sonderbarer säufer


(Ballade)


vormittags in sei'm möblierten zimmer

sitzt der säufer draußen vor der stadt.

leer und feucht sein blick und grün die flasche

die der säufer ausgesoffen hat.


nur einsachtzig teuer war der liter

billig auch das kraut woran er zieht

ringsum sich vernebelnd, daß er

nicht mehr die fleckigen wände sieht.


auf die so geschaffne mattscheibe denkt er

sich ein tr.gewüstes farbenspiel

musikalisch-rhythmisch alternierend

wie es der transistorkasten will.


draußen dampft im regen die allee

einer villenstraße blätterduft

dunkel vollgesogen wie die blätter

sitzt der säufer in der villengruft.


und er denkt sich die gesunden freuden

die der frühe sommer um sich wirft

wie er abgemessen, regelmäßig

und mit winkliger gebärde rotwein schlürft.


wo er hinmü.te am nachmittag

nämlich in die uni zum studieren

weiß er nur, daß er da nicht hin mag.

außerdem mü.t er sich erst rasieren.


krimis liest er gern, ins kino geht er

anonym, leger und inspiriert.

einen alten freund und dessen frau besucht er

wo man miteinander kocht, gespräche führt.


freundlich halten sie den nekrolog

auf die zeit, da hoch hinaus er wollte.

„werd' als lehrer enden“ zuckt er müde

falls ihn einer danach fragen sollte.


auch herr westphal, der als doktorand

sechzehnhundert seiten blech ersann

und dann in der arbeit stecken blieb

säuft, und liebt musik von telemann.


in der stehtrinkhalle vorn am eck

quatscht der mann jetzt leute an in seinem seier

mitternächtlich schleppt'n ein österreicher weg

zum nacktbaden im hinterbrühler weiher.


um die nämliche zeit schleppt er sich auch heim

kotzt ins klo und fällt in seine federn.

langsam wegzulebern ist gemein.

morgens sind gehirn und gaumen ledern.


trotzdem fühlt er sich recht gern beurlaubt

von der welt und ihrem leistungsstreben

wenn ihm auch die fernen eltern manches opfern

um ihn noch als größe zu erleben.