
6.) v. Scheurl.
7.) Dr. Voit.
8.) Wießner.
Der erste Vorsitzende Hofrat Dr. W. Beckh war durch Unwohlsein verhindert. Sie [die Bibliothek] dem German. Nationalmuseum zur Aufbewahrung zu übergeben wäre ebenfalls eine günstige Lösung. Leider ist dasselbe, wegen Platzmangels, nicht in der Lage die Bibliothek übernehmen zu können. […] Nachdem derselbe [Emil Reicke] zurückgekehrt und seine Tätigkeit wieder aufgenommen hat ist Aussicht vorhanden, daß der Katalog fertiggestellt wird.
Nürnberg, den 29. März 1918.9
Hochverehrte und liebe Ordensfreunde!
Zu meiner Ueberraschung vernahm ich vorgestern nach Schluß der Theatervorstellung, daß Sie mir für das auf Wunsch des Flottenbundes deutscher Frauen verfaßte kleine Trauerspiel eine hohe Ehrung zugedacht hatten. Ich spreche Ihnen für die mir erwiesene freundschaftliche Gesinnung innigsten Dank aus; die Kranzspende hat mir große Freude gemacht. Ihre Anerkennung ist mir auch um deswillen besonders wertvoll, weil ich daraus ersehe, daß wir in dem Wunsche und Willen übereinstimmen, der gewaltigen vaterländischen Sache ein Wirken von wahrhaft deutscher Kraft zu weihen.
In vorzüglicher Hochachtung
Ihr treu ergebener Konrad Gustav Steller
Noch vor Kriegsende wurden anscheinend Reservisten heimgeschickt, und versuchsweise nahm man die Freitagsrunden wieder auf.
Freitag den 20. Sept. 1918 13. Wochenversammlung
[…] Ein Angebot des Herrn Prof. Gg. Engel, Berlin über einen zu haltenden Vortrag über die Sprachreinigungsbestrebungen […] Den Vortrag Prof. Engels wurde beschloßen abhalten zu laßen […] Wegen des Honorars wird der I. Vorsitzende Beckh versuchen ob er sich mit dem Vortragenden auf M. 100- verständigen kann. […] Reicke regte an auch einmal die Modernen zu Wort kommen zu laßen, was die Tafelrunde ebenfalls als wünschenswert anerkannte. […]
Freitag den 15. Nov. 1918
[…] Die, sich stets ungünstiger gestaltende, kriegerische Lage und die sich daraus ergebende, gedrückte Stimmung ließ den Orden solange von jedem öffentlichen Hervortreten absehen, bis sich die Verhältniße so oder so etwas aufklärten. […]
Jahresbericht über das Ordensjahr 1918.
[…] Von Ende April ab stand den Mitgliedern wieder ein gesonderter Raum zur Verfügung […] Der Mitgliederstand setzte sich am 31. Dezember zusammen aus: 13 Ehrenmitgliedern, 13 korrespondierenden u. 106 ordentlichen Mitgliedern. […] Unser verehrter I. Vorsitzender, Herr Hofrat W. Beckh, welcher in der ersten Hälfte des Jahres noch die Versammlungen leitete mußte, infolge hohen Alters, zum großen Leidwesen des Ordens, vom Wintersemester an auf diese ihm durch 33 Jahre lieb gewordene Tätigkeit verzichten und die Leitung dem II. Vorsitzenden, Herrn Dr. Behringer, überlaßen. […] Nachdem der Frieden [sic] glücklich eingeleitet und unsere werten Kriegsteilnehmer, soweit sie Not und Tod verschont, in unsere Mitte zurückgekehrt sind, wird es dem Orden zum ganz besonderen Vergnügen gereichen alle diese Herrn, die diese schwere Zeit mit durchgekämpft, durchgerungen und durchgearbeitet haben, bei sich begrüßen und auf ihre freundl. Mitarbeit zur Belebung des Ordens hoffen zu dürfen. […]
Freitag den 3. Jan. 1919. 1. Wochenversammlung
[…] Dr. Behringer eröffnete die Sitzung mit einer Ansprache, in welcher er auf die Ziele des Ordens hinwies und betonte, daß es dem Orden in erster Linie obliege zur Hebung der, durch den Krieg und seine Folgen stark in Abnahme gekommenen, deutschen Gesinnung […] einzutreten. […] Im Anschluß daran verlas er folgende Rundschrift, die an die Mitglieder hinausgegeben werden soll:
[eingeklebtes Blatt mit gedrucktem Text; daraus:]
Unserem Orden ist durch die Lage des deutschen Volks eine große Aufgabe entstanden: Neuerweckung deutschen Wesens, Pflege deutscher Gesinnung und Gesittung, Hebung und Stärkung des deutschen Gedankens und deutscher Ideale durch gute, gesunde deutsche Literatur. Wir wollen diese hohe Aufgabe fördern helfen, soweit es in unseren Kräften liegt, und bitten unsere verehrten Mitglieder, uns darin durch eigene Mitarbeit und Gewinnung neuer gleichgesinnter Freunde zu unterstützen. […]
Freitag den 17. Jan. 1919. 3. Wochenversammlung
[…] Ihren Austritt zeigten schriftlich an: Frau Helene v. Harsdorf. Frau Ida Rosenfeld. […]
Ordentliche Hauptversammlung am 14. Februar 1919.
[17 Mitglieder anwesend] […] Aus den Neuwahlen gingen hervor:
I Vorsitzender: Herr Oberstudienrat Dr. Richard Ackermann.
II Vorsitzender: Herr Institutsinhaber Dr. Christian Behringer.
Schatzmeister: Herr Consul Hermann Lambrecht.
I. Schriftführer: Herr Kaufmann Otto Börner.
II. Schriftführer: Herr Ingenieur Heinrich Richter.
I. Ordensrat: Herr Fabrikbesitzer Hans Wießner für Irrhain.
II. Ordensrat: Herr Kustos Dr. Emil Reicke für Archiv.
III. Ordensrat: Herr Konservator Dr. Heinrich Heerwagen für Bücherei.
Ausschuß.
Herr I. Direktor des Germ. Nat. Mus. Dr. Gustav v. Bezold. Vorsitz.
Herr Generalmajor Alexander Freiherr v. Harsdorf.
Herr Regierungsaßeßor Dr. Eberhard Freiherr v. Scheurl.
Herr Nationalökonom Konrad Gustav Steller.
Herr Oberstudienrat Dr. Otto Steiger.
[Beckh wird zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Er hat einen Abschiedsbrief gesendet, der in der Versammlung verlesen wird.]
[Rücklagen u.a.:]
Jubiläum 1944 M. 1150-
Rücklage für Irrhain M. 1926.54 […]
Freitag den 16. Sept. 1921.
Oeffentliche Gedenkfeier für den am 3/7. 1921 verstorbenen Ehrenpräsidenten des Ordens Herrn Hofrat Dr. Wilhelm Beckh im großen Saale des Luitpoldhauses. […] Die Feier selbst eröffnete ein Klavier&Violin-Duo der Herrn Studienrat Wießner und Musiklehrer Stirnweiß. Herr Dr. Chr. Behringer folgte mit dem Vortrag des Gedichtes von W. Beckh: „An Nürnberg“. […]
Verpatzter Neubeginn
Neue Mitglieder aus der Industrie und aus der gehobenen Behördenschaft — das versprach Stütze bei neuen Projekten. Es waren nicht irgendwelche Leute, die am 14. März 1919 einstimmig aufgenommen wurden. Unter anderen handelte es sich um Dr. Anton von Rieppel, der durch Fusion mit einer Augsburger Maschinenfabrik aus der Cramer-Klett’schen Maschinenfabrik die MAN gemacht hatte. In jenen Tagen ging er daran, für seine Arbeiter die nach dem Gartenstadtprinzip angelegte „Werderau“ erbauen zu lassen. Außerdem Oberlandesgerichtsrat Helmes, Großhändler Stahl und ein Dr. Alexander Glaser, auch für die MAN tätig, der im folgenden Jahr Landtagsabgeordneter wurde. (Am Rande des Röhm-Putsches wurde er 1934 erschossen, aber das hatte mit dem Blumenorden, aus dem er 1925 wegen Wegzugs ausgetreten war, nichts zu tun.) Es sah danach aus, als könne der Pegnesische Blumenorden Anschluß finden an die von Genossenschaftsgeist und trotzig-frohgemuter Aufbruchsstimmung erfüllte Modernisierungsphase der Weimarer Republik.
Freitag, den 16. Mai 1919 16. Wochenversammlung
[…] übernimmt einstweilen Herr Wießner den Vorsitz. Er erteilt seinem Sohn zu einer längeren Erklärung das Wort.
Herr Wießner jun. unterrichtet die Tafelrunde von der geplanten Gründung einer Jugendgruppe. […Bisher] sei ein wirklich gedeihliches Zusammenarbeiten nicht möglich gewesen, da die Interessen der Jugend von denen der älteren Herren zu sehr abwichen. […] Ihre Arbeit werde vorbereitender Art sein, geleitet von dem Gedanken einer gegenseitigen Schulung in literarischer Kritik. […Man wolle] gleichzeitig die Tradition des Ordens hochhalten. […] Der Orden möge gestatten, daß sich die Jugendgruppe bezeichne als Jugendgruppe des Pegnesischen Blumenordens, daß sie die Bücherei des Ordens, sowie den Irrhain benützen, sowie an allen Veranstaltungen des Ordens teilnehmen dürfe. Ihrerseits werde die Jugendgruppe Hilfskräfte stellen für alle Arten von Veranstaltungen des Ordens. Sie werde größere Vorträge und Recitationen abhalten. Mit der Zeit werden dann die Mitglieder der Jugendgruppe selbständige Mitglieder des Ordens werden und ihm so frisches Blut zuführen und ihn verjüngen. [… Die Mitglieder] setzen sich zunächst zusammen aus Söhnen und Töchtern von Pegnesen, dann aber auch aus weiteren Interessenten. […]
In der nun folgenden freien Meinungsäußerung wird zunächst festgestellt, daß die Jugendgruppe in corpore dem Orden angehören und einen geringen Beitrag zu entrichten habe. [… Man versichert, daß] alle Anwesenden der Gründung einer Jugendgruppe sehr sympathisch gegenüberstehen, es wird aber auch, bes. von Herrn Krauß betont, daß […] alle Vorgänge innerhalb der Jugendgruppe den guten Ton wahren und alle Entgleisungen hintangehalten würden. […]
Zeitungsausschnitt ungenannter Herkunft; kurzer Absatz unter der Überschrift „Kunst, Wissenschaft, Literatur“:
-e. Nürnberg, 7. Juni. Im Laufe des verflossenen Monats ist im Pegnesischen Blumenorden eine Jugendgruppe ins Leben getreten. […] Nachdem die Gruppe am 30. Mai ihre Tätigkeit mit einer Vorlesung aus Rainer Maria Rilkes Werken eröffnet hatte, war der letzte Abend, der 3. Juni, Detlev von Liliencron gewidmet […] Herr Georg Gustav Wießner gab in feinsinnigen Ausführungen ein lebendiges Bild des Wirkens und Schaffens des Dichters und brachte einige seiner Dichtungen in glänzend deklamatorischer Weise zum Vortrag.
Freitag, den 6. Juni 1919 19. Wochenversammlung
[… Es wird festgestellt] daß der 1. Abend der Jugendgruppe den gehegten Erwartungen entsprochen habe. […] Es seien ungefähr 16 Mitglieder anwesend gewesen, die sich dann ihre Vorstandschaft wählten. Zur Vorsitzenden wurde Frl. Leffler gewählt, zur Schriftführerin Frl. Kellermann, zur Kassiererin Frl. Klein. Herr Wießner [jun.] übergibt die Satzungen dem 2. Vorstand des Ordens zur Prüfung […]
Freitag, den 20. Juni 1919
[…] Es muß festgestellt werden, daß die Satzungen [der Jugendgruppe] nicht immer geschickt gefaßt sind und an manchen Stellen eine Spitze gegen den Orden selbst verraten. Verschiedene Paragrafen stoßen deshalb auf lebhaften Widerspruch der Tafelrunde. Es werden Abweichungen, Änderungen und Neufaßungen vorgenommen, die auch von den beiden Mitgliedern der Jugendgruppe ohne Widerrede angenommen werden. […] Es wird daher beschlossen, daß Mitglieder der Jugendgruppe, die ein gewisses noch zu bestimmendes Alter erreicht haben, selbständige Mitglieder des Ordens werden müssen. Es bleibt ihnen jedoch unbenommen, auch fernerhin sich in der Jugendgruppe zu betätigen. […] muß auf Antrag des Ordens ein Mitglied der Jgdgr. ausgeschlossen werden können. Das Programm der Jgdgr. muß dem Orden zur Begutachtung u. Genehmigung vorgelegt werden. Die Jgdgr. darf nie ohne Wissen und Genehmigung des Ordens mit der Öffentlichkeit in Verbindung treten. Für das Arbeitsprogramm der internen Abende wird der Jgdgruppe weitgehende Freiheit und Selbständigkeit zugesichert. Der Paragraf, der von der Beeinflußung durch den Orden handelt, wird gestrichen. Es wird beschloßen, dem Vorstand der Jgdgr. Sitz u. beratende Stimme in der Vorstandschaft des Ordens zu geben. […] Die kritische Beeinflußung der Jgdgr. durch den Orden von der ein Paragraph [auf einmal wieder mit „ph“] handelt, wird gestrichen, ebenso ein anderer Paragraph der von pädagogischen und politischen Richtlinien handelt. […]
Freitag, den 4. Juli 1919 21. Wochenversammlung
[…] Dr. Behringer verliest sodann eine Zuschrift der Jugendgruppe, wonach dieselbe nicht mehr an ein gedeihliches Zusammenarbeiten mit dem Orden glaubt und daher für die Zukunft einen Zusammenhang mit dem Orden ablehnt. Im Zusammenhang mit diesem Schreiben berichtet Dr. Reicke von einem Vorfall, der zu einem Mißverständnis zwischen einem Mitglied der Jugendgruppe und Mitgliedern des Ordens führte und der wohl mitbestimmend zu dem vorliegenden Schreiben gewirkt haben mag. Die Tafelrunde, insbesondere Dr. Behringer bedauert diese Wendung der Dinge sehr. […]
Freitag den 11. Juli 1919 22. Wochenversammlung
[…] Wießner sandte ein Schreiben, in welchem er, ohne nähere Erläuterungen zu geben, sich durch die Debatten bei Anlaß der Beratung der Satzungen der Jugendgruppe in seinem Sohn beleidigt fühlt und als Folge derselben sein Ausbleiben in den Freitagssitzungen in Aussicht stellt. Die Pflege des Irrhains erklärte er weiter beibehalten zu wollen. […] Ein Schreiben von Fräul. Elisab. Leffler betraf dieselbe Angelegenheit. Die Schreiberin bedauert darin, daß die Verhandlungen nicht das gewünschte Ergebniß gezeitigt haben.
In der sich daran anschließenden Debatte wurde das Nichtzustandekommen der Jugendgruppe als Bestandteil des Ordens allgemein bedauert und die Frage erörtert ob sie, bei einigem weiteren Entgegenkommen, nicht trotzdem zusammengehalten werden könne? Ob, bei dem starken Eigendrang […] begründete Hoffnung auf ein gedeihliches Zusammenwirken bestehe, wurde allerdings, wenn auch nicht von allen Rednern, bezweifelt. […]
Der Blumenorden hat seine Chance gehabt. Er hat sie nicht genutzt. Dadurch hat er sich das Mitwachsen in der Entwicklung der zeitgenössischen Literatur verbaut. Seine älteren Mitglieder konnten davon nur mit Seitenblicken Kenntnis nehmen.
Streben nach Normalisierung
So einfach war es nicht, den Vorkriegsbetrieb wiederaufzunehmen. Seltsamerweise wurden an verschiedenen Stellen der Aufzeichnungen die Besucherzahlen unterschiedlich eingeschätzt. Das mag an den verhältnismäßig kümmerlichen, sparsamen Umständen der Treffen liegen, welche die gemütliche, aber arbeitsame Stammtischatmosphäre von früher vermissen ließen.
