ABRISS DER GESCHICHTE

DES PEGNESISCHEN BLUMENORDENS ANHAND SEINER SATZUNGEN



Teil XII: Nachkriegszeit


Hatte es noch 1944 die Bereitschaft im Orden gegeben, Durchhalteparolen anzuhören, so wurde gegen Kriegsende der Ton sehr nüchtern, das „Augen zu und durch“ eine (schlecht dokumentierte) Parole im Hintergrund. Man jammerte nicht, nur in ganz privaten Schreiben ein bißchen, und nach dem Zusammenbruch des alten Staatsunwesens und angesichts der Ruinen machte man sich nach etwas mehr als halbjähriger Benommenheit mit zusam­mengepreßten Lippen an einen Neuanfang. Wir sollten uns nicht zu sehr darü­ber wundern, daß der Blumenorden den Überlebenden bei aller Entbehrung und Trauer so wichtig blieb; anders als in satten Zeiten war es diesen Men­schen deutlich, daß sie nicht allein vom Brot leben konnten. Schriftführerin und Schatzmeister überbrückten das Leitungsvakuum, ein neuer Vorstand wurde gewählt, mit einem politisch unverdächtigen, ja geradezu progressiven Präses, und dann bemühte man sich um Wiederzulassung als Verein. Die kul­turellen Veranstaltungen betrafen weit zurückliegende Gegenstände, nur in der Gerhart-Hauptmann-Gedächtnisfeier schloß man, nach außen sichtbar, zur Gegenwart auf. Die bewährten Kräfte machten weiter, als ob nichts gewesen wäre. Allerdings traten im Zusammenhang mit der Entnazifizierung und mit der Verlagerung der Archivalien erste Spannungen auf. Ein unbelasteter Jurist wurde der nächste Präses, verdarb es sich aber mit einigen der alten Mitglie­der durch entschiedenes Eingeständnis deutscher Schuld. Bald nach Währungsreform und Neufassung der Ordenssatzungen kam es dann zu der handstreichartig betriebenen Ablösung dieses Präses, herbeigeführt vom vor­letzten, der sich der Illusion hingab, er könne wiedergewählt werden. Wie anders und doch rückschrittlich dies ausging, gehört schon ins Kapitel über die Restaurationsepoche, die man gemeinhin Wiederaufbau nennt.




Zusammenbruch



Mühsam behauptete Siegeszuversicht wurde von verkrampftem Aushalten und Kopf-Einziehen abgelöst, und dann half gar nichts mehr.


Fränkische Tageszeitung 14. I. 44 No. 11

Emil Bauer begann den letzten Abend mit der Vorlesung einiger seiner Gedichte. […] Sein gewaltiges Schlußgedicht „Nur eine Weile noch“, erfüllt von tiefem, vaterländischem Empfinden und hoher Siegeszuversicht […]


Nürnberger Zeitung, Freitag, 27. Oktober 1944/Nr. 253

Auf die Deiche! Von Gustav Frenssen [Mitglied 1055]

[In einer Einleitung schildert er einen Schleusenwärter, der einen Deichbruch miterlebt hatte.]

Unser Land, unser Deutschland, ist stark angegriffen von den Stürmen. O ja! Von den Stürmen, die über uns hingingen in diesen letzten fünf Jahren. Viele Städte sind schwer zerstört, Millionen von unseren Landsleuten aus ihren Wohnungen gerissen und viele getötet! Aber das alles ging uns nicht ans Leben. Es zerstörte nicht unser Wesen. Aber wenn die Deiche brächen…! Wenn die Heere der Feinde, eine tobende See, ins Land kämen! Was dann geschähe?! Dieser Weg dann in der Dämmerung… querfeldein über das ver­schlammte deutsche Land, unsere geliebte heilige Heimat…, kein Weg mehr und kein Steg?!

Geht! Geht! Schreit durchs Land, von Haus zu Haus: „Auf die Deiche! Auf die Deiche!“ Und kämpft, kämpft alle als des Volkes Aufgebot!


Am Samstag den 9. Dezember 1944 3 Uhr nachmittags

findet in der Gaststätte „Marientorzwinger“, Erdgeschoß „Grünes Zim­mer“, (Haltestelle Marientor) unser Advents-Abend statt. […]

Prof. Dr. Eduard Herold spricht eigene Verse.

Helene Friederich (Alt) — Adelheid Groß (Klavier).

Helene Hirschmann bringt eine eigene Erzählung.

Traudel Günther (Violine) — Adelheid Groß (Klavier).

Adelheid Groß: Mozart — Andante.

Georg Türk: „Zum Ausklang“.


Die Mitglieder werden gebeten, je Person womöglich eine Weihnachtsker­ze mitzubringen. Adventskränze an Ständern sind besond. willkommen.


Undatiertes Schreiben, ohne Absenderadresse, von einem Blatt abge­schnittener Streifen Papier:

Lieber Herr [Wilhelm Schmidt], liebe Frau Professor!

Wir grüßen Sie von hier in schwerster Zeit. Keine Heimat mehr. —

Durch Feuer und Funkenregen sind wir, bis wir nach verschied. Nachtlagern hier gelandet sind. Auch unser Keller ausgebrannt mit Wertvollstem. Gütige Menschen helfen, aber — es gibt auch lieb- und taktlose. — Ob Sie uns Mar­ken schicken können? Das Gasthausessen kostet so viel u. es reicht gar nicht. Von Herzen wünschen wir Ihnen ein besseres Schicksal! Ihre Familie Trost.


Gedrucktes Einzelblatt A 5 auf stark holzhaltigem Papier:

Am Freitag den 26. Januar 1945 19.30 Uhr, findet in der Gaststätte „Kro­kodil“ Erdgeschoß, Weinstube, Vortragsabend statt.

Prof. Frhr. v. Scheurl spricht über die neue dramatische Dichtung von Hans Friedrich Blunck: „Götter der Langobarden“. […]


Es ist nicht zu ermitteln, ob diese Ankündigung noch vor dem verheerenden Luftangriff vom 2. Januar 1945 verfaßt wurde; jedenfalls fiel der Termin wegen weiterer Luftangriffe aus. Das alte Patrizierhaus des Präses war auch zerstört.


Erlangen, Schillerstraße 15/21.3. 45

Liebe, sehr geehrte Frau Professor Schmidt,

Ihre lieben Zeilen haben uns nach langer Zeit hier erreicht und ich danke Ihnen und Herrn Professor, zugleich im Namen meines Mannes sehr herzlich für Ihre warme Teilnahme am Verlust unseres alten, geliebten Familienhauses. Indessen freuen wir uns zu hören, daß Ihr Heim noch bewohnbar blieb und hoffen, daß es Ihnen wenigstens so erhalten bleibt. Unseren lieben, hochge­schätzten Pegnesenkreis vermissen wir außerordentlich, aber leider sehen wir z. Zt. auch keine Möglichkeit des Zusammentreffens. Herr Pfarrer Türk muß sich von schweren Erschöpfungszuständen erholen und weilt in Brunn bei Fischbach, Post Feucht, im Forsthaus.

[…] Mein Mann und ich haben nun seit einigen Wochen zwei Zimmer bei Profess. Meggendorfer, aber ohne Küche, sodaß wir Mittags immer auswärts gehen müssen und auch oftmals abends, was uns oft sehr schwer fällt.

Unsere Gerda wohnt mit ihrem Büble noch bei Siegfrieds Schwiegereltern, wo es beiden sehr gut geht. Wir sehen uns fast täglich. Siegfried steht in Südostschlesien und schreibt zuversichtlich. Albrecht ist wahrscheinlich in Klagenfurt; er und der Schwiegersohn konnten zur Taufe am 10. Febr. hier anwesend sein, was natürlich sehr schön war. […]

Ihre treuverbundene Clara v Scheurl


Jahresbericht 1944 und 1945 [S. 133 ff.]

[…] Ein sehr anregender Abend führte die Hörer am 12. Mai [1944] in sei­nem 1. Teil in die Gründungszeit des Ordens, der 1944 auf sein 300jähriges Bestehen zurückschauen kann. Georg Türk las einige teilweise sehr anmutige und zierliche Schäfergedichte von Sigmund von Birken. Eine liebenswürdige Erzählung Türks „Snabolo“ vom Verfasser eindrucksvoll vorgelesen, füllte den weiteren Abend aus. […]

Am 14. Juni traf sich die Vorstandschaft bei Herrn Pfarrer Türk mit Herrn Professor Döbereiner, um nun der Gestaltung eines größeren Festabends zur 300 Jahrfeier, die für den Herbst oder frühen Winter geplant war, näher zu tre­ten. Döbereiners Vorschlag war […] mit seinem Chor das Fest zu umrahmen, daß man mit einem kurzen Instrumentalstück von Johann Staden beginnen möge, anschließend einen mehrstimmigen Chor bringen würde, dann käme ein kurzer Vortrag des Ordensvorstehers über den Blumenorden, hierauf soll­ten Teile aus „Seelewig“ von Ph. Harsdörfer […] gesungen werden […] und endlich sollte ein Madrigalchor von Staden „Der Kuckuck und die Nachtigall“ gesungen werden. […]

Doch, die ernste Kriegszeit […] führten bald zu der Überzeugung, daß von einer Feier mit größeren Darbietungen und in großem Rahmen nicht die Rede sein könne. […] und die Feier ganz schlicht und bescheiden in den Advents­abend einzubauen. […]

Sehr dankbar waren alle Teilnehmer, daß die würdige Feierstunde ohne irgend­welche Störung durch Fliegervorwarnung durchgeführt werden konnte. […]

Aber auch nachdem das Kriegsgeschehen gegen Ende April für unsere arme, zerstörte Stadt zu schmerzlichem Abschluß gekommen war, konnte von Versammlungen und Vorträgen nicht die Rede sein, da selbstverständlich erst die Genehmigung zu diesen wie überhaupt zur Weiterführung unserer Vereini­gung von der Militärregierung gegeben sein mußte […]

Sophie von Praun

Schriftführerin



Neuanfang



Fischbach, bei Nürnberg, Hs. 7.19. 11. 45

Sehr verehrter Herr Professor!

Unser lieber Herr Trost hat den guten Gedanken einer Adventfeier im Peg­nesischen Blumenorden angeregt. Wir haben darüber auch mit Herrn Pfarrer Türk gesprochen, der gleich meiner Frau und mir der Idee an sich lebhaft zustimmt. Leider stehen der Ausführung starke Hemmnisse entgegen. Bei den derzeitigen Verkehrsverhältnissen in Verbindung mit der Unterkunft können wir nach Verlust unserer Nürnberger Wohnungen zu unserem Schmerz nicht teilnehmen. Übrigens ist dazu noch die Genehmigung der Militär-Regierung erforderlich. Dann die Frage, wo könnte der Abend — bzw. Nachmittag — stattfinden? Wer von den Mitgliedern könnte geladen werden u. würde er die Einladung erhalten u. wann? Würden sich uns Unerreichbare nicht irrtümli­cherweise zurückgesetzt fühlen?

[…] Nun leben sie mit Ihrer sehr verehrten Frau Gemahlin wohl und grüßen Sie Alle aufs herzlichste!

Ihr sehr ergebener

Eberhard v. Scheurl und Frau


5. Dez. 1945 [hektographierter Papierstreifen]

Pegnesischer Blumenorden.

Wir laden Sie zu einer Besprechung in kleinstem Kreis mit Ihren Angehörigen ein. Am Sonntag, den 9. Dez. um 15 Uhr kommen wir im Hause Johannis-Mühlgasse 2a/III bei Frl. von Praun zusammen. Es gibt manches zu beraten. Wir bleiben bis etwa 17 ½ Uhr. Es wird Tee gereicht. Brot möge sich jeder für den eigenen Bedarf mitbringen.

Mit besten Grüssen

Sophie von Praun, die um Antwort bittet. Wilh. Schmidt und Frau.

Die Lesebücherei des Ordens, welche seither Herr Pfarrer Türk verwaltete, ist grösstenteils gerettet. Leider kann vorläufig nur ein einziges Verzeichnis auf dem laufenden Bestand ergänzt gehalten werden. Bücher können bei mir bestellt und nach einigen Tagen abgeholt werden. […]



Am Christlichen knüpft man an


Fischbach bei Nürnberg 6. 1. 46

Sehr verehrter Herr Professor [Wilhelm Schmidt]!


In diesen Tagen habe ich ein Schreiben des Dekans der Juristischen Fakul­tät der Universität Erlangen erhalten, wonach ich vom 15. 1. 46 an meine Tätigkeit als Honorarprofessor für bayrisches Verwaltungsrecht in dieser Fakultät ausübe. Ich bin schriftlich davon in Kenntnis gesetzt worden, daß mich die Militärregierung in meiner Diensteseigenschaft bestätigt hat. Das bayrische Verwaltungsrecht ist jetzt in der Zeit des Übergangs und des Wie­deraufbaus für mich eine äußerst umfassende und schwierige Aufgabe, zumal ich meine gesamte juristische Bibliothek und meine wissenschaftlichen Auf­zeichnungen aus einer Reihe von Jahrzehnten fast restlos verloren habe und nun Kommentare, Systeme, Entscheidungssammlungen und Gesetzblätter bei Buchhandlungen und Bibliotheken zusammen bringen muß, die vielfach selbst nichts mehr haben.


Ich stehe nun im 73. Lebensjahr und muß nach der Zerstörung meines Wohnhauses in Nürnberg nun in Fischbach bleiben. Die Verkehrsverhältnisse, die nächtliche Ankunft in Fischbach und der unbeleuchtete Heimweg vom Fischbacher Bahnhof machen, zumal im Winter, rechtzeitigen und regelmäßi­gen Besuch, auch aus gesundheitlichen Gründen, unmöglich.


Sie werden es sicher begreiflich finden, wenn ich nun mein Amt im Pegne­sischen Blumenorden niederlege. Ich scheide also auch für die nunmehrige Anmeldung der Ordensvorstandschaft aus. Daß ich, soweit möglich, als einfa­ches Mitglied mit lebhaftem Interesse weiterhin am Ordensleben teilnehmen werde, besonders wenn ich später einmal beruflich entlastet sein werde, brau­che ich kaum zu versichern.

[…] Ich bin mit Ihren Ausführungen bezüglich der Satzung vollkommen einverstanden.


[…] E.v.Scheurl


Sie haben sicher die Güte, den Anmeldungstermin vom 12. 1. 46 wahrzuneh­men für den Orden. Meine Frau und ich kommen, morgen, Mittwoch, 9. 1. 46, mit dem mit dem hier um ½ 2 Uhr abfahrenden Zug nach Nürnberg und erlauben uns dann gleich, sie zu besuchen. Da können wir dann alles besprechen.10

Es war schon sehr unkomfortabel, was die Familie v. Scheurl durchmachen mußte, aber wenigstens mußten sie nicht im Keller eines zerbombten Mietshau­ses vegetieren, und eine Beschäftigung im Hochschuldienst winkte auch bereits, ohne daß viele Fragen wegen Parteizugehörigkeit u. dgl. gestellt worden wären.



Die Vortragstätigkeit wurde wieder aufgenommen:


„1946. Im Januar in kleinem Kreis bei Frl. v. Praun: Wilh. Schmidt: Dich­tung und Wahrheit über Gustav Adolfs Page.


Vermögen des PEGNESISCHEN BLUMENORDENS (gegründet 1644.)

Auf Postsparbuch Nr. 2.350.371 angelegt 1750 M

(Darin enthaltene Rücklagen für Druck der Festschrift 1944, der Satzungen und des Mitgliederverzeichnisses, sowie für Instandsetzung des Irrhains)

Kassenbestand am 1. 1. 1945     15,09 M

————

1765,09 M


In Verwahrung des Germanischen Museums drei Ordenshumpen und ver­schiedene kleinere Kunstgegenstände, ferner das grosse Ordensbuch mit den Bildern der Vorstände bis 1886.

In Verwahrung des Stadtarchivs in 125 grossen Aktenbündeln geschicht­lich wertvolle Briefe, alte Druckschriften u.s.w.

(Ein kleinerer Teil mit Doppelstücken und weniger wertvollen Akten ist im Pellerhaus verbrannt.)

In Verwahrung der Stadtbibliothek über 100 Bände besonders wertvolle Bücher. (Die Hauptmasse von mehr als 2500 Bänden ist in der Burgstrasse verbrannt.) [Dort befand sich im ehemaligen Dominikanerkloster eine Neben­stelle der Stadtbibliothek.]

Hand- und Lesebücherei von etwa 400 Bänden.

Nürnberg, den 5. Januar 1946.

Der Ordens-Schatzmeister Wilh. Schmidt Stud. Prof i. R.



Schwabach, den 18. Jan. 1946.

Sehr geehrter Herr Professor [Wilhelm Schmidt]!


[…] Gewiß zum Bedauern des ganzen Ordens hat Herr Baron v. Scheurl sein Amt niedergelegt und mir den Vorsitz des Ordens zugedacht. Sie sollen dann an meine Stelle treten. So ehrenvoll das Angebot für mich ist, kann ich es doch nicht annehmen. Da meine Wohnung am Albrecht-Dürer-Platz in absehbarer Zeit nicht gerichtet werden kann und mein Pfarrsprengel fast gänzlich verödet ist, werde ich nicht nach Nürnberg zurückkehren, sondern mich um eine Land­stelle bewerben. Zur Zeit habe ich den Dekan von Schwabach vorübergehend zu vertreten, werde dann (vielleicht Anfang März) nach Brunn zurückkehren, um Leinburg solange zu versehen, bis ich eine neue Pfarrstelle erhalten habe und meinen Wohnsitz in Nürnberg endgültig aufgebe. Ist es soweit, muß ich natürlich auch von meinem Posten als stellvertr. Ordenspräses zurücktreten. Unter den obwaltenden Umständen kann ich ebenso natürlich nicht Ordensprä­ses werden. Ich habe Herrn Baron von dieser Sachlage Kenntnis gegeben.


Es wird das Beste sein — diesen Rat teilte ich ebenfalls Herrn Baron mit —, wenn wir (ich denke an Herrn Baron, Sie, Frl. v. Praun, Trost und mich) an einem Sonntag-Nachmittag — am 10. Februar bin ich dienstlich verhin­dert! — zusammenkommen, um aus der gegenwärtigen mißlichen Enge einen Ausweg zu finden. Der furchtbare Krieg hat viel Übles verursacht; er ist auch schuld, wenn jetzt die beiden Vorstände des Ordens zurücktreten müssen. Aber der „Mummelgreis“ — das ist wenigstens meine Meinung — muß wei­terleben allen Widerständen zum Trotz! [Er meint den Orden.]


Es ist sehr dankenswert, daß Sie sich um die Bücherei so tatkräftig ange­nommen haben, auch dafür sorgten, daß der Schrank repariert wurde. Eine Reihe von Büchern, die 1933 ausgemerzt wurden, habe ich aufgehoben. Ich werde sie gelegentlich zu weiterem Gebrauch zurückgeben.


Mit herzlichen Grüßen auch an die Frau Gemahlin!

Ihr Gg. Türk […]



Nürnberg, 7. März 1946.

An die Polizeidirektion Nürnberg.

Betreff: Hauptversammlung.


Der Pegnesische Blumenorden (Literarischer Verein, gestiftet 1644) beab­sichtigt, am Samstag, 30. März seine ordentliche Hauptversammlung in der Gaststätte Krokodil, Weintraubengasse, von ½ 5 Uhr ab zu halten mit der Tagesordnung:

1. Jahresbericht,

2. Regelung der Satzungen,

3. Wahl der Vorstandschaft.

Um gütige Genehmigung wird gebeten.


Wilh. Schmidt.


[Die Genehmigung wurde mit gleichem Datum erteilt.]


Dr. Heinz von Plänckner […] am 16. März 1946 […]

Sehr geehrter Herr Professor!


Der Vorschlag, den Vorsitz im Pegnesischen Blumenorden zu übernehmen, hat mich geehrt und als Aufgabe gefreut. Aber je länger ich es mir überlege, umso weniger sehe ich eine Möglichkeit, die Aufgabe zufriedenstellend zu lösen.


Es herrscht Klarheit und Einverständnis und war auch die Triebfeder, an mich heranzutreten, dass eine bedeutende Auffrischung des Mitgliederbestandes erste Voraussetzung für einen Wiederaufbau des Ordens ist. Nur auf einer brei­ten Grundlage kann er wirklich lebensfähig sein. Man darf heute auch nicht übersehen, dass die wirtschaftliche Belastung für die Befriedigung kultureller Bedürfnisse wenig Mittel lassen wird. Nur eine breite Basis kann ihm aber auch Lebensberechtigung geben. Es ist meine Ueberzeugung, dass es notwendig ist und besonders im Interesse der in dieser Beziehung stiefmütterlich behandelten Jugend, dem geistigen Leben der Deutschen wieder Bewegung einzuflössen.


Wenn der Orden in den Dienst einer solchen Aufgabe gestellt werden und gleichzeitig die trotz des Umfanges des Gebietes schmale Grundlage der Lite­ratur beibehalten soll, dann braucht er ein reges Leben. Darum halte ich es für notwendig, alle 8 bis 14 Tage Veranstaltungen abzuhalten, und zwar als öffentliche. denn Mitglieder kann ich unter jetzigen Menschen nur dann erfolgreich werben, wenn ich viel biete. Der junge Mensch sucht doch bis zum 30. Jahre Führung und Halt und will sich erst einen persönlichen Besitz an eigenen geistigen Erkenntnissen schaffen. Er ist nicht bloss interessiert und gar nicht tolerant, er will sich vielmehr stets persönlich angesprochen fühlen. Was die Durchführung so schwierig macht, ist auch der rein äusserliche Umstand der Raumfrage. Ein eigener oder irgendwie kostenlos zur Verfügung gestellter Raum fehlt, die Zahl der Mitglieder ist ungenügend, folglich müssen neben die Beiträge die Eintrittsgelder als sichere Einnahmequelle treten. Man braucht allerdings nicht gleich einen grossen Raum, umso dringlicher aber ist die Lebendigkeit und der Umfang der Leistung. Wird diese geschaffen, findet sich wohl das übrige. Sie verlangt, dass ein Stamm von Kräften vorhanden ist und — damit muss gerechnet werden — finanziert werden kann!


Sie sehen, wenn man dem Orden die Stellung verschaffen will, die ihm zukommt und ihm als Aufgabe auferlegt ist, dass dies mindestens für das erste Jahr mit solchem Arbeitsaufwand verbunden ist, den ich mir zu übernehmen nicht getraue. Vorläufig habe ich beruflich so sehr zu kämpfen, um mir eine Existenz zu gründen, dass mir für soetwas nicht genügend Zeit und Kraft bleibt.


Mit den besten Empfehlungen, auch an Ihre verehrte Frau Gemahlin ver­bleibe ich

Ihr ergebener H Plänckner



Ordentliche Hauptversammlung 30. III. 1946 4 ½ Uhr


[Die Teilnehmerliste von 23 Personen enthält außer den zu erwartenden Namen auch:]

Hedwig v. Harsdorf in Vertretung der Familie

Dr. Günter Reubel


[…] Das Ordensarchiv, das im Pellerhaus untergebracht war, wurde von Professor Schmidt durchgesehen, in eine gewisse Ordnung gebracht, um dann größtenteils luftangriffssicher untergebracht zu werden im Bankhaus Kohn. Der Rest ist im Pellerhaus verbrannt; bedauerlich ist, daß darunter auch etwa 100 Stk. der Festschrift von 1894 sind. In der Stadtbücherei ist alles bis auf 150 Bände zugrunde gegangen. Diese sind mehr nach dem Bücherwert als nach dem Wert für den Orden ausgewählt gewesen. […]


Professor Schmidt hält folgende Änderungen der Satzungen für gegeben:

1) Die Bestimmungen über den Ausschluß zu streichen

2) Vorstand und Ordensräte können auch noch ein anderes Amt übertragen bekommen.