Freitag den 10. Okt. 1919 26 Wochenversammlung
[…] Anwesend: Börner, Heerwagen, Steller, Herr Lehrer Hubel als Gast
Vorsitz. Börner. […]
Steller gab folgende Erklärung zu Protokoll:
„Er müße es in der Folge als eine Zumutung ansehen sich zu Vorträgen an Vereinsabenden bereit erklären zu sollen, wenn nicht Gewähr auf eine derartige Einwirkung auf Literaturfreunde mitgeleistet werden könne, daß auch [ausgelassen: „mit“] einem befriedigenden Besuch der Abende zu rechnen sei. Die Kümmerlichkeit des Vereinslebens und die Teilnahmslosigkeit der vorwiegenden Mehrzahl der Mitglieder müße abschreckend auf jeden wirken, der zu arbeiten bereit sei.“ […]
Bericht über das Ordensjahr 1919.
[Es heißt, die Sitzungen wurden in steigendem Maße besucht.] Die regelmäßige Herausgabe eines Monatsprogramms erwies sich dabei als ein äußerst glücklicher Griff. […] Solange wir mit ungeheizten Säälen und dem entsprechender, schwacher Besucherzahl, den stets wachsenden Reclame-, Annoncen- und sonstigen Ausgaben und den, durch die zeitlichen Verhältniße bedingten, hohen Vortragshonoraren zu rechnen haben, wird der Orden gezwungen sein […] dann erst zu beschließen, ob er sich dieselben leisten kann, oder nicht. […]
Zur Aufnahme vorgeschlagen werden durch:
Herrn Oberstudienrat Dr. Ackermann: Herr Dr. Günther Reubel.
Herrn Regierungsrat v. Scheurl: Seine Frau Gemalin [sic]. […]
Die letztgenannten Neuaufnahmen weisen schon voraus auf spätere politische Differenzen. Weitere Aufnahmevorschläge vom Juni 1920 spiegeln die vorläufige prinzipielle Offenheit: Neben einem Dipl. Landwirt Konrad Adelmann aus Boxdorf ein Kriegsgerichtsrat Wilhelm Schrodt und der Besitzer der Schwan-Stabilo-Bleistiftfabrik, Dr. Eduard Schwanhäuszer. Daß Theodor Bischoff zum Ehrenmitglied ernannt wurde, war angesichts seiner grundlegenden Beiträge zu „Altes und Neues aus dem Pegnesischen Blumenorden“ längst überfällig; was nicht angegangen wurde, war die Gewinnung aufstrebender, aber bereits bekannter Schriftsteller zu Ehrenmitgliedern. Thomas Mann hätte sich zu diesem Zeitpunkt vielleicht dazu bereiterklärt. Die 1894 aufgenommenen Ehrenmitglieder waren auch nicht über jeden klassizistischen Zweifel erhaben gewesen. Aber seither waren die Pegnesen spießiger geworden. Jetzt ging es, der Notlage entsprechend, über Lebenshilfebüchlein:
Freitag den 3. Dez. 1920 33. Wochenversammlung
[…] Den Vortrag des Abends hielt Frau Oberregierungsrat Clara Freifrau v. Scheurl über Hans Müllers Buch: „Die Kunst, sich zu freuen“. […] Daß als Vorbedingung dazu eine Charakterbildung, über die nur verhältnißmäßig Wenige verfügen, nötig ist, und wie man diese Charakterbildung verallgemeinern kann; diese Frage scheint, nach dem Gehörten zu urteilen, der Verfasser offen zu laßen. […] Er hätte dann aber sein Buch […] betiteln sollen: […] „Die Kunst, sich zu freuen zu erlernen“.
Der Vorsitzende dankte der Vortragenden in beredten Worten für ihre fleißig durchgearbeiteten, von der Versammlung mit lebhaftem Beifall quittierten Ausführungen und drückte den Wunsch aus, daß derartig eingehende Buchbesprechungen Nachfolge finden möchten.
Außerordentliche Hauptversammlung am 10. Dez. 1920.
[16 Mitglieder anwesend]
[…] Auf Grund einer Ausgabenaufstellung wies der Schatzmeister nach, daß die Jahresausgaben des Ordens — eine Abzahlung der, mit M. 5000.- berechneten Katalogskosten von M. 1000.- eingerechnet — sich auf M. 4430- belaufen. Dem stehen, bei M. 16.- Jahresbeitrag und 130 zahlenden Mitgliedern circa M. 2100.- Beitragseinnahmen gegenüber. […] daß er sich gezwungen sehe den Jahresbeitrag auf M. 30.- zu erhöhen […]
Frau Consul Lambrecht führte an, daß trotz einer Ueberverdoppelung des Jahresbeitrags im philharmonischen Verein sich die Mitgliederzahl, statt vermindert, ganz außerordentlich erhöht habe. […] einstimmige Annahme der Erhöhung des Jahresbeitrags auf M. 30.-
Bericht über das Ordensjahr 1920
[…] Einer Anregung Dr. Reickes, regelmäßige Monatsberichte in den Tagesblättern erscheinen zu laßen, wurde gerne zugestimmt und dieselben auch, unter seiner freundl. Vermittlung, durchgeführt.
Das erfreuliche […] Erscheinen des Gesamtkataloges der in der Stadtbibliothek verwahrten Bücherei des Ordens […] fällt ebenfalls noch in das Ende dieses Ordensjahres. Die Kosten belaufen sich auf M. 5000,- bei einer Auflage von 1000 Exemplaren. Durch eine Eingabe an den Stadtrat und dessen freundl. Zusage gegen Abgabe von 500 Katalogen die Hälfte der Kosten übernehmen zu wollen, konnte der Orden wenigstens fast 2500 Mark wieder einbringen. Zur Aufklärung der Mitglieder sei eingefügt, daß der Vorschlag zu diesem Tauschgeschäft von dem Orden ausging, der die, weit vor Kriegsausbruch festgelegte Höhe der Auflage, da Teile davon schon gedruckt waren, nicht mehr abändern konnte […]
In dem neuen Ordensjahr fanden bereits 6 Aufnahmen statt, denen 2 Austritte entgegen stehen; ein Beweis dafür, daß mit der Erhöhung des Jahresbeitrags sich auch unsere älteren Mitglieder abgefunden haben. […]
Was vor dem Krieg bestimmt noch nicht festgelegt worden war: die Gestaltung des Titelblattes dieses Bibliothekskatalogs. Diese steife Rahmung mit ihrer kleinteiligen Lieblichkeit und Anlehnung an die Bauernkunst ist bezeichnend für das Bedürfnis nach unkomplizierter Harmonie, und dieser Stil, zur Anwendung vieler kleiner, stark vereinfachter Blümchen herunterverdünnt, setzt sich bis in die Dreißiger Jahre und in Einzelfällen noch weiter im Dekorationswesen fort. Übrigens ist es ein Hinweis auf die finanzielle Hilfe der Stadt Nürnberg, daß unter dem Pegnesensiegel im Rand der Jungfrauenadler erscheint: Beweis für das Datum 1920 des Entwurfs.
Freitag den 18. März 1921.
10 Wochenversammlung
[…] Den Vortrag des Abends hielt Herr Oberregierungsrat Dr. Eberhard Freiherr v. Scheurl über Wilhelm Wundts: „Die Zukunft der Kultur“. [Wie sich die Sprache] von dem einfachsten Umgangsmittel bis zur bilderreichen Ausdrucksform emporrang […] zur Bildung eines Volksmythus […] Ein Blick in die Zukunft zeige auch darin noch allerhand Möglichkeiten. […] Von diesem Gebiet auf die Uranfänge der Staatsformen überspringend ließ der Redner […] ihre verschiedenen Gebilde Revue passieren. […] Bei den Staaten mit demokratischer Verfaßung zeigte v. Scheurl, daß auch dort manchmal die Gewalt, wie in Amerika und Frankreich, in den Händen einer einzigen Person liege und von dieser oft in ganz ungeheuerlicher Weise ge- und mißbraucht werde. […] betonte der Vortragende, daß ein Wiederaufstieg darin vorbedinge, daß wir uns das Bewußtsein unserer Kraft erhalten und uns nicht als Besiegte fühlen. Nur mit einer aus dieser Idee sich entwickelnden, friedlichen Revolution sei es uns möglich, uns wieder kulturell emporzuarbeiten. […]
Freitag den 17. Juni 1921. 20. Wochenversammlung.
[nicht gekennzeichneter Zeitungsausschnitt:] Der 17. Juni brachte einen Vortrag des Studienprofessors Karl Bohneberg über „Runentum und germanischen [sic] Sonnenglaube“. […] Die Runenentwicklung erklärte Redner als von der […] Heiligrune […] ausgehend, einem einfachen, senkrechten Balken. An ihn schlossen sich teils nach oben, teils nach unten laufende schiefe, teils in Kreuzform gebildete Balken an, aus denen sich auch das Hakenkreuz, als Zeichen des aufsteigenden Geistes, herausbildete. […]
So so, „aufsteigender Geist“. Dann ist doch wohl alles in Ordnung? Und ab wann konnten die Zuhörer erkennen, daß die neuartige Verwendung dieses Zeichens ein übler Mißbrauch war? Daß der Rückzug ihrer Schneckenhörnchen ins Germanenhäuslein brandgefährlich war? Sah man doch in den neumodischen demokratischen Staatsgebilden auch Machtmißbräuche! Dann dürfe man in Deutschland auch eine Revolution haben, aber bitte eine friedliche, wie sich’s Erich Mühsams „Lampenputzer-Revoluzzer“ so vorstellte.
Im Blumenorden entwarf man zunächst einmal Satzungsänderungen. Aber der instinksichere, wenn auch zu impulsive Hans Wießner mußte erst seinen Auftritt gegen autokratische Tendenzen haben.
Ordentliche Hauptversammlung. Freitag den 6. Mai 1921.
[21 Mitglieder anwesend]
Als [2.] Schriftführer wurde an Stelle des zurückgetretenen Herrn Hauptmanns Hugo Freiherr von Bechtolsheim gewählt: Herr Dr. Heinz Schauwecker, prakt. Arzt. […]
Schauwecker ist das Musterbeispiel eines vorwiegend heimatkundlich interessierten, betulichen, persönlich anständigen Menschen, dessen Anschauungen sehr leicht vom Nationalsozialismus instrumentalisiert werden konnten, ohne daß er im eigentlichen Sinne ein Nazi war. Der Eintrag über ihn in Wikipedia liest sich wie ein „pars-pro-toto“ der Entwicklung des Blumenordens.
Wießner […] erhob den direkten Vorwurf, daß der Vorsitzende [Ackermann] in versch. Punkten selbstherrisch, resp. eigenmächtig, vorgegangen und er auf Grund dieser Umgehung der Satzungen sein Amt als Irrhainpfleger und Ordensrat nieder lege. Der Vorsitzende verwahrte sich energisch und ganz mit Recht gegen diesen Vorwurf und erklärte auf Grund dieses Mißtrauensvotums ebenfalls sein Amt niederzulegen.
Durch Vermittlung v. Scheurls, Reickes und versch. anderer Herrn wurde die Verstimmung glücklich wieder beigelegt; der Vorsitzende erhielt ein Vertrauensvotum dem sich auch Wießner in einer Separaterklärung anschloß und die Erklärung abgab, sein Amt bis zum Ablauf der Wahlperiode weiter führen zu wollen. Eine schriftliche Begründung Wießners in der Anzeige der Niederlegung seines Amtes als Irrhainpfleger, in welcher er sich über zu wenig Handlungsfreiheit beklagt, steht übrigens mit seiner Beanstandung der Art des Geschäftsgebarens des Vorsitzenden, für das er mehr Zwang verlangt, in direktem Widerspruch. […]
Von den Anträgen Börner auf Satzungsänderungen wurde der Paragraph über die außerordentlichen Mitglieder folgendermaßen abgeändert:
Für außerordentliche Mitglieder gelten dieselben Aufnahmebestimmungen, wie für ordentliche Mitglieder. Sie haben nur die Hälfte des Jahresbeitrages zu entrichten, genießen aber weder Stimmrecht noch sind sie für ein Amt wählbar. Als Regel gilt, daß als außerordentliche Mitglieder nur solche vorgeschlagen werden sollen, deren ökonomische Verhältniße ihnen die Beitragsleistung eines ordentlichen Mitgliedes schwer ermöglichen.
Der Uebertritt vom ordentlichen zum außerordentlichen Mitglied kann unter den angeführten Bedingungen, vom außerordentlichen zum ordentlichen jederzeit erfolgen.
Der §8 der Satzungen ist damit aufgehoben, resp. in folgende Faßung gebracht:
Ausgetretene Mitglieder unterliegen bei einem Wiederaufnahmegesuch denselben Bedingungen wie neu Vorgeschlagene.
Bezgl. Aufnahme von geschloßenen Vereinen wurde, nach eingehender Debatte, folgender Paragraph festgelegt:
Corporatives Mitglied können nur auswärtige Vereine werden. Ueber Aufnahme und Höhe der Beitragsleistung derselben entscheidet die Gesamtvorstandschaft mit dem Ausschuß; bei etwaiger Nichteinigung die Generalversammlung durch zwei Drittel Stimmenmehrheit.
Ein weiterer, neuer Paragraph bestimmt:
Stirbt ein verdientes Mitglied so bleibt es dem Orden überlaßen seine in nicht selbständigen Berufen stehenden Hinterbliebenen ohne Beitragsleistung, als Mitglieder weiter zu führen. Beschlußfähig dazu sind alle Versammlungen. [Der Orden wird in noch höherem Maße zum Familienbetrieb, nachdem schon immer eine Tendenz zu dynastischen Mitgliederfolgen vorhanden war. Das begünstigt das Unter-sich-Bleiben.]
[…] Ein weiterer Vorschlag Wießners, neu Aufzunehmende, behufs Kenntnißnahme aller Mitglieder, auf die jeweilige Monatsprogramm-Anzeige mit aufzusetzen und nach Einsichtnahme der Mitglieder von derselben erst die Ballotage vorzunehmen, fand Annahme. […]
Freitag den 23. Sept. 1921
Gemeinsame Vorstands- und Ausschußsitzung im Krokodil. Beginn 7 ¾ Uhr.
[…] Antrag Hans Wießner, Beitritt des Ordens zur kulturellen Arbeitsgemeinschaft, Sitz Nürnberg, evangelisches Vereinshaus, Bucherstraße. […wo] die Möglichkeit gegeben sei für die öffentlichen Vorträge einen so gut wie kostenlosen Saal mit einem vorzüglichen Klavier darin zu erhalten. […] Studienprofeßor Konrad Meyer vervollständigte diese Angaben insoweit, als er erklärte, daß die kulturelle Arbeitsgemeinschaft eine Gründung des Vereins: Vortrupp sei, der sich bis jetzt 17 Vereine angeschloßen hätten. […] wurde eine Kommission aus den Herren Wießner, Herrling und Steller ernannt mit der Aufgabe sich über alles erst einmal genau zu orientieren und dem Orden Bericht zu erstatten […]
Als Unternehmer war Wießner nicht faul, wenn es darum ging, neue Möglichkeiten auszuspähen. Der Blumenorden war allerdings auf seine Eigenart und Eigenständigkeit bedacht. Das mag man im Sinne einer dynamischen Entwicklung bedauern, aber konnte man denn wissen, ob solche Vereinigungen die kommenden Erschütterungen überstehen würden?
Bericht über das Ordensjahr 1921.
Die 34 Wochenversammlungen waren teils durch Vorträge […] teils durch Besprechungen […] teils durch ein sogenanntes buntes Programm […] ausgefüllt […]
An den Vorträgen der bunten Abende beteiligten sich die Damen:
Frau Groske, Frl. Carola Kellermann, Frl. Leffler, Frau v. Scheurl […Elisabeth Leffler war also nicht wegen der gescheiterten Jugendgruppe nachtragend.]
Die Einnahmen aus dem Hansel betrugen M 344. [Das sieht gut aus, aber die Preise waren auch gestiegen …]
Ordentliche Hauptversammlung. Freitag den 7. April 1922.
[18 Mitglieder anwesend, Wießner z.B. nicht]
[…] Wiedergewählt [?] wurden:
I Vorsitzender, Oberstudiendirektor Dr. Rich. Ackermann, durch Zuruf.
[Aus einer Nebenbemerkung der 22. Wochenversammlung geht hervor, daß der derzeitige Vorsitzende Ackermann der Schwiegersohn des vorigen, Wilhelm Beckhs, war.]
II „ Dr. Christian Behringer, „
III 1 Ordensrat, Archivdirektor Dr. Emil Reicke, Archivar „
IV 2 „ St.Profeßor Dr. Hans Herrling, Bibliothekar „
V 3 „ Studienrat Dr. Günther Reubel Irrhainpfleger, Zettel
VI Schatzmeister, Consul Hermann Lambrecht, Zuruf
VII I Schriftführer, Kfm. Otto Börner, „
VIII II „in Frl. Carola Kellermann (hat abgelehnt.) Zettel
IX Ausschußmitglied Kriegsgerichtsrat Wilhelm Schrodt „
Ernannt wurde, extra status, als Bücherwart:
Studienrat Georg Schwarz.
[Lambrecht bringt eine Erhöhung der Preise durch, die für Irrhain- und Kellerschlüssel, Ordensnadel und Aufnahmegebühr erhoben werden. Drucklegung der Satzungen und Mitgliederverzeichnisse wird aufgeschoben.]
Reicke […] Entweder müße der Orden in seinen Sitzungen Reporter zulaßen oder sich auf eine im lokalen Teil zu bringende, einfache Aufzählung seiner Vorträge beschränken. [Letzteres wird beschlossen.]
Dies ging darauf zurück, daß Steller am 10. Dezember 1920 eine Unterredung mitteilte, „die der Redakteur des Fränk, Kurier (Herr Schardt) mit ihm, behufs der Veröffentlichungen des Ordens gepflogen hat. Die Redaktion erklärte, daß die von Mitgliedern verfaßten Berichte meist nicht objektiv genug gehalten seien und auch vielfach über den Rahmen hinausgingen, der einem Berichterstatter gesteckt sei; es wäre deßhalb wünschenswert, daß zu den Sitzungen Berufskritiker geladen würden. […]“
Der zweite große Schlag
Die Inflation der Jahre 1922 bis 1923/24 vernichtete schrittweise, dann immer schneller die finanzielle Absicherung derjenigen Familien, die keine Produktionsmittel besaßen, und damit des Großteils der Blumenordens-Mitglieder. Als ein Verein, dessen Einkünfte allermeist aus Mitgliedsbeiträgen bestanden, wurde er so gut wie handlungsunfähig. Das war noch schlimmer als die Einschränkungen der Kriegszeiten und die mit den Friedensverträgen verbundenen Verluste, und es wurde als Machenschaft der vormaligen Kriegsgegner empfunden. Die Mentalität radikalisierte sich entsprechend; man möchte mit Wilhelm Tell sagen: von der Milch der frommen Denkart zu schwärend’ Drachengift — wenn auch nicht bei allen.
Freitag den 7. Juli 1922. Außerordentliche Hauptversammlung.
[Anwesend 13 Mitglieder, darunter Wießner]
[…] Der erste Antrag Lambrecht, den Jahresbeitrag ab 1. Januar 1923 auf Mk. 60.- zu erhöhen fand einstimmige Annahme. Weiter wurde beschloßen den Jahresbeitrag bis auf weiteres jedesmal bei der Hauptversammlung nach dem jeweiligen Goldkurse festzusetzen. […]
Auf Antrag Börner wurde dem Paragraphen der Satzungen über die vorzuschlagenden Mitglieder der Passus als Fußnote angefügt: „Die Bekanntgabe zu Mitgliedern Vorgeschlagener auf den Monatsprogrammen soll so viel wie möglich durchgeführt werden, ist aber nicht zwingend.“
[…] Die Zettelumfrage zur Besetzung des II. Schriftführerpostens ergab die fast einstimmige Wahl Fräulein Sophie v. Prauns zu diesem Amt. Die erwählte erklärte es dankend, anzunehmen. [… Sie diente in diesem Amt bis 1953.]
Ausschußsitzung Donnerstag, den 7. Dezember 1922
[…] Der jetzige Raum — ein Zimmer im Lutherhause [Tucherstraße 20, nicht wie heute Niemeyerstraße] — bietet keine Unterbringung für die Bücherei; ferner sind die Kosten des zur Verfügung stehenden Zimmers auch zu hoch, und die Notwendigkeit, Speisen und Getränke einnehmen zu müssen, hält Verschiedene vom Besuch der Abende ab. Um diesen Übelständen abzuhelfen, haben Herr und Frau Baron von Scheurl in dankenswerter Weise den Büchereisaal im Scheurlschen Hause am Burgberg zur Verfügung gestellt. Miete wäre für die Benützung nicht zu geben, nur Beheizung und Beleuchtung und für die Reinhaltung Sorge zu tragen. Der Wirt einer gegenüber liegenden Wirtschaft würde Bier zur Verfügung stellen.
Das Anerbieten wurde einstimmig angenommen und mit Dank ergriffen.
[…] Es wird der Vorschlag gemacht, 300 M jährlich zu bezahlen, die Beiträge nur von Vierteljahr zu Vierteljahr zu bestimmen u. Bücher, die nicht mehr viel verlangt werden, aus der Bücherei zu verkaufen u. solche z.B. die in zwei Ausgaben vorhanden sind. […]
Bericht über das Ordensjahr 1922 (12. Januar 1923)
[…] Vom September ab fanden die allwöchentlichen Versammlungen im Dürer Zimmer des Lutherhauses statt. […] Sophie von Praun
Freitag, den 12. Januar 1923 Ordentliche Hauptversammlung
Beginn 8 ½ Uhr
Vorsitz: Dr. Behringer
Anwesend [19 weitere Mitglieder, darunter die Scheurls]
[…] Um nicht jedesmal den schwerfälligen Apparat einer Hauptversammlung in Tätigkeit setzen zu müßen wurde vorgeschlagen der vereinigten Vorstandschaft, nebst Ausschuß die Ermächtigung zu erteilen, aus sich eine Erhöhung des Jahresbeitrags bis zur Höhe von 50% beschließen zu können. […]
Deßgleichen wurden die durch Steller revidierten und den heutigen Verhältnißen angepaßten Satzungen einstimmig gutgeheißen.
Betreffs der, erst alle vier Wochen, später für zwei Monate herauskommenden Programm-Karten wurde der Antrag gestellt, dieselben eingehen zu laßen. […] wurde beschloßen sie, trotz der hohen Herstellungskosten — M 10000-12000 für die Auflage von 180 Karten — beizubehalten.
Um den größeren Teil der Portis zu sparen erboten sich eine Anzahl Mitglieder die Verteilung eines Teiles derselben persönlich vorzunehmen […]
[…] gab die Familie v. Scheurl folgende Vertragsbestimmungen bekannt:
Der Raum des sogenannten Bibliothekssaales, Burgstraße 10 I steht dem Orden jeden Freitag Abend von 8 Uhr ab, für seine Versammlungen, ohne Entgeld, zur Verfügung. Für die Benützung des, einem anderen dort tagenden Vereine gehörenden Mobiliars ist an denselben eine, vorher vereinbarte, Miete zu bezahlen. Die Kosten für die jedesmalige Saalreinigung, Beleuchtung — auch des Bedürfnißraumes — und Heizung hat der Orden zu tragen. Das Heizmaterial hat der Orden zu stellen.
Eine Haftung für die, dem Orden gehörenden und von ihm dort hinterstellten Gegenstände übernimmt die Familie v. Scheurl nicht. Mit diesen Bedingungen erklärte sich die Versammlung einverstanden. […]
[Die Bilanzsumme schloß ab mit Ausgaben von M. 17284,10.] Das Deficit von M. 1902.45 wurde teils aus dem Kapitalfund, teils aus Verkäufen aus Gegenständen des Ordens gedeckt. […]
Vereinigte Vorstands- und Ausschußsitzung 31. Mai 1923
[…] Zunächst wurde die durch die Abreise von Herrn und Frau von Scheurl notwendig gewordene Frage besprochen, woher man in Zukunft die Stühle nehmen solle, da diese nun nicht mehr wie bisher von Scheurls zur Verfügung gestellt werden könnten. […] Es wird vorgeschlagen, jeder solle unter Eigentumsvorbehalt seinen Stuhl mitbringen. Schließlich wird die Frage dadurch einstweilen hinausgeschoben, da die Neue Christengemeinschaft, die nun die Mieterin der Bücherei ist, vorläufig Bänke hat, die auch von uns benutzt werden können.
Anscheinend hatte das Ehepaar von Scheurl aus dem historischen Mobiliar dieses historischen Patrizierhauses Stühle herausgesucht, die noch die neuesten und weniger kostbaren waren, doch bei Abwesenheit der Besitzer war niemand ermächtigt, das zu tun. Die Hilfbereitschaft der Christengemeinschaft unter der Leitung des Pfarrers Rittelmeyer scheint sich auch in Grenzen gehalten zu haben. Pfarrer Rittelmeyer war derjenige gewesen, dessen Nachruf auf den ersten Gefallenen des Ordens, Rechtsanwalt Meixner, Beckh am 5. Februar 1915 vorgelesen hatte (Pegnesenarchiv, Schachtel 99), und insofern dem Orden bekannt. Er hatte sich wegen der Frage, wie man als Anthroposoph das Christentum praktizieren könne, an Rudolf Steiner gewandt, und dieser, der eigentlich keine Sekte gründen wollte, hatte ein paar Hinweise gegeben. Diese scheinen in dieser geistig aufgeregten und von Suchenden aller Art bevölkerten Zeit offenbar auch bei der Familie von Scheurl ein offenes Ohr gefunden zu haben.
Vereinigte Vorstands- und Ausschußsitzung 19. Okt. 1923
Museum, 7 Uhr abends
[…] Da ein Verbleiben des Ordens im Scheurlschen Hause nicht mehr möglich war, wurde zunächst die Raumfrage besprochen. Es wurde das Luitpoldhaus, der Rote Hahn (Miete ½-3/4 Ztr. Coks) das Sanitäts-Kolonnenhaus (Miete ½ l Bier) vorgeschlagen. […] Herrling schlug das Lesezimmer des Bezirkslehrervereins im Lehrerheim vor. Jeden 3. Freitag könnte es nicht benutzt werden. Beheizung und Beleuchtung müßte gestellt werden. Außerdem wird noch die Poliklinik und schließlich von Herrn Oberstudiendirektor Ackermann das Museum in Vorschlag gebracht, das auch zu mäßigen Bedingungen zu haben wäre. Man einigt sich zunächst auf das Museum [das Haus der Gesellschaft Museum].
[…] Man kam überein, daß jedes Mitglied für das 2. Halbjahr 150 Millionen bezahlen müsse. Herrling sagt, er könne bei Geldmangel Plaquetten verkaufen und einen kupfernen Dachziegel von der Lorenzkirche, der auch im Besitz des Ordens sei. Reubel schlägt vor, solchen, die vor 1914 Mitglieder waren, wenn nötig Ermäßigung zu gewähren. Es wurde sodann auch die Art der Einhebung besprochen. Sie soll durch Mitglieder geschehen.
[…] Endlich erklärt Dr. Reubel, daß er 9 M wertbeständig zahlen wird für ein Schränkchen und einen Koffer, die im Besitz des BlumenOrdens sind.
Anschließend an die Vorstands- und Ausschußsitzung war
Außerordentliche Hauptversammlung
[…] Wer im Oktober noch zahlt, soll 150 Millionen zahlen, nachher den Preis eines Glases Bier. […]
[…] Vorschlag von Frau Kommerzienrat Wieseler […] Sie stellte dem Blumenorden — unter Vorbehalt der Rücksprache mit ihrem Gatten — den Sitzungssaal des neuen Gebäudes Deutscher Glas- Porzellan- und Luxuswarenhändler, des sogenannten Wieselerhauses, Schoppershofstraße 86 zur Verfügung. Miete und Beheizung würden gar nichts kosten, nur die Beleuchtung würde berechnet. Der Vorschlag fand allseitig freudige Aufnahme und es sei gleich erwähnt, daß […] eine Rücksprache mit Herrn Kommerzienrat Wieseler zu dem Ergebnis führte, daß der genannte schöne und in jeder Beziehung geeignete Saal dem Orden zur Verfügung gestellt wurde.
[…] Herr Dr. Ackermann ist der Ansicht, daß unter diesen Umständen vielleicht doch die Zeitschriften: Deutschlands Erneuerung und Der Wächter weiter gehalten werden könnten […]
Schließlich beantragte Herr Archivdirektor Dr. Reicke, Herrn und Frau Baron von Scheurl den Dank des Ordens zum Ausdruck zu bringen für die Gastfreundschaft […]
Der Hansel enthielt 241 030 000 M. […]
Bericht über das Ordensjahr 1923
[…] In dunklen Tagen, in denen schwere Schicksalsstürme über unser armes, geknechtetes Vaterland dahinbrausten, ist der Pegnesische Blumenorden freundliche Wege geführt worden, und Sorgen, die auch ihm nicht erspart blieben, wurden rechtzeitig immer wieder zerstreut. Eine Fülle von fesselnden, anregenden Vorträgen wurde den Mitgliedern geboten, und die Zahl der Zuhörer ist in den letzten Monaten entschieden gewachsen. […Die Themen dieser Vorträge lohnen aus heutiger Sicht keine Erwähnung.]
Öffentliche Vorträge fanden im vergangenen Jahre nicht statt. […]
Der Stand der Mitglieder war am 31. Dezember 1923
Ehrenmitglieder 12
Korrespondierende Mitglieder 21
Ordentliche Mitglieder 155
Freie [beitragsfreie] Mitglieder 6
Außerordentliche Mitglieder 2
Körperschaftliche Mitglieder 1
[…]
Erwähnt sei noch, daß der Hansel im ganzen eine Einlage von 2 986 469 988 646 M aufzuweisen hat, eine Summe, deren scheinbare Höhe und doch so traurige Niedrigkeit in unserer Zeit und der beträchtlichen Geldentwertung des letzten Jahres zu suchen ist. […]
Freitag, den 24. Februar 1924 Ordentliche Hauptversammlung
Vorsitz Dr. Ackermann
[anwesend weitere 24 Mitglieder]
[…] Steller berichtete über die Rechnungslegung des Schatzmeisters und betonte, daß es infolge der Inflation unmöglich gewesen sei ein richtiges Bild über Einnahmen und Ausgaben anzufertigen. Auch der Voranschlag für 1924 könne kein festes Gebilde aufweisen, da es sich nicht voraussehen laße, ob sich die Währung in gleicher Höhe halten werde […]
Für das erste Halbjahr 1924 beschloß der Ausschuß einen Mitgliedsbeitrag von 3 Rentenmark vorzuschlagen mit dem Rechte, denselben, im Bedarfsfalle, aus sich heraus, um 50% erhöhen zu können.
[…] Die Neuwahlen brachten keinerlei Veränderung.
[…] Der Hansel enthielt 1.86 Rentenmark
O. Börner
Bericht über das Ordensjahr 1924
[…] Aber schon gegen Ende des Sommerhalbjahres sank der Besuch etwas, und im Herbst mußte ziemlich regelmäßig eine ganz bedeutende Abnahme der Besucherzahl festgestellt werden. Der Grund für diese sehr bedauerliche Tatsache ist wohl hauptsächlich in der weiten Entfernung des jetzigen Versammlungsraumes vom Mittelpunkt der Stadt zu suchen. […] Eine Anzahl neuer Bücher wurde im Laufe des Jahres angekauft, nachdem die Verhältnisse des Ordens sich nach der Einführung der Rentenmark wieder gebessert hatten. […] ob die Fülle von anderen Darbietungen, die jetzt Vielen wieder leichter zugänglich sind als im vergangenen Jahre und vielleicht auch der Standpunkt, der sich nun in so vielen Häusern eingebürgert hat, manchen früheren treuen Besucher der Freitagsabende von unseren Vorträgen abgehalten hat [… Welcher Standpunkt?]