[…] Über den Vorschlag: Alle Bestimmungen über den Ausschuß sind zu streichen, wurde abgestimmt und der Vorschlag einstimmig angenommen. […]


Zu Punkt 2: Wahl der Vorstandschaft nimmt Freiherr von Scheurl zunächst das Wort, nachdem Professor Schmidt mitgeteilt hat, daß Freiherr von Scheurl den Vorsitz niedergelegt und als 1. Vorsitzenden Pfarrer Türk, als 2. Professor Schmidt und als Ordensräte Frdr. Trost, Dr. Thoma u. Pf. Türk bestimmt hat. Freiherr von Scheurl erklärt, daß es ihm ein schwerer Entschluß war, den Vor­sitz niederzulegen. Vor allem sei es ihm, nachdem er in Fischbach wohne, unmöglich, ihn weiterzuführen.

[…] Dr. Kreiner dankt Freiherrn von Scheurl im Namen des Ordens für alle seine Verdienste. Ein ganz besonderes sei es gewesen, die Adventsfeiern eingeführt zu haben. […]

[Pfarrer Türk:] Aber nun sei es anzunehmen, daß er als Pfarrer auf dem Lande lande. Deshalb könne er auch die Vorstandschaft nicht übernehmen. […]

Professor Schmidt sagt, […] Die zurückgetretenen Vorsitzenden wurden immer zu Ehrenvorsitzenden ernannt. Er macht den Vorschlag, Freiherrn von Scheurl zum Ehrenvorsitzenden zu ernennen. Der Vorschlag wird einstimmig angenommen. […]

Zum 1. Vorsitzenden wird Herr Dr. Max Schneider vorgeschlagen, der vor dem 1. Weltkrieg dem Orden schon als Schriftführer dankenswerter Weise Zeit und Kraft opferte. Zettelwahl ergab eine nahezu einstimmige Wahl Dr. Schneiders.

Zum 2. Vorsitzenden wurde Dr. Alfred Thoma vorgeschlagen. Zettelwahl ergab auch hier die nahezu einstimmige Wahl Dr. Thomas.

Dr. Max Schneider, der nicht anwesend ist, hat sich schon bereit erklärt, die allenfallsige Wahl anzunehmen. […]


Der Kassenbericht lautet:

Einnahmen […] 1452,05

Ausgaben […] Irrhain 296, 30 [gesamt:] 1156,72 […]



Marktleuthen/Oberfr. 29. März 1946

Lieber Herr Professor!


[Entschuldigung, daß er nicht auf die Hauptversammlung kommen kann. Seine Frau ist an einem Herzleiden gestorben, er ist auch herzkrank.] Im Sep­tember 1945 sind wir auf die dringende Einladung meines Schwagers […] hierher […] gezogen […] Zunächst möchte ich, soweit das möglich ist, noch meiner Tochter in Gera, welche alles verloren hat, behilflich sein, mit ihrem Mann herauszukommen […] Mein ältester Sohn kommt ab 1. Mai wieder als Pfarrer nach Augsburg zurück, mein jüngster ist Rechtsanwalt in Nürnberg […] Dass Herr von Scheurl im vorigen Jahr meine Frau und mich zu Ehren­mitgliedern des P.Bl.O. ernannt hat, machte uns große Freude; ich hatte das für mich, ganz offen gesagt, nicht mehr erwartet, nachdem man sich solange Zeit dazu gelassen hatte. […] Herr Baron wird ja wohl auch sein altes Haus verloren haben und am Ende stehen auch die andern vor Ruinen und möchten am liebsten über den Trümmerhaufen, der einstens das Schatzkästlein eines herrlichen Deutschlands geheissen hat, weinen wie Jeremias über die Ruinen Jerusalems. Ja, dass die übermütig gewordene Stadt der Reichsparteitage kein gutes Ende nehmen werde, das habe ich geahnt und vorausgesagt. […] Ich verstand nur immer nicht, und verstehe es heute erst recht nicht, wie gebildete Deutsche, die doch besser hätten durchschauen sollen, sich es [Satzbruch] von einer plötzlich in Erscheinung getretenen Partei, deren Führer ein gutes Maul, aber sonst nichts als seinen Wahnsinn hatte und der sich fast ausschließlich ungebildete, unbekannte, zweideutige Menschen als Mitarbeiter ausgesucht hatte, ohne Widerspruch verblenden, vergewaltigen, dumm machen lassen konnten. Sie meinten, mit unserem Herrgott und mit seiner Kirche fertig wer­den zu können. […]


Und nun seien Sie mit Ihrer Gattin Gott befohlen und freundlichst gegrüßt von Ihrem

tiefes Leid tragenden Dr. Behringer



„Anmut und Schönheit“ Dr. Arthur Kreiner

[Er spricht sich gegen Schönheitswettbewerbe und Schminken und das klassizistische Ideal von Regelmäßigkeit der Gesichtszüge aus, zugunsten von Natur und altdeutscher Kunstauffassung. …]

Damit kommen wir tatsächlich zur entscheidenden Frage, nämlich der nach der Rangordnung der Werte.

Diese Frage lautet, ob wir jene demagogischen Existenzen dulden wollen, die aufgrund ihrer zweifelhaften mittelmäßigen Begabung die Triebhaftigkeit in den Massen ansprechen und aufpeitschen und zu einem nicht mehr zu bän­digenden Strom von blindem Fanatismus zusammenballen, oder ob wir Per­sönlichkeiten von höchster geistiger Zucht und klarer Menschlichkeit wollen, die eine Politik der Vernunft machen. Die Entscheidung dieser Frage hängt von uns selbst und unserem Bewußtsein ab. Kein Verführer wird noch einmal Macht über uns gewinnen, wenn wir nach klaren menschlichen Prinzipien wachsam sind. […] und damit stehen wir paradoxerweise wieder vor der Frage nach der Gleichheit der Menschen.

Einen Fehler dürfen wir nicht begehen. Wir dürfen nicht Gleichheit mit Identität verwechseln. […]



Nürnberg, 15. April 1946

[…] Der Pegnesische Blumenorden beabsichtigt, am Samstag, 27. April 1946 in der Gaststätte Krokodil, Weintraubengasse, von 16 ½ bis etwa 19 ½ Uhr eine Mitgliederversammlung abzuhalten mit der Tagesordnung:

1. Mitteilungen, Wünsche und Anträge

2. Die deutsche Ballade. Einführung: Dr. Max Schneider. Auswahl von Balladen aus verschiedener Zeit: Frau Paula Schneider-Höllfritsch.

Um gütige Genehmigung wird gebeten.

Die Vorstandschaft

i.A. Wilh. Schmidt



Nürnberg, den 3. Mai 1946. […]

Sehr geehrter Herr Professor [Wilhelm Schmidt]!


Im Besitze Ihres Briefes vom 30. v.M. danke ich für Ihre Mitteilungen. Mein Fragebogen liegt der Militärregierung in mehr als einem Exemplar bereits vor und ist dort wiederholt geprüft worden, bevor ich zum Leiter des Arbeitsamtes bestellt und als Anwalt neu zugelassen und vereidigt worden war.

Es wäre mir sehr erwünscht, wenn ich mit Ihnen bald über die beiden nächsten Veranstaltungen des Ordens sprechen könnte. Vielleicht darf ich Sie bitten, nächsten Montag, den 6. Mai abends 6 Uhr, mich in meiner Wohnung zu besuchen? Für Ihr Entgegenkommen, um welches ich im Hinblick auf meine grosse anderweitige Inanspruchnahme gebeten haben möchte, danke ich im Voraus.


Mit bestem Gruss!

Ihr sehr ergebener!

Schneider



Nürnberg, den 10. Mai 1946.

[Schneider an Schmidt]


Wie ich heute ermittelt habe, ist der Saal, der zur Wirtschaft „Klosterstube goldenes Kleeblatt“ in der Zirkelschmiedsgasse gehört, etwa 100 Personen fasst und ein Klavier enthält, […] am 29. Juni verfügbar. […] Für das Pro­gramm […] schlage ich folgende Fassung vor:


Carl Maria von Weber

Vortrag des Herrn Univers.Prof. Dr. Eberhard Freiherr von Scheuerl [sic]

Lieder, Arien und Duett,

gesungen von Dr. Eva-Maria Funk-Schneider, Sopran, und Huldreich List, Tenor. […]


Als neue Mitglieder haben sich bei mir gemeldet:

Dr. Günther Troche, Direktor des germanischen Nationalmuseums, […]

Dr. Walter Weidner, Hauptschriftleiter, Deutenbach über Stein bei Nürnberg.

Frl. Gertrud Fleischmann, Vortragskünstlerin, Schweinauer Str. 41.

Frau Dr. Eva-Maria Funk-Schneider, Schilfstr. 11

Herrn Direktor Dr. Troche wurde die Ernennung zum Ordensrat zugesagt.

[…]



Nürnberg, 16. Mai 1946

[…] Der Pegnesische Blumenorden beabsichtigt nachstehende Veranstal­tungen abzuhalten:


Samstag, 25. Mai im sog. Weinzimmer der Gaststätte Krokodil, Weintrau­bengasse, von 16 ½ bis etwa 19 ½ Uhr:

Mitgliederversammlung mit der Tagesordnung:

1. Vortrag von Prof. Wilh. Schmidt: Aus der Geschichte des Pegnesischen Irrhains.

2. Vortrag von Hauptschriftleiter Dr. Weidner über Baroke [sic] Lyrik.



Vortrag über Poetenwäldchen und Irrhain 23. [sic] 5. 46.

Das Poetenwäldchen


Bis vor wenigen Monaten konnte man beim Südende der Johannisbrücke noch kleine Wassertümpel im Waisenhausgarten beobachten. Der Orts- und Geschichtskundige erkannte in ihnen die letzten Spuren des „Poeten­wäldchens“, des Versammlungsortes der „Pegnitzschäfer“ vor Schaffung des Irrhains. Durch die Flussregulierung, den Bau der Johannisbrücke und die Willstraße waren nur diese geringen Spuren übrig geblieben. Schon das Poe­tenwäldchen war nur der Rest des von Albrecht Dürer wiederholt dargestell­ten Weiherhauses, das im dreiszigjährigen Krieg durch die „Bärenschanze“ zerstört worden ist. Jetzt sind durch die Auffüllung des Waisenhausgartens mit Trümmerschutt die letzten Spuren dieser geschichtlich merkwürdigen Stätten verschwunden wie so vieles andere. W.S.



Wunsiedel, Sommerwende 1946

Frau Aja, unserm allverehrten Pegnesenvater und Herrn „Oberkirchenrat“ verehrungsvollste Empfehlung zuvor!

Hochgeehrtes, liebes gnädiges Fräulein!


Herzlichsten Dank für Ihre gütige invitatio zum 29. Juni.

Wie gerne hätte ich den geistvollen, lebendigen und eigenwüchsigen Vor­trag „unseres“ Herrn Baron über meinen geliebten Carl Maria gehört. Es ist eine merkwürdige Coinzidenz (oder Telepathie?), daß ich jüngst einen Auf­satz schrieb, in dem ich nachwies, daß Carl Maria von Weber in einem verru­fenen Schmugglerwirtshaus im Bayerischen Böhmischen Wald auf seiner Reise nach Prag zur Uraufführung seines Erstlingswerkes „Silvana“ […] das Motiv seines Samiel im „Freischütz“ fand.


Und auch den glockenhellen, innig beseelten Sopran des göttlichen „Fünk­leins“ und das huldreiche ,Groß Macht und viel List’ muß ich leider versäu­men. Ich bin zwar nicht Alkalde in der Jean-Paul-Stadt, wie eine von mir ver­geblich dementierte Falschmeldung der ,Neuen Zeitung’ besagte, aber als Nicht-Pg [„Parteigenosse“ der Nazis] mit allerlei Ämtern und Verantwortun­gen in Oberfranken betraut, daß ich unmöglich abkommen kann.


Ein glückhaftes Omen: Sicherlich wird im „Goldenen Kleeblatt“ das Glück der Pegnesen ge“zirkelt“ und ge“schmiedet“. Nomina sunt omina.


Beiliegende Kleinigkeit — als Spitzwegpoet sammelt man keine Schätze „für den Hansel“.

Nun nach dem Scherz der offizielle Ernst:


Ich bitte die Ordensleitung, ehrerbietigst, mich als auswärtiges Mitglied gütigst zu führen und die Versammlung aufs herzlichste von mir zu grüßen.


Mit besten Empfehlungen

Stets Ihr ergebenster treuer Ordensbruder Herold.


Wohin ich schau’, was seh’ ich da:

ganz Franken Klein-Amerika.

Doch eines freut mich, meine Lieben,

Die Herzen, die sind deutsch geblieben.

Deutsches Volk, du kannst wohl sinken,

Doch versinken kannst du nicht.

Und wenn wir untergehen,

Wir werden auferstehen.

E.H.



Wunsiedel, 4. Juli 1946.

Ihrer lieben Gattin verehrungsvollste Empfehlungen zuvor!

Liebster Herr Kollege und vorbildlicher Chronikus!


[Wegen scheinbarer Unzustellbarkeit des vorigen Briefes und des Gratula­tionsbriefes der Pegnesen zu seinem 60sten.]

1. Ich werde mir die Ehre geben, all meine fürderhin erscheinenden Druck­schriften der Bücherei des Ordens zu stiften. Nun da der Nazi-Boykott gegen mich gefallen ist, kann ich wieder ungehemmt publizieren. (Ich habe über diese peinliche Angelegenheit niemals ein Wort verlauten lassen; — in einer belagerten Festung meckert man nicht — aber glauben Sie mir, sehr verehrter Herr Kollege, ich wurde en canaille behandelt, und galt als urreaktionär.)


2. Sobald es meine Zeit erlaubt — bis jetzt habe ich alle Berufungen auf verantwortungsvolle Posten im kulturellen Sektor kompromißlos abgelehnt, mit dem Hinweis auf Schillers „Wallenstein“ „Du steigst durch seinen Fall, Oktavio, das will mir nicht gefallen!“; aber München läßt nicht locker und so werde ich schließlich doch noch „dran glauben müssen“ — stelle ich mich unserm allverehrten Herrn Baron für einen ev[entuellen] Vortrag oder eine Lesung zur Verfügung.


3. Auch materiell werde ich nicht versäumen, von Zeit zu Zeit mein bescheiden Scherflein zu stiften.

In summa:

Ich stehe als „Mitglied der Pegnesen“ keineswegs nur auf dem Papier. Ich bleibe „aktiv“.

Es wird Sie vielleicht interessieren, daß ich mit Ernst Wiechert in den Bei­rat des neugegründeten „Bayerischen Autorenausschusses“ berufen wurde. (Die Organisation ist erst im Aufbau.)

Wann wird Ihre famose Chronik gedruckt?


Mit herzlichsten Grüßen, auch an unsere beiden Ordenskomture

Ihr getreuer Pegnese Herold. […]



Den Nazis galt er wahrscheinlich als Erzkonservativer, der sich dem „neuen“ Deutschland nicht ausliefern wollte. Ähnliche Einschätzungen haben seither den Orden und einzelne Pegnesen von anderer Seite betroffen.


Daß allmählich die Zahl der öffentlichen Veranstaltungen wieder anstieg, ist aus vier Briefen der Schriftführerin an WILHELM SCHMIDT zu ersehen, die zwi­schen 14. Juni und 9. Juli 1946 abgeschickt wurden. Sie betreffen den Tod Gerhart Hauptmanns, einen Vortrag provençalischer Lyrik durch die Rezitato­rin Verena von Jerin und die Aufnahme eines Kaufmanns und Fabrikanten namens Goldmann wegen seiner Anwesenheit in zwei Veranstaltungen.



21. Juli 1946

[…] Sehr geehrter Herr Professor [Wilhelm Schmidt]!


Zur Aufnahme in den Pegnesischen Blumenorden hat sich der Chemiker Herr Dr. Alfred Schmidt, Lehrer am Ohm-Polytechnikum, Vorstand der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft in Nürnberg, Adamstr. 60, gemeldet. Ich bitte Sie, das Weitere veranlassen zu wollen.


Herr Dr. Schmidt, Herr Direktor Dr. Solleder und die andern Personen, die ich in Vorschlag gebracht habe, sind politisch unbelastet. Selbstverständlich habe ich mich davon überzeugt, bevor ich ihre Aufnahme in Erwägung gezo­gen habe. Es ist nach meiner Meinung unumgänglich, daß der Blumenorden von Angehörigen der Nazi-Partei und von sonstigen Personen, die der Nazi-Bewegung sich angeschlossen oder zur Nazi-Zeit sich hervorgetan haben, freigehalten werden muß. Deshalb haben wir darauf zu sehen, daß jeder Neu­aufnahme eine sorgfältige Unterrichtung über die politische Vergangenheit der Bewerber vorangeht.


Wie es sich bei den bisherigen Mitgliedern in dieser Beziehung verhält, weiß ich allerdings nicht. Ist eine Art „Entnazifizierung“ bereits durchgeführt worden? Wenn das nicht geschehen ist, so wird wohl jetzt etwas getan werden müssen. Ich bitte Sie, die Angelegenheit aufgrund Ihrer Personenkenntnis überlegen zu wollen, und wäre Ihnen dankbar, wenn Sie demnächst mit mir darüber sprechen wollten, damit wir gegebenenfalls die Sache anschließend in einer Ordensratsitzung zur Erörterung bringen können.


Herzlichen Gruß von Haus zu Haus!

Ihr

Max Schneider



Nürnberg, den 3. September 1946

[…] Sehr geehrter Herr Professor!


Zu der Frage, wie die Säuberung der kulturtragenden Vereine von national­sozialistischen Mitgliedern und Einflüssen durchzuführen ist, habe ich inzwi­schen an zuständiger Stelle erfahren, dass die Vorstandschaft verpflichtet ist, von sich aus zu handeln. Als Regel gilt vorläufig, dass nicht mehr Mitglied sein kann, wer nicht politisch wahlberechtigt ist.


Es ist daher notwendig, dass wir alsbald eine Vorstands- und Ordensratsit­zung veranstalten. Ich bitte, Herrn Dr. Thoma und die andern Herren zu ver­ständigen und mit Frl. von Praun zu sprechen, ob die Zusammenkunft wieder in ihrer Wohnung stattfinden kann. […]



Nürnberg, den 30. Oktober 46

Lieber Herr Professor!


Ich bitte Sie, für nächsten Montag, den 4. 11. 46, eine Ordensratsitzung einberufen und Frl. von Praun um Aufnahme in ihrer Wohnung bitten zu wol­len. […]


In der Sitzung möchte ich über die Vorbereitung der Gerhart-Hauptmann-Gedächtnisfeier berichten und die erforderliche Herausstellung von 7 Mitglie­dern, die als politische Vertreter des Ordens zu präsentieren sind, in die Wege leiten.


Die Gerhart-Hauptmann-Feier wird voraussichtlich am 14. November ver­anstaltet werden können. Ausser Herrn Univ.-Prof Prang will auch Herr Gene­ralintendant Iltz sich beteiligen. Für die Lesung von Bruchstücken aus Haupt­manns Bühnenwerken sind Frau Dr. von Plaenkner und Herr Figura, beide Schlesier, gewonnen und mit den Vorarbeiten schon beschäftigt. […]



Nürnberg, den 6. November 1946

[…] Sehr geehrter Herr Professor!


Da wir uns vorgestern auf dem Heimwege im Regen leider aus den Augen verloren haben, so gestatte ich mir, Ihnen und Ihrer Gattin hiemit im Voraus zu danken für die frdl. Bemühungen, die Sie für die Gerhart-Hauptmann-Gedächtnisfeier aufwenden werden. Ich bitte Sie, im Einvernehmen mit Herrn und Frau Landgerichtsdirektor Dr. Thoma handeln zu wollen.


Unter der Bezeichnung „Ehrenkarte“ sollen an der Abendkasse je 2 Pro­gramme zum unentgeltlichen Eintritt hinterlegt werden für:

Herrn Generalintendant Walter Bruno Iltz,

Herrn Amtsdirektor Dr. Raab,

Herrn Schuldirektor Barthel,

Frau Schuldirektor Dr. Lindauer,

Herrn Verleger und Hauptschriftleiter Dr. Drexel,

Herrn Verleger Karl Glock.

[…]



Fischbach bei Nürnberg 27. 11. 46

Sehr verehrter Herr Professor Schmidt!


Bei dem Herrn Heubeck in Neustadt/Aisch, den wir von unserer Neustäd­ter Zeit 1902/08 her als sehr braven und tüchtigen Mann kennen, haben wir die anliegenden Ehrenurkunden wieder erstellen lassen, nachdem die Origina­le im Text dem Luftangriff zum Opfer gefallen sind.


Würden Sie wohl die Güte haben, dem Herrn Heubeck 30 RM zu senden; seine Liquidation (s. anliegende Quittung) ist wirklich allzu bescheiden, was ihm Ehre macht, aber vom Orden ausgeglichen werden sollte. Bitte auch freundlichst die Urkunden den beiden Ehrenmitgliedern mit meinen Briefen senden zu wollen. […]

Der Verkehr mit Nürnberg ist jetzt nicht leicht, zumal für ältere Leute. Wir hatten neulich 2 Stunden Verspätung und meine Frau konnte gerade noch sich in den Zug zwängen, mir gelang es nicht mehr, sodaß ich auf den nächsten warten mußte.

[…] Ebhd. v. Scheurl mit Familie



Vorstandssitzung 22. XI. 46


[…] 1.) Das äußere (geldliche) Ergebnis des Gerhart Hauptmann Abends war gut.


2) Dr. Schneider dankt allen, die sich um das Zustandekommen und Gelin­gen des Abends verdient gemacht haben, vor allem auch den Damen Thoma u. Schmidt. […]


Dr. Schneider muß der M.[ilitär] R.[egierung] 5 unbelastete Mitglieder nennen (Schneider, Schmidt, Thoma, v. Praun, Trost werden genannt)



An Dr. GÜNTHER REUBEL dachte befremdlicherweise niemand.



EXKURS: Das Ende des demokratischen Stadtrates in Nürnberg 1933, Ansprache des Ltd. Archivdirektors Dr. GERHARD HIRSCHMANN in der Gedenksitzung am 27. April 1983. Material in „Quellen zur Nürnberger Geschichte“, Nr. 479.