Sorge für und um den Irrhain
Wie erging es in diesen schwierigen Jahren dem Irrhain? Es war gut, daß wenigstens vor der Kriegs- und Nachkriegszeit mit ihren anarchischen Perioden das Recht des Ordens auf Nutzung des Irrhains geklärt werden konnte.
Freitag den 22. Okt. 1915 21. Wochenversammlung
[…] Auf die Benachrichtigung des Forstamts Herrnhütte hin, daß das Fiskalat das Recht des Pegn. Bl. Ord. an den Irrhain als ein obligatorisches, nicht dingliches Recht erkläre, hat Brügel die Ansicht eines weiteren, objektiv denkenden, seiner Ansicht Beipflichtenden erholt. Derselbe erklärt, daß in der Weise wie die Art der Eintragungen in das Grundbuch unter seiner persönlichen Beteiligung vorgenommen wurden, das Recht des Ordens an den Irrhain unbedingt als ein dingliches betrachtet u. dementsprechend registriert werden müße. Personell, recte obligatorisch könne es nicht sein, da dieses eine Aufgabe des Rechts entweder schon mit Ableben der Person oder spätestes ihrer etwaigen Rechtsnachfolger voraussetze u. der- oder dieselben in keinem inneren Zusammenhang mit dem Objekt stünden. Mit dem Pegn. Bl. Ord. sei das insofern anders, als der Irrhain das Wesen des Ordens gewißermaßen mit verkörpern helfe u. die Verbindung des Ordens mit demselben erstens einen hervorragenden Teils seines Zusammenhangs bilde u. zweitens die ganze Geschichte des Ordens mit dem Besitz dieses Grundstücks eng verknüpft sei. Des Weiteren komme in Betracht, daß der Orden, als Corporation eine Verbindung von nicht begrenzter Dauer sei u. infolgedessen an ein Aufhören der Nutznießung nur bei der völligen Auflößung desselben gedacht werden könne. Daraus gehe hervor, daß das Recht des Ordens an den Irrhain als ein dingliches zu betrachten sei. Brügel wird Dr. Eßlinger veranlaßen auf Grund dieses Bescheides die Eintragung des Waldverlaßes in das Grundbuch in die Wege zu leiten. Der Waldverlaß selbst findet sich im „Amaranthes“ abgedruckt. […]
Bericht des I. Schriftführers über das Ordensjahr 1915
[…] Von der Abhaltung des Irrhainfestes in der sonst geübten Weise konnte ebenfalls keine Rede sein. Um den Mitgliedern jedoch Gelegenheit zu geben sich in größerer Anzahl im Irrhain zusammenzufinden arrangierte Wießner in Verbindung mit der Ordensleitung am 30. Mai & 28. Juni je einen Irrhaintag. Durch gesangliche Vorträge patriotischer wie heiterer Weisen einer Abteilung des Männergesangvereins und verschiedene, zeitgemäße Ansprachen aus der Versammlung gestalteten sich diese beiden Tage zu einer würdigen Kundgebung patriotischer Erhebung. […]
Außer, aus einem Einbruchsversuch hergeleiteten, kleineren Beschädigungen und einer Anfüllung des Kellers mit Grundwasser, welch beide Schäden durch die emsige Tätigkeit unseres Irrhainvaters bald wieder behoben wurden, widerfuhr demselben [gemeint ist der Irrhain!] weiter kein Unheil. […]
Bericht des I. Schriftführers über das Ordensjahr 1916.
[…] Der Irrhain hatte Gelegenheit zu einem richtigen Dornröschenschlaf. An die Abhaltung irgend einer Veranstaltung war wegen der absoluten Unmöglichkeit der Beschaffung von Beförderungsgelegenheiten nicht zu denken. Mit der Verpflegung sah es ebenfalls nicht günstig aus […]
Ordentliche Hauptversammlung am 8. März 1918.
[…] An Stelle der alten, morschen, sich durch rührende Einfachheit auszeichnenden Tische und Bänke sollen neue, teils aus Birken-, teils aus Eichenholz gefertigte Bänke mit Rücklehnen und breitere Tische angefertigt werden. Deßgleichen ist eine Bepflanzung der Bühne mit einigen passenden Sträuchern und Bäumen geplant, die zugleich als natürliche Dekorationen gedacht sind. Soweit die Mittel reichen, soll auch die Küche einer Erneuerung unterzogen und eine Neufassung und künstlerische Ausstattung des Brunnens betätigt werden. Der erste Teil der Erneuerungen ist bereits im Gange. […]
Jahresbericht über das Ordensjahr 1918.
[…] Der für den Irrhain geplante Neuaufbau von Tischen und Bänken konnte bis auf die Aufstellung von einigen Musterbänken, wegen Mangel an Arbeitskräften nicht durchgeführt werden. […]
Mit Schwung ins Leere. Warum hätte man es nicht versuchen sollen? In Nürnberg standen jede Menge kürzlich fertiggestellter, prächtiger Jugendstilgebäude herum, neue Mietskasernen in einem Stil, den man vielleicht expressionistisch nennen konnte (mit vielen unmotivierten Zacken), waren kurz vor der Fertigstellung, Gartenvorstädte wurden angelegt — warum sollte man nicht im Vertrauen auf den unausbleiblichen Aufschwung selber auch ein bißchen bauen? Aber… nicht für das Geld, das man bereit und in der Lage war auszugeben.
Freitag den 10 Mai 1918 2. Wochenversammlung
[…] Wießner berichtete über wiederholte Besuche des Vereins: Alt-Wandervögel, unter Führung Frl. Stellers, im Irrhain. Die allzufreie Benützung desselben durch diesen Verein veranlaßte Wießner […] auf das Unstatthafte einer derartigen Eigenmächtigkeit aufmerksam zu machen […] Da trotzdem kurz darauf ein weiterer Besuch des Vereins mit den gleichen Ueberschreitungen stattfand, teilte Wießner der Vorstandschaft desselben brieflich mit, daß ein weiterer Besuch des Vereins in dem Irrhain nicht mehr zugestanden werden könne […] Das Auftreten des Irrhainpflegers fand die vollständige Billigung der Versammlung. Im Wiederholungsfalle wird der Orden selbst einschreiten. […]
Solche Unbotmäßigkeit der Alt-Wandervögel war wohl eine der Ursachen für das Mißtrauen gegen die ein Jahr später versuchte Gründung einer Pegnesenjugend.
Freitag, den 14. März 1919 9. Wochenversammlung
[…] Herr Wießner berichtet, daß der Einbruch in den Irrhain nicht so groß sei und daß er nun doch dafür sei die Hütte auch heuer einräumen zu lassen; die Fenster sollen Gitter bekommen gegen weiteren Einbruch.
Hans Wießner ließ mit Reparatur- und Verschönerungsplänen nicht locker:
Freitag den 25. April 1919. Fortsetzung der Ausschußsitzung vom 11/4. 19
[…] Als vordringlich […] nannte Wießner die Ausbesserung der Hütte, welche infolge eines durch Setzung entstandenen Rißes vermauert werden muß, die Reparatur des Brunnens, die Herstellung einer Brunnenhülle (Ueberdachung aus Holz) Kostenpunkt circa M. 450- für beide Teile und die Aufrichtung von Tischen und Bänken. Weiter wird benötigt ein neuer Damenabort. […]
Rückblickend berichtet Wilhelm Schmidt in seiner ungedruckten Festschrift von 1944:
[…] Am 25. 5. 1919 wurde ein Frühlingsfest im Hain gehalten, in den folgenden Jahren in der gewohnten Zeit, Ende Juni oder anfangs Juli, ein Irrhainfest mit Festspiel. Die Schülerkapelle des Realgymnasiums, der Laucherchor und der Singverein Fürth wirkten bei den Festen mit. Nur dadurch war es möglich, mit den verfügbaren Mitteln die Irrhainfeste durchzuführen. […]
Sonntag, den 25. Mai 1919
An diesem schönen und sonnigen Maitag fand im Irrhain eine gemütliche Zusammenkunft des Ordens statt. Man konnte mit Befriedigung feststellen, wie sehr Herrn Wießners eifrige Tätigkeit die Schönheit des Haines zu heben sucht. […] Der Magen wurde gelabt durch Kaffee und Kuchen und frisches Bier; [hier fehlt in der Berichterstattung eines Herrn Ries, was im Fränkischen Kurier so dargestellt ist:]
[…] Wer schon am Morgen in den Hain kam, für den sollten die Ueberraschungen kein Ende nehmen. Was einen da empfing, war Jugend, Jugend, die lachte und tanzte und sang und in der Küche Mittagessen kochte. Erlanger, Fürther und Nürnberger Wandervögel waren in den Hain geraten und gaben dem Fest einen fröhlichen Auftakt. Leider ließen sie sich, wie Waldgeister, wenn die Kultur kommt, von den ankommenden wirklichen Pegnesen vertreiben. Aber irgend etwas von der Jugend mußte noch zurückgeblieben sein, denn man fand bald eine Ecke im Wald, aus der die einen lächelnd, die anderen etwas griesgrämig hervorkamen. Es hingen dort Marterln an den Bäumen, schalkhafte Zeichnungen mit Versen, z.B. eine große Träne, darunter geschrieben:
Dieses Monument ist geweiht der alten teutschen Jugend,
Welche noch hatte Ehrfurcht, Sanftmut und Tugend,
Sie ließ sich fromm am starken Gängelband führen,
Las Marlitt und tat Geibel deklamieren;
Die neue macht uns nur Ungemach,
Drum weinen wir der alten diese stille Träne nach.
Der Irrhainvater, Herr Hans Wießner, hatte soviel Humor, dieser neuen Irrhainkunst, die auch vor seiner eigenen Person nicht zurückgeschreckt war, in seinen Begrüßungsworten lachend zu gedenken. […]
[weiter im Ries’schen Protokoll:] der Geist u. Sinn wurde ergötzt durch herrliche Lieder, die in vorbildlicher Weise von dem Herrn- und Damenchor des Herrn Landesgerichtdirektors Laucher zu Gehör gebracht wurden. zwei Damen dieses Chor [sic] erfreuten durch Vorträge zur Guitarre und Herr Ries trug Gedichte vor. Herr Wießner eröffnete das Zusammensein durch eine kurze Ansprache. Im Anschluß daran verlas er einige, schöne lyrische Gedichte des Mitgliedes El. Leffler. [… Es blieb der] vielfach geäußerte Wunsch nach einem weiteren ähnlichen Irrhainnachmittag. […]
Freitag den 10. Okt. 1919 26 Wochenversammlung
Von Herrn Wießner lief ein Schreiben mit der Mitteilung ein, daß er den Verein Wandervögel Nbg. am 5/10 vormittags im Irrhain vorgefunden, dessen Schlüßel er [der Verein] sich, unter Vorgabe der Erlaubniß dazu von Herrn Zilcher, resp. Wießner sen., von Hofpeter habe geben laßen. Laut Einlage hat Wießner die Angelegenheit mit dem Verein Wandervögel & Hofpeter selbst geordnet. […]
Es sah ganz danach aus, als sei Wießner ganz auf der Seite des hochehrsamen Vorstands. Doch, wie schon einmal, kam ihm hinterher die Galle hoch:
Nürnberg, den 2. November 1919
Sehr geehrter Herr Wießner!
Die Ordensleitung ist auf Ihre ausdrückliche Erklärung dem Herrn Börner gegenüber, daß die Anfertigung und Anbringung der seinerzeitigen Materln [sic] im Irrhain Ihrer persönlichen Anregung entsprungen ist und sie die volle Verantwortung dafür tragen, bereit, die seinerzeit erfolgte, persönliche Kritik darüber, nachdem dieselbe an die falsche Adresse gerichtet war, als ungeschehen zu betrachten.
Hochachtungsvoll
gez. Dr. Ackermann
I. Vorsitzender
gez. O. Börner
I. Schriftführer
(Die Auffassung des Herrn Börner, als ob ich die Anregung zu den Materln gegeben hätte, ist falsch.)
Als Entschuldigung ist die denkbar unrichtigste Form gewählt, denn jetzt wendet sich die Beleidigung von meinem Sohne ab und trifft mich.
Uebrigens hat der Orden die Angelegenheit ganz sachlich behandelt, die einzelnen Herren machten wohl erregte Kundgebungen, blieben aber im Rahmen der Besprechung. Der Ausspruch geschah nach Aufhebung der Sitzung durch Herrn Dr. Ackermann ganz persönlich und es durfte erwartet werden, daß derselbe an der gleichen Stelle eine Zurücknahme erfolgen lassen würde, was nicht geschehen ist, sonach ist die Sache noch in der Schwebe.
Ordentliche Hauptversammlung am 27. Feb. 1920.
[…] Ferner setzt sich Wießner nicht nur für eine Maifeier, sondern auch für die Wiederabhaltung des Irrhainfestes ein. Da keine Bedenken dagegen laut werden, wird Fräul. Elisabeth Leffler ersucht, ein Irrhainfestspiel zu schreiben. […]
Es sieht ganz nach einer Versöhnung mit einem Teil der aufmüpfigen Jugend aus, wenn die 1. Vorsitzende der nicht zustandegekommenen Jugendgruppe als Autorin herangezogen wird.
Freitag, den 6. April 1920 10. Wochenversammlung
[…] Wießner berichtet, daß durch die liebenswürdige Mithilfe einiger Mitglieder u. Jungkräfte die Tische und Bänke im Irrhain wieder in Stand gesetzt und der Keller zum größten Teil von Wasser entleert sei. Bei noch weiterer gütiger Mithilfe der Herren Dr. Reubel, Prof. Bohneberg p.p. hoffe er am Sonntag den 18/4. den Keller vollständig entleeren und zur Aufnahme von Getränken bereitstellen zu können. […]
Freitag den 2. Juli 1920 20. Wochenversammlung
[…] Der Antrag Wießner die Kosten für Asphaltierung des Tanzplatzes im Irrhain zur Verminderung der großen Staubplage beim Tanzen zu genehmigen, wird nach Befürwortung durch den Schatzmeister angenommen. […]
Nicht gekennzeichneter Zeitungsausschnitt:
Pegnesischer Blumenorden.
[…] Am Dienstag [?!] 26. Juni fand zum erstenmale wieder seit 6 Jahren ein Irrhainfest statt. […] Bald war trotz reicher Vorsorge für Aushilfstische und -Stühle fast kein Plätzchen mehr zu haben. […] Ein von dem 1. Vorsitzenden des Ordens [Ackermann] gedichtetes Festspiel „Irrhainerlebnis“ löste sowohl durch seine kerndeutsche Fassung wie durch geschickte Wiedergabe der Mitwirkenden wohlverdienten Beifall aus. Nach Absingung des von Eberh. Frhrn. v. Scheurl gedichteten Irrhainliedes und nach den von den beiden Vorsitzenden gehaltenen Ansprachen, deren erste zugleich eine Gedenkfeier für die gefallenen und seit 1914 verstorbenen Ehren- und ordentlichen Mitgliedern des Ordens bildete, durfte sich die zahlreich versammelte Jugend zu den Klängen eines Bandoneons dem Tanz hingeben. Die dazwischen liegenden Pausen füllte in anerkennenswerter Weise mit freudigem Eifer die Schülerkapelle des Realgymnasiums aus. […]
In der internen Berichterstattung sah das so aus:
Bericht über das Ordensjahr 1920
[…Bei dem] am 30. Mai stattgehabte[n] Familienfest im Irrhain […] flüchteten sich, als alle Hoffnung auf eine Klärung des Himmels schwand, nach Kraftshof, zum Irrhainwirt Hofpeter […] entwickelte sich, trotz Regen, auch dort, bis zum Abgang der Autos, ein recht heiteres Leben, zu welchem die Vorträge des Gesangvereins Fürth wesentlich beitrugen […] Dafür brachte dem Orden der 26. Juni, der Tag des Irrhainfestes einen um so sonnigeren Tag. Auch zu diesem war der Besuch ein derart starker, daß ein Teil der Gäste sich mit dem Rasen und sonstigen, improvisierten Unterkunftplätzen begnügen mußten. Erfreulich war, daß auch aus unserer Nachbarstadt Erlangen sich wieder einmal eine stattliche Anzahl Studenten eingefunden hatte. […]
Bericht über das Ordensjahr 1921.
[…] suchte Wießner durch eine Holz-Transaktion zwischen dem Forstamt und dem Hersteller der Tische und Bänke den Restbetrag von M. 700.- hinwegzubringen, was seinen fortgesetzten Bemühungen auch aufs Beste gelang. [… Der Mann war unentbehrlich. Und er wußte es.]
Das, am Sonntag den 19. Juni abgehaltene Irrhainfest hatte leider unter der an diesem Tage herrschenden, ausnehmenden Kühle zu leiden. […] Das, von Frl. Carola Kellermann gedichtete Festspiel […] durch die große Anzahl der zur Aufführung benötigten Personen dem Regisseur schwere Arbeit machte. Nach Ansicht des Berichterstatters sollte als Vorschrift aufgestellt werden, daß das Festspiel nicht mehr als höchstens 6 Mitwirkende beansprucht und sich möglichst ohne besondere Kostüme durchführen läßt. […] Die zum Kauf aufgestellten Lampions mußten fast ganz wieder mitgenommen werden. […]
Dr. Richard Ackermann, Oberstudienrat und Rektor am Realgymnasium; in einer Zeitung abgedruckte Photographie
Es ist müßig, der schon angesprochenen Auseinandersetzung zwischen Wießner und Ackermann im einzelnen noch einmal nachzugehen. Sie entzündeten sich daran, daß Wieszner sich als möglicher Verfasser eines Irrhainspieles übergangen und dazu noch wegen angeblich eigenmächtig erteilter Reparaturaufträge gemaßregelt fühlte. Nach notdürftiger Besänftigung der beiden menschlich wahrscheinlich völlig inkompatiblen Persönlichkeiten fungierte Wießner, als ob nichts gewesen wäre, als es darum ging, ob der Trachtenverein Kraftshof-Neunhof den Irrhain für ein Trachtenfest benutzen dürfe, und sagte nach Beschlußfassung in der 22. Wochenversammlung des Jahres 1921 zu.
Freitag den 8. Juli 1921. 23. Wochenversammlung
[…] Der Trachtenverein Wenden, Neunhof-Kraftshof lehnte dankend die Benützung des Irrhains mit Brief von 5/7. 21 ab, da die geforderte Miete für seine knappen Finanzen zu hoch sei […]
Die Inflation machte sich bemerkbar.
Sonntag den 2. Juli 1922. Irrhainfest
[…] Dr. Christian Behringer […] in einem warmen Appell an das patriotische Gefühl aller, durch Sammlung und Einigkeit das niedergetretene Deutschland aufrichten und durch Belehrung und Beispiel auch die Jugend wieder auf diese Bahnen führen zu helfen, zur Erreichung einer besseren, glücklicheren, von Haß und Leidenschaften befreiten Zeit. […]
Freitag den 7. Juli 1922. Außerordentliche Hauptversammlung.
[…] Die Extra-Beitragserhebung zur Deckung des Irrhainfestes wurde […von den am] 26. Mai 1922 beschloßenen M. 5.- auf M. 15.- erhöht. Die Erhöhung wurde begründet durch die Forderung von M. 1096.- für die Arbeiten des Zimmermeisters Seyschab, Aufschlagen der Tische und Bänke, und des Oberrottenführers Hofer mit Mk. 780.- für Reinigung des Irrhains und Dekorierung der Bühne mit Stämmchen und Geäst, zu welchen sich noch sonstige Ausgaben in der Höhe von Mk. 600,-700.- gesellen. […]
Die vier entwendeten Gedächtnißtafeln sind, zum Metallblock von den Dieben zusammengestampft, gerichtsseitig dem Orden wieder zurück gegeben worden. An die zwei noch lebenden Nachkommen der Stifter […] soll die Anfrage gerichtet werden [ob sie die Tafeln auf ihre Kosten wieder herstellen lassen]. Wenn nicht, soll das Metall veräußert und der Erlös für Ordenszwecke verwendet werden. […]
Freitag, den 12. Januar 1923
[…] Für das diesjährige Irrhainfest erklärte der Schatzmeister keinen Betrag einsetzen zu können. Da ein Ausfallen desselben nicht in Frage kam, wurde beschloßen den Erlös des Metalls […]
Vereinigte Vorstands- und Ausschußsitzung 31. Mai 1923
[…] Die Festkosten werden auf 40-50000 M veranschlagt […] Die Geländer um die Bänke am Kirchhof müssen ersetzt werden. Es wird geraten, das Metall erst dann zu verkaufen, wenn man die Rechnungen für das Fest bezahlen muß […] Herrling rät, etwa 100 Stk. Münzen und Duplikate zu verkaufen […]
Bericht über das Ordensjahr 1923
[…] Am Sonntag, den 1. Juli fand das Irrhainfest statt. War auch das Wetter nicht gerade sehr günstig, so war die Beteiligung doch sehr groß. Das von Frau Helene Hirschmann gedichtete […] Festspiel wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Die kernigen, von tiefer Vaterlandsliebe durchdrungenen Festreden der beiden Herren Vorsitzenden Dr. Ackermann und Dr. Behringer wurden begeistert aufgenommen […]
Ein neuer Präses für den Gang ins Dunkle
Wilhelm Schmidt schrieb zurückblickend: „Was die Vermögensverhältnisse des Ordens betrifft, so hatte die Inflation natürlich alles bare und in Papieren oder Sparkassen angelegte Vermögen des Ordens verschlungen, auch die ,unangreifbaren’ Stiftungen von Dilherr u. Robert Förster. In der Folge wurden wieder einige Rücklagen zur Wiederherstellungen [sic] dieser Stiftungen und für das 300jährige Jubelfest gemacht […]“
Freitag, den 6. März 1925 Ordentliche Hauptversammlung
[25 Anwesende]
[…] Börner legte einen Brief des Herrn Oberstudiendirektors Dr. Richard Ackermann vor, in welchem derselbe die Niederlegung seines Amtes als I. Vorsitzender des Ordens anzeigte. Er begründete seine Absicht mit seiner derzeitigen, schon längere Zeit andauernden Krankheit […]
Lambrecht kam auf die Weggabe der Truhe und die dadurch hervorgerufene Verzettelung der, in ihr verwahrten Gegenstände zu sprechen und forderte, daß dieselben gesammelt, registriert und in sicheren Verwahr genommen werden sollten. Dabei wurde festgestellt, daß das Buch mit den Oelportraits der I. Vorsitzenden des Ordens von annähernd der Gründung an seit längerer Zeit vermißt wird. Seit welchem Zeitpunkt läßt sich nicht feststellen; wahrscheinlich schon etliche Jahre. Sollte es nicht ein glücklicher Zufall wieder in die Hände des Ordens zurückspielen, müßte er es als verloren betrachten. Um 9 Uhr eröffnete Dr. Behringer im Wieselerhaus die ordentliche Hauptversammlung […] Der Vorsitzende nahm die Gelegenheit wahr dem, aus Alters- und Gesundheitsrücksichten zurücktretenden Schatzmeister, Herrn Consul Hermann Lambrecht für seine 31jährige, treue hingebungsvolle und nicht selten mit Opfern verbundene Tätigkeit den herzlichsten Dank des Ordens auszudrücken […] Zum Schatzmeister wurde Herr Fabrikbesitzer Max Kügemann allhier, einstimmig gewählt, welcher die Wahl dankend annahm. Die Wahl eines Bibliothekars und Ordensrats fiel auf Herrn Studienrat Georg Schwarz […]
Der Antrag Hans Wießner, die Vorstandschaft alle Jahre, statt alle 3 Jahre zu erneuern fand keine Unterstützung. […]
[…] Der Vorsitzende gibt weiter eine Einladung zu einem Vortrag Geheimrat Hensels, Erlangen, über „Oswald Spenglers Geschichtsphilosophie“ bekannt […] Dr. Schauwecker ladet zu dem, am 10. März, im Kulturverein, abends 8 Uhr stattfindenden Trauerabend für die Sudetendeutschen ein.
Der Hansel enthält M. 2.65
O. Börner
Wem der Wortlaut dieser Einladungen nicht mehr sofort die Tendenz offenbart, dem soll gesagt sein, daß es bei Spengler um Kulturpessimismus geht und bei der Trauer um die an die Tschechei abgegebenen Sudeten auch der Wunsch nach Wiedergewinn mitschwingt. Man nennt das üblicherweise Revanchismus.
Freitag den 20. März 1925. Außerordentliche Hauptversammlung
[…] Vorsitz: Dr. Behringer, dann Freiherr Eberhard von Scheurl
[27 Anwesende, darunter der Vorsitzende der Raabe-Gesellschaft Wieser]
Herr Direktor Dr. Behringer, der sein 14 Jahre innegehabtes Amt eines 2. Vorsitzenden des Blumenordens mit dem heutigen Abend niederlegte, leitete […] die Wahl eines neuen ersten Vorsitzenden und diejenige eines zweiten Vorsitzenden ein […]
Zum 1. Ordensvorsitzenden wurde gewählt mit 23 Stimmen Herr Prof. Dr. Eberhard Freiherr v. Scheurl. […] Er sieht sein neues Amt im letzten Grunde als nationale Aufgabe an. […]
Zum 2. Ordensvorsitzenden wurde hierauf einstimmig Herr Professor Konrad Meyer gewählt […]
Ferner wurden zwei neue Ausschußmitglieder gewählt: Fräulein Eleonore Groß und Herr Dr. Heinz Schauwecker. Außerdem wurde die Frage der Neuauflage der Satzungen und des Mitgliederverzeichnisses besprochen, die der Satzungen wurde zunächst zurückgestellt. […]
Es wurde beschlossen, daß eine Anfrage an den ärztlichen Bezirksverein gerichtet werden soll, der Herrn Dr. Behringer schon seine Räume im Luitpoldhaus für die Freitagabendversammlungen alle 14 Tage zur Verfügung gestellt hat. […]
Die Leitung des Blumenordens als nationale Aufgabe — von Harsdörfer ausgehend, war es als Dienst am Vaterland verstanden worden (das damals durch den 30jährigen Krieg womöglich schlimmer gelitten hatte), die deutsche Sprache und Dichtung zu pflegen. Die Frage ist, ob es Eberhard von Scheurl nicht bei leichter Verlagerung des Schwerpunkts darum ging, über den Blumenorden am Wiedererstarken des Nationalgefühls und damit der Macht des Deutschen Reiches mitzuwirken. Diese Frage stellte sich damals bestimmt niemand; man sah keinen Unterschied. Aber das war der Punkt, an dem der Blumenorden kippte.
Vorstands- und Ausschußsitzung 8. Mai 1925 7 ¼ h
[…] Zunächst wurde über einige Fragen die Jean Paul Feier betreffend, gesprochen; sie soll am 11. Mai stattfinden. Herr Dr. Josef Müller, kath. Pfarrer auf der Jägersburg bei Forchheim hält den Vortrag. Karten zu 1- 0,50 u. 0,30 M sind an der Abendkasse zu haben.
[…Es wurde] einstimmig beschlossen, daß die Versammlung künftig im Luitpoldhaus im Zimmer des ärztlichen Vereins stattfinden sollen, und zwar alle 14 Tage. [… Also doch ins Luitpoldhaus! Aber halb so oft.]
Der Druck des Mitgliederverzeichnisses, der für 300 Stck 120 M kosten soll, wurde beschlossen.
Sophie von Praun
Vorstands- und Ausschußsitzung 9. 10. 25 7 Uhr
[…] Es wurde zunächst die Frage besprochen, ob der Orden trotz der Kündigung des ärztlichen Vereins in dessen Räumen würde bleiben können. [Als doch nicht ins Luitpoldhaus …]
Ferner wurde beschlossen, daß der Blumenorden der Platengesellschaft in Erlangen beitritt. […]
Jean-Paul-Feier, Platengesellschaft: Die herkömmliche Kultur wurde ungebrochen beachtet, auch diejenigen humoristischen und problematischen Aspekte, die der primitiven Weltsicht des Nazipöbels nicht entsprachen.
Vorstands- und Ausschußsitzung 15. II. 26 […] Burgstraße 10
[…] Baron v. Scheurl begrüßt die Anwesenden in seinem Heim. […]
[…] Prof. Meyer schlägt vor, statt der Zeitschrift „Deutschlands Erneuerung“ „Deutsches Volkstum“ v. Stapel zu halten. Der Wächter soll nicht mehr genommen werden. […]
Diesem Gymnasiallehrer Konrad Meyer ging es, belegbar seit etwa 1922, in erster Linie um das „Deutschtum“. Näheres im nächsten Kapitel. Und er war Vizepräses geworden.
Bericht über das Ordensjahr 1925
[…] ich freue mich, da ich diesmal mit gutem Gewissen von einem neuen Aufblühen des Ordens sprechen darf, nicht nur, weil die Versammlungen wieder viel zahlreicher besucht wurden — (wir durften durchschnittlich etwa 40 Mitglieder und Gäste in unseren Reihen zählen) sondern auch, weil wieder mehrere öffentliche Vorträge stattgefunden haben, die sich gleichfalls zum Teil recht lebhafter Beteiligung erfreuten. […]
[Es folgen Gedenkworte über Ackermann, der im Krieg seine beiden Söhne verloren hatte und nach langem Leiden kurz nach Niederlegung seines Amtes gestorben war.]
[…] Eines unserer Ehrenmitglieder, Herr Otto Börner […] ist am 2. November nach schwerer Krankheit gestorben. […] Sein letztes Verdienst ist die Zusammenstellung der im letzten Jahre neu herausgegebenen Mitgliederliste. […]
Freitag, den 19. Februar 1926 Ordentliche Hauptversammlung
[15 Anwesende, 8 Herren, 7 Damen]
[…] Fräulein Sophie von Praun, wurde durch Zuruf zur 1. Schriftführerin gewählt. Sodann wurde durch Zettelwahl Fräulein Eleonore Groß, Lehrerin, […] zur 2. Schriftführerin gewählt mit 11 Stimmen […]
Unter dem 4. Punkt [Sonstiges] wurde erwähnt, daß nur ein Heft der neuen Satzungen da sei […] ob man nicht wenigstens einige Durchschläge für den Vorstand u. Ausschuß machen solle.
Ob die neueren Mitglieder eine Aufnahmeurkunde haben wollen, soll ihnen frei gestellt werden. 3 M soll für den Eintritt in den Orden, 2 M für die Urkunde bezahlt werden. […]
Hans Wießners eruptive Zustände nahmen mit dem Alter eher zu; möglicherweise litt er an hohem Blutdruck. In einem Brief an Sophie von Praun vom 20. Mai 1926 kündigt er an, sich an der Gestaltung des Irrhainfestes nicht mehr zu beteiligen, nachdem ihm von Damen eine Blamage zuteil geworden sei. Und am 14. November 1926 entschuldigt er sich brieflich bei ihr, daß ihm der Gaul durchgegangen sei, und meint, er ziehe sich besser von der Tätigkeit im Orden zurück. Vorher machte er noch zwei Vorschläge zur Mitgliedschaft, die auch angenommen wurden:
18. Juni 1926 Außerordentliche Mitgliederversammlung
[…] Die Kugelung ergibt einstimmige Aufnahme des Herrn Kunstmalers Trost, vorgeschlagen von Baron Scheurl, ferner des Herrn Fabrikbesitzers Karl Arnold, Gartenstraße 17 [Fabrikant von Blechspielzeug, zeitweise marktführend], vorgeschlagen von Herrn Wießner, endlich des Herrn Großkaufmanns Alfred Linke, Hochstraße 25, gleichfalls vorgeschlagen von Herrn Wießner. […]
Der Ausschuß wird erweitert. Es werden zu Mitgliedern desselben gewählt: Herr Dr. Georg Lösch, Professor an der Höheren Mädchenschule, Herr Dr. Günther Reubel, Studienrat, und Freifräulein Else von Ebner.