Am 11. Juli 1983 dankte Dr. G. Hirschmann brieflich dem Redakteur des Sebaldus-Verlages, THEO REUBEL-CIANI, für die Überlassung von Kopien der einschlägigen Dokumente aus dem Nachlaß seines Vaters. Aus diesen geht hervor— sinngemäß und unter Verwendung einiger Formulierungen hier zitiert —, daß Dr. GÜNTHER REUBEL für die Bayerische Volkspartei Stadtrat war. In der Stadtratssitzung vom 24. Mai 1933 nahmen die Stadträte der SPD nicht mehr teil; KARL BRÖGER z.B. hatte „aus gesundheitlichen Gründen“ sein Mandat niedergelegt, nachdem er in einer Ältestenratssitzung auf seine Wei­gerung hin, der NSDAP beizutreten, von einem SA-Kommando unter Führung des Streicher-Adjutanten König verprügelt worden war. Doch die Stadträte der Bayerischen Volkspartei waren (mit Ausnahme von Anna Ulrich) erschienen, obwohl ihr Fraktionsvorsitzender Dr. Reubel zwi­schenzeitlich vorübergehend zweimal in „Schutzhaft“ genommen worden war. Vom 5. Juli 1933 liegt eine von Reubel eigenhändig unterschriebene Erklärung über seine Entlassung aus der Schutzhaft vor. Anna Ulrich war vor 1933 und dann wieder nach 1945 Vorsitzende des katholischen Frauenbundes Nürnberg.




MARIO REUBEL, Ordensmit­glied Nr. 1730, dem ich (der Ver­fasser, W. Kügel) diese Auf­schlüsse über seinen Großvater verdanke, fügte noch hinzu, daß ein Parteigenosse namens Georg Schwarz, der Pate Theo Reubel-Cianis, in seiner Eigenschaft als „Alter Kämpfer“ seinen Freund Günther Reubel freigebeten hatte, der sonst leicht wegen sei­ner Unbeirrbarkeit nach Dachau hätte kommen können. Ich per­sönlich erinnere mich an einen kleinen, fragil wirkenden Herrn, der beim Sonntagsgottesdienst in St. Martin regelmäßig zur Kom­munionbank zu gehen und mit geschürzten Lippen und gesenk­ten Augen in einer für meine kindlichen Begriffe seltsamen Bekundung von Frömmigkeit in seine Bank zurückzukehren pflegte. „Das ist der Direktor eines Gymnasiums, der Herr Reubel“, erklärte mein nicht halb so frommer Vater. Aber diejenigen der Nachkriegsgeneration, welche in den Abgrund geschaut und die Bestialität der Welt begriffen hatten, suchten wohl nur noch in der Religion ihren Halt.



Nürnberg, den 29. November 1946

[…] Sehr geehrter Herr Professor!


[…] Anbei überreiche ich Ihnen einen Lichtbildabdruck einer Bestätigung der Militärregierung, nach welcher ich nicht unter das Gesetz zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus falle, mit der Bitte um gfl. Weiter­leitung an Herrn Landgerichtsdirektor Dr. Thoma. […]


Dr. Max Schneider



Bernau am Chiemsee (Widderhof) 1. I. 47

Lieber u. verehrter Herr Professor [Wilhelm Schmidt],


Als Ihr Brief mit der Ehrenbürger-Urkunde in meine Hände kam, wollte ich umgehend meinen Dank u. meine Antwort folgen lassen […] Bitte sagen sie dem lb. alten Orden, daß die Freude groß war, als ich Schwarz auf Weiß — oder richtiger Sepiabraun auf Weiß [schlechte Papierqualität] — meinen Namen las, der nun auch in die Reihe derer eingefügt ist, die dem Orden nahe­standen u. ihn förderten. […] [Mitleid mit den Eltern, die Kinder im Krieg verloren haben:] Das sind Opfer für ein Mutterherz, die Wahnsinnstaten ver­schuldet haben. […] Haben Sie Weihnachten stimmungsvoll verbracht? Jedenfalls liegt nun ein Schatten auf den Freuden dieser Welt. […] Hier ist es schön zu leben. Die Natur ist herrlich, meine Arbeitskraft ist ungeschwächt u. aus München u. auch aus Bernau selbst kommen so viele Aufträge an mich heran, die mein künstlerisches Schaffen befruchten, so daß ich die letzten 5 Wochen fast jede Nacht bis 12 Uhr an meinem Arbeitstisch saß — so viel hatte ich zu zeichnen u. zu malen — in erster Linie auf dem Gebiet des Urkundenwesens, der Wappenkunde, der Miniaturmalerei auf Pergament, des Familienstammbaumes etc. etc. […] So gehe ich frohen Mutes meinem 82. Geburtstag und dem 48. Hochzeitstag entgegen. […]


Ihr treuergebener Ordensbruder Oscar Beringer.



Nürnberg, den 18. Dezember 1946 [Dr. Schneider an Wilhelm Schmidt]

Sehr geehrter Herr Professor!


Herr Prof. Dr. Prang erklärte seine Bereitwilligkeit, dem Pegnesischen Blumenorden beizutreten und bei weiteren Veranstaltungen des Ordens mitzu­wirken. Ich bitte, veranlassen zu wollen, dass über seine Aufnahme in der Januar-Mitgliederversammlung abgestimmt werde. […]


Herr Prof. Dr. Prang erbittet ein Honorar von RM 200.—und erbietet sich gleichzeitig, als „Aufnahmegebühr“ einen Vortrag über Goethes Westöstli­chen Divan zu halten. Ich bitte, Herrn Dr. Thoma zu benachrichtigen und, wenn Einverständnis besteht, den Betrag auf das Konto […] zu überweisen.

Da der Goethe-Vortrag wohl auch die ständigen Gäste und Freunde des Ordens interessieren dürfte, so möchte ich vorschlagen, den Vortrag im Febru­ar 1947 vor dem erweiterten Mitglieder- und Freundeskreis, nicht öffentlich, zu veranstalten. […]



Jahresbericht 1946


[…] Am 14. November trat der Orden zum 1. Mal seit 1927 wieder an die Öffentlichkeit. […] Dr. Prang […] schilderte in einem ausführlichen Vortrag die Hauptmannschen Frauengestalten, die kindlich-jugendlichen, die pfiffige, die dämonische, die märchenhafte, die kindlichfromme. […] Der Vortrag war trotz seines Umfangs vom Anfang bis zum Ende fesselnd. Darauf las Bruno Walter Iltz aus der Novelle „Der Ketzer von Solana“ packend — nur etwas zu lange. Anschließend lasen Dr. Eva v. Plänckner und Heinz Figura Szenen aus Dramen Gerhart Hauptmanns; dies war eine Stunde ernsten Genusses […]

Der Besuch der Vorträge war gut, einmal zählte die Berichterstatterin 70, bei der Adventsfeier auch annähernd so viele, einige Male etwa 25 und zwei­mal 50 Anwesende […]


Der Hansl hatte diesmal das stattliche Ergebnis von 203,56 M. Die Gesamteinnahmen des Jahres waren 1136,16 M, die Gesamtausgaben 720,95. Das Vermögen am 1. Jan. 1947 beträgt 2215,21 M, wovon auf die Dilherr’­sche Stiftung 900 M, auf die Förster’sche Stiftung 500 M, beide sind unan­greifbar, so daß frei verfügbar blieben 815,21 M.


Das Sorgenkind des Ordens ist vorläufig auch der Irrhain […] da durch die zerbrochenen und zum Teil gar nicht mehr vorhandenen Zaunteile eigentlich jedermann ungehindert Zutritt hat, wurde von dieser Möglichkeit reichlich Gebrauch gemacht und weggeschleppt was nur irgend ging. Kein Tisch und keine Bank sind mehr da […] die Hütten sind offensichtlich auch ganz als Brennholz verwendet worden, der sogenannte Keller steht noch. […]



Dies ist wohl so zu verstehen, daß die Bratwursthütte und die Hütten der Mit­glieder zerstört waren; die Hütte über dem Keller, die sogenannte Gerätehalle, ist jedoch auf einem Photo vom Windbruch 1960 noch zu sehen. (Hinter dem Baumstamm links von der Pumpe.)


Ordentliche Hauptversammlung Sonntag, d. 25. Januar 1947 nachm. 4 Uhr im Goldenen Kleeblatt, Zirkelschmiedsgasse



[18 Teilnehmer, darunter:]

Ida Junginger

Konrad Drescher-Haußen

Dr. Eva-Maria Funk-Schneider

[…]

2) […] Die Rechnung ist von Dr. Reubel geprüft und für richtig befunden worden. […] Für den Irrhain konnte fast nichts ausgegeben werden, da es an Material fehlt, hauptsächlich an Nägeln. […]


3) Anträge: I. Dr. Thoma schlägt vor, dem freien deutschen Hochstift in Frankfurt beizutreten, dem Zentralpunkt für deutsche Kultur. Der Jahresbei­trag würde wohl 10 M betragen. Der Beitritt wird beschlossen. […]


III. Wahl zur Ergänzung der Vorstandschaft: Der 1. u. 2. Ordensrat sollen je einen ortsansässigen Vertreter bekommen. Es werden gewählt Dr. von Plänck­ner als Vertreter für Dr. Artur Kreiner und Direktor Dr. Troche des Germ. Nationalmuseums als Vertreter für Friedrich Trost […] Die Wahlen sind ein­stimmig angenommen worden.

 

[…] Dr. Thoma wird auch gebeten, sich etwas um die Irrhainpflege anzuneh­men. […]



Kriegsschäden im Irrhain  — man kann zuweilen die Behauptung hören, daß beim Bombenabwurf auf Kraftshof im Jahre 1943 auch einige Tref­fer im Irrhain zu beklagen gewesen seien. Davon ist in den Akten aus der Nachkriegszeit nirgends die Rede. Wohl aber von mutwilligen Zerstörungen, deren Täter nicht weit vom Ort zu suchen sein dürften.



Minimalreparaturen im Irrhain


Fürth, 21. 3. 46.

Sehr verehrtes Fräulein! [Offenbar an Sophie v. Praun gerichtet]


Dank für Ihr Brieflein u. Einladung. Wir werden wohl kommen können. Aber zum Irrhain gehen reicht weder Zeit noch Kraft. Der Zimmermann hat immer wieder ausgebessert u. in einer Woche gab es jedesmal wieder Lücken. Es hat vorläufig keinen Wert, mehr Geld daran zu wenden. Wenn es uns gesundheitlich besser gehen sollte, wollen wir schauen, ob wir einen Wagen hinaus bekommen können durch Fuhrwerk Günther. [Nachschrift:]


Der Irrhain ist bis auf d. Zaun in gutem Zustand und wir hoffen bald durch ein Fuhrwerk hinaus zu kommen. Ich habe d. Zimmermeister Siebentritt wie­derholt gebeten, im Irrhain nach dem Rechten zu schauen, ich weiß auch, daß er wiederholt den Zaun ausgebessert hat. Leider ist der Oberförster sehr schwer krank u. liegt H. Albrecht immer noch im Krankenhaus Fürth […] Auch habe ich veranlaßt, daß H. Siebentritt 10 oder 12 Ehrentafeln i. seinem Häusla über d. Winter aufbewahrte. […]



28. Jan. 1949

Sehr verehrter Herr Dr. [Thoma]!


Soeben erhalte ich von Frl. v. Praun die Nachricht:


„Heute Früh wurde ich durch die fernmündliche Nachricht von Herrn Pfar­rer Freymann (Kraftshof) schmerzlich überrascht, daß gestern oder heute Nacht [Fußnote: „d.h. am 26. oder Nacht 26/27.“] das schöne Gittertor des Irr­hains gestohlen wurde. Ich rief die Polizei Buch an, die von nichts wußte, auch nicht recht, wo der Irrhain eigentlich sei. Ich meine, wir sollten eine rich­tige Anzeige machen. Herrn Dr. Schneider habe ich noch nicht angerufen, werde es aber tun.“


Eine nette Bescherung! Ich begreife zwar nicht, was die Diebe mit dem schmiedeeisernen Gitter anfangen wollen. Sie können es nicht als Gitter ver­wenden, da sie sich dadurch verraten würden. Und als Alteisen hat es nicht viel Wert. Der Irrhain gehört nicht zum Stadtbezirk, sondern zum Forstbezirk Herrnhütte. Die städtische Polizei ist daher vielleicht gar nicht zuständig, son­dern das Forstamt und die Gendarmerie Fürth oder Erlangen!


Ich bin zur Zeit in Behandlung des Ohrenarztes und soll nicht viel ausgehen.


Beste Grüße von Haus zu Haus!

Ihr ergebener W. Schmidt.



Urgent

Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nürnberg-Fürth

An den Pegnesischen Blumenorden

z.H. Frau Sophie von Praun

[…]


Der Oberstaatsanwalt beim Landgerichte

Nürnberg-Fürth

German

Aktenzeichen: 1 Js 1118/49

13. Oktober 1949

Betreff: Diebstahl eines kunstschmiedeeisernen Tores in der Zeit vom 20.-23.1.49.

Bez.: Dortige Anzeige v. 27. 1. 49.

Ich habe das Verfahren eingestellt, da sich Anhaltspunkte, die zur Ermitt­lung der Täter hätten führen können, nicht ergeben haben.

I.A.

(Dr. Krauß)

Staatsanwalt



Lieber Freund!

[…Konzept Thomas vom 13. 3. 1950]

Im Orden will ich sachlich arbeiten. Mein jetziges Hauptanliegen ist der Irrhain. Ich habe mich mit einem Bauern ins Benehmen gesetzt. Es ist viel­leicht ohne allzuviel Geld möglich, ihn vorläufig mit Stacheldraht abzuschir­men. Ich habe festgestellt, dass der Zaun teilweise von Nachtbaren [sic] abge­tragen wurde um die anliegenden Gärten abzuzäunen und verhindert dass dies weiter geschieht. […]



Zeitungsausschnitt hs. datiert 8. 7. 50 Allgemeine Rundschau

Irrhainfest des Pegnesischen Blumenordens

Nach einer durch den 2. Weltkrieg und seine Nachwirkungen bedingten vieljährigen Pause fand am Sonntag, den 2. Juli, das Irrhainfest des Pegnesi­schen Blumenordens in ähnlicher Weise wie früher statt. […]

Ein Herold (Hans Joachim Foth) leitete das Fest durch Verlesung von Urkunden ein, in denen die Uebergabe des Irrhains an den Blumenorden fest­gelegt ist. Unter Vorantritt des Herolds und der ländlichen Musik fand hierauf der übliche Umzug durch den Hain statt, der in den letzten Wochen nicht nur eine neue Umzäunung bekommen hatte, sondern auch sonst mit vieler Mühe in Ordnung gebracht worden war. Auf dem sogenannten „Friedhof“ […] begrüßte der Ordensvorsitzende Dr. Alfred Thoma zunächst die Gäste und Mitglieder herzlich, unter ersteren die Vertreter der Universität Erlangen, des Stadtrats Nürnberg, des Landesforstamtes und verschiedener kultureller Verei­ne. Seine ernste Ansprache gipfelte in dem Satz, daß nur ein christlicher Humanismus Deutschland retten könne. […] Doch die Besserung des Wetters war leider nur vorübergehend. Wer konnte, flüchtete in die einzige kleine Schutzhütte. Bald aber suchte man […] den Weg nach Buch, wo im schönen, großen Saal der Bammes’schen Gaststätte die Darbietungen ihren Fortgang nahmen. Dr. Thoma las zunächst das für diesen Tag gedichtete Irrhainlied von Emil Bauer. Eine Schar junger Künstler vom Studio Nürnberg hatte sich zusammengefunden, um mit ausgezeichnete Vorträgen einen Blick tun zu las­sen in die Dichtungen der Schäferzeit. […] Unmittelbar darauf folgte das angekündigte Schäferspiel Goethes „Die Laune des Verliebten“ […] erfreute der Madrigalchor [Leiter: Otto Döbereiner] nochmals mit einigen Liedern und Dr. Thoma mit herzlichen Schlußworten. […] S[ophie].v.P[raun].



Jahresbericht 1950

[…Irrhain:] Vor allem mußte die Umzäunung erneuert, der Brunnen gerichtet und die Wege gesäubert werden. Welche Fülle von Arbeit dies nicht nur für die Arbeiter und Geschäftsinhaber sondern auch für unseren Ordens­vorsteher bedeutete, ist in wenigen Worten nicht zu sagen. […]

Irrhainkosten 1950 355.20 M

Irrhainfestkosten162.14 –

[…]



Undatiertes Schreiben [wahrscheinlich von 12. 10. 1950] an die ev.-luth. Kirchenverwaltung [Abschrift wohl auch an den Oberbürgermeister]

Unser Mitglied Georg Völkel hat durch den Bauleiter der Wichern-Sied­lung in Fischbach Herrn Sczikora erfahren, daß in der Siedlung eine größere Holzbaracke steht, die eventuell gegen Bezahlung der Kosten des Abbruchs unentgeltlich abgegeben werden könnte. Unser Orden benötigt […] eine sol­che Baracke im Irrhain zu Kraftshof […]



Der Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg […] Am 17. Oktober 1950

[…] Die Baracken waren Eigentum der Staatsforstverwaltung. Sie mußten abgebrochen werden, weil das Bauvorhaben der Wichernsiedlung rüstig fort­schreitet […] ist bereits abgebrochen und wird auf dem Gelände des Städt. Krankenhauses als Werkstättenbaracke wieder errichtet. […] die noch beste­henden Baracken im Gelände des Fischbachlagers befinden, das  gemäß einer Entschließung des Bayerischen Innenministeriums  als Unterkunft für unzumutbare Mieter ausgebaut werden soll. […] Wir würden Ihnen deshalb empfehlen, sich bezüglich des Erwerbs einer Baracke vorsorglich mit dem Grundstücksverkehrsamt […] in Verbindung zu setzen […] Ziebill



Nürnberg, den 21. 10. 1950

[Dr. Alfred Thoma an das Grundstücksverkehrsamt:]

Der Pegnesische Blumenorden hat im sogenannten Irrhain bei Kraftshof eine Waldgerechtigkeit gegenüber der Bayerischen Staatsforstverwaltung. Um den Irrhain auch im Sommer benützen zu können, soll dort eine Halle aufge­stellt werden, um Schutz vor Witterungsumsturz zu haben. Am billigsten wäre es, wenn eine Baracke verwendet werden könnte. […]



Nürnberg, den 25. Oktober 1950

Nr. 1823

Grundstücksverkehrsamt Nürnberg der Staatsforstverwaltung

[…]

Betreff: Aufstellung einer Halle. Zu Ihrem Schreiben v. 21. X. 50.

In Beantwortung Ihres obengenannten Schreibens teile ich mit, daß leider Unterlagen, aus welchen zu ersehen wäre, welche Berechtigung der Pegnesi­sche Blumenorden im dortigen Waldgebiet hat, hier nicht vorhanden sind. […] da im Forstamt Nürnberg-Nord das einschlägige Aktenmaterial durch Kriegs­einwirkung zerstört ist. Des Entgegenkommens der Staatsforstverwaltung darf der Pegnesische Blumenorden auch weiterhin sicher sein. Fink



Nürnberg, den 28. 10. 1950

[Dr. Thoma an das Grundstücksverkehrsamt]

In der Anlage beehre ich mich eine Abschrift des Oberherrlichen Erlasses der freien Reichsstadt Nürnberg vom 1. Februar 1681 zu übersenden […]

Vor den Verwüstungen im Jahre 1945 standen außer den noch bestehenden unterkellerten massiven Gebäuden noch drei weitere größere Gartenlauben im Irrhain, von denen noch die Grundsteinanlagen zu sehen sind. Wir sind der Meinung, dass es für eine Baracke einer solchen Genehmigung durch die Staatsforstverwaltung nicht bedarf, weil eine solche nur für ein Gebäude „Gebäu“ in Frage kommt. […] Mit dem Herrn Forstverwalter in Kraftshof ist bereits ein Platz besprochen, der ohne Schaden für die Waldkultur in Frage käme.

Hochachtungsvoll!



31. Jan. 51

[…] Leider muß ich feststellen, daß Ihr Konto bei mir mit DM 281,84 […] immer noch offen steht.

[…] Außerdem muß ich Ihnen noch mitteilen, daß ich wegen dem Zaun­material bei Herrn Revierförster Schubert vorgesprochen habe und dieser mir erklärte daß ich zur Zeit kein Material von ihm bekommen könnte. Da ich aber mein Zaunmaterial jetzt dringend benötige, entsteht mir dadurch ein Schaden. Ich muß Sie in dieser Angelegenheit bitten mir mitzuteilen wie Sie es nun erledigen wollen, ob Sie mir das Material anderweitig beschaffen wol­len, oder es durch Bezahlung desselben begleichen. […]

Georg Keilholz



[…] 9. 2. 1951

[…] Zunächst möchte ich Ihnen in aller Freundlichkeit sagen, dass der Orden nicht daran denkt, einen Zimmermann um seine vereinbarte Vergütung zu bringen. Er möchte nur, dass ein solcher, wie es ein ehrbar Handwerk ver­langt, sich an seine Vereinbarungen hält. Ich erinnere Sie daher daran, dass wir für die reinen Arbeiten für die provisorische Wiederherstellung des Irr­hains besonders für die provisorische Umzäunung, die teilweise nur mit Sta­cheldraht erfolgen sollte 300- DM vereinbart hatten. Wir verpflichteten uns das Holz durch das Forstamt zu beschaffen. Ich habe Ihnen die Finanzlage des Ordens geschildert und Ihnen gesagt, dass wir nur äusserstenfalls so viel Geld aufbringen könnten. Ich habe den Eindruck, dass Sie das Doppelte der verein­barten Vergütung deshalb plötzlich verlangen, weil Sie gehört haben, dass die Stadt Nürnberg dem Orden 300 DM überwiesen hat. Aber dieses Geld, ver­ehrter Herr Keilholz haben wir für unsere kulturellen Aufgaben erhalten und auch dafür verwendet. Ihre Forderung haben wir bezahlt.


Ich habe dann mit Ihrem Herrn Sohn darüber hinaus eine Vereinbarung getroffen, dass wir auch Ihre Überforderung bezahlen werden, wenn sie Holzein­zäunung des Irrhains vollenden. [sic] Auch diese Verpflichtung haben Sie nicht erfüllt. Ich bitte Sie dieser Verpflichtung bis 31. April 1951 nachzukommen, widrigenfalls wir die Umzäunung auf Ihre Kosten vornehmen lassen werden. Was das Zaunmaterial anlangt, so haben wir keine Frist bestimmt, bis wann das Holz vom Forstamt angeliefert wird. Sie wissen und waren damit einverstanden, dass die forstamtlichen Lieferungen von den Holzeinschlägen abhängen. […]

Wir haben noch mehr Pläne mit dem Irrhain. Wollen Sie nicht mehr mit uns zusammenarbeiten? Ich schlage Ihnen vor, wir machen das nächste Mal alle unsere Vereinbarungen schriftlich.


Ihr ergebener

Dr. Thoma



Nürnberg, den 19. Juli 1951

Herzliche Einladung zum Irrhainfest des Pegnesischen Blumenordens im Irrhain b. Kraftshof am Sonntag, den 29. Juli 1951 15 Uhr

[…] Bei ungünstigem Wetter wird das Irrhainfest durch Radiomeldung am Sonntag, den 29. Juli bei den Mittagsmeldungen um 13 Uhr abgesagt werden.

Das Fest findet dann am 5. August zur gleichen Zeit statt und wird gegebe­nenfalls auch wieder durch Radiomeldung abgesagt werden.