Bericht über das Ordensjahr 1926
[…] Es ergab sich eine Durchschnittszahl von 38 Hörern. […]
Es waren 13 Wochenversammlungen und 2 öffentliche Abende.
[… Bei einem davon sprach] 2.) Professor Bohneberg: Der Bolschewismus im deutschen Schrifttum […]
Beim weiteren Rückblick auf das vergangene Jahr gedenken wir der 19 neu eingetretenen Mitglieder und der 3 verstorbenen. Ausgetreten sind 12 Mitglieder. […]
Ebenso war eine Einladung ergangen zu dem von der Gesellschaft Schlaraffia für 14. November anberaumten Vortrag des Herrn Oberkirchenrats Dr. D. Zilcher aus Prag über Völkische und weltbürgerliche Gesinnung, der den Zuhörern mit seinen feinsinnigen Ausführungen gleichfalls großen Genuß bot. [Die Schlaraffia ist eine Vereinigung zur Pflege von Freundschaft, Kunst und Humor; so konnte man das Völkische auch verpacken.]
[…] Von den Satzungen des Jahres 1923 wurden einige Durchschläge gemacht, die zum Teil dem Amtsgericht eingeschickt werden mußten, zum Teil an die Vorstandsmitglieder verteilt wurden. […]
Was hatte sich gegenüber der Satzung von 1912 verändert? Die in der Hauptversammlung vom 12. Januar 1923 beschlossene, erst am 29. Juni 1926 ins Vereinsregister eingetragene Satzung brachte nichts grundlegend Neues, eher eine Anpassung an die Notzeiten, daneben ein paar Verdeutschungen, und erschien insofern schon veraltet, als sie endlich zum Amtsgericht eingeschickt wurde.
Als Vereinszwecke entfielen „Geschichte und schöne Wissenschaften“.
In der Beschreibung der erwünschten Mitglieder wurde weggelassen, daß sie „gebildet“ zu sein hätten.
Der § 19 mit seinen Bestimmungen zur Ersatzwahl von unter der Amtszeit ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern fehlt.
§ 24 über die Aufgaben der Schriftführer entspricht dem alten § 21, enthält aber den Zusatz „sorgt für die Bekanntmachung der Sitzungen und Versammlungen an die Mitglieder“ und nimmt diese Aufgabe dem Präses ab.
§ 26: „Der Orden soll den Sinn für schöngeistiges Schrifttum pflegen. Dies geschieht für die Mitglieder durch regelmäßig stattfindende Versammlungen, durch Vergrößerung und Nutzbarmachung der Ordensbücherei und durch Einrichtung von Lesekreisen und Familienunterhaltungen, ferner nach außen auf Beschluß der Ordensleitung durch öffentliche Versammlungen.“ Von regelmäßiger Abfolge in bestimmten Abständen ist nicht mehr die Rede.
§ 28: „Öffentliche Vortragsveranstaltungen können mit Zustimmung der Ordensleitung stattfinden. Wird ein Eintrittsgeld erhoben, so brauchen die Ordensmitglieder nur die Hälfte zu erlegen.“
In § 30 wird die für eine Satzungsänderung erforderliche Mehrheit auf eine Zweidrittelmehrheit abgesenkt, auch wird die Tagesordnung nicht mehr notwendigerweise in den Zeitungen, sondern nur durch „schriftliche oder gedruckte Mitteilung an die Mitglieder“ bekanntgegeben.
Man kann daraus keine Gesinnungsänderung konstruieren. Im Blumenorden war immer noch Platz für verschiedenste Meinungen, die in demokratischen Prozessen vermittelt werden konnten.
Freitag, den 25. März 1927 Ordentliche Hauptversammlung
[22 Anwesende]
[…] Scheurl eröffnet die Ausschußsitzung mit der Mitteilung, daß Oberregierungsrat W. Schrodt seinen Austritt aus dem Ausschuß erklärt habe. Hierauf wird wieder einmal die Raumfrage besprochen. Es ist im Krokodil angefragt worden […]
Bei Aufstellung des Voranschlages für 1927/28 wurde beschlossen, aus der Shakespearegesellschaft auszutreten.
[…] Antrag auf Änderung von §16, Satz 1 der Satzungen. Er heißt: Beide (Vorstand und Ausschuß) werden in der ordentlichen Hauptversammlung auf die Dauer von 3 Jahren gewählt. Der Antrag, den Herr Professor Konrad Meyer, der 2. Ordensvorsteher, stellt, geht dahin, die Vorstandschaft und den Ausschuß künftig nur für die Dauer eines Jahres zu wählen. [Das hatte Wießner auch schon einmal vorgeschlagen. …] Die darauf vorgenommene Abstimmung ergibt, daß über die Belassung der bisherigen Bestimmung fast nur eine Meinung herrscht. Es bleibt also bei der jetzigen Fassung.
Hierauf schritt man zu Punkt 4, den Wahlen.
Herr Dr. Eberhard Freiherr von Scheurl […] bittet, von seiner Wiederwahl abzusehen. Herr Archivdirektor Dr. Reicke spricht — zugleich im Namen aller Anwesenden — sein lebhaftes Bedauern über dies Vorhaben aus [… und hebt hervor] daß [Scheurl] in hervorragendem Maße die Gabe der freien Rede habe, und daß seine liebenswürdige Art ihn ganz besonders zum Amt des Vorstehers geeignet erscheinen lasse. Er erinnert auch daran, daß der Orden von einem Patrizier gegründet worden sei und daß es sehr erfreulich sei, daß wieder einmal ein Patrizier an seiner Spitze stehe. […]
Baron Scheurl wird durch Zettelwahl mit 19 Stimmen, also einstimmig gewählt. [Die anderen werden, bis auf Schrodt, in ihren Ämtern bestätigt. …]
Vorstands- und Ausschußsitzung 9. September 27.
[…] am 16. 12. soll ein geselliger Abend stattfinden, der den Stempel einer Weihnachtsfeier tragen soll. […]
Es handelte sich um die Wiederaufnahme einer ehedem schon beliebten Tradition, keine Neueinführung.
Bericht über das Ordensjahr 1927
[…] im behaglichen Raum der Gaststätte des Marientorzwingers, in dem nun schon seit dem Herbst 1927 regelmäßig die Versammlungen stattfinden. […] Die nun wieder eingeführten Geselligen Abende fanden zweimal, im Mai und Juni, im Künstlerhause statt, […] Bald fühlten sich die Freitagsgäste auch im neuen Raum [Marientorzwinger] heimisch; manche Herren mögen es doch angenehm empfinden, rauchen und einem frischen Trunke zusprechen zu können […] es waren durchschnittlich […] etwa 36 Zuhörer anwesend, bei den Abenden im Marientorzwinger allein durchschnittlich 39. […] Erwähnt mag auch werden, daß auch in den letzten Monaten die Damen meistens in der Überzahl waren. […]
Wilhelm Schmidt berichtet: „Seitdem [1927] trat der Blumenorden nicht mehr in die Öffentlichkeit. Einfache Sitzungen zur Aussprache unter den Mitgliedern gab es nicht mehr. Stets lag eine fertige Tagesordnung vor, sodaß die Mitglieder als solche kaum mehr zu Wort kamen. Der Orden war keine Vereinigung von Literaturfreunden mehr, sondern ein Unternehmen zur Veranstaltung literarischer Vorträge; die Mitgliedschaft fast nur eine Dauerbestellung auf diese Vorträge und ohne Einfluß auf die Auswahl und Gestaltung derselben. Nur in der alljährlichen Hauptversammlung wäre dies möglich gewesen, aber zu ihr erschienen meist nur die Vorstandsmitglieder. Einmal war Frau Baronin von Scheurl das einzige Mitglied ohne Vorstandsamt. Sie sprach daher dem Vorstand den Dank der Mitglieder aus, was drollig wirkte, denn alle Anwesenden wußten, daß sie selbst in der Hauptsache die Vortragsordnungen gestaltete. […] Die Stelle eines dritten Ordensrates wurde [1928] nicht mehr besetzt, weil die Handbücherei in Obhut des zweiten Vorstandes Türk ist und von diesem aufs beste verwaltet wird. […] Ein Ausschuß besteht seit 1933 nicht mehr.“
Aus dem „Kassa-Buch 1925-1938“ geht hervor, daß Hans Wießner im Jahre 1928 aus dem Orden ausgetreten ist; seltsamerweise steht die Zahl „2“ daneben. Hatte er auch für seinen Sohn einen Mitgliedsbeitrag bezahlt? Dieser wurde aber nie in der Stammliste als Mitglied geführt.
Was die Ausgaben für 1929 betrifft, so wurde unter anderem für einen Vortrag Prof. Geißlers 62,40 M bezahlt, Drucksachen kosteten insgesamt 155 M, und die Rechnung des Buchhändlers Zeiser für Bücher, die der Bibliothek einverleibt wurden, betrug immerhin 79,80 M.
Bericht über das Ordensjahr 1928
[…] Doch war der Orden gezwungen, sich gegen Ende des Jahres 28 wiederum nach einer neuen Heimstätte umzusehen, da die Pegnesen dem Wirte nicht den erhofften Vorteil brachten […] Nun aber glaubt der Orden in dem gemütlichen Rokokozimmer des Hauses der Gesellschaft Colleg ein würdigeres und bleibendes Unterkommen gefunden zu haben […]
[…] Der Mitgliederstand ist somit am 1. Jan. 29.
6 Ehrenmitglieder
146 ordentliche Mitglieder
22 in schriftlichem Verkehr stehende
2 körperschaftliche
5 vom Beitrag befreite Hinterbliebene verdienter Mitglieder. […]
Freitag, den 22. März 1929 Ordentliche Hauptversammlung
[…] Trost berichtet, daß ein in Eibach schon bestellter Bücherschrank ins Colleg nicht gestellt werden darf. Es soll deshalb vom Ankauf eines Schrankes überhaupt abgesehen werden. Der alte Schrank ist bei Herrn Pfarrer Türk untergebracht. Die Bücherausgabe soll zu einer bestimmten Stunde — voraussichtlich vor den Versammlungsabenden — stattfinden […]
[…] Neuwahl des 2. Ordensvorsitzenden. Die Zettelwahl fiel fast einstimmig auf Herrn Pfarrer Georg Türk. […]
Auch im Voranschlag dieses Jahres ist kein Betrag für das Jubiläum 1944 mehr enthalten, auch keine Erwähnung von Stiftungen, Fonds, Rückstellungen u.dgl.
Bemerkenswert ist, daß ein Zeitungsausschnitt aufbewahrt wird über einen Hans-Grimm-Abend des Deutschen Sprachvereins, „an dem sich die Mitglieder des Blumenordens zahlreich beteiligten“, in dem die Erzählung eines Aktes wahrer Humanität hervorgehoben wird: „In der zweiten Erzählung ist die Flucht dreier Deutscher, von denen zwei durch die Engländer zu schweren Zuchthausstrafen verurteilt worden waren, aus Südwest nach Portugiesisch-Afrika geschildert. […] gehetzt wie wilde Tiere und als Menschenfresser geächtet, vor denen die Eingeborenen entsetzt fliehen. Eine unsinnig erschrockene schwarze Mutter läßt sogar ihr Kind im Stich. Die von Entbehrungen entstellten zerlumpten Männer stehen vor dem hilflosen unschönen Geschöpf, und obwohl es ein Raub an der eigenen Lebensmöglichkeit ist, legt einer von ihnen ein Goldstück bei dem Kinde nieder.“
Vorstands- und Ausschußsitzung 10. 9. 29
[…] Ort der Versammlung: Wohnung von Herrn Pfarrer Türk, Brunnengäßchen 5/II
[…] Herr Professor W. Schmidt soll in den Ausschuß gewählt werden […]
Es wird Zeit, daß der oft erwähnte Wilhelm Schmidt anhand der Daten vorgestellt wird, die er selbst auf dem Titel des orangenen Schnellhefters in Schachtel 119 des Pegnesenarchivs notiert hat:
geb. 7. 9. 1878. Sohn von 726. Lehramtsassistent für Mathematik u. Physik in Landau (Pfalz) u. Regensburg 1900-1903, Reallehrer in Hof 1903-1915, in Nürnberg 1915-1917. im Wehrdienst Okt. 1916; im Feld April-Sept. 1917. Kriegsbeschädigt, Verlust der linken Hand. Studienprofessor in Gunzenhausen 1917-1925, in Nürnberg 1925-1936 Seit 1936 im Ruhestand in Nürnberg.
12. Wochenversammlung
Freitag, den 13. Dezember 1929 Adventsabend
Anwesend etwa 90 Damen und Herren
[…Sophie von Praun verweist auf „nebenstehenden“ Zeitungsbericht:]
Adventabend im Pegnesischen Blumenorden.
Am Freitag abend fanden sich die Pegnesen im Kolleg zu einem Adventabend ein, eine Veranstaltung, die sich, wie der zahlreiche Besuch bewies, immer mehr einbürgert. […] Es war eine richtige deutsche feierabendliche Lichtstunde. […] Karola Kellermann […] las Weihnachtsgeschichten aus der Kinderwelt voll Verständnis des kindlichen Gemütes und Schlichtheit der Empfindung […] Den Beschluß der Vortragsreihe bildete Kunstmaler Achtelstetter. Man muß es ihm lassen, in seinem Bayerischen Wald ist er zu Hause wie irgendeiner […] Der Abend trug ein echt deutsches anheimelndes Gepräge.
Bericht über das Ordensjahr 1929
[…] Schon rein äußerlich betrachtet dürfen wir von einem kleinen Aufstieg reden, ist doch die Zahl der Besucher im Jahre 29 […] etwas in die Höhe gegangen, nämlich von 42 auf 48 [im Durchschnitt]; freilich muß gesagt werden, daß man am stimmungsvollen Adventsabend allein 90 Besucher zählte. […]
Dienstag, den 4. April 1930 Ordentliche Hauptversammlung
[17 Anwesende]
[…] Kügemann schlägt vor, aus der Platengesellschaft auszutreten, wogegen Baron Scheurl Bedenken äußert, nicht nur, weil Herr Archivdirektor Dr. Reicke, unser Ehrenmitglied, mit dem Vorsitzenden, H. v. Hülsen in verwandtschaftlichen Beziehungen steht. Baron Scheurl schlägt gegenseitige Mitgliedschaft vor, so daß kein Beitrag zu zahlen wäre. […]
[Die Neuwahlen ergeben keine Änderungen außer beim Ausschuß, in den Wilhelm Schmidt gewählt wird.]
[…] beantragt Baron Scheurl im Namen seiner Gattin eine versuchsweise Verschiebung der Abende nach den Ferien von Freitag auf Dienstag oder Mittwoch, da es sich erwiesen habe, daß eine Anzahl von Mitgliedern nie am Freitag kommen könne. Nach einigem Für und Wider wurde der Antrag mit großer Stimmenmehrheit angenommen. […]
10. Wochenversammlung Dienstag, den 14. Oktober 1930
[Pfarrer Türk als Vorsitzender spricht Nachrufe auf Lambrecht und Karola Kellermann. Über ersteren u.a.:] ein oft gesehener Gast im Irrhain, den er an vielen Sommersonntagen aufsuchte, um erquickende Stunden der Rast dort mit guten Bekannten zu verleben. […]
[Zeitungsausschnitt mit Nachruf auf Kellermann, daraus:] Vielen wird der Name Kellermann ein wohlbekannter sein, denn der Vater der Verstorbenen begleitete [sic] das Amt eines Rektors an der Oberrealschule in Nürnberg [dem heutigen Hans-Sachs-Gymnasium]. Karola Kellermann blieb den weiten Kreisen unbekannt, denn sie gehörte zu den stillen im Lande […] Ihr Reich war die Fabel, das Märchen, die innige Familienerzählung, die Kindergeschichte. […] im Pegnesischen Blumenorden, dem sie mit Eifer und Freude angehörte, kam sie öfters zu Wort in einem Kreis von Freunden […] Nach langem, schwerem, mit größter Geduld ertragenen Leiden [die übliche Formel für Krebs], entschlief Karola Kellermann ergeben in ihr Schicksal, von hinnen gerufen zu werden in einem Alter, in dem andere noch auf der Höhe ihrer Kraft stehen. […]
Bericht über das Ordensjahr 1930
[…] so trifft für 1930 zu, daß die Dienstage besser besucht waren als die Freitage. […]
Um die Herstellung und den Druck des Bücherverzeichnisses machten sich vor allem unser verehrter 2. Ordensvorsteher, Herr Pfarrer Türk, und Herr Professor Schwarz, unser Bücherwart außerordentlich verdient […]
[Aus den Vorträgen sticht durch Aktualität heraus:]
12) Otmar Stenger: Alfred Polgar
5. Wochenversammlung Dienstag, den 10. März 1931
[Aus dem mit S.v.P. gezeichneten Zeitungsbericht:]
Poesie und Humor im Recht.
[…] Professor Dr. Freiherr v. Scheurl, sprach im Colleg vor den zahlreich erschienenen [52 Damen und Herren] Mitgliedern und Freunden des Blumenordens über den genannten Stoff. […] Ueber den Rechten vergessen wir heute allzuoft das Recht. Der Poesie ist es vor allem vergönnt, dies dürre Land zu einem fruchtbaren Garten zu gestalten. [Shakespeares „Kaufmann von Venedig“, Goethes „Faust“]
Im weiteren Verlauf seines Vortrags wies Baron Scheurl nach, daß sich dichterische Gedanken auch in der Reichsverfassung niedergeschlagen haben […] Wie das Große an der Dichtung ihre Verbindung mit der Religion ist, so ist das Große am Recht auch sein Zusammenhang mit der Religion. […] wenn wir den Zusammenhang zwischen Poesie und Recht suchen, kommen wir immer wieder auf den Familiengedanken auch im heutigen deutschen Recht. Die Zelle des Staates ist die Familie; und unsere Hoffnung ist, daß unsre Jugend zu den Sitten der Väter zurückkehrt […]
Das ist, sei einmal festgestellt, nicht die Sprache eines Nazis. Den „Kaufmann von Venedig“ als Beispiel für den Sieg des Rechtes über die Rechte zu nehmen, deutet allerdings schon auf Antisemitismus, denn Shylock ist der Vertreter der letzteren.
Dienstag, den 17. März 1931 Ordentliche Hauptversammlung
[14 Anwesende]
[…] Reicke sagt dann noch, wie es sich mit der Mitgliedschaft des Blumenordens bei der Platengesellschaft in Berlin verhalte. Er sei zwar s. Z. beigetreten, habe aber nie einen Beitrag gezahlt. […]
Überschußausgaben 1930 550,-
Vermögen am 31. 12. 30 310
[…] Bei den Fahrten mit den v. der Stadt bestellten und zur Verfügung gestellten Kraftwagen habe der Orden draufbezahlt. […]
Auch von der Vergnügungssteuerverordnung wird gesprochen, da jetzt bei fast allen Vortragsabenden Vergnügungssteuer erhoben wird, wobei nicht festzustellen ist, ob diese nur bei musikumrahmten Abenden oder auch sonst erhoben wird.
Scheurl stellt fest, daß nur bei gemeinnützigen Vorträgen von einer Steuererhebung abgesehen werde. — Einige sind der Ansicht, daß unsere Vortragsabende weil bildend, als gemeinnützig gelten könnten. Reubel schlägt vor, eine diesbezügliche Eingabe zu machen, wozu sich Baron Scheurl bereit erklärt. […]
3.) Neuwahl des Schatzmeisters und eines Ordensrates. […] Professor Schwarz einstimmig durch Zuruf zum Schatzmeister gewählt. […]
Baron Scheurl schlägt ferner vor, auf die nun freie Stelle des 3. Ordensrates […] Studienprofessor Wilhelm Schmidt zu wählen, der, wie aus Vorstehendem ersichtlich, mit Pflichten für die Bücherei dadurch nicht belastet sein soll. [Das macht Türk.] Auch dieser Vorschlag wird angenommen […]
[Wahl Kügemanns, der sich zunächst sträubt, zum Ausschußmitglied.]
Bericht über das Ordensjahr 1931
[…] eine Durchschnittszahl von 53 Anwesenden zu verzeichnen haben, den von etwa 105 Mitgliedern und Freunden besuchten Adventsabend eingerechnet, ohne diesen würden 49 Hörer auf einen Abend treffen. […] die Dienstag-Abende haben sich im ganzen doch recht gut eingeführt […]
Öffentliche Vorträge fanden auch im letzten Jahre nicht statt; dagegen boten die 14 Monatsversammlungen [… nichts besonderes.]
Leider haben wir — meist durch die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse bedingt — auch 11 Austritte zu verzeichnen. Dagegen können wir erfreulicherweise auch 8 Aufnahmen nennen. […]
Einschub: Wie aus dem schon erwähnten „Kassa-Buch 1925-1938“ hervorgeht, sind im ersten Halbjahr 1930 ausgetreten: Dr. Hausam, Hornung, Stollberg, Dr. Marx, Müller; im zweiten Halbjahr Schönberg, Rösch, Dr. Beckh, Fr. Bittorf, Bammessel, Frl. Merkl, Daumerlang, Niggl, Frl. Stauer, Schoeffel, Frl. Versen, Frl. Scheidig. Anhand der Namen läßt sich eigentlich nicht feststellen, daß es ein Massen-Exodus von Mitbürgern jüdischer Abkunft gewesen sei. Die Gründe waren wohl materieller Art.
Erwähnt sei auch wieder nach altem Brauch, daß der Hansel 102.32 M enthielt, meines Wissens seit der Zeit der Geldentwertung, in der wir mit noch viel ungeheuerlicheren Summen rechneten, die höchste Einlage. […]
Wir können uns heute der Sorge nicht erwehren beim Blick in die Zukunft; was wird sie uns und unserem deutschen Vaterlande bringen an Not und Leid und Entbehrung? […]
Zwei Schläge waren schon niedergesaust: Erster Weltkrieg und Inflation. Jetzt brauchte es nicht mehr viel, um die Hirne weichzuklopfen: bloß noch eine Weltwirtschaftskrise mit 5 Millionen Arbeitslosen in Deutschland.
5. Wochenversammlung Dienstag, den 8. März 3261
[mit v. P. gezeichneter Zeitungsbericht, offenbar von Sophie von Praun]
Hegel- und Haydnfeier im Pegnesischen Blumenorden
Ein hochwissenschaftlicher Vortrag von Archivdirektor a. D. Dr. Emil Reicke über Hegels Geschichtsphilosophie […]
In der dialektischen Art (Beweiskunst) Hegels liegt die Anschauung beschlossen, [fehlt: „daß“] der Welt- und Volksgeist gleichsam listig die Masse von Wollen und Tätigkeit benützt, um seine Ziele zu erreichen. Er stellt die Leidenschaften der Herren (Führer) in seinen Dienst. […]
Vorstands- und Ausschußsitzung 12. IV. 32 abends 8 h, Colleg
[9 Anwesende]
[…] Ferner wirft der Vorsitzende die Frage auf, ob angesichts der verschlechterten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht eine Erniedrigung der Mitgliederbeiträge angebracht wäre. […] zunächst wird eine Erniedrigung von 8 auf 7 oder 6 M in Erwägung gezogen, bis man schließlich zu dem Ergebnis kommt, es einstweilen beim Alten [sic] zu lassen, jedoch solchen Mitgliedern, die den Jahresbeitrag nicht zahlen können zZ. nach Möglichkeit entgegenzukommen, ihnen u. Umständen den Beitrag zeitweilig zu erlassen oder ihn wenigstens zu erniedrigen nach Maßgabe der Verhältnisse. […]
Unstete Irrhainpflege
Der neue Irrhainpfleger hatte anfangs eine glückliche Hand und wohlmeinende Verbündete. Auf die Dauer fühlte er sich aber doch überlastet.
Freitag, den 24. Februar 1924 Ordentliche Hauptversammlung
[…] Reubel machte darauf aufmerksam, daß im Jahre 1926 250 Jahre verfloßen seien, seit der Irrhain dem Orden zugehöre, und bittet schon jetzt mit der Beschaffung der Mittel für eine würdige Begehung dieses Jubiläums zu beginnen. Er sowohl, wie Herrling schlagen vor die überschüßigen Bestände an Münzen, Medaillen & Büchern zu veräußern […]
Lambrecht teilt mit, daß Herr Geheimrat Johannes Grasser eine jährliche Irrhainspende von 100,- Goldmark zugesagt und für 1924 an ihn überführt hat […] Hervorzuheben ist, daß das Irrhainfest, obwohl es reichliche Mittel erforderte, durch die eifrige Werbetätigkeit des Irrhainpflegers, Dr. Günther Reubel, ganz ohne Zuschuß vom Schatzmeister durchgeführt wurde […]
Es muß sich um das zurückliegende Irrhainfest 1923 gehandelt haben, wofür wegen der Inflation noch kein Voranschlag aufgestellt hatte werden können.
Bericht über das Ordensjahr 1924
[…] Am Sonntag den 2. Juli fand das Irrhainfest statt, begünstigt vom herrlichsten Sommerwetter […] Das Festspiel hatte diesmal Herr Artur Kreiner von Amberg verfaßt. Es zog geistvolle Vergleiche zwischen den Hoffnungen und Sorgen unserer Tage und den geistigen Kämpfen und Stürmen zu den Zeiten des Hans Sachs, Albrecht Dürer und Willibald Pirckheimer. […] kam noch ein Festgedicht von Herrn Dr. Eberhard Freiherrn von Scheurl zur Verlesung. Hochbefriedigt kehrten die Teilnehmer — großenteils zu Fuß durch den Wald — nach Hause zurück […]
Ein nicht gekennzeichneter Zeitungsausschnitt vom 24. Juni 1924 gibt ein noch genaueres Bild des seltsamen weltanschaulichen Durcheinanders:
[…] Fern dem äußerlich-anspruchsvollen, kampflustig-hervorstrebenden, modisch-wechselreichen Getriebe des Literatentums geht der Pegnese in dem innerlich-selbstlosen, versöhnlich-sinnigen, zeitlos-beharrlichen Wesen der dem deutschen Volke beschiedenen Meisterwerke der Dichtkunst auf. Dabei weiß er aber auch das Werdende als Schönheitssucher zu würdigen […] Dies war der Sinn der Ansprache, die der Vorsitzende des Ordens, Herr Oberstudiendirektor a.D. Dr. Ackermann an die […] zahlreich erschienenen Mitglieder des Ordens und namentlich auch an die akademische Jugend richtete […] Was dem deutschen Volke not tut, was es als seine heilige Hauptaufgabe zu bewähren hat, ist die Pflege vaterländischen Geistes. In tief zu Herzen dringender Rede mahnte hierzu […] Hr. Dr. Behringer, und eine schwungvolle, packende Dichtung Herrn Prof. v. Scheurls […] regte zur Selbstbesinnung, zur einigen Aeußerung deutscher Kraft und zu neuem Glauben an des Vaterlandes Wiedererhebung an. […] rauschten in den dunklen Wipfeln noch die Schlußzeilen des Festliedes nach. „Im Bunde laßt die Herzen glüh’n Alldeutschland, dir, für immer!“
Bericht über das Ordensjahr 1925
[…] Am Sonntag, den 28. Juni fand bei leider nicht sehr günstigem Wetter das Irrhainfest statt. […] nach dem Umgang mit Musik lauschten die Festteilnehmer dem an recht deutschen Gedanken reichen Festspiel „Das Erwachen“, das Herr Baron von Scheurl gedichtet hatte. […] Die beiden Herren Vorsitzenden hielten hierauf […] von warmer Vaterlandsliebe durchglühte Reden. […]
Irrhainfest
[Zitat aus einem eingeklebten Zeitungsausschnitt ohne Quellenangabe:] Das Festspiel, von dem Ordensvorsitzenden selber, Professor Dr. Eberhard Freiherr v. Scheurl verfaßt unter dem Titel „Erwachen, ein deutsches Singspiel“ war kunstvoll in der Form und von patriotischem Empfinden getragen. Die feine stimmungsvolle Musik dazu hatte in uneigennütziger Weise Herr Georg Blum komponiert. [Zitat aus einem weiteren Ausschnitt ohne Quellenangabe:] es sucht unter Verwendung allegorischer Figuren den Kräften des deutschen Seelenlebens nachzuspüren und klingt in einen vaterländischen Hymnus aus.
Vorstands- und Ausschußsitzung 9. 10. 25 7 Uhr
[…] Fünftens spricht Herr Dr. Reubel über die Vorbereitungen zum Irrhainjubelfest. Der Irrhain müßte etwas gründlicher hergerichtet werden. (Zaun, grüne Hütte) Dies zu beaufsichtigen u. vor allem in die Wege zu leiten, fehle ihm die Zeit. Er schlage aber vor, man möge sich an den früheren Irrhainpfleger, Herrn Wiesner [sic], wenden mit der Frage, ob jener nicht sein früheres Amt wieder übernehmen wolle.
Vorstands- und Ausschußsitzung 15. II. 26 […] Burgstraße 10
[…] Lösch schlägt vor sich an Deutsch Amerikaner zu wenden mit der Bitte um Zuschüsse zum Irrhainjubelfest, zum Beispiel an die Steubengesellschaft. […]
Der frühere Irrhainpfleger, Herr Dr. Reubel, stellt fest, daß im Irrhain für das 250. Jubelfest Vieles in Stand gesetzt werden müsse, z.B. der Zaun, Tische, Bänke, die verschiedenen Hütten; es müsse mit 4-500 M. Kosten gerechnet werden. […] Professor Lösch, der in den letzten Monaten vorläufig die Geschäfte des Irrhainpflegers besorgte, will dies auch ferner tun mit Ausnahme des geldlichen Teils und der Werbearbeit. Herr Hans Wießner soll gebeten werden, dieses zu übernehmen. […]
Freitag, den 19. Februar 1926 Ordentliche Hauptversammlung
[…] Zum Irrhainpfleger wird Herr Professor Georg Lösch gewählt […]
Für das besondere Irrhainfest werden 1000 M angesetzt, 500 erwartet man aus Eintrittsgeldern zu 2 M.
7. Juni 1926 Vorstands- und Ausschußsitzung
[…] 250jährige Feier des Irrhains […] Einladungen an die Presse und an die Behörden sollen nicht ergehen, der Stadtrat soll nicht eingeladen werden, nur die Universität Erlangen. Pressemitteilungen sollen vor dem Feste im Kurier und in der Nordbayerischen Zeitung erscheinen.
Es scheint eher eine Sparmaßnahme als ein Ausdruck der Entfremdung von Presse, Behörden und Stadtrat gewesen zu sein, was diese Beschränkung bezweckte.