Wir bitten die Mitglieder, die Gärten haben, Blumen mitzubringen. Auch Lampions sind erwünscht. Die Anfahrt zum Irrhain erfolgt durch die regel­mäßigen Omnibusse ab 13.00 Uhr von der Jagdstraße weg nach Kraftshof oder Buch. Näheres im Omnibus zu erfragen.



Zeitungsausschnitt hs. bezeichnet „Nordbayerische Zeitung Irrhainfest 1951“:

[…] Nach einem echt nürnbergischen Vorspruch, den Emil Bauer verfaßte und vortrug, erschien just wie einst Meister Konrad Grübel. In seiner braunen Hose, seinem grünen Wambst [sic] wunderte er sich, daß alles verwundert auf seine Perücke schaute. Und das Herz tat ihm weh ob Nürnbergs zerstörten Gassen. Die andere Seite: die gepflegte hochdeutsche Reimkunst wurde durch Wilhelm Malter lebendig. Die edle Norimbergia [sic] und eine Baumgöttin […] verlebendigten in ansprechenden Versen die besondere Atmosphäre des Blumenordens, bis mit Geknatter und Tatü der Pfiffikus-Technikus unserer Zeit […] auf dem Motorrad angesaust kam, um die Unheilsbotschaft zu brin­gen: Die Bäume werden gefällt für den Flugplatz. Aber zum Glück nicht im Irrhain,  so daß Ueberlieferung und neuzeitliche Notwendigkeit nebenein­ander fortbestehen können. Die Neunhofer Kindergruppe tanzte stilvoll in ihren alten Trachten, das Bläserquintett des Städtischen Konservatoriums spielte Mozarts Divertimento Nr. 8 und andere wertgeschätzte Musiken. Landgerichtsdirektor Dr. Thoma ehrte alle um das Fest verdiente Persönlich­keiten, indem er sie zu einem Trunk aus dem schönen Pokal aus dem Jahre 1650 [sic] einlud. […] T.

Briefblatt A5 quer vom 26. September 1951

Nr. 2053

Forstamt Nürnberg-Nord

An den Pegnesischen Blumenorden

Zu Hd. Herrn Landgerichtsrat Dr. Thoma

Nürnberg Kaulbachstrasse 35 [d.h. WILHELM SCHMIDT und er waren Nachbarn.]

Betreff: Holzabgaben


I. Auf die forstamtliche Anfrage bei dem Regierungsforstamt Mittelfran­ken, ob in den dortigen Akten Unterlagen über das Rechtsverhältnis des Peg­nesischen Blumenordens im Allgemeinen und über besondere Vergünstigun­gen bei Holzabgaben vorhanden seien und zu welchen Preisen die gewünsch­ten Abgaben vorgenommen werden dürfen, hat das Regierungsforstamt mit Entschließung vom 8. IX. 1951 Nr. 8447 -H 110 c- folgendes geantwortet:


„Nach Vortrag im Forstrechtsgrundbuch des Regierungsforstamtes benützt der Pegnesische Blumenorden den Irrhain bei Kraftshof-Neunhof auf Grund eines Ratsverlaases [sic] der Stadt Nürnberg vom 1. II. 1681. Er zahlt dafür einen Forstzins von DM 5,14 (3 Gulden). Irgendwelche Ansprüche anderer Art hat der Orden nicht. … b. wd.


Als Abgabepreise können nur die normalen Tagespreise in Frage kommen.“

Das Forstamt wird zur Unterstützung des Pegnesischen Blumenordens jeweils Holz in preisgünstigen Sortimenten anbieten, soweit solches vorhan­den und für die Zwecke des Ordens brauchbar ist.

II. Z.Z. kann ich nur einen kleinen Restvorrat an Nadelderbstangen anbie­ten und zwar:

 

Klasse 1b2b3a

Stückz. 1095= 24 Derbstangen

Preis je Stück 1,352,102,40 zum Preise von 44,40

Ich ersuche um Ihre baldgefl. Mitteilung, ob Sie das Material abnehmen wollen.

[Unterschrift fast unleserlich; vielleicht: Harrer]




In der Einladung zum Irrhainfest 1952 wird GOTTLIEB MEYER (Liebala) als Mitwirkender genannt, und im Streichquartett Dr. Scheder (der Vater des jetzi­gen Vorsitzenden des Privatmusikvereins) als 2. Geiger. Außerdem aufgeführt wurde ein Minneliederspiel von KONRAD DRESCHER-HAUSSEN. An derselben Stelle im Archiv abgelegt ist die Absage des Oberbürgermeisters Bärnreuther vom 17. Juli 1952, am Irrhainfest nicht teilnehmen zu können.



Jahresbericht 1952


[…] Am Sonntag, den 20. Juli, fand bei sehr schönem Wetter das Irrhain­fest statt […] Dr. Thoma gedachte in umfassender Ansprache der Vergangen­heit und ließ den wertvollen Tulpenpokal kreisen […] auf der Waldbühne wurde ein Mimenspiel mit historischen Texten gespielt, zu dem der 2. Ordens­vorstand [DRESCHER-HAUSSEN] die stilvolle Musik geschrieben hatte. Kam­mermusik und Lieder fügten sich in den romantischen Rahmen des Festes ebenso wie einige Gedichte von Eichendorff, Rilke und Hofmannsthal.

[…] Der Irrhain hat im letzten Jahre keine größeren Kosten verursacht. Allerdings wäre noch viel zu veranlassen, wenn auch gar nicht die Rede davon sein kann, daß der Irrhain wieder in seiner alten Schönheit ersteht. […]



München, den 12. Januar 1953

[Dr. Hans Christoph von Tucher schreibt an THOMA, er könne gar keine Hoffnung darauf machen, daß für die Wiederherstellung des Irrhains Gelder aus der amerikanischen Kreß-Stiftung fließen könnten. Diese hatte Mittel bereitgestellt für die Eindeckung der Nürnberger Hauptkirchen St. Sebald und St. Lorenz und den Wiederaufbau der Kraftshofer Kirche.]


Zu konstatieren ist, daß der Irrhain, und mit ihm der Blumenorden, nicht nur an Substanz verloren hatte, sondern auch an Bedeutung für die Autoritäten in Stadt und Land.



Neuausrichtung des Blumenordens als Verein

 

Die Davongekommenen, die aus Unterdrückung, Krieg und Not einiger­maßen glimpflich Hervorgegangenen, übten in der unmittelbaren Nach­kriegszeit eine geradezu brüderliche Solidarität. Über Basisinteressen verstän­digt man sich verhältnismäßig leicht. In dem Maße, in dem übergeordnete, gei­stige, politische, ja wirtschaftliche Differenzierungen wieder deutlicher zutage traten, konnte es mit der Solidarität leider nicht so einfach weitergehen.


Nürnberg, den 8. April 1947

[…] Sehr geehrter Herr Professor [Schmidt]!


[…] Ich habe Frl. Elisabeth Deetjen nicht auf die Liste der zur Abstimmung vorgeschlagenen Anwärter gesetzt, weil ich auf meine an die Dame gerichtete Anfrage, wie es um ihre politische Vergangenheit steht, bisher noch keinen Bescheid erhielt. Nur wenn keine politische Belastung vorliegt, kann ich mich mit einer Aufnahme in den Blumenorden einverstanden erklären. Es wäre daher besser gewesen, wenn sie Frl. Deetjen noch nicht auf die Anwärterliste gesetzt hätten. Sollte sich eine politische Belastung herausstellen, so müsste am 12. 4. 47 den Mitgliedern eröffnet werden, dass in diesem Fall keine Abstim­mung stattfinden kann. Das wäre natürlich eine unangenehme Sache.


[…] Max Schneider



Nürnberg, den 10. April 1947

[…] Sehr geehrter Herr Professor!


[…] Da Herr Generalintendant a. D. W. B. Iltz noch hier wohnt, so möchte ich anregen, ihn für eine Lesung aus Goethes Werken zu gewinnen, hauptsächlich im Rückblick auf den tiefen Eindruck, den seine formschöne und verständnisvolle Lesung aus Gerhart Hauptmanns „Ketzer von Soana“ bei uns allen hinterlassen hat. Vorbereitenderweise habe ich mich mit der Nach­richtenkontrolle der Militärregierung bereits in’s Benehmen gesetzt und dort den Bescheid erhalten, dass ein öffentliches Auftreten des Herrn Iltz z.Zt. noch nicht erwünscht, jedoch nichts einzuwenden sei, dass Herr Iltz in einer geschlossenen Veranstaltung des Blumenordens liest. […]


Wenn ich in politischer Beziehung vorsichtig bin, so glaube ich dazu besonderen Anlass zu haben, seit Herr Drescher-Haussen versucht hat, einen früheren Propaganda-Redner der NSDAP in den Orden einzuführen.


[…] Max Schneider



Was man nicht mehr wollte, war klar, eine neue Richtung im Orden aber noch nicht erkennbar. Anregungen kamen von außen, zum Teil von Bekannten bis­heriger Mitglieder:



1947. […]

22. Mz. Droste-Hülshoff-Feier im goldn. Kleeblatt

Frau Dr. Schomerus-Wagner: Vortrag

Frau Paula Schneider-Höllfritsch: Rezitation.

12. April im Goldn. Kleeblatt: Dr. Prang. Der Westöstl. Divan.

[…]

Glock und Lutz — Nürnberg Bamberg Eichstätt Passau

Verlagsbuchhandlung



[…] Nürnberg, 24. 4. 47 G./W.

An den Pegnesischen Blumenorden

Herrn 1. Präses Dr. Max Schneider

[…]

Der Verlag gestattet sich den Pegnesischen Blumenorden als solchen, sowie jedes einzelne Mitglied, insbesondere den Vorstand, zur Teilnahme am 2. Autorentag aufs herzlichste einzuladen. Über Einzelheiten unterrichtet bei­liegende Drucksache. […]

Wiederkehr der Freiheit und des Schöpferischen

[…]

Freitag 16. Mai

[…] 15.00 Erste Konferenz „Christliche Existenz heute / Die Situation in den Wissenschaften“

[…] Samstag 17. Mai

9.00 Zweite Konferenz „Der Beitrag der Künste zur Heilung und Erneue­rung der Zeit“

 

Referate und Aussprachen unter Leitung des fränkischen Dichters Fried­rich Deml-Bamberg

[…]

15.00 Dritte Konferenz „Der neue Mensch / Seine Erziehung im Stufen­bau des Organischen“

Referate und Aussprachen unter Leitung von Hochschuldozent Dr. Leo Weismantel-Obersinn

Ansprache der Verlagsredakteurin Dr. Johanna Schomerus-Wagner „Laßt uns hoffen!“

[…]

20.00 „Fränkischer Abend“ zu Ehren der auswärtigen Teilnehmer

unter Leitung von Dr. Artur Kreiner im Zusammengehen mit der Katholi­schen Kulturgemeinde (mit Lichtbildern)


Sonntag 18. Mai

10.15 Teilnahme am Pfarrgottesdienst in Sankt Joseph am Rechenberg

11.30 Führung durch den Sankt-Johannis-Kirchhof durch Dr. Artur Kreiner […]



Nürnberg, den 29. August 1947

Sehr geehrter Herr Professor!


[…] Ich bitte, Herrn [Guido] Böckler vorerst keine Zusage geben zu wol­len. Nach meiner Meinung sollte der Orden bis auf Weiteres davon absehen, dilettantische Arbeiten, auch wenn sie von eigenen Mitgliedern stammen, zum Vortrag kommen zu lassen, damit der künstlerische und literaturwissenschaftli­che Ernst unserer Bestrebungen nicht beeinträchtigt wird. […]


Max Schneider



Nürnberg, 1. Sept. 47.

Sehr geehrter Herr Doktor!


Auf Ihr Schreiben vom 29. 8. möchte ich mir erlauben, einige Bedenken geltend zu machen. Von Frau Dr. Zacharias und ihrer Anmeldung war mir noch nichts bekannt; […] Ausserdem laufen noch die Anmeldungen der Frau Deetjen (Feldgasse 38) seit Dezember und Dr. Neureuther seit März. Bei einem grossen Vortragsabend kann man kaum abstimmen lassen, weil dann meist mehr Gäste als Mitglieder anwesend sind. […] Könnten wir nicht doch Sept./Okt. noch 1-2 bescheidene Abende halten, in denen die Mitglieder nicht bloss Hörer sind, sondern selbst zu Wort kämen in Ordensangelegenheiten? Der Orden darf nicht ein reines Unternehmen zur Veranstaltung von Vorträgen werden, in dem die Mitglieder nur Abonnenten darstellen, er muss eine Gesellschaft sein, an der möglichst viele Mitglieder tätig Anteil nehmen. Wenn sie sonst nie zu Wort kommen, haben sie auch keine Lust zur Hauptver­sammlung zu kommen um Ja und Amen zu Dingen zu sagen, an denen nichts mehr zu ändern ist. Wir bräuchten doch notwendig Mitarbeiter! Ich kann wirklich nicht länger Kasse, Archiv und Bücherei, also drei Ämter zugleich verwalten. Durch eine langwierige Bindehautentzündung war ich ohnehin lange ausserstande im Archiv zu arbeiten. Ich gehe demnächst ins 70te Lebensjahr und bin der Einzige, der weiss, was im Archiv vorhanden ist! Jahr­zehntelang — seit etwa 1920 — wusste überhaupt niemand Bescheid über den Ordensbesitz. Soll das wieder eintreten? Seit 1925, dem Tod Ackermanns, verschwanden die Wochensitzungen und damit immer mehr die Gelegenheit zur Aussprache unter den Mitgliedern und ihre Anteilnahme am Orden. Unter den heutigen Verhältnissen können wir freilich keine Wochensitzungen halten, aber doch alle 1-3 Monate einen Abend, der nicht durch Vorträge voll ausge­füllt ist und einige Zeit übrig lässt zur Besprechung der Ordensangelegenhei­ten. Ich habe vielfach Wünsche von Mitgliedern gehört nach familiären Zusammenkünften, die auch noch unter Baron von Scheurls ziemlich „auto­ritärer Regierung“ üblich waren. Man möchte nicht lauter Literarwissenschaft, Überliteratur [d.i. Sekundärliteratur], d.h. 1 ½ Stunden über einen Dichter und höchstens ¼ Stunde den Dichter selbst. Goethe könne jeder zuhause selbst lesen. Es gebe viel anderes, was man heutzutage nicht oder nur sehr schwer bekommen könne. Auch über den Irrhain wurde ich viel gefragt und konnte nur wenig antworten.

Die Bücherei kann nicht lange mehr in der Stadtmission bleiben, man braucht dort allen Raum selbst. Jetzt steht der Schrank im Gang der Baracke; bei Winterkälte und schlechten Lichtverhältnissen ist es unmöglich, dort zu arbeiten und die gewünschten Bücher zu finden. Das sind alles Dinge, die beraten werden müssten, und zwar in einem nicht zu engen Kreis. Ich glaube deshalb, dass wir uns nicht auf grosse künstlerisch und wissenschaftlich hoch­stehende Vorträge beschränken dürfen, sondern auch die weniger angenehme und dankbare Kleinarbeit nicht vernachlässigen dürfen, die ein 300jähriger Mummelgreis nötig macht.


Mit besten Grüssen von Haus zu Haus

Ihr ergebenster

Wilh. Schmidt


 

Nürnberg, den 4. September 1947

Sehr geehrter Herr Professor!


Im Besitze Ihres Briefes vom 1. d. M. muss ich Ihnen darin recht geben, dass die von Ihnen erwähnten Angelegenheiten einer Beratung im Ordensrat oder einer gesellschaftlich gestalteten Mitgliederversammlung bedürfen. Wenn es sich aber nur darum handeln würde, so hätten Sie mir das sicherlich in einer andern als der vorliegenden Weise mitgeteilt.


Ich habe Ihr Schreiben wiederholt gelesen und glaube mich nicht zu irren in der Annahme, dass darin die Unzufriedenheit alter und verdienter Ordensmit­glieder mit meiner Amtsführung zum Ausdruck kommt. Diese Unzufriedenheit ist sicherlich begründet, wenn, wie Sie hervorheben, das Wesen und die Aufga­be des Ordens mehr in der Pflege gesellschaftlicher Beziehungen der Mitglie­der untereinander als darin gesehen wird, der Kunst zu dienen durch die Lesung und Abhandlung dichterischer Werke, durch die Würdigung von Dich­terpersönlichkeiten und durch das Erwecken und Verbreiten des Interesses an literarischen Schöpfungen, Bewegungen und Erinnerungen, wie es nach mei­ner Meinung geboten erscheint, um der eigentlichen Berufung des Ordens gerecht zu werden und die kulturelle Mission des Ordens weiterzutragen.


Gewiss liesse sich beides vereinigen; ich glaube aber nicht, dass ein und dieselbe Person dafür geschaffen sein kann. Da es nun aber an der tatfreudi­gen Mitarbeit von Ordensmitgliedern, die dort wirken könnten wo ich versa­ge, leider fehlt, so halte ich es für richtig, dass ich, um die Mehrheit der bewährten Mitglieder zufrieden zu stellen, auf die Weiterführung des Amtes verzichte, das mir offenbar in Erwartungen, die ich nicht zu erfüllen vermag, übertragen worden war.


Ich bitte Sie deshalb, die Massnahmen, welche erforderlich sind, einen Wechsel herbeizuführen, in die Wege leiten zu wollen, und danke für Ihre frdl. Mühewaltung.


Mit bestem Gruß von Haus zu Haus verbleibe ich

Ihr sehr ergebener

Dr. Schneider

Abdruck an Herrn Landgerichtsdirektor Dr. Thoma.



6. Sept. 1947

Hochverehrter Herr Doktor!


Zunächst bitte ich einige Mißverständnisse aufklären zu dürfen, die ich dadurch verschuldete, dass ich die an mich gelangten Mitgliederwünsche zu kurz zusammendrängte […]

 

Zur Niederlegung Ihres Vorsitzes liegt keinerlei Grund vor. Vielmehr bin ich es, der aus der Vorstandschaft allmählich auszubooten ist. Um dies zu ermöglichen, erhob ich meine Bedenken. Ich habe 1940, also schon im Krieg, die Kasse nur übernommen, weil sich augenblicklich niemand sonst dafür fand. Aus demselben Grund übernahm ich die notwendigen Arbeiten im Ordensarchiv und der Ordensbücherei (der inzwischen bis auf einen kleinen Rest in der Stadtbibliothek verbrannten!) zur Klarstellung des Ordensbesitzes und Vorbereitung des Jubelfests. Meine Aufgabe war daher mit Beginn des Jahrs 1945 beendet; das meiste hat sich als unnütz erwiesen, weil es nichts zu jubeln gab, und vieles nicht zuende geführt werden konnte, weil das Wichtig­ste und Wertvollste in angriffsicheren Verliesen verschwand. […] Ich hätte ja gerne meine Nachfolger in geordnetere Verhältnisse eingeführt. Aber das ist in absehbarer Zeit unmöglich, da Raumnot, Papiernot und viele andere Nöte noch jahrelang dauern werden. Aber gerade darum ist eine baldige Übergabe an neue Kräfte notwendig, damit ich bei den erschwerenden Umständen den Nachfolgern noch mit Auskünften und Tat beistehen kann, was bei meinem Alter nicht mehr lang möglich sein wird. Bei allen drei Geschäftsbereichen kann jeder andere besser und leichter als ich einhändiger alter Kriegskrüppel arbeiten. Natürlich werde ich dem Orden auch auf dem Altenteil die Treue halten und solange Altersgebrechlichkeit und marasmus senilis (selbst merkt man ihn zumeist nicht, aber umso mehr die andern!) es erlauben, als fleischge­wordene Ordenschronik zur Verfügung stehen, soweit auf die Ordensvorzeit noch Wert gelegt wird. […]

Fischbach bei Nbg.



28. 10.

Sehr verehrter Herr Professor Schmidt!


Wie ich höre, sind im Pegnesischen Blumenorden Differenzen entstanden, über die ich aber nichts Näheres weiß; ich hörte nur, daß Sie, sehr verehrter Herr Professor mit irgend einer Maßnahme des Herrn Dr. Schneider nicht ganz einverstanden waren. Natürlich liegt mir als Ehrenpräses, dessen Vor­schlag und Mitteilung ich Ihrer Güte stets dankbar empfinden werde, viel daran, über die Sache orientiert zu werden. Hoffentlich ist es nichts Tiefgrei­fendes und Sie Verstimmendes. Sie haben gleich Ihrem Herrn Vater so viel für den Orden gearbeitet und geleistet, daß eine leichte Behebung einer etwaigen Verstimmung Ihnen und dem Orden herzlich zu gönnen wäre. Wenn ich dazu beitragen kann, tue ich es sehr gern.


[…] Dr. Eberhard v. Scheurl und Familie


 

Fischbach bei Nürnberg,

2. 11. 47.

Sehr verehrter Herr Professor Schmidt!


Haben Sie herzlichen Dank für Ihren ausführlichen, aufschlußreichen Brief. […]


Was nun den Orden betrifft, so teile ich Ihre Anschauungen durchaus. Der Orden ist gegenwärtig in einer Phase, in der er anscheinend etwas den Kurs außerhalb des bisher so warm Familienhaften in der Richtung auf wissen­schaftliche Spitzenleistungen steuert. Das ist gewiß gut, aber schließlich nicht ganz das Ordens-Traditionelle. […] Wenn Sie mich irgendwie brauchen kön­nen, teilen sie es mir, bitte, mit. Ich habe Herrn Dr. Schneider einen Vortrag über Wilhelm v. Humboldt angeboten, den er mit gewissen geschäftlichen Vorbehalten annahm. Ich warte da zunächst ab, was mir vorgeschlagen wird und gebe dann endgültige Antwort. Herr Pfarrer Türk möchte dazu kommen.


Sehr gespannt bin ich, wie es mit dem Adventabend wird. Er sollte im früheren Sinn warm und adventlich gehalten werden, etwa mit hübschen musikalischen Darbietungen. Herr Oberstudienrat Kaspar, vielleicht auch die Damen Frau Dr. Funk-Schneider, Frl. Helene Friedrich und Frl. Lieselotte Schirmer, am Klavier Frau Dr. Schneider, ließen sich wohl gewinnen.


Herr Guido Böckler hat schon recht hübsche Vorträge angeboten.


Der Auswahl der Vorlesungen am Adventabend wird wohl der Adventge­danke den Maßstab geben müssen.


Mit vielen herzlichen Wünschen und Grüßen […]

Ihr aufrichtig ergebener Eberhard von Scheurl



Ordentliche Hauptversammlung Donnerstag 4. II. 48 nachm. 18 h Albigsgarten


[14 Teilnehmer…]

[…] bittet dieser [Dr. Schneider] den Schatzmeister, Professor Wilhelm Schmidt, den Kassenbericht zu bringen.

Aus ihm geht hervor, daß die Einnahmen 798,76 M, die Ausgaben 283,90 M waren, daß somit ein Überschuß von etwa 500 M da ist.