18. Juni 1926 Außerordentliche Mitgliederversammlung
[…] Herr Hans Wießner, der sich bereit erklärt hat, die Irrhainpflege wieder zu übernehmen und das Fest ausgezeichnet vorbereitet, wird einstimmig durch Zuruf zum Irrhainpfleger und II. Ordensrat gewählt. […]
Bericht über das Ordensjahr 1926
[…] Am 26. Juni versammelte sich eine stattliche Schar alter und junger Pegnesen im Irrhain zum Jubelfest des 250jährigen Besitzes dieses reizvollen Fleckchens. […] Trotz des nachmittags kühlen Wetters lag doch warme, frohe Stimmung über dem Hain […] Herr Max Kügemann war diesmal der Dichter des sinnigen Festspiels, das an die Darsteller hohe Anforderungen stellte, Herr Baron von Scheurl hatte das Irrhainlied gedichtet. […] wurde unserem hochverdienten Herrn Hans Wießner die Ehrenmitgliedsurkunde überreicht […] wurden die Anwesenden noch durch den anmutigen Tanz 10 junger Mädchen erfreut […] vereinigte sich noch eine große Schar Tanzlustiger bei Hofpeter in Kraftshof, bis auch hier dem Vergnügen durch die Abfahrt der letzten städtischen Kraftwagen ein Halt geboten wurde. […]
Samstag, den 26. Juni 1926 Irrhainjubelfeier 1676-1926
[…] Was über den Verlauf des Festes zu sagen ist, erzählt der vorstehende [eingeklebte] Bericht unseres Mitgliedes, Fräulein Karola Kellermann […]
[…] Der alte Hofer mit blumengeschmücktem Stabe führt die Musik an und der Umzug durch den Hain endigt vor der kleinen Freilichtbühne. Wie hat sie sich doch zu Ehren des Festes verschönt! Grüne Kulissen zu beiden Seiten und im Hintergrund ein Felsen mit sprudelndem Quellchen. […] Die alten lieben Gestalten des Bauers und der Bäuerin, der Nymphen, Dryaden und Faune, des Jünglings und der Jungfrau erscheinen mit neuer und doch auch alter Weisheit […] Silvan, der Herr des Waldes, und „der Schrat“ lassen sich vor den kurzlebigen Menschlein sehen und mahnen in Scherz und Ernst. Der Dichter, Max Kügemann, läßt sich [sie?] aussprechen, was ihm Herz und Sinn in unserer Zeit bewegt. Wie die Natur ihm Heil brachte, so sollen auch wir, aus dem [?] Irrsal der Stadt und der Zeit fliehend, bei ihr Genesung und Kraft finden zu neuem Kampf und neuem Glück.
[…] Der erste Präses des Ordens, Professor Dr. Eberhard Freiherr v. Scheurl, ergriff das Wort zu Begrüßung und Dank. […] Er begrüßte den Prorektor der Universität Erlangen, das Forstamt Kraftshof, die Hochschuljugend, Gäste und Mitglieder. Er gedachte, wie alljährlich, derer, die wir im vergangenen Jahr verloren haben […] Auf die Frage, ob der Orden heute noch das ist, was er vor 250 Jahren war, hat uns unser Festspieldichter heute die Antwort gegeben. Die Rede klang aus in ein Heil auf das Vaterland. Dann ergriff unser erster Präses den ehrwürdigen Pokal […]
[…] Professor Meyer […] Wir Deutsche waren von je ein Waldvolk. […] Dem deutschen Lied und dem deutschen Wald, die zusammengehören, galt das Heil des zweiten Präses. […]
In seinem [Wießners] Dank für die hohe Ehre [der Verleihung der Ehrenmitglieds-Urkunde] gedachte auch er des Gründers des Haines […] Zur größten Ueberraschung der Festgäste sprach noch Myrtill selbst in humorvollen Versen. Er erschien aber nicht in historischem Gewand, sondern unter der Maske des jetzigen Pfarrers von Kraftshof.
Das schöne Jubiläumsirrhainlied, von unserem verehrten 1. Präses gedichtet, […] klang aus in einen Treuschwur an das Heimatland.
[…] Der Orden ist kein bloßer geselliger Vergnügungsverein, auch nicht eine rein literarische Gesellschaft. Wir wollen in Pietät und Vaterlandsliebe eine Gemeinschaft sein, die die hohen Güter, deutsche Sprache und deutsche Dichtung liebt und pflegt aus allen ihren Kräften.
Aus dem „Kassa-Buch 1925-1938“ geht hervor, daß Wießner am 31. 12. 1926 die Rechnung stellte über ein Darlehen von 601,98 M. Präses v. Scheurl spendete am 3. 6. 1926 30 M für das Irrhainfest. Die Ehrenurkunde für Wieszner hatte allein schon 25,10 M gekostet. Für Kostüme zum Irrhainspiel waren 35,40 M fällig geworden. An den Zimmermeister Seyschab waren für die vorbereitenden Ausbesserungen 377,30 M gegangen. Die Musikanten bekamen 110,25 M. Zu den kleineren Posten für den Festablauf gehörten u.a. 24 M für Laternen, 15,80 M für Schleifen (wofür auch immer die gebraucht wurden) und 3 M für den Torhüter. Die Pegnesen dieser Jahre konnten wohl zuversichtlich sein, den alten Brauch der Irrhainfeste wieder in Gang gebracht zu haben. An dem Hin und Her der Beteiligung Wießners ist allerdings zu sehen, daß man in die Angelegenheiten um den Irrhain keine rechte Stetigkeit brachte.
Vorstands- und Ausschußsitzung 10. Juni 27. 8 Uhr abends Saal des ärztlichen Vereins
[…] An Stelle von Herrn Hans Wießner, unserem langjährigen Ordensrat und hochverdienten Irrhainpfleger, der seine Ämter niedergelegt hatte, hat sich Herr Oberstleutnant Baron Lützelberg [sic] bereit erklärt, die Geschäfte des Irrhainpflegers vorläufig zu führen. […]
Bericht über das Ordensjahr 1927
[…] Ganz besonderen Anklang fand der letzte gesellige Abend des Jahres, eine stimmungsvolle Weihnachtsfeier im festlich geschmückten Raume, bei der der 25jährigen Wirksamkeit des Herrn Rottmeisters Hofer von Kraftshof in unserm heitern Irrhain dankbar gedacht wurde. Der anwesende Gefeierte wurde mit einer sinnigen Gabe beschenkt, die Herr Max Kügemann mit einem witzigen Gedichte in Nürnberger Mundart überreichte. […]
[Das Irrhainfest verlief wie gewohnt, das Spiel „Michael Faustin“ war von Schauwecker verfaßt worden.]
Freitag, den 25. Mai 1928. Ordentliche Hauptversammlung
[…] Herr Kunstmaler F. Trost wurde durch Zuruf zum Irrhainpfleger und 2. Ordensrat einstimmig gewählt. […]
Bericht über das Ordensjahr 1928
[…] vor allem sei auch an dieser Stelle des wundervollen Irrhainbildes gedacht, mit dem der Künstler [Trost] den Orden an jenem Abend [der Adventsfeier] freudig überraschte. […]
Das Irrhainfest bot den gewohnten Ablauf, wobei das Festspiel „Dürers Auferstehung“ wieder einmal von Artur Kreiner stammte. Dieser war ein oberpfälzer Heimatschriftsteller, der sich auch fränkischer Themen annahm und später Mitglied des Frankenbundes wurde.
Bericht über das Ordensjahr 1929
[… Über das Irrhainfest wird nichts Ungewöhnliches berichtet; das Festspiel „Der Irrhain des Lebens“ schrieb Türk. Trost hatte im Irrhain neue Bänke und Tische anbringen lassen.]
Dienstag, den 4. April 1930 Ordentliche Hauptversammlung
[…] Bezüglich des Irrhainfestes ist Kügemann für Einschränkung der Kosten der Schauspieler, vor allem aber für Erhöhung der Einnahmen beim Fest. […] Herr Baron Scheurl […wandte in seiner sozial verantwortungsbewußten Art ein] daß aber nach der Bedürftigkeit der Leitenden [Schauspieler Kraus] und Spielenden der Vorstand ermächtigt sein soll, den Betreffenden etwas zu vergüten. Baron Scheurl schlägt vor, daß der Zuschauerraum jedes Jahr um eine Bankreihe nach rückwärts verbreitert werden soll und der Friedhof jedes Jahr um eine Naturbank [?] und einen Tisch. […vielleicht, um die Einnahmen zu erhöhen.]
Unter den Ausgaben des Jahres 1929 finden sich 8 Mark für eine Schaukel im Irrhain. Man darf annehmen, daß sie der Kinderbelustigung diente. Aus dem Material alter Irrhaintafeln erlöste Wießner (also doch wieder er!) 5,35 M.
Irrhainfest Sonntag, den 1. Juni 1930 Beginn 3h
Daß das Fest in der althergebrachten Weise verlief, sagt der Bericht des fränkischen Kuriers so hübsch und erschöpfend, daß dem nicht mehr viel hinzuzufügen ist. […:] Das Festspiel von Prof. Freiherrn Eberhard v. Scheurl: „Die vier Lebensalter“, gab in seiner sinnvollen, durch anmutige Kinderreigen erweiterten Folge der vier Lebensalter nicht nur eine Allegorie, sondern auch eine feinempfundene Umschreibung der Ideen des Pegnesischen Blumenordens und der farbenreichen Geschichte des Irrhains. Der freundliche, verbindliche Charakter, der in dem ganzen Spiel vorwaltete […] das Tauschen launiger und ernster Verse schloß mit dem gemeinsamen Gesang des von Pfarrer Georg Türk verfaßten sehr poetischen „Irrhainliedes“. […]
Bericht über das Ordensjahr 1930
[Das Irrhainfest war „leider etwas verregnet“:] Bedauerlich war, daß die Jugend von Erlangen nicht so zahlreich vertreten war, wie sonst üblich, wodurch das Vergnügen der tanzlustigen jungen Mädchen leider etwas beeinträchtigt wurde. Der vor Beginn des Festes niedergehende Platzregen war so heftig, daß er einen Teil des Friedhofs in einen See verwandelte, der nur durch das tatkräftige Eingreifen unseres trefflichen Irrhainpflegers, der eine Fuhre Sand herbeizaubern mußte, wieder beseitigt werden konnte. […] Als die Sonne dann wieder schien, begab sich der stattliche Zug der Pegnesen zum Naturtheater […Stück von Scheurl: „Die 4 Lebensalter“… Dann:] Enthüllung dreier von Kunstmaler Friedrich Trost d.J. erstellten Ehrentafeln [für Voit, Ackermann, Börner, und ausführliches ehrendes Gedenken an Lambrecht]
Dienstag, den 17. März 1931 Ordentliche Hauptversammlung
[…] Trost teilt dann mit, daß Zimmermeister Seyschab festgestellt habe, daß der Irrhainzaun, der im letzten Jahre wohl große Summen gekostet habe, wieder schadhaft sei und ebenfalls wieder erhebliche Unkosten verursachen würde. Reubel schlagt vor, daß der Staat zu günstigem Preise Holz vom Irrhain an Seyschab abgeben solle. Kügemann erklärt, man könne unmöglich wieder so große Summen ausgeben, man müsse eben sparen und den Zaun flicken, die am ersten faulenden Querhölzer zweckmäßiger arbeiten, daß das Wasser besser an ihnen ablaufe. Türk: man würde billiger zu der Ausbesserung kommen, wenn man sie ausschreiben würde. Dann würde Seyschab, auf den man ja in mancher Beziehung angewiesen sei, heruntergehen. Außerdem solle man einen Sachverständigen um sein Urteil bitten. […]
Vorstands- und Ausschußsitzung 28. V. 31. abds ½ 9 h im Hause Burgstraße 10
[…8 Anwesende …]
2. Es wird über die Benützung des Irrhains am Himmelfahrtsfest gesprochen. Der derzeitige Irrhainpfleger, Herr Trost, hat in Unkenntnis der Bestimmungen, die sich darauf beziehen, und ohne den Vorstand zu fragen, den Irrhain an Himmelfahrt einer Mädchenvereinigung der Inneren Mission unter Leitung von Herrn Pfarrer Baumgärtner kostenlos zur Verfügung gestellt. Unterdessen habe Herr Pfarrer Heckel-Kraftshof auch um Benützung des Irrhains für einen Mädchenverein gebeten u. zwar, indem er sich an den Ordensvorstand selbst wandte. Dieser teilte ihm die Summe mit, die nun, bei ganz anderen Verhältnissen als sonst, auf die Personenzahl und die Zeit des Aufenthaltes berechnet werden muß. Es entspann sich ein Briefwechsel, bei dem Pf. H. zuletzt etwas ausfallend gegen Herrn Baron v. Scheurl wurde, da er inzwischen von Herrn Pf. Baumgärtner erfahren hatte, daß dieser ohne Entgelt den Zutritt für eine große Personenzahl erhielt. Der Vorstand fordert nun von Herrn Pf. B. eine Entschädigung von 10-40 M. Es seien etwa 300 Personen gewesen; die anwesenden Mitglieder des Ordens seien etwas erstaunt darüber gewesen. Es wird beschlossen, zuerst einen Brief an Pf. B. zu richten; darauf solle der Irrhainpfleger persönlich mit ihm verhandeln. Letzterer sieht sich durch die förmliche Art etwas betroffen und möchte das Schreiben hintanhalten. Doch wird er überstimmt. Nach langer Besprechung wird der 2. Fall, Heckel-Scheurl, behandelt, dessen Ausgleich Herr Pfarrer Türk übernehmen will. Es wird beschlossen, daß ein Schild gedruckt werden solle, worauf der Hain nur gegen Zahlung auf kürzere Zeit an nicht zu viele Personen abgegeben wird. […]
Es war offensichtlich schon wieder in Vergessenheit geraten, daß der Orden überhaupt nicht ermächtigt ist, die Nutzung des Irrhains gegen Entgelt zu gestatten.
Irrhainfest Sonntag, den 21. Juni 31
[mit S.v.P. gezeichneter Zeitungsbericht:]
[…] das von Frau Elisabeth Schnidtmann-Leffler gedichtete reizvolle Waldmärchen „Der goldene Reif“. [Ein Lehrer erzählt seinen Schülern auf einem Waldausflug die Vorgeschichte von einer verzauberten Waldfrau.] Einen goldenen Reif […] solle sie so lange hüten, bis sie einen Reinen finde, der sie erlösen könne. [Bauernehepaar, Zigeuner, Naturforscher versagen und werden ebenfalls verzaubert; ein junges Mädchen, das den Reif aus Mitleid gar nicht haben will, erlöst damit die Waldfrau, auch alle andern werden wieder entzaubert.]
Bericht über das Ordensjahr 1931
[Irrhainfest am 21. Juni bei gutem Wetter…] Das Märchenspiel „Der goldene Reif“ war diesmal von Frau Elisabeth Schnidtmann-Leffler gedichtet und der feinsinnigen Dichterin sowohl als den großen und kleinen Schauspielern wie dem bewährten Spielleiter, Frith Krauss, wurde reichster Beifall gezollt. […] Pfarrer Türk, ein lebhaftes Zwiegespräch mit Siegmund [sic] von Birkens Geist, das an dessen 250. Todestag (er starb 1681) erinnerte […]
Vorstands- und Ausschußsitzung 12. IV. 32 abends 8 h, Colleg
[wegen Fahrtkosten zum und vom Irrhain:] Die Sache könnte vielleicht künftig auch so geregelt werden, daß der Straßenbahnleitung mitgeteilt wird, sie möge zur bestimmten Zeit einige Wagen mehr v. der Jagdstraße abfahren lassen. […]
Damit können nur Omnibusse gemeint sein; die Straßenbahn verkehrte nur bis zur Bucher Straße. Offenbar waren die Beziehungen zu den öffentlichen Verkehrsmitteln gut und der Besuch für eine wirtschaftliche Durchführung ausreichend. Es sieht alles so normal aus, kaum so fanatisch wie fünf Jahre zuvor. War der Druck, mit dem man sich gegen den vermeintlich ungesunden Zeitgeist gestemmt hatte, einer Siegeszuversicht gewichen?
Das Irrhainfestspiel am 19. 7. 1932, „Der hohle Baum“, wurde von Oskar Franz Schardt verfaßt. Mehr ist an 1932 hier nicht bemerkenswert.