Es wird der Beschluß gefaßt, daß für den Irrhain und für die Festschrift Professor Schmidts zum 300jährigen Bestehen größere Rücklagen gemacht werden sollen. […]

 

Es wird außerdem mitgeteilt, daß Herr Dr. Troche […] vorschlägt, die Bestände des Archivs, die bisher im Stadtarchiv untergebracht waren, ins Ger­manische Museum überzuführen. […]


Es wurde, von Herrn Professor Schmidt, der Vorschlag gemacht, eine alte Gepflogenheit des Ordens wiederaufzunehmen, wenigstens versuchsweise, die sogenannte „Tafelrunde“. Bei diesen Zusammenkünften soll ein Bericht über ein Thema aus dem Schrifttum gehalten werden und eine Aussprache soll sich anschließen. Man vereinbarte sich, den Vorschlag anzunehmen und setzte als Versammlungsabend zunächst den 1. Dienstag jedes Monats fest und als Ort desselben den „Albigsgarten“, eine kleine Gaststätte mit Nebenzimmer […]



Außerordentliche Hauptversammlung 31. V. 48 19.30 Goldenes Kleeblatt


[22 Teilnehmer haben unterschrieben, darunter: Troche, Goldmann, Chri­stel Drescher-Haußen, Günther Reubel]

Zugegen 30 Anwesende


Dr. Schneider teilt mit, daß die A.O. Hauptversammlung notwendig geworden sei wegen der Neulyzenzierung [sic] der Vereine. Es sollen in Zukunft nur mehr 4 Vorstandsmitglieder sein: Dr. Schneider, Dr, Thoma, Pro­fessor Schmidt und S. von Praun. Fünf Bürgen müssen gewählt werden, näm­lich Dr. Kreiner, Musikdirektor Drescher-Haußen, Friedr. Trost, Friedl Kamm, Dr. Eva Funk-Schneider, ferner ein Dreimännerausschuß, nämlich Dr. Alfred Schmitt, Musikdirektor Stirnweiß, O. Goldmann. […]

Außerdem ist nach den neuen Verordnungen eine Überarbeitung der Sat­zungen notwendig. § 1 muß zum Ausdruck gebracht werden, daß der P.Bl.O. auch gesellige Vereinigung ist. § 16 Die Ordensräte sollen in den Satzungen nicht mehr erscheinen. […]


Es wird mitgeteilt, daß von den 102 Mitgliedern des Ordens 66 die Erklärung über politische Zugehörigkeit abgegeben haben. Davon sind: vom Gesetz nicht betroffen 44, Jugendamnestie 1, Weihnachtsamnestie [?] 10, Mit­läufer 9, Entlastete 1, Minderbelastete 1.


General von Fürer erklärt wegen hohen Alters und der Unmöglichkeit, von Haimendorf aus noch an irgendwelchen Veranstaltungen teilnehmen zu kön­nen, seinen Austritt. Die Vorstandschaft schlägt vor, ihn zum Ehrenmitglied zu ernennen.


[…] Ferner wird die Frage erörtert, ob der Hansl auch in Zukunft kreisen soll. Dr. Thoma sagt, er gehört zum Blumenorden. Aber die schlichte Form wird beanstandet (Zigarrenkistchen mit Malerei von Trost) Dr. Troche will einen Hansl in barocker Form, wie er zum Orden passt, herstellen lassen.

Nach Beendigung der A.O. Hauptversammlung liest Herr Goldmann jun. aus Remarque’s „Der Weg zurück“. Dr. Eva Funk-Schneider berichtet später über „Arc de Triomphe“. […] ist ein Abschnitt aus dem Leben eines deut­schen Arztes, der nach Paris geflohen ist (aus dem KZ) […]



Daß die Archivalien des Ordens ins Germanische Nationalmuseum überge­führt werden sollten, könnte dem Vorstand des Ordens sinnvoll erschienen sein, weil am 9. Februar 1948 ein Doktorand von der Universität Zürich, Leo Villiger, bei Dr. Schneider wegen Briefen von und an Catharina Regina von Greiffenberg angefragt hatte. Der Fall wurde zur Betreuung an WILHELM SCHMIDT — wen sonst — abgegeben, und am 5. 1. 1954 sandte Villiger vier Exemplare der fertiggestellten Arbeit.



Brief von Dr. Troche an Schmidt, 14. April 1948:

[…] Das Germ. National-Museum ist grundsätzlich gerne bereit, die wert­volle Ordensbibliothek als geschlossene Sonderabteilung im Bibliotheksge­bäude, Untere Grasersgasse 18, aufzunehmen. Wir müßten uns allerdings zuvor einen Überblick verschaffen, welchen Raum die Ordensbibliothek ein­nimmt und wieviel Regale dafür bereitgestellt werden müßten. […]



Hier geht es erst einmal über die Bibliothek; an die Überführung der Archiva­lien machte man sich später:



Nürnberg, den 4. März 1948

Sehr geehrter Herr Professor!


Herr Direktor Dr. Troche teilte unterm 1. d. M. folgendes mit:


„Zu meiner Freude kann ich Ihnen mitteilen, dass das Ergebnis unserer Nachprüfung der Leihgaben des Pegnesischen Blumenordens im Germani­schen National-Museum fast durchwegs günstig ausgefallen ist. Vermisst wer­den lediglich nach der von Herrn Professor Wilhelm Schmidt eingereichten Liste die Nummern 4 und 31. Nr. 4 wurde schon bei der Revision im Jahre 1925 vermisst, worüber ein schriftlicher Vermerk vorliegt. Die Mappe Nr. 31 hoffen wir mit Sicherheit noch bei der Revision der Kupferstichkabinettbe­stände aufzufinden. […]


Vorhanden ist also auch Nr. 37, das grosse Meisterbuch des Ordens. Bei der Durchsicht dieses schönen und interessanten Werkes stellten wir fest, dass darin alle Bildnisse der Ordensvorstände mit Ausnahme des letzten, Herrn Baron Dr. Eberhard von Scheurl, enthalten sind. Die schöne Sitte der Verewi­gung der Ordensvorstände in diesem Buche braucht ja nicht abgebrochen zu werden, und da wir neulich über eine mögliche Ehrung für Herrn Baron von Scheurl berieten, so könnte man ja die Einfügung seines Bildnisses in dieses Buch erwägen.


Ueber die Ueberführung des Archives des Pegnesischen Blumenordens habe ich inzwischen mit Herrn Direktor Dr. Pfeiffer gesprochen und auch eine schriftliche Mitteilung erhalten. Die Archivbestände werden demnächst aus dem Stadtarchiv hierher übertragen werden, wobei mit dem Stadtarchiv volles Einvernehmen gewahrt bleibt.“ […]


Max Schneider



Offenbar hatte es bereits Leihgaben des Ordens an das Germanische National­museum gegeben; daß der Überblick über den Verbleib einzelner Stücke einem so akribischen Kenner wie WILHELM SCHMIDT unklar geblieben war, dürfte ein starker Beweggrund für die Zusammenführung gewesen sein.

[…] Staatsarchiv Nürnberg



Nürnberg, den 10. März 1948

[…]

Hochgeehrter Herr Vorsitzender! [Schneider]


Stadtarchivdirektor Dr. Pfeiffer wurde gestern bei mir vorstellig und erklärte, der Pegnesische Blumenorden habe sein historisch wertvolles Archiv, das bisher jahrelang im Stadtarchiv verwahrt war, dem Germanischen Natio­nalmuseum übergeben. Ich teile die Auffassung des Kollegen Pfeiffer mit allen deutschen Berufsarchivaren, dass Privatarchive, wenn sie schon der öffentlichen Hand übergeben werden, zunächst in grosse staatliche oder städ­tische Archive gehören. […]


Was ist die Folge? Während das Archiv beim Stadtarchiv von einem ersten Fachmann verwaltet worden wäre, wird es nunmehr von einem Kunsthistori­ker betreut. Ich schätze Dr. Schwemmer als gediegenen Kenner alter Hand­schriften und als verständnisvollen Forscher in altem Schriftgut. Aber ich rufe gerade ihn selbst zum Zeugen dafür an, dass er gerne die Oberhoheit der Berufsarchivare anerkennt. […]

Niemand weiss, was das Germanische Museum an Handschriften und Archivalien enthält. Es gibt kein Inventar darüber und auf viele dienstliche Anfragen erhielten wir früher Fehlanzeigen. Die Folge ist, dass wir im Inter­esse der Forscher mit Verweisen vorsichtig umgehen müssen.


Sollte die Entscheidung nicht endgültig getroffen sein, bitte ich Sie, hoch­verehrter Herr Doktor, eine Abänderung für die Zukunft in’s Auge zu fassen.


Mit den ergebensten Empfehlungen!

gez. Dr. Solleder

Staatsarchivdirektor



Nürnberg, den 12. März 1948

Sehr geehrter Herr Dr. Solleder!


Im Besitze Ihres Briefes vom 10. d. M. bin ich überrascht, vor einer Kolli­sion zu stehen, die ich nicht geahnt habe. Die von Ihnen beanstandete Aende­rung geschah auf Veranlassung unseres bisherigen Archivverwalters, Herrn Prof. Wilhelm Schmidt […], der sich aus gesundheitlichen Gründen ausser­stande erklärte, das Amt weiterhin auszuüben.


Die Angelegenheit wurde in einer Ordensratsitzung besprochen. Woher die Anregung kam, das Ordensarchiv in das Germanische Museum zu überführen, weiss ich nicht mehr. Es ist mir nur erinnerlich, dass Herr Dr. Troche, der an der Ordensratsitzung teilnahm, sich zur Uebernahme des Ordensarchivs bereit erklärte und der Ordensrat seine Zustimmung erteilte, um die augenblickliche Schwierigkeit zu beheben. […]


Max Schneider



Nbg 13. 3. 48

Sehr verehrter Herr Professor Schmidt!


Ich habe mich gewundert, daß Dr. Pfeiffer das Archiv widerspruchslos her­ausgab. Unterdessen hat er wohl einen Rüffel von der Stadt bekommen. Ich bin der Meinung, wir müssen das Archiv bei der Stadt lassen. Ich halte den Bruch mit der Tradition für verantwortungslos. Mindestens muß der Vorgang der Überführung hinausgeschoben werden.


Hzl Gruß!

Dr. Thoma



Germanisches National-Museum

Der erste Direktor

Nürnberg, den 26. März 1948

Dr. Tr/Pr

 

Herrn Patentanwalt Dr. Max Schneider

[…]

Das Eingreifen von Herrn Staatsarchivdirektor Dr. Solleder in unsere bereits bestehenden Abmachungen entbehrt der sachlichen Berechtigung. Nachdem der Vorstand des Pegnesischen Blumenordens, wie Sie wissen ohne jede Beteiligung meinerseits, die Übergabe des Archives an das Germanische National-Museum beschlossen hatte, habe ich damals sogleich mit Herrn Stadtarchivdirektor Dr. Pfeiffer gesprochen und alles in gütlichster Weise abgemacht. Herr Dr. Pfeiffer sieht, wie er mir heute nochmals telefonisch ver­sichert hat, in dieser Übergabe keine Schmälerung seiner Interessen und kei­nen „Bruch der Tradition“, sondern findet es ebenfalls berechtigt, dass das Ordenseigentum im Germanischen National-Museum vereinigt wird. Sein Einverständnis hat ihm auch keinen „Rüffel“ von der Stadt eingetragen, viel­mehr ist auch hier, wie er mir eigens versicherte, alles in bester Ordnung. […] Herr Dr. Pfeiffer ist daher in dieser Sache bei Herrn Dr. Solleder auch nicht „vorstellig geworden“, sondern hat sie lediglich gesprächsweise erwähnt. Der prinzipielle Standpunkt von Herrn Dr. Solleder bezüglich der Zuständigkeit staatlicher und städtischer Archive wird selbstverständlich von uns allen geteilt. Herr Dr. Solleder übersieht nur die grundsätzlich andere Stellung des Germanischen National-Museums gegenüber sonstigen „Museen“. Das Ger­manische National-Museum ist eben kein Kunstmuseum, sondern ein kultur­historisches Institut allseitigen Umfanges, und die Unterhaltung eines Archi­ves ist schon im § 2 seiner Satzungen verankert, wo die einschlägige Stelle lautet: „Diesem Zwecke dienen Sammlungen von Denkmalen der deutschen Kultur und Kunst, eine Bibliothek und ein Archiv, die der Öffentlichkeit in weitestem Maße zugänglich zu machen sind.“


[…] Es ist unwahr, dass es über die Handschriften und Archivalien des Germanischen National-Museums keine Inventare gibt, und unter meiner Lei­tung jedenfalls werden Auskünfte gewissenhaft erteilt. […] Das Germanische National-Museum hat auch stets erstklassige Fachleute für die Verwaltung sei­nes Archives unterhalten, worüber im Falle der Person Herrn Dr. Schwem­mers selbst bei Herrn Dr. Solleder nach mehrfachen Äusserungen mir gegenü­ber keine Zweifel bestehen.


Ich hoffe demnach, Ihnen und dem Ordensvorstand mit diesen Angaben gedient zu haben und bleibe

in ausgezeichneter Hochschätzung Ihr sehr ergebener

Dr. E.G. Troche



 

Nürnberg, den 29. Juli 1948

[…] Sehr geehrter Herr Professor!


[…] Im Vortragswerk des Ordens ist vorgesehen:


[…] amerikanische Dichtung in deutscher Sicht, Vortrag von mir, Lesung deutsch durch mich, englisch durch meine Tochter.


Zuzüglich des Adventsabends sind wir bis Ende des Jahres mit monatli­chen Veranstaltungen versehen, wobei ich annehme, dass der August wieder übergangen wird. Der Vorschlag des Herrn Baron Prof. Dr. von Scheurl muss etwas zurückgestellt werden. Die andern Veranstaltungen sind schon seit lan­ger Zeit in Aussicht genommen.


Ich bitte, Herrn Dr. Thoma zu verständigen und ihm mitteilen zu wollen, dass es zu begrüssen wäre, wenn Herr Baron Prof. Dr. von Scheurl ein Thema ohne politischen Beigeschmack wählen möchte. Menschenwürde mit literari­schem Unterbau wäre vor 10 Jahren ein sehr aktueller und dankbarer Vor­tragsstoff gewesen.


Mit Ihren Vorschlägen zur Pflege der Tafelrunde bin ich durchaus einver­standen. Ich bitte, mit Herrn Dr. Thoma das Weitere vereinbaren zu wollen. Ich selbst werde jedenfalls im August nicht teilnehmen können, da ich, zum Generaltreuhänder der Rosenthal-Porzellan A.G. bestellt, gegenwärtig sehr in Anspruch genommen bin.


Auch hinsichtlich der Herabsetzung des Jahresbeitrags auf DM 2.- stimme ich Ihnen zu.

Wegen der Unterbringung der Ordensbücherei sind Herr Dr. Solleder und Herr Dr. Troche noch nicht einig. Ich halte es für angezeigt, dass wir bis auf Weiteres eine abwartende Stellung einnehmen.

Mit besten Grüßen von Haus zu Haus und mit der Bitte, auch Herrn und Frau Dr. Thoma grüssen zu wollen, verbleibe ich


Ihr sehr ergebener

Max Schneider



Man konstruiert gewiß keine ungegründete Sicht der Dinge, wenn man aus die­sen Briefen eine Differenz zwischen EBERHARD VON SCHEURL und MAX SCHNEIDER herausliest. Schneiders genervte Ablehnung der humanistischen Darstellungen des Präses aus Nazitagen kommt wohl daher, daß er sich selbst schon vor Kriegsende ganz aufs Humanistische zurückgezogen hatte und daher Scheurls Gesinnungswandel — wenn es einer war — für unaufrichtig hielt.



 

Jahresbericht 1948


[…] die „Währungsreform“ [hat] unsern Blumenorden, beziehungsweise unseren Schatzmeister, vor das „Nichts“ gestellt. Es mag in dieser Zeit der Sorgen und Nöte, in der so viel vom Geld gesprochen wird, das man nicht hat, naheliegend sein, daß wir am Anfang dieses Berichts feststellen, daß der Orden nun ganz arm geworden ist. […]


Am 2. März wurde der 1. Versuch gemacht, die Tafelrunde zu versammeln. Da das im Albigsgarten bestellte Zimmer nicht frei war, vereinigten sich die 7 Erschienenen in der Wohnung der leider erkrankten und deshalb nicht anwe­senden Schriftführerin, um Gedichte der neuesten Zeit von Manfred Haus­mann, Wiechert, Haushofer, Gerhard Lehrte, Bergengruen u.a. zu lesen und zu besprechen. […]


Ferner sprach Dr. Schneider am 4. Mai, gleichfalls bei der Tafelrunde über Erich Maria Remarque unter Berücksichtigung des in 30 Sprachen übersetzten Romans: „Im Westen nichts Neues“, aus dem Dr. Reubel einige Abschnitte vorlas.


[…] Leider hat das vergangene Jahr nicht nur mehrere Eintritte gebracht, sondern auch verschiedene Austritte (7) einige infolge Wegzugs und infolge Geldentwertung.


[…] Der Hansl enthielt bis zur Entwertung 82.60 M, nach derselben 50,20 DM. […]



Ordentliche Hauptversammlung 11. Januar 1949 19 ½ Uhr


[Verzeichnete Teilnehmer 19, anwesende 28]

[…] Der Schatzmeister teilt mit, daß der Blumenorden vor der Währungsre­form ein Vermögen von 2710,10 RM hatte; seitdem habe der Hansl ertragen 50,20 M, die Mitgliedsbeiträge waren 127- = 77,29 M. Der Rest ist 50,14 M. […]


Es wird für 1949 der Beitrag auf 5 M festgelegt. […] Es wird erwähnt, daß. wer die Mittel nicht hat, stillschweigend weniger zahlen kann.


[…] ferner sagte Dr. Schneider: Es läßt sich nicht leugnen, daß es uns nicht gelungen ist, in die Öffentlichkeit zu wirken. Die Jugend ist nicht gewonnen worden. […] Wir sollten die Dichtung der Nachbarvölker in uns aufnehmen […] Auf Sprachpflege müßte geachtet werden. […]


S.v.Praun: die Jugend geht ins Kino, Theater, Volkshochschulkurse


Dr. Thoma: 1) Wenn jüngere Dichter vortragen würden, käme Jugend.

2) Wir müßten Verbindung mit der kath. Kulturgemeinde und mit der Volkshochschule haben.

 3) Könnte man nicht ein Inserat in die Zeitung geben von den Veranstal­tungen


Dr. Schneider: Klara Klotz soll einmal Gedichte von der jungen Referen­darin Giselheid Scheu aus Erlangen vorlesen.


[…] Darauf liest Emil Bauer seine Erzählung Elias Holl vor […]



Angaben zum Jahresbericht 1949


[…] Tafelrunde 8. Februar: Dr. Thoma las seitdem veröffentlichte Gedich­te von Pfarrer [Name fehlt, wahrscheinlich Türk]


Tafelrunde 8. März: S. v. Praun las Erzählungen von Heinrich Greulich: „Der Sohn“ und Sternberg

24. März im Lorenzer Gemeindehaus: Klara Klotz las Gedichte v. Gisel­heid Scherr-Erlangen

Tafelrunde 12. April: Professor Schmidt sprach über Sigmund von Birken, Dr. Thoma las Gedichte von Birken


11. Mai: Goetheabend in Lorenzer Gemeindehaus: [Schauspieler Georg Mahnke] Reinecke Fuchs

Tafelrunde


17. Mai: Artur Kreiner-Grünsberg über die Universität Altdorf + den Blumenorden

Tafelrunde


14. Juni: Frl Adelheid Vogel (cand. germ.) sprach über Her­mann Hesses Glasperlenspiel

Sonntag, 2. Juli zwanglose Zusammenkunft im Irrhain, der schlimm aus­sieht (15 Pegnesen)


Tafelrunde 12. Juli: Freiherr A. von Scheurl sprach über Dr. Artur Stichlers Roman: Goldene Berge


Tafelrunde 9. August: Die Schriftführerin S.v. Praun berichtete über das Musikfest in Banz am 31. Juli, das sie als Vertreterin des Blumenordens hatte besuchen dürfen.


13. September in der Wohnung der Schriftführerin: H. Schauwecker las aus eigenen Werken. Musikalische Umrahmung: Frau R. Dürschner, Dr. Wilh. Dürschner, Fritz Wanderer.


24. September: II. Goetheabend (Goldenes Kleeblatt) Eva-Maria Funk-Schneider las eine Übersetzung eines Essays über Goethe u. Emerson — Dr. E v. Plänckner trug Goethe’sche Gedichte vor u. Stellen aus Faust u. Iphigenie

 

Tafelrunde 11. Okt: Elisabeth Schnidtmann-Leffler trug eigene Gedichte vor. Pfarrer Reintel-[?] brachte Gedichte v. [?] seines Großvaters (1841) zur Vorlesung bzw. zum Anschauen


Tafelrunde 8. Nov.: Freiherr von Scheurl sprach über Hans Carossas „seine Kindheit u. Wandlungen einer Jugend“


Adventsabend im Goldenen Kleeblatt: Musikalische Darbietungen v. Eva Thoma, Willy Horvath, Maja Glenk, adventliches Gedicht v. Georg Türk, Ansprache v. Dr. R. Merkel, Lesung von Max Mells Apostelspiel von Kathari­na Sylvester


Tafelrunde 7. Dezember: Professor Schmidt las: Raabes Weihnachtsgeister, Eleonore Groß singt Lieder v. Courvoisier u. Brahms


Jeden 1. Sonntag des Monats von Frühling bis zum Herbst Zusammensein am Valznerweiher

Die Tafelrunden fanden im Albigsgarten statt.

S. v. Praun



Jahresbericht 1949


[…] wir haben die Entwertung doch wenigstens so weit überstanden, daß wir auch im Jahre 1949 unsere Versammlungen durchführen konnten, wenn auch meist in dem sehr bescheidenen Rahmen der „Tafelrunden“ […]


Am 13. November wurde die wiederaufgebaute Kirche in Kraftshof in fei­erlicher Runde eingeweiht. Bei den freundschaftlichen Beziehungen, die seit Jahrhunderten zwischen dem Pegnesischen Blumenorden und Kraftshof und seinen Pfarrherrn bestehen, war es nicht verwunderlich, daß der Blumenorden zu der Feier eingeladen wurde […] Es ist eine große Freude, daß […] auch einige der alten Kreß’schen Grabdenkmäler von der Künstlerhand unseres Mitgliedes Johannes Seiler wunderschön wiederhergestellt sind. […]


Die Rechnung unseres Schatzmeisters schloß mit einem Kassenstand am 21. Dezember von 167,90 M. Die Einnahmen des Vorjahres betrugen Hansl 89,99 […] Beiträge 337 M, […] Gesamteinnahme also 447,07; dem stehen gegenüber 309,17 M Ausgaben […]


Der angekündigte Vortrag des Oberlehrers i. R. HANS HUBEL über Romain Rolland wurde erst zweimal verschoben und fiel dann völlig aus, weil Hubel (der sich in der Vorkriegszeit durch scharfmacherische Vorträge hervorgetan hatte) im 75. Lebensjahr am 3. November 1949 in Nördlingen verstarb.



Eine neue Satzung 


Nur ein Übergangspräses — Dr. Max Schneider hätte mehr sein können. Sein Eintreten für qualitativ höherstehende Literatur qualifizierte ihn für eine höchst nötige Erneuerung. Eben dies und seine politische Kompromißlo­sigkeit in Sachen Entnazifizierung brachte ihm keinen ausreichenden Rückhalt im „Familienunternehmen Blumenorden“ ein. Doch seinem Nachfolger sollte auch keine lange Amtszeit beschieden sein. Schon zu aller Anfang mußte er sich gegen die Rückgewinnung des Präsidiums durch den wieder erstarkten Ehrenvorsitzenden verteidigen.



Ordentliche Hauptversammlung Mittwoch 25. Januar 1950 19 ½ Uhr Albigsgarten


[Verzeichnete Teilnehmer 21, darunter Eberhard, Clara und Albrecht von Scheurl]


[…] 3) Zu den Satzungsänderungen stellte Dr. Thoma den Antrag, daß mit Wirkung vom 1. Januar 1950 diejenigen Satzungen gelten sollen, die in der Ordentlichen Hauptversammlung vom 30. März 1946 beschlossen, aber nicht ins Registergericht eingetragen wurden, weil zu dieser Zeit kein Registerge­richt bestand. Es sind dies die Regelungen vom 12. Januar 1923 […] mit dem Abmaß, daß alle Bestimmungen über den Ausschluß wegfallen […] Der Antrag wurde einstimmig angenommen.


4) Neuwahlen […] Dr. Max Schneider, der 1. Ordensvorsteher, gewählt 30. III. 46, der erst im Verlauf der Versammlung erschienen war, bat Dr. Thoma, den Vorsitz weiter zu führen und erklärte, er bitte ihn von seinem Amte zu entheben, bzw. ihn nicht wieder zu wählen. Infolge seiner außerordentlichen beruflichen Inanspruchnahme könne er zu seinem Leidwesen nicht so weiter­arbeiten, wie es notwendig sei. […]

Dr. Thoma dankte Dr. Schneider […] Seine außerordentliche Tatkraft und seine hohen Fähigkeiten haben es ermöglicht, daß der Blumenorden ganz unbeschädigt durch die Wirren hindurchgekommen sei. […]

 

Die Wahl ergab folgendes:

1. Ordensvorsteher: Dr. Alfred Thoma, L.Ger. Rat

2. Ordensvorsteher: Konrad Drescher-Haußen, Musikschuldirektor

1. u. 2. Schriftführerin: Sophie v. Praun

Schatzmeister: Albrecht Freiherr von Scheurl

1. Ordensrat: Friedrich Trost, Kunstmaler, Irrhainpfleger

2. Ordensrat: Dr. Günther Troche, Direktor des Germanischen Museums/Archiv

3. Ordensrat (rätin) Frau Grete Schneider (Bücherei)

[…]



Fischbach b. Nbg., 30. 1. 50.

Lieber Freund!


Habe herzlichen Dank für Deinen ebenso feinsinnigen wie gewissenhaften Brief!

[Aufzählung von Verfahrensfehlern bei der Einladung zur Hauptversammlung]

Die Frage meiner Wiederberufung ging in keiner Weise von mir aus. Viel­mehr haben mir langjährige, treue Mitglieder und Freunde längst zugesetzt, die alte Funktion wieder zu übernehmen. […]

[Vorschlag, eine erneute Wahlversammlung abzuhalten]



Fischbach b. Nbg., 19. 2. 50.

[Erneute Aufzählung von Verfahrensmängeln. Wegen des Einwandes, der 1. Präses wäre in Fischbach zu weit entfernt:]

Mein Sohn [Albrecht], der neu gewählte Schatzmeister, wohnt übrigens ja auch hier. […]



Konzept Thomas vom 13. 3. 1950, in Kurzschrift; Typoskript des Briefes:

Lieber Freund!


Ich wähle diese Anrede, obwohl Du in Deinem Brief nicht handelst wie ein Freund, noch weniger wie ein Bundesbruder. Seit 20 Jahren habe ich nie Dir gegenüber und Deiner verehrten Familie versäumt, die Ehrerbietung zu zollen. die sich ziemt und Du stellt an mich das Ansinnen, Dir Platz zu machen und einen ehrenvollen Mann Herrn Drescher Hausen [sic] abzuservieren. […] Ich unterschiebe dir keine Beweggründe, die eines Edelmannes nicht würdig sind, wie ich überhaupt vor echtem Adel Respekt habe. Trotzdem lasse ich mich nicht wegen meiner aus christlicher Verantwortung geborenen Anschauung scheel ansehen. Aber ich treibe keine politische Propaganda im Orden. […]

 

Sachlich bin ich in der Lage, Dich bezüglich der Neuwahlen sachlich und rechtlich zu widerlegen. Das tue ich aber nur in der Öffentlichkeit des Ordens oder vor Gericht, wenn Du den Rechtsweg beschreitest. Denn einen anderen Weg hast du nicht um die Rechtswidrigkeit der Wahl anzufechten.


[…] Du bist und bleibst unser Ehrenpräses. Dich von den Plänen zu unter­richten, Deinen Rat einzuholen, Deine Repräsentation und die Deiner hoch­verehrten Frau Gemahlin zur Geltung zu bringen ist obligatio naturalis und bekanntlich mehr wert als positives Recht. Um Deine Hilfe bitte ich Dich herzlich. Ich bin der Meinung, wir sollten uns in die 900 Jahrfeier [der Stadt Nürnberg] mit einem Aufruf, der auch Deinen Namen trägt, einschalten. Mit Direktor Troche habe ich Fühlung aufgenommen und seine Zusage zur Her­vorhebung des Ordens in der Ausstellung so viel in seinen Kräften steht, erhalten. Ich dachte an eine Festspiel in der Art der Frauenzimmergespräche […] Auch hier brauchen wir die freudige Mitarbeit Deines Herrn Sohnes. […]


Ich kann Dich nur, nicht zuletzt um Deines Namens willen bitten, den Orden und seine Leitung von dem Ballast zu befreien, der uns beschwert und zu glauben, dass uns die Tradition des Ordens und nichts anders bewegt. […] Die Jugend hat sich trotz ihrer starken beruflichen Inanspruchnahme gut bewährt und einen fröhlichen Ton angeschlagen. Auch ihr müssen wir Grund zur Freude geben.


Nimm unsere wärmsten Empfehlungen, die besten Wünsche und Grüsse von Haus zu Haus freundlich entgegnen.

Dein gez. Alfred Thoma



Fischbach b. Nbg., 16. 3. 50.

Lieber Thoma!


Dein Brief vom 13. d. M. enthält eine Reihe von Entstellungen. Berechtig­te Beanstandungen sind nicht beantwortet. […]


Mit Deiner politischen Überzeugung hat mein klar ausgesprochener Wunsch und der der Ordensmitglieder, daß die der literarischen Unterhaltung bestimmten Ordensabende von politischen Erörterungen freigehalten werden sollen, natürlich gar nichts zu tun. Es herrschte allgemeines Entsetzen, als Du an einem Adventabend (!) einen Vortrag über Kriegsprozesse hieltest. […]



[Thoma repliziert (undatierte Abschrift), von einem Entsetzen habe er damals nicht bemerkt. Er habe die Prozesse auch höchstens gestreift.] Das Festspiel über die Harsdörfer Frauenzimmergespräche wird von der Stadt übernommen. Und ich bitte Dich uns Deine Mitarbeit nicht zu versagen. […]



[Am 29. III. 50 schreibt Clara von Scheurl an Frau Thoma, um sich noch einmal zu verwahren, und bittet wegen Überlastung darum, die Auseinander­setzung zu beenden:] Mein Mann ist durch den Wiederaufbau der zerstörten Anwesen und durch die complizierten Steuerfragen so sehr in Anspruch genommen, daß er unmöglich Zeit hat, auf den erwähnten Brief einzugehen. Dem Orden zu Ehren und zur Liebe will mein Mann Frieden haben. […]



Nürnberg, 15. März 1950.

Hochverehrter Herr Baron!


[…] Im Blumenorden scheinen sich leider allerlei Miszverständnisse ein­genistet zu haben. Mein plötzliches Verschwinden von der Bildfläche hat dabei mitgewirkt. Die „Tafelrunden“ im Albigsgarten wurden seit 1948 durch Herrn Dr. Thoma, Frl. von Praun und mich vorbereitet. Die ordentliche Hauptversammlung, die nach §28 der Satzung am Anfang des Jahres stattzu­finden hat, wollten wir mit einer Tafelrunde verbinden, um einen stärkeren Besuch zu erzielen. Daher schrieb ich Mitte Dezember an Herrn Dr. Schnei­der, was meiner Meinung nach in die Tagesordnung aufgenommen werden sollte, nämlich vor allem „Neuwahlen“ und vorsichthalber „Satzungsänderun­gen“. […] Auch die Satzungen sollten den neuen Vorschriften angepaszt wer­den. Aber all diese Anordnungen verliefen im Sande, da die Vereinsgesetze sich änderten und viel freier wurden.


Ich schrieb daher an Herrn Dr. Schneider, dasz die ganzen Beschlüsse von 1948, weil durch die Ereignisse überholt, für ungültig erklärt und die Satzun­gen von 1946 wieder in kraft gesetzt werden müszten. Der Versammlung müsse man überlassen, ob sie die ganze Vorstandschaft neu wählen oder die 4 1948 Gewählten anerkennen und nur die 3 Ordensräte neu wählen wolle, da die Amtszeit von 3 Jahren für die 1948 gewählten längst abgelaufen war.


Da ich keine Antwort erhielt, fuhr ich am 26. Dezember nach Erlenstegen, traf aber nur Frau Schneider, ihr Gatte war verreist, hatte zwar meinen Brief noch erhalten, aber liegenlassen. Am Morgen des 27. Dez. wollte ich zu Frl. von Praun, um mit ihr die Lage zu besprechen, rannte aber unterwegs an einen dreirädrigen Spirituskocher [wahrscheinlich ein „Gutbrod’-Lastkraft­dreirädchen] und landete für 25 Tage im Krankenhaus. Auch hernach war ich noch für 2 Wochen ans Haus gefesselt.

 

Da die Einladung zur Hauptversammlung „Neuwahlen“ in der Tagesord­nung ankündigte, ist gegen die erfolgte Wahl nichts einzuwenden. Genauere Angaben sind in der Satzung § 29 nicht vorgeschrieben und waren damals gar nicht möglich, da die Versammlung über den Umfang der Neuwahlen erst beschließen sollte. Dazu kam, dass überraschend Herr Dr. Schneider und zwar erst in der Versammlung zurücktrat. Als er an seiner Stelle Dr. Thoma vor­schlug, war von denen, die nicht einverstanden waren, ein Gegenvorschlag zu erwarten. An der Gültigkeit der Wahl ändert dies nichts. Sie ist satzungs­gemäsz vorgenommen, sowohl nach den 1946 wiederhergestellten Satzungen von 1923/26 als auch den 1933 aufgezwungenen Nazisatzungen.


[…] Die Einträge von 1933 sind nicht mehr maszgebend, weil sie national­sozialistisch verseucht waren. Höchstens könnte die Vertretung in Rechtsan­gelegenheiten noch gültig sein, § 17 von 1933, aber man dürfte nicht merken lassen, dasz sie noch aus der Nazizeit stammt und schon 1946 durch eine noch nicht gemeldete Neuwahl längst überholt ist. Dieser alte Eintrag aus der Nazi­zeit bietet keine Handhabe für die Anfechtung einer Neuwahl, sondern schreit geradezu nach einer Berichtigung auf Grund einer Neuwahl.

Wie ich hörte, haben Herrn Baron geltend gemacht, dass Fischbach heute nicht mehr so schlecht mit Nürnberg verbunden ist wie 1948. Immerhin erfor­dern Straszenbahn, Bahnfahrt, Weg zwischen Bahnhof und Ort, hin und zurück, sowie der nötige Aufenthalt am Ziel fast einen halben Tag. […] Drei­mal hauste im 17. und 18. Jahrhundert der Ordensvorstand in Altdorf, einmal in Kraftshof. Jedesmal haben sich Klagen über fast völliges Einschlafen der Ordenstätigkeit in den Akten des Archivs verankert. Ich halte daher die Bestimmung in §14 für wohl berechtigt, dass die Vorstandsmitglieder den Wohnsitz (oder natürlich ihre Berufstelle) in Nürnberg haben sollen. […]


Ich habe im Vorstehenden meine unmaszgebliche Meinung vorgetragen. Ich bin ja kein Jurist, sondern fast das Gegenteil, ein Mathematiker. Aber ich war, seit ich im Archiv die Satzungen ausgrub, jahrelang der einzige, der sie kannte. […]


Genehmigen Sie, bitte, die Versicherung ehrerbietiger Hochachtung

Ihres ergebenen Wilh. Schmidt und seiner Gattin Lilli.



Fischbach b. Nbg., 25. 3. 50.

Hochverehrter Herr Professor!

[…]

Die ganze Sache litt und leidet an einer ganzen Reihe von Unstimmigkei­ten und Mißgriffen.

 

Vereinsamtlich wurde mir noch kurz vor der Wahlversammlung mitgeteilt, daß wohl kein 1. Präses gewählt würde, was dann doch geschah. […]


Ich wurde, was mir eine besondere Ehre bedeutete, von Ihnen, sehr verehr­ter Herr Professor, seinerzeit 1946 dringend ersucht, 1. Präses zu bleiben. Damals wohnte ich noch „auswärts“ in Fischbach und die Verkehrsverhältnis­se waren damals sogar noch ungünstiger als jetzt. […]


Die überholte — und erst nachträglich aufgetauchte — Sitzungsbestim­mung vom „Auswärtswohnen“ ist hier nicht anzuwenden. Sie ist nach juristi­schen Grundsätzen ihrem vernünftigen Sinn nach auszulegen. Daß sie nicht paßt, wenn ein Ehrenmitglied 10 km — von der Lorenzkirche an gerechnet! — entfernt wohnt, sein Wohnort mit der Eisenbahn im Vorortverkehr in 12 Minuten erreichbar ist, werktäglich Scharen von Schülern und Berufstätigen, die ganze Arbeiterschaft, von u. nach Nürnberg fährt, kann juristisch kein Zweifel sein; gleicher Meinung ist ein hoher Richterbeamter, mit dem ich (ohne Namensnennung) darüber sprach. […]


Ich bin froh, wenn mich die Würde des 1. Präses nicht beansprucht, ich werde sowieso kaum mit meinen Arbeiten fertig, bin auch 76 Jahre alt. Dem Orden halte ich alle Treue und Liebe, wie insbesondere auch den alten Treu­en! Ich habe mich auch gleich nach der Wahl in diesem Sinn und dann auch Dr. Thoma gegenüber geäußert. Ich habe Dr. Thoma erst geschrieben, wie er gleich nach d. Wahl meine Meinung einholte; sonst wäre die ganze Korre­spondenz nicht entstanden. Er ist in Irrtümern befangen, wenn er meint, ich hätte etwas gegen Drescher-Haußen; im Gegenteil schätze ich diesen als wohlwollenden Musikkritiker. Außerdem meint Thoma, ich hätte etwas gegen seine politische Einstellung; das ist die reine Phantasie. Ich habe ihm nur ganz klar und unmißverständlich geschrieben, daß er auf politische Erörterungen an den Ordensabenden verzichten soll. Es war entsetzlich, wie Dr. Thoma an einem Adventsabend (!) einen Vortrag über Kriegsprozesse hielt.


Soviel in Eile! Auf frohes Wiedersehen und mit vielen Empfehlungen und Grüßen von Haus zu Haus!

Ihr ergebener

Eberhard v.Scheurl.

[…]


 

Fischbach b. Nürnberg, Nr. 7

24. 3. 50.

Herrn Landgerichtsrat Thoma […]

[keine Anrede]


Nach der vom 1. Vorstand des Pegnesischen Blumenordens vertretenen Auf­fassung sind im Vorort Fischbach b. Nürnberg wohnende Vereinsangehörige „auswärtige“ Mitglieder, sodass sie satzungsgemäss kein Ordensamt überneh­men können. Da nach dieser Auffassung meine Wahl zum Schatzmeister sat­zungswidrig war, betrachte ich meine Wahl als ungültig. Die mir übergebenen Bücher, Gelder und sonstiges Material werde ich unverzüglich zurückstellen.


Hochachtungsvoll!

Dr. Albrecht Frhr. v. Scheurl.

Einstweilen liefen die kulturellen Bemühungen des Blumenordens auf ver­schiedenen Ebenen weiter, und es mußte scheinen, als käme man voran. So stellte WILHELM SCHMIDT sechs anwesenden Pegnesen am 11. August 1950 eine wichtige Quelle der frühen Ordensgeschichte vor, die „Betrübte Pegne­sis“. Am 14. Oktober hielt man eine Gedenkfeier für das verstorbene Ehrenmitglied Dr. EMIL REICKE, über den am 29. X. 50 in der „Allgemeinen Rundschau“ zu lesen war: „[…] Kenner alten und neuen Schrifttums war er selbst ein Meister der Verse. Erinnert sei nur an seine „Frauenzimmerge­sprächspiele“, die bei der 25-Jahr-Feier des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg zum ersten Male aufgeführt wurden. […]“ Das kann nur heißen, daß er sich aus HARSDÖRFERs Texten eine Spielfassung zusammengestellt hatte. ALFRED THOMA richtete eine behutsame Anfrage an Prof. Dr. ERNST BEUTLER, den Direktor des Freien deutschen Hochstiftes, ob er nicht „im Rah­men einer Verwaltungsratsitzung des Germanischen Nationalmuseums einmal bei uns im Orden sprechen“ könnte. WILHELM SCHMIDT berichtigte als Leserbriefschreiber — darauf deutet das Format des Konzeptblatts — einen verbreiteten Irrtum: „In der Nr. 108 der Nbg.Nachr. Seite 10 wurde auf Hars­dörfers ,Nürnberger Trichter’ hingewiesen und behauptet, dasz auf ihn der bekannte Volkswitz zurückgehe. Aber das Wort hat Harsdörfer nicht erst erfunden. Der ,Nürnberger Trichter’ war ein langes Sprachrohr, durch das vom Sinwelturm Bekanntmachungen, z.B. bei Feuersbrünsten, in die Stadt hinein verkündigt, also den Nürnbergern ,eingetrichtert’ wurden. Es war im Fünfeckigen Turm noch aufbewahrt und zu sehen. Harsdörfer hat diese Bezeichnung für seine Anleitung zur Dichtkunst übernommen und über Nürn­bergs Grenzen hinaus bekanntgemacht. Wilh. Schmidt.“ Und im Jahresbe­richt 1950 wurde unter anderen Neuaufnahmen auch ein Architekt genannt, der beim Wiederaufbau der Wohnviertel eine große Rolle spielte: „[…] Dage­gen haben wir die Freude, 18 Aufnahmen im Jahre 1950 zu verzeichnen: Da dies eine Zahl ist, wie wir sie seit langem nicht aufweisen konnten, nenne ich hier die Namen […] Albrecht Freiherr von Scheurl, Frl. Sophie Braun, Frau Bertha Strobl, Frau Walter, Frau Höhne, Hr. Specht, Frau Drescher-Haußen, Frau Lotte von Bomhard, Frl. Hertha Küspert, Frau Maria Schuster, Herr Wil­helm Malter, Herr Georg Völkel, Frau Völkel, Herr Gustav Siegel (Architekt), Herr O.R.R. Heiden, Frau Mathilde Heider, Frl. Pfirsch und Frl. Leutschwager […]“



 

Ordentliche Hauptversammlung Freitag, den 12. Januar 1951 […]



[Anwesende 13, verzeichnete Teilnehmer 10]

[…] Der Ordensvorsteher, Herr Dr. Thoma, stellte folgende Anträge auf Änderungen der Satzung.

1. § 4 Satz 2 und 3 werden gestrichen, dafür wird eingesetzt:

Die Aufnahme erfolgt durch den Ordensvorsteher, den Schriftführer und den Schatzmeister.

2. § 18 3. Satz wird gestrichen.

3. § 28 Abs. 2 letzter Satz wird gestrichen. Die Satzungsänderungen wur­den einstimmig angenommen.

[…] Die Rechnung des Herrn Schmidt schloß mit einem Kassenstand von 62 Pfennigen. Das gesamte Vermögen auf dem Postsparbuch beträgt M 262.- und einem Fehlbetrag durch ausgelegte Mehrausgaben in Höhe von M 5.64.

[…] Der Schatzmeister Herr Prof. Schmidt erklärte sodann, er habe im ver­gangenen Jahr das Amt eines Schatzmeisters nur kommissarisch geführt, nachdem […] Albrecht Freiherr v. Scheurl sein Amt niedergelegt hatte. Er bat, den neuen Schatzmeister zu wählen. Es wurde das Mitglied Herr Georg Völ­kel, Kaufmann in Nürnberg, vorgeschlagen und durch Zuruf einstimmig [!] gewählt. […]

Verstorbene Ehrenmitglieder:

Frl. [?] von Ebner […]

Herr Archivdirektor i./R. Dr. Emil Reicke […]

ferner die Mitglieder

[…] Dr. Ernst Schnidtmann

Herr Hans Hubel […]

Die Zahl der beitragspflichtigen Mitglieder ist z. Zt, etwa [!] 77. […]


Satzungen des Pegnesischen Blumenordens in Nuernberg


i/d. Hauptvers. beschlossen am 30. März 1946. u. v. 25. I. 1950 (eingetr. ins Vereinsregister)


Par. 1. Der Pegnesische Blumenorden ist ein Verein zur Pflege der deut­schen Sprache und Dichtkunst. Er hat seinen Sitz in Nuernberg.


Par. 2. Der Verein umfaßt ordentliche, ausserordentliche Mitglieder, Mit­glieder im Schriftverkehr und Ehrenmitglieder.


Par. 3. Ordentliches Mitglied kann jeder unbescholtene Bewohner Nuern­bergs und seiner naeheren Umgebung werden, auch Frauen.

 

Par. 4. Wer in den Orden als ordentliches Mitglied aufgenommen werden will, muss sich durch ein ordentliches Mitglied vorschlagen lassen. [Strei­chung und Hinweis: „siehe Satzungsänderung i/d. ordentlichen Hauptvers. v. 12. I. 1951“]


Par. 5. […] In besonderen Faellen koennen um die Dichtkunst oder den Orden verdiente Personen in Nuernberg oder seiner naeheren Umgebung durch einstimmigen Beschluss einer Mitgliederversammlung zu ausserordent­lichen Mitgliedern ernannt werden.


Par. 6. Jedes ordentliche Mitglied, das seinen staendigen Wohnsitz nach auswaerts verlegt, kann auf Wunsch ohne weiteres in die Klasse der ausseror­dentlichen Mitglieder uebergefuehrt werden. Verlegt ein ausserordentliches Mitglied seinen Wohnsitz hierher, so tritt es auf Verlangen ohne weitere Abstimmung in die Rechte und Pflichten eines ordentlichen Mitglieds ein.


Par. 7. Mitglieder im Schriftverkehr koennen auswaertige namhafte Freun­de der Dichtkunst, ferner Schriftsteller werden, die dem Orden eine foerdern­de Anteilnahme zuwenden. Sie werden auf Antrag der Vorstandschaft in der naechsten Ordensversammlung durch 2/3-Mehrheit der abgegebenen Stimmen ernannt.


Par. 8. Ehrenmitglied kann werden, wer sich um das deutsche Schrifttum oder um den Orden und seine Zwecke besondere Verdienste erworben hat. Ehrenmitglieder koennen nur in einer Hauptversammlung auf Antrag der Vor­standschaft und einstimmigen Beschluss ernannt werden.

[…]

Par. 11. Die ordentlichen Mitglieder haben Zutritt und Stimmrecht bei allen Versammlungen und Veranstaltungen des Ordens. Etwaige Veroeffentli­chungen sind ihnen unentgeltlich oder zum Selbstkostenpreis zu liefern. Die Buecherei duerfen sie unentgeltlich benuetzen. Die ausserordentlichen Mit­glieder und die im Schriftverkehr haben Anspruch auf Lieferungen der Ver­oeffentlichungen, Benutzung der Buecherei und Zutritt zu den Versammlun­gen und Veranstaltungen. Bei Abstimmungen haben sie nur beratende Stim­me. Die Ehrenmitglieder besitzen alle Rechte der Ordentlichen Mitglieder, aber ohne Beitragspflicht.

[…]

Par. 18. Der 1. Ordensvorstand vertritt den Orden in allen Rechtsangele­genheiten vor Behoerden und Gerichten rechtswirksam. Im Falle seiner Ver­hinderung vertritt ihn der 2. Vorstand. [Streichung und Vermerk. „siehe Sat­zungsänderung i/d. ordentl. Hauptvers. v. 12. I. 1951“]

[…]

Par. 24. Der Orden soll den Sinn fuer schoengeistiges Schrifttum pflegen. Dies geschieht fuer die Mitglieder durch regelmaessige Versammlungen, durch Vergroesserung und Nutzbarmachung der Ordensbuecherei, durch Ein­richtung von Lesekreisen und Familienunterhaltungen, sowie nach aussen durch oeffentliche Versammlungen.


Par. 25. In den regelmaessigen Versammlungen sollen eigene Arbeiten von Mitgliedern vorgetragen und besprochen, ferner neuere schoengeistige Schrif­ten vorgelegt und besprochen werden. Auch werden in diesen Veranstaltungen innere Ordensangelegenheiten besprochen, soweit dies nicht der Vorstand­schaft oder der Hauptversammlung vorbehalten ist.

[…]

Par. 27. In jedem Sommer soll eine Festversammlung der Mitglieder mit ihren Familien im Irrhain bei Kraftshof stattfinden. Ebenso in einem geeigne­ten Raum in Nuernberg waehrend der ersten Haelfte des Dezembers eine Adventsfeier.


Par. 28. […] Die Abstimmungen geschehen durch einfachen Mehrheitsbe­schluss der anwesenden ordentlichen und Ehrenmitglieder. Nur zur Satzungs­aenderung sind 2/3 der abgegebenen Stimmen erforderlich. [Streichung und Vermerk: „siehe Satzungsänd. i/d. ordentl. Hauptvers. v. 12. I. 1951“]

[…]


Auf drei Jahre war Dr. Alfred Thoma gewählt. Diese waren ausgefüllt mit seinen Bemühungen um den Irrhain, wie schon berichtet worden ist; Organisation von Veranstaltungen, von denen er mit Unterstützung der langjährigen Schriftführerin SOPHIE VON PRAUN einige ungewöhnlich bedeut­same zustandebrachte, Kontakte mit anderen Kulturinstitutionen, Anträge bei verschiedenen Stellen um Fördergelder, Zusammenarbeit mit dem regen Schatzmeister und Ordenschronisten, an den er den Schriftverkehr mit aus­wärtigen Gelehrten delegierte — es war das Normale, was auf einen Präses zukommt, und er machte seine Sache gut.


 

Zwischen Geschichtsbewußtsein und Fühlungnahme mit Neuem

Allgem. Rundschau 13. III. 51


[…] Sind wir nicht in der Kultur des Innenlebens umso ärmer geworden, je weiter wir es in der Zivilisation, in der Technik gebracht haben? Oder entbindet die Technik gerade Kräfte, die sich vorher nicht entfalten konnten? Solche Gedanken legte der Kulturgeschichtler Dr. A. Kreiner seinem Vortrag im Pegne­sischen Blumenorden zugrunde. […] Wie aus den Trümmern der Antike das Christentum und aus dem „Herbst des Mittelalters“ die Dürer- und Lutherzeit aufstieg, so ist auch die heute untergehende Kultur bereits überbaut. Wir stehen schon viel tiefer in einer neuen Zeit, als sich die alte Schule eingesteht. […]



Freitag 11. V. 1951 19 ½ Uhr im Albigsgarten Vortrag von Pfarrer Wil­helm Horkel, Dietersdorf, über: Die Sprache des Glaubens in der Welt des Unglaubens (christl. Sprachphilosophie mit vielen Beispielen). […]



Schreiben THOMAs vom 15. 6. 1951 an das Stadtarchiv Nürnberg:

Unter den bis zur Übergabe an das Archiv des Germanischen Museums im Stadtarchiv Nürnberg untergebrachten Archivalien des Pegnesischen Blumen­ordens befand sich das von Herdegen-Amarantes angelegte und von unseren Mitgliedern fortgeführte Manuale über Mitglieder des Ordens vom Jahre 1644-1925. Es enthielt ein Verzeichnis der Mitglieder und deren Schäferna­men, war mit zahlreichen Bildern der Mitglieder und deren Lebensbeschrei­bungen versehen und in Schweinsleder gebunden. In dieser Stammliste wurde noch von Herrn St. Prof. Wilhelm Schmidt nach dem zweiten Weltkrieg in der Bärenschanzstr. gearbeitet. Anlässlich der Übergabe des Archivs an das Ger­manische Museum stellte sich heraus, dass das Manuale nicht mehr vorhan­den war. Dieser Sachverhalt dürfte dem Städt. Archiv bekannt sein.

Der Orden bittet um gefl. Mitteilung, ob über den Verbleib des Manuale Nachforschungen angestellt wurden und zu welchem Ergebnis diese geführt haben.

(Dr. Thoma)

Landgerichtsrat

 

Antwort vom 20. 6. 1951:

Sehr geehrter Herr Ordensvorsteher!


Wie eine Nachprüfung des Sachverhalts an Hand des Ordensarchivs im Germanischen Nationalmuseum durch den Sachbearbeiter ergab, besitzt das Germanische Nationalmuseum auch heute noch das von Ihnen und Herrn Prof. Schmidt gesuchte Matrikelbuch des Ordens, das in dem von Herrn Prof. Schmidt neu angelegten Repertorium unter Nr. 84 vorgetragen ist. […] Die Verwirrung ist darauf zurückzuführen, daß die damalige Sachbearbeiterin, Frau Overath, anläßlich der Überprüfung dieses Bestandes vor der Übergabe an das Germanische Nationalmuseum, die genannte Mitgliederliste nicht als Nr. 84 erkannt und sie mit einer neuen Nummer „Av 153“ versehen hat. Auf S. 102 des Schmidtschen Repertoriums hat sie für solche Stücke, die sie offenbar nicht unter 1-150 finden konnte, einen Nachtrag 153-155 einge­schrieben. Dabei ist ihr noch ein weiterer Irrtum unterlaufen. Sie verwechselte noch die beiden Stücke 153 und 154 und trug z.B. die Mitgliederliste Nr. 153 als 154 in das Findbuch ein. Herr Dr. Zink, mit dem zusammen der Sachbear­beiter den Irrtum aufgeklärt hat, trug im Repertorium von Herrn Prof. Schmidt die Berichtigung ein, daß „Av 153“ mit Nr. 84 identisch ist, und signierte das Archivale entsprechend um. Bei dieser Gelegenheit konnte festgestellt wer­den, daß nur noch wenige Stücke fehlen. Es ist zu vermuten, daß sich diese bei Ordnungsarbeiten der Stadtbibliothek vorfinden werden, da das Ordensar­chiv während des Krieges mit Beständen der Stadtbibliothek in einem Raume verlagert war und da 1946/47 einige verlorengeglaubte Aktenbündel bei die­ser Stelle aufgefunden wurden. Die Stadtbibliothek wurde nochmals auf die­sen Sachverhalt hingewiesen und wird eventuelle auftauchende Stücke des Ordensarchivs dem Orden über das Stadtarchiv zuleiten.

I.A.[gez. Dr. Pfeiffer]

Archivdirektor



Es stellte sich eben doch als Vorteil heraus, alle Stücke in einer Institution zusammengefaßt zu haben, und nach der Entwirrung von Anfangsirrtümern stand der Forschung eine unschätzbar wichtige Quellensammlung zur Verfü­gung. Eingefügt werden muß hier ein Briefwechsel, der sich bis 1958 hinzog. Eine Forscherin aus der DDR gehörte zu den ersten Nachkriegs-Benutzern dieser Bestände außerhalb des Ordens. Wegen ihres Wohnsitzes hatte sie frei­lich mit beinahe unlösbaren Problemen fertigzuwerden. WILHELM SCHMIDT half ihr uneigennützig und nach (nachlassenden) Kräften.


 

Brief von Eleonore Zeim aus Halle, d. 20. V. 51

Sehr geehrter Herr Doktor! [SCHMIDts Vermerk: An Dr. THOMA]


[…] den schon 1946 gefaßten Plan, die Beziehungen eines oder mehrerer der bedeutendsten Mitglieder des Ordens zur Musik zu erforschen, wieder aufzunehmen gewillt bin. [… Sie fragt an, ob schon Studien zu diesem Thema erschienen seien.]



THOMA hat die Antwort an SCHMIDT delegiert; Durchschlag des Briefes vom 28. Mai, der ZEIM wegen der Priorität beruhigt: SCHMIDT kann es nicht unter­lassen, auf seine Ordensgeschichte zu verweisen, die ihr nicht vorgreift und die noch nicht erschienen ist.



Halle, d. 28. Aug. 51

Sehr geehrter Herr Professor!


[…] Für meinen Antrag an das Staatssekretariat für Hochschulen und wiss. Forschungen in Berlin, um Bewilligung eines Interzonenpaßes nach Nürnberg für meine Studien, benötige ich nun noch als Unterlage eine Bestätigung (mit Stempel), daß ich das Ordensarchiv benutzen darf, und am besten noch dazu die Mitteilung, daß Ihre Archivstücke nach hier nicht ausgeliehen werden. […]



In dem durchnumerierten Stapel von Briefen ELEONORE ZEIMs an SCHMIDT befindet sich auch ein Zeitungsausschnitt, wegen Erwähnung der Spielzeit 1951/52 in einem der Texte auf 1952 datierbar:

[…] An der Hundertjahrfeier des Germanischen Museums sind die Städti­schen Bühnen mit zwei Sonderaufführungen beteiligt. […] Am 11. August gelangt im Lessingtheater unter der musikalischen Leitung von Alfons Dres­sel das älteste erhaltene Operndokument zur Aufführung, „Seelewig“, eine geistliche Allegorie in Gestalt eines Schäferspiels. […]



Halle, d. 22. 7. 52

[…] Gern würde ich Ihnen schreiben: „ich freue mich, bei Ihnen wohnen zu dürfen“ — wenn, ja wenn nicht ein Telegramm aus Nürnberg mir vor wenigen Tagen kündete: „Aufführung in Frage gestellt“. […] Bisher weiß ich nur so viel, daß Frl. Weindel überlastet und sehr anfällig ist; wenn sie erkrankt, wird wohl „Seelewig“ am 11. Aug. nicht in Szene gehen. […]


 

Halle, d. 29. 7. 52.

[…] Heute erhielt ich die Nachricht, daß die „Seelewig“-Aufführung nun doch am 11. Aug. stattfindet […]



Berlin, d. 6. 8. 52

[…] Heute hoffte ich Sie wiederzusehen, heute sollte ich zur Probe in Nürnberg sein! Und nun! — Die Paßbefürwortung wurde mir an der hiesigen für mich zuständigen Dienststelle abgelehnt. Es ist so schwer, einen Paß zu erhalten. […]



Halle, d. 20. 8. 52

[…] Ihr letzter Brief hat mich in seiner herzlichen Verbundenheit erfreut, doch in seinem sachlichen Inhalt betroffen. Auch von anderer Seite schrieb man erstaunt über das merkwürdige Verhalten mir gegenüber bei der „Seele­wig“-Aufführung. Wie dies Geschehen eigentlich zu erklären ist, weiß ich nicht, und ich habe deshalb Herrn Kapellmeister Haussner um ein baldiges offenes Wort darüber gebeten, da er sich in seinem gestrigen Brief an mich um die peinliche Sache herumwand. […]


Es tut mir herzlich leid, daß die „Seelewig“-Aufführung auch für Sie mit Enttäuschung verbunden war und ich würde mich sehr freuen, wenn ich zu den anderen Vorstellungen, die im September geplant sind u. Herr Haussner leiten wird, fahren und mit Ihnen einen glücklichen Abend erleben könnte. […]



[Zeitungsausschnitt ohne Quellenangabe:] Die Jubiläumsgabe der Nürnberger Theaterintendanz


Deutschlands älteste Oper „Seelewig“ gelangte im Lessingtheater zur Aufführung


[…] Harsdörffers Dichtung bleibt im Gegensatz zum lebensprühenden Renaissancegeist Italiens verneinend. Sie mutet gegen die moderne Sprache des Südens an wie ein mittelalterliches Rudiment gotischen Lebensgefühls und es macht sich im Sprachlichen auch ein Hang zum Manierismus geltend, der in der Strophen- und Reimkunst noch mancherlei meistersingerliche Spitzfindigkeiten aufweist. Bei aller betonten Moralität aber war es dem Dich­ter offensichtlich auch darum zu tun, durch die Gestalten des Teufels und sei­ner verschlagenen Helfer auf die sinnlichen Instinkte des Zuhörers zu speku­lieren. Mit welcher naiven Raffiniertheit diese Absicht getarnt wird, das ist das Erheiternde hierbei. […] Eine historisch getreue Wiedergabe kam dafür nicht in Frage, weil sie lediglich das Interesse einiger weniger Wissenschaftler für sich hätte beanspruchen können. […] Die Musik weist nur eine oder meh­rere Singstimmen über einem flüchtig skizzierten Baß auf. Aus seiner Beziffe­rung pflegte der Spieler die Akkordik herzustellen und frei zu improvisieren. Solche Aufgaben fielen einer Laute mit Baßsaiten (Theorbe) zu, die bei der Nürnberger Neufassung durch eine moderne Harfe ersetzt wird. Für die Blockflöte wurde die große Querflöte, für die Schalmei die Oboe und für die Violinen neuzeitliche Streichinstrumente eingesetzt. […] Bild von der ergänz­ten, veränderten und retuschierten Partitur, die Karl Haussner, der begabte Hauskomponist des Lessingtheaters, mit gewandtem satztechnischem Können und feinem Fingerspitzengefühl bearbeitet hat. […]

Halle, d. 14.1. 53

[…] In diesen Januartagen ist, so wurde mir mitgeteilt, nochmals eine „Seelewig“-Aufführung geplant. […]



Halle, d. 17. 2. 53

[…] Ich wollte erst einmal weiteren Bescheid vom Theater abwarten, damit ich Ihnen genaueres wegen der „Seelewig“-Aufführung sagen könnte. Nun erfuhr ich inzwischen, daß die Wiederholung zwar immer noch geplant, aber noch nicht terminmäßig festgelegt ist. […]



Halle, d. 1. 4. 57

Sehr verehrte Frau Professor, sehr verehrter Herr Professor! [Schmidt]


Vor einiger Zeit erhielt ich eine Einladung vom P.Bl.O. u verschiedenen Veranstaltungen. Ich freue mich immer wieder über diese „Verbindung“, las den Plan mit viel Interesse, zumal er ein reichhaltiges Programm anzeigt. Doch bedaure ich, daß mein Wohnort von der Pegnitz-Stadt so weit entfernt ist und diese Gelegenheit unter den augenblicklichen Verhältnissen einen öfte­ren Besuch kaum möglich macht. Sehr dankbar wäre ich Ihnen, sehr verehrter Herr Professor, wenn Sie bei der ordentlichen Hauptversammlung am 12. 4. Grüße von mir übermitteln würden.


Meine weiteren Studien gehen sehr langsam voran, da Kriegsverluste ver­schiedener Werke und Fernleihschwierigkeiten (es dauert oft viele Wochen, bis das gewünschte Buch in meinen Händen ist) immer wieder den Arbeitsgang hemmen. In Wien z.b. ist von Negeleins Operntexten etc. nichts mehr vorhan­den. Aus Nürnberg (Stadt-Bibl.) wurde mir geschrieben, daß u.a. Negeleins „Arminius der teutschen Erzheld“ (Singspiel) „Kriegsverlust“ (!) sei. Aber es gelang von dort noch Fel. [?] Ludwig Fabers Singspiel „Abraham der Gros-glaubige und Isaac der Wunder-gehorsame“ zu bekommen; Göttingen (Uni­vers.-Bibl.) schickte Simon Bornmeisters „Geistl. Lieder Blumenstrauß“. Und endlich habe ich nun auch Klarheit betr. der Nürnberger Gesangbücher bekom­men: Erlangen (Univ.-Bibl.) sandte D. Simons 2. Aufl. (1952) der „Evangel. Kirchengeschichte Bayerns“ (darauf wartete ich seit August vorigen Jahres!)

Im April/Mai wird sich nun entscheiden, ob es im Juli oder August zu einem Besuch in Nürnberg kommen kann; ich hoffe sehr, daß sich unsere Reisepläne für den „Süden“ verwirklichen lassen — und auf ein Wiedersehen in Nürnberg!


Mit vielen guten Wünschen für Gesundheit und herzlichen Grüßen

Ihre Eleonore Zeim



Eleonore Zeim aus Halle/Saale am 12. 9. 58:

[…] Gern hätte ich Ihnen zu Ihrem Geburtstag druckfertige Seiten vorgelegt, aber das ganze Vorhaben ist noch zu sehr Skizze und nicht wert, als (wenn auch noch so kleine) Gabe zu dienen. Leider ist, wie schon gesagt, durch Materialbe­schaffungsschwierigkeiten und dazu durch mein betrüblich hartnäckiges Augen­leiden die Studie nur sporadisch vorangekommen. Es sollte ja einstens eine umfangreiche literatur- und musikwissenschaftliche Arbeit sein, so hoffe ich, ein Beitrag zur Ordens- und Nürnberger Musikgeschichte. […]



Dies war der betrübliche Abschluß eines Briefwechsels, der noch vor dem Mauerbau die zunehmende Abschottung des Arbeiter- und Bauernparadieses erwies. Doch auch im Wirtschaftswunderland Westdeutschland hatten private kulturelle Initiativen (wenn sie sich nicht den politisch angesagten Initiativen anschlossen) keinen leichten Stand. Zunächst versuchte es der Jurist ALFRED THOMA am 4. 6. 1951 mit einem Antrag auf Zuerkennung der Gemeinnützig­keit (den man schon bei der Lizensierung hätte stellen sollen). Am selben Tage schickte er einen Antrag auf Förderung an den Regierungspräsidenten von Mittelfranken in Ansbach. Daraufhin wurde ihm zur Antwort:



I/2a-145a97

Regierung von Mittelfranken


[…] Auf Grund Ihres Ansuchens vom 4. 6. 51 wurde die Regierungshaupt­kasse Ansbach heute a angewiesen, Ihnen einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 150,-- DM aus Mitteln des Bezirksverbandes Mittelfranken für das Rech­nungsjahr 1951 zu überweisen.

Dr. Schregle

Regierungspräsident



Freilich muß man wissen, daß an den genannten Betrag eine Null zu hängen ist, um dem heutigen Wert in Euro näherzukommen. Dieses Verhältnis geht auch aus der damaligen Honorarforderung eines Professors hervor:



[…] 8. 51 (Poststempel); Abs.:]

Prof. Dr. B.[enno] v. Wiese

Wallhausen am Bodensee

Gasthaus zum Schiff


Sehr geehrter Herr Landgerichtsrat! [THOMA]

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre liebenswürdige Einladung im Pegnesi­schen Blumenorden zu sprechen. Aber das von Ihnen vorgeschlagene Thema kann ich in den nächsten sehr belasteten Wochen nicht mehr vorbereiten. Ob aber andere, weniger „barocke“ Themen in Ihren Kreis passen, vermag ich nicht zu beurteilen. […] Als Termin käme aber nur der 19. oder 21. 10. in Frage. […]


 

16. 9. 51:

[…] kann Ihnen aber noch keine bindende Zusage geben, da Sie mich bis­her noch nicht über die Höhe des Honorars orientiert haben. […] Vielleicht darf ich Sie zunächst bitten, mir mitzuteilen, in welcher Höhe sich der Blumenorden an der Finanzierung meiner Vortragsreise beteiligen kann. […]



2. 10. 51

[…] Vortrag: Das Bild des Menschen im Drama, 19. 10., abends, Honorar 50 DM […]92

Bei der Wahl der Veranstaltungsorte tat sich auch etwas: So fand die Advents­feier 1951 in der Künstlerklause im Tiergärtnertor-Turm statt, und zu geselli­gen Treffen diente das Café Walther am Eck von Pirckheimerstraße und Bucher Straße, ein nach meiner Erinnerung ziemlich kleines Gelaß mit höch­stens drei Tischchen.



Jahresbericht 1951


[…] Wenn der Vortrag von Universitätsprofessor von Wiese als Höhepunkt der abendlichen Veranstaltungen erwähnt wurde, so war die Adventsfeier am Nachmittag des 8. Dezember in der Künstlerklause im Tiergärtnertorturm neben dem Irrhainfest wie schon seit Jahren der Höhepunkt überhaupt. […]

[…] sei erwähnt, daß alle Veranstaltungen die Nürnberger Zeitungen kurz besprachen, teils Berichterstatter, teils die 1. Schriftführerin. […]

Die Zahl der ordentlichen Mitglieder dürfte 1951 schon 86 gewesen sein. Erfreulicher Weise hatten wir 10 Aufnahmen 1951 […] Ich nenne hier die Namen: Herr Link, Frl. Gunda Huber, Dr. Lämmermann, Dr. Hark [?] Dr. Ratje, Schauspielerin Marianne Miersch, Frau Emma Berg, Dr. von Baeyer, Direktor des Germ. Nationalmuseums Dr. Grete [Grote!], Dr. von Herford […]



Keinem wäre zu diesem Zeitpunkt eingefallen, daß DR. VON HERFORD, ein 32jähriger, hinkender Kriegsversehrter mit einem Feuermal im Gesicht, der nächste Präses werden könnte.



Ordentliche Hauptversammlung 1952 Freitag, 8. Februar, 19 ½ Uhr, Albigsgarten


[Verzeichnete Teilnehmer 18, darunter Wilhelm Malter und Gottlieb Meyer]

[…] Die Stadt hat gebeten 1) die zusammenfassende Geschichte des Ordens zu veröffentlichen und 2) das chronologische Verzeichnis das nach 2erlei Richtung von Bedeutung ist. Den Universitäten müßten die Regesten [darüber: Urkunden] zur Verfügung stehen […] Die Beiträge sind steuerfrei, auch die Spenden müßten steuerfrei werden. Der Blumenorden muß gem­einnützig werden […]

[…] Spenden 507, davon 450 aus öffentlichen Mitteln […] Ausgaben: Irr­hain (Forstamt) Portal u. [?] 63,03- […] Irrhain 105.15, Irrhainfest 160,42, Steuern 27,60 (Notopfer) […] Kassenstand 1. II. 52 rund 506 M.

[…] Der Direktor des Germanischen Nationalmuseums Dr. Grote wurde zum Ordensrat für das Archiv gewählt und ermächtigt, die Benutzung des in den Museumsräumen untergebrachten Archivs zu gestatten. […]

Frau Dr. Eleonore Keim in Halle wurde zum korrespondierenden […] Mit­glied ernannt. […]

Professor Schmidt berichtet über die alte Liste von Mitgliedern […] 1941 aus dem Schrank im Pellerhaus genommen. […]



Zeitungsausschnitt, hs. datiert Mittwoch 12. 3. 52 Nbger Zeitung Nr. 42/52:


Pegnesischer Blumenorden

Emil Bauer las aus eigenen Werken


Vor aufmerksamen Zuhörern las Emil Bauer seine Novelle „Das Medail­lon“. Um die Tatsache, daß auf dem Johannisfriedhof ein junger Edelmann aus Florenz, Andreas Turristano, im Jahr 1552 begraben wurde, rankt sich die frei erfundene, gewandt geschriebene Novelle, die zugleich einen Blick in das Leben des alten Nürnberg tun läßt. Ferner brachte Emil Bauer einige Gedich­te, die von gereiftem inneren Leben zeugen und in schöner Sprache tiefe Gedanken ausdrücken. Vorsitzender Dr. Alfred Thoma betonte, daß der Orden nach seiner dreihundertjährigen Vergangenheit wohl eine Angelegenheit aller literarisch interessierten Kreise Nürnbergs sei, aber keine Monopolstellung beanspruche. Im übrigen sei er unparteiisch, aber grundsätzlich ablehnend gegen Vertreter der Intoleranz, insbesondere der Intoleranz gegen die Juden, da diese dem Orden in früheren Jahren wertvolle Dienste geleistet haben. S.[ophie] v. P.[raun]



Brief von WILLY SCHMITZER an THOMA vom 2. April 1952:

Sehr geehrter Herr Doktor!


[…] Ich hatte den Abend mit Emil Bauer bis ins kleinste besprochen und stand dann am Abend selbst vor einer Improvisation, die mich mit einer Urauf­führung, einer Komposition die über eine halbe Stunde beanspruchte, über­raschte. Dass Emil Bauer dann eben auch genau 70 Minuten Prosa las und dann noch Gedichte, war zuviel. Da aber der Kleinste bekanntlich geschlagen wird, musste ich mirs eben gefallen lassen, den Sündenbock abzugeben.


Es fiel auch mal das Wort, dass dem Dichter gestattet wurde beim Orden zu lesen. Nein, hier ist der Punkt den ich nicht überspringe. Man kann den Dichter anhören oder nicht anhören, aber ihm gestatten zu lesen? Nein! Der Dichter schafft in der Gnade Gottes und kann auf die Gnade der Menschen verzichten, die ihn ja heute so wie so verhungern lassen und lieber dem Schundliteratur-Fabrikanten D.Mk. 1000.- monatlich bezahlen.


[…] Wenn ich mich trotzdem entschließe nach langem Erwägen und vie­lem Bedenken, Sie um die Aufnahme im [sic] Pegnesischen Blumenorden anzugehen, geschieht es nur, weil ich mich einem literarischen Kreise nahe weiß, dessen Stellung in Nürnberg immerhin eine beachtliche ist.


Ich darf Sie bitten, vorläufig mit einem Einsatz meiner dichterischen Dinge nicht zu rechnen. Ich will vorläufig nicht lesen, ich will weiter arbeiten, reifen und in Ruhe die Frucht meines Schaffens ernten.

In der Hoffnung meine Offenheit richtig verstanden zu wissen, begrüsse [sic] ich Sie herzlichst!


Ihr

Willy Schmitzer



Vortrag vom 27. 3. 1952 von WILHELM SCHMIDT über AUGUST GEB­HARD, der eine Grammatik der Nürnberger Mundart verfaßt hat.

An unserem Adventsabend im Tiergärtnertorturm wies Herr Reg. Präsident Dr. Schregle hin auf den Stadtteil Nürnbergs, der am schlimmsten in Trüm­mern liegt u. erwähnte dabei auch die Wirtschaft Käferstein am Spitzenberg, in der er verbotenermaßen als Pennäler verkehrte. Er sprach auch von Prof. Dr. Aug. Gebhardt, dem Verfasser der Grammatik der Nürnberger Mundart. Da faßte ich den Entschluß meinem alten Freund Aug. Gebhardt, hier im Blumenorden, dessen Mitglied er war, ein besonderes Denkmal zu setzen u. plante noch an diesem Abend mit Herrn Gottlieb Meyer das, was wir heute Ihnen bringen werden. […]

Er hatte in Erlangen, Leipzig, Halle erst Rechtswissenschaft studiert, war aber dann in das Fach hinüber gewechselt, das erst eine Liebhaberei gewesen war […] Etwa ein Jahr war er in Island, um dort die Sprache an der Quelle zu studieren […] In den nordischen Ländern war Gebhardts Name bekannter als in Deutschland. Viele Jahre hat er für die Zeitschrift für nordische Philologie alljährlich das Register zusammengestellt […]

Viele Arbeiten über Mundarten sind wertlos und wissenschaftlich nicht zu brauchen, weil sie die Mundarten ungeschichtlich vom Standpunkt der heuti­gen Schriftsprache aus betrachten. Darum faßte August Gebhardt den Ent­schluß, die Nürnberger Mundart für seine Habilitation an der Erlanger Univer­sität zu behandeln. […]

Der Verkehr mit der Nachbarstadt Fürth und die Nähe markgräflichen Gebiets […] hatten schon im Jakoberviertel viel Fränkisches eingeschmug­gelt. Die Eisenbahn hatte das Lorenzer Viertel mit Fremdgewächsen sprach­lich überschwemmt. Im Sebalder Viertel hatten die großen Handelshäuser ihren Sitz und zwangen zu einer Annäherung an eine über Nürnbergs Grenzen hinaus verständliche Redeweise. So blieb nur ein kleiner Teil der Altstadt übrig, in der sich die Mundart rein und unverfälscht erhielt, die sog. Laufer Vorstadt, d.h. die Gegend zwischen der Pegnitz, dem Schießgraben bis zum Laufer Schlagturm, der Äußeren Laufer Gasse und der neuen Umwallung. Hier herrschte noch der Kleinbürger, der mit wenigen Gesellen sein Hand­werk betrieb u. kaum mit Fremden in Berührung kam. […]

1901 war seine Grammatik der Nürnberger Mundart fertig. […] Seine Vor­lesungen behandelten die mittelhochdeutsche Literatur. Aber auch die Arbeit an der Mundartgrammatik setzte sich fort. […] Die ganze Grammatik sollte in der Sammlung der Grammatiken deutscher Mundarten erscheinen, die Prof. Otto Bremer herausgab. […] mit dem Ergebnis, daß die geschichtliche Dar­stellung der Laute jetzt fast die Hälfte des Buchs einnahm, etwa 1/3 vollstän­dig nach Inhalt und Wortlaut von Bremer herrühren, während Gebhardt hierzu nur die mundartlichen Beispiele lieferte. […]

Am Anfang des 1. Weltkriegs erhielt er den ehrenvollen Ruf als Professor an die Universität Reikjavik. Einige Jahre früher wäre er sehr gerne wieder nach Island gegangen. Der Krieg war jetzt das kleinere Hindernis; […] aber die Verwaltung des väterlichen Nachlasses und die ersten Anzeichen einer Erkrankung wogen schwerer. An dieser starb er im 48. Lebensjahr am 13. Mai 1915. Im Johannisfriedhof ist er im Familiengrab beigesetzt. Es trägt die Inschrift: „Pax optima rerum“. Frieden [sic] ist das höchste Gut. […]



1. Mai 1952

Sehr geehrter Herr Landgerichtsdirektor!


Vor knapp einer Woche — am 25. v. M. — hörte ich mit meiner Frau im „Pegnesischen Blumenorden“ Ernst Beutlers ausgezeichneten Goethevortrag. 


Ich kenne den Redner von der Goethe-Gesellschaft in Weimar her, deren Mitglied ich seit über 40 Jahren bin […]


In meiner Geburtsstadt Dresden überstand ich die furchtbare Bombennacht des 13./14. 2. 45 mit meiner Frau und meiner jungverheirateten Tochter und wurde mit diesen zwangsweise Ende März nach Bayern evakuiert (wir wollten in die Gegend von Göttingen); das Bayerische Kultusministerium stellte mich Anfang 47 am humanistischen Gymnasium in Fürth an, wo ich 3 Jahre bis zur Erreichung der dienstlichen Altersgrenze sehr gern beruflich tätig gewesen bin. Seit 1. 10. 50 bin ich nebenamtlich als Dozent am Ohm-Polytechnikum für Deutsch und Wirtschaftspolitik sowie Sozialwissenschaften.


Ich würde nun gern Ihrem literarischen Verein beitreten und wäre Ihnen zunächst für Zusendung etwaiger Satzungen, Mitteilung der Beitragshöhe sowie sonstigen anderen Materials sehr dankbar. Meine Frau wie ich suchen geistige Anregung, und solche gab uns der gediegene Vortrag von Professor Beutler. Plant die von Ihnen geleitete literarische Gesellschaft weiter Vorträge und welche? Ich nehme das nach Ihrem Schlußworten am 25. v. M. an.


Mit hochachtungsvollen Grüßen bin ich Ihr sehr ergebener

Studienrat Richard Pekrun.



Zeitungsausschnitt, anhand der Veranstaltungsnachrichten auf der Rückseite auf den 13. Juni 1952 datierbar:

Dr. Reubel heute 65 Jahre alt


Heute feiert Oberstudiendirektor Dr. Günter Reubel seinen 65. Geburtstag. In München, seiner Geburtsstadt, absolvierte er seine Studienzeit, Drei Jahre war er anschließend als Hauslehrer in Italien tätig und diese Jahre in der Nähe von Flo­renz zählen zu den schönsten seines Lebens, so berichtete uns der Jubilar. […] Den Jahren als Studienrat im Nürnberger Realgymnasium folgte 1928 seine Ernennung zum Studienprofessor und zum Leiter der Anstalt. 29 Jahre später wurde Dr. Reubel als Oberstudiendirektor 1948 mit der Lei­tung des Neuen Gymnasiums beauftragt. […]

Mit Vollendung seines 65. Lebensjahres wird Oberstudiendirektor Dr. Reubel, der seit 1947 gleichzeitig Vorsitzender der Nürnberger Katholischen Kulturgemeinde ist, aus seinen Diensten scheiden. […]


[Zeitungsausschnitt:] 28. November 1952 / Nr. 189 — Seite 10

Gedichte und Erzählungen


Gedächtnisabend für Baron Eberhard von Scheurl im Pegnesischen Blumenorden


Dem Gedächtnis von Baron Eberhard von Scheurl war ein Abend im Peg­nesischen Blumenorden gewidmet. Wie eine kleine Stadt mit alten Mauern, giebeligen Häusern und gewinkelten Gassen, vom milden Glanze des Mondes beschienen, fern von aller Wirklichkeit des Jahrhunderts, erscheint dem Uneingeweihten in einer modernen Großstadt der Kreis und das Tun der Män­ner und Frauen im Pegnesischen Blumenorden. Eine Zeit, in welcher noch Form, Verbindlichkeit, Würde und Frömmigkeit ein Lebensbild prägte, leuch­tete aus Gedichten des Ehrenpräses des altehrwürdigen Ordens, welche seine Gattin las, herüber in die Unrast unserer Tage. Die Zeit schien auch in dem stehengeblieben, was Pfarrer Türk als Freund und Verehrer sprach. Seine klei­nen Erzählungen atmen Ruhe und Behäbigkeit und den Frieden des ländlichen Pfarrhauses. Sie künden von Dingen, welche schier untergegangen schienen in der Realität und Philosophie unserer Tage.


Ist diese Welt eine Insel, auf die man sich retten kann, oder Überbleibsel einer vergangenen Zeit, beschränkt auf eine kleine geistige Schicht, die sich an sie klammert als letztes, verbliebenes Kleinod aus den Trümmern des alten Nürnbergs? Sicher ist daß — wenn das Kernstück des Wesens dieses traditions­reichen Kreises, nämlich der Humanismus, verloren ginge —, auch das Funda­ment unseres europäischen Geisteslebens zerbrochen würde. Dr. W. M.



Jahresbericht 1952


Am 1. Sonntag jedes Monats trafen sich Mitglieder des Blumenordens — manchmal wenige, manchmal so viele daß der Raum sie kaum fassen konnte, d.h. daß es für andere Gäste eine Störung war, im Café Walter in der unteren Pirckheimerstraße, im Sommer etliche Male im Marientorzwinger vom Herbst an in Albigsgarten. […]


Ich habe die Mitglieder gezählt und gefunden, daß es mit den 20 neuen, die kürzlich noch angemeldet wurden [das deutet auf den bevorstehenden Hand­streich!], etwa 115 zahlende sein werden im Jahr 53, aber hoffentlich nur vor­läufig? […] Der Zuwachs an Mitgliedern ist hauptsächlich unserem verdien­ten 1. Vorsitzenden und seiner Frau Gemahlin zu danken. Dr. Thoma hat sich auch sonst in den 3 Jahren, in denen er den Orden leitete, mit seinen besten Kräften in selbstloser Weise zum Wohle desselben eingesetzt […]


[…] Zur Einweihung der mit feinstem Verständnis wieder aufgebauten Kir­che [St. Georg, Kraftshof] und zum darauffolgenden Mahle war u.a. auch unser 1. Ordensvorstand eingeladen, der dabei in kluger Rede auf die mancherlei Beziehungen der Familie von Kreß zum Irrhain hinwies und darauf Mr. Rush Kreß aus unserem schönen, alten Tulpenpokal den Ehrentrunk bot […]


Am 21. Februar fand ein sehr wohlgelungener, heiterer Faschingsabend statt, zu dessen Gestaltung vor allem durch Vortrag eigener, meist mundartli­cher Gedichte beitrugen Wilhelm und Hildegard Malter, Gottlieb Meyer, aber auch Frau Emma Berg durch Wiedergabe von Teilen aus Maler Klecksel, als der Dr. Thoma erschienen war, Herr von Plänckner durch Lesung der „leicht­sinnigen Maus“ von Kyber und Georg Völkel durch eine Faschingszeitung. Alles war in bester Stimmung und es wurde auch fröhlich getanzt.



Prof. Dr. Richard Plattensteiner […] den 30. Dezember 1952

Verehrlicher Vorstand!


Vor einigen Wochen schrieb mir Dr. Hugelmann von der Städtischen Volkshochschule Nürnberg, dass Ihr altehrwürdiger Blumenorden — wie er höre — einen Vortrag von mir wünsche. Leider habe ich seither nichts Nähe­res darüber gehört, und Sie können sich denken, dass ich mich gefreut hatte, von dieser beabsichtigten Vortragseinladung zu hören. Zieht es mich doch begreiflicher Weise immer wieder nach Nürnberg hin, wo einst meine angese­henen Ahnen Ulman Stromer, Kaspar Nützel von Sündersbühl, Willibald Pirckheimer, Jakob Welser, Christoph Junge — um nur einige zu nennen — hausten. […]



Wie kann ein Dr. Hugelmann im Namen des Ordens eine Einladung ausspre­chen? Da muß Plattensteiner, der sich schon 1912 auf eine merkwürdige Weise angedient hatte, eine Bekanntschaft aufs Geratewohl ausgenützt haben.



Städtische Volkshochschule Nürnberg — Direktorat

dr. wieszner

Nürnberg, den 8. 1. 53

herrn

prof. dr. plattensteiner […]

sehr verehrter herr professor!

[…] 

es kam dann ihre mitteilung, daß sie im februar im pegnesischen blumen­orden sprechen würden, ob eine gleichzeitige veranstaltung in der VOHO möglich sei. […] zu meiner verwunderung teilte mir hugelmann mit, daß sie glaubten, er habe sie für den blumenorden gewonnen. das kann nicht sein, denn er gehört ihm gar nicht an. eine anfrage bei dem vorsitzenden des ordens, herrn dr. thoma hat nun ergeben, daß auch der nichts von verhandlun­gen weiß und keinesfalls in der lage wäre, eine so kostspielige verpflichtung einzugehen. selbst wenn ich den saal stellte, wäre eine gemeinschaftsveran­staltung der hohen kosten wegen nicht möglich. […]


über die themen — ich glaube, sie nannten mir das rosegger-thema als im blumenorden angesetzt und schlugen mir ein grillparzer-thema vor — haben wir noch gar nicht korrespondiert.


zur zeit sehe ich keine möglichkeit, sie nach nürnberg einzuladen. ich fürchte auch, die stadt hätte ihnen sehr große enttäuschungen gebracht. die zeit ihrer ahnen ist vorbei. und wie man nicht an die bahre eines lieben freun­des treten soll, den man in aller frische lebendig im gedächtnis behalten will, ist es mit der alten stadt. auch sie ist nicht mehr. wenn auch die trümmerhau­fen aufgeräumt sind, die schuttplätze dehnen sich noch weit und die fast ein­zig entstandenen protzigen bank- und versicherungspaläste sind kein würdiger ersatz für die patrizierhäuser, von denen nur noch das fembohaus steht.


auch vom blumen-orden scheinen sie sich ein allzu rosig-lebendiges bild zu machen. ich glaube, es war die zeit dr. beckhs, als sie in der „rose“ oder im „krokodil“ über rosegger sprachen. wenn der orden seine höhe auch längst schon überschritten hatte, es war doch noch ein wille, eine aesthetische traditi­on zu pflegen. das alles ist seit 1920 etwa vorbei. gerade das traditionsgebun­dene der im orden vereinigten restbestände eines aussterbenden patriziats hat dem geistigen aufschwung, der damals möglich gewesen wäre, geschadet. wir damals jungen, die wir etwa um unruh, vielleicht auch klabund uns scharten, wurden suspekt und mit nicht gerade schönen mitteln verdrängt. brachte man ein manuskript eines der damalig geistig führenden, wurde man des kulturbol­schewismus verdächtigt und der geistige elan wurde gemildert, indem der patrizische herr präses rechts und seine frau gemahlin links zur vorlesung ihr abendessen, schweinebraten mit kloß, man kann kaum anders sagen als — fraßen. aber sogar solch aggressive „tradition“ ist nicht mehr da. dem fernste­henden erscheint alles wie ein totentanz und meinem freund thoma, der sich um den vorsitz bemüht, wird es kaum gelingen, sicher schlecht gedankt, wenn er das museumsstück blumen-orden, die blume, die auf dem ordensbecher in vergoldetes silber erstarrt ist, wiederbeleben will. […] 


die generation, die seit ihrer geburt nichts als kriege und notzeiten erlebt hat, macht es uns [der VOHO] nicht leicht, sie zu führen. wenns hoch kommt, sind wir samenbäume, die hunderttausendfach ausstreuen, um dutzendfach wachsen zu dürfen. […]



Zwischenbemerkung: Also hatte es der feuerköpfige GEORG WIESZNER unter­dessen zum Volkshochschuldirektor gebracht und ließ seiner von 1919 her­stammenden Frustration über den Blumenorden freien Lauf. Immerhin hob er in seiner derzeitigen Funktion die Hans-Sachs-Spielgruppe aus der Taufe und sorgte für Anpassungen der historischen Texte an ein verständliches, wenn auch ziemlich verflachtes Niveau. Weiter in seinem Brief, den er mit einer Nachschrift auch an THOMA schickte:



lieber thoma!

[…] ich habe alles grau in grau gemalt, damit der alte herr seine sehnsucht besser überwin­det. wenn er zwischen uns einen kleinen schwindel machte, dann möge er mildernde umstände haben, heimweh (erst gar als ahnenbedingte erbkrankheit) und eitelkeit lassen manche wunschträume aufkommen.

herzlich von haus zu haus

dein: ……

[hs. Zusatz, nicht in Klein­schreibung:]

Ich wollte Dich kürzlich nach Form und Formel eines gegen­seitigen Testaments fragen. Kannst Du mir das sagen oder schicken.

Uebrigens freuen auch wir uns auf die erste gemeinsame Mai-Bowle auf der Terrasse. Wir haben heute schon ausgerechnet, wie lange das kürzestens dauert.

[…] den 13. Jänner 1952 [gemeint ist 1953]

Verehrliche Leitung des Pegnesischen Blumenordens in Nürnberg!


Für die rasche Beantwortung meiner Frage besten Dank. Ich habe das von Dr. Hugelmann unterschriebene Schreiben vom 16. XI. 1952 vor mir liegen, in dem er mir wörtlich mitteilt, das für einen Vortrag von mir eine unter dem Titel laufende Reihe in Frage käme für den aber nur den [sic] in meiner Sache indiscutablen Honorarbetrag von DM 25.- zur Verfügung stehe. […] Ich mache Ihnen nunmehr den Vorschlag, in einem Hotel — etwa in dem am Sterntor an eine der beiden für mich z.Zt. freigebliebenen Tage dem 14. oder dem 16. Februar in einem gesonderten Raum zusammenzukommen und ich würde Ihnen dann meine international besonders geschätzte Dichtung „Die Brücke“ und 2 Kapitel aus meinem Nürnberger Roman aus der Zeit meiner Ahnen vorlesen. […] Da ich von besonderer Seite einen unerwarteten Reise­zuschuss erhalte, ausser der Bestellung des Vortragsraumes — es kann auch ein grösseres Zimmer sein — und einem Dankschreiben, etwa auch einer Notiz in der Presse keine Geldentschädigung. Ich bitte aber um baldige Benachrichtigung.


In Wertschätzung

Plattensteiner



Zeitungsausschnitt, hs. datiert auf „Fränkische Tagespost 18. 2. 1953:

Pegnesischer Blumenorden


Ein Kreis von Ordens-Mitgliedern hatte die große Freude, den fast 75jähri­gen österreichischen Dichter und Schriftsteller Professor Dr. Richard Platten­steiner bei seinem überraschenden Besuch in Nürnberg in seiner Mitte zu haben. Es war ein hoher Genuß, den mit glänzendem Gedächtnis Begabten von seinen Ahnen, die großenteils vom Nürnberger Patriziat stammen, erzählen zu hören und den von reichem Wissen zeugenden fein durchdachten Sinnsprüchen zu lauschen, an die sich ein anregender Gedankenaustausch knüpfte. Ernste und heitere Gedichte des Gastes in hochdeutscher Sprache und österreichischer Mundart, Nürnberger und Tiroler Gedichte von Wilhelm und Hildegard Malter und oberfränkische, gelesen von Dr. Thoma, rundeten das schöne Zusammensein harmonisch ab.


 

Aus der Veranstaltungsübersicht 1952 (für die Hauptversammlung 1953):

21. II Faschingsabend im Albigsgarten — die meisten in Verkleidung — heitere Gedichte von Malter, G. Meyer, Busch usw. Tanz — Manfred Kyber (v. Plänckner)

[…]



Allmählich etabliert sich der „Heitere Abend’, der später regelmäßig gegen Ende der Faschingszeit stattzufinden pflegte. Bei Kyber handelt es sich um einen nicht ohne Humor empfindsamen, alles den Tieren angetane Leid strikt ablehnenden Dichter aus Schwaben, den auch der dem Blumenorden von 2019 angehörende Anthroposoph PETER GÖTZ sehr schätzt